Ganzheitlich falsch – Günter Karl Hartner feat. Dr. James Thorp (erneut) Debunked
geht es um die immer noch kursierenden Verschwörungstheorien zur Corona-Impfung – „trotz einer gigantischen Studie mit 99 Millionen Geimpften, die zeigt, dass alles im grünen Bereich ist“.
Warum können einige Leute nicht einfach die Fakten akzeptieren? Vielleicht weil es einfacher ist zu sagen: „Das ist alles Quatsch. Ich weiß es besser. Glaub mir doch einfach, Alter.“
Nehmen wir Günter Karl Hartner aus Albstadt, einen echten Vorreiter der Querdenkerszene. Er hat den Dreh raus, wie man Aufmerksamkeit generiert, auch wenn seine Videos auf YouTube schneller verschwinden, als man „Zensur“ schreien kann.
Aber auf Telegram geht die Party weiter. Seine neueste Serie? Die angeblichen Schrecken der Spike-Proteine nach mRNA-Impfungen.
Zum Weiterlesen:
Janos Hegedüs über Space-Age in der Hausarztpraxis, GWUP-Blog am 16. Februar 2024
COVID-19 vaccines and adverse events of special interest: A multinational Global Vaccine Data Network cohort study of 99 million vaccinated individuals, ScienceDirect am 12. Februar 2024
Es ist soweit: Die Quarks Science Cops haben die Ermittlungen gegen Rudolf Steiner und die von ihm begründete Anthroposophie aufgenommen.
Auf vielfachen Wunsch aus der Science Cops Community. Doch was Max und Jonathan bei ihren Recherchen entdecken, verschlägt ihnen fast die Sprache: Astralwesen, Wiedergeburt, Karma und „Wurzelrassen“.
Anthroposophie klingt nach Wissenschaft, in Wirklichkeit ist es eine Weltanschauung voller bizarrer Esoterik.
Kristalle „funktionieren wie eine Art Stimmgabel, die die Träger auf ihre Frequenz eintunen und somit Heilimpulse setzen“. Wenn wir uns allerdings nicht „bewusst mit ihnen verbinden, sind es nur ein paar hübsche Steine, die Sie mit sich herum tragen“, phantasiert die Vogue beseelt vor sich hin.
In der Realität dagegen „liegt ein Stein mehr oder weniger schwer in der Hand und ist schön anzusehen“ – sonst nichts, klonkt der Mineraloge Christian Lengauer von der Uni Wien im Deutschlandfunk.
Was die „Kristall-Virtuosen“ in der Vogue wie Azalea Lee mit ihrer „intuitiven Kristallberatung“ vermutlich nicht gerne hören:
Kristalle haben keinerlei Außenwirkung, es gibt keinen Energieaustausch zwischen einem Mineral und biologischem Gewebe oder einem biologischen Organismus. Da wird nichts übertragen, da gibt es auch keine Schwingungen.
Natürlich weiß Lengauer um den Placebo-Effekt, und „wenn die Leute sich besser fühlen“, sei das auch ok.
Aber wenn es um „Heilung“ geht, wie etwa Die Zeit eine „Edelsteintherapeutin“ mehr als nur andeuten lässt, gelingt auch dem Wissenschaftler Lengauer ein nahezu poetisches Bild:
Wenn irgendwo behauptet wird, dass Steine ernsthafte Erkrankungen heilen können, dann wird kriminelle Energie freigesetzt.
Klar, dass die „Edelsteintherapeutin“ in der Zeit lieber vom „Fels in der Brandung“ spricht, wenn es um ihre Mineralien geht, „gerade in unsicheren Zeiten“ (vielleicht sollte sie mal besser ihre Homepage im Hinblick auf ein Urteil des LG Hamburg überprüfen). Und sogar die Zeit-Autorin metaphorisiert am Ende noch was von „Heilsteine sind Spiritualität zum Anfassen“.
Der Standard reimt sich ein launiges „Mehr Schein als Stein“ zusammen. Und schreibt:
Die negativen Auswirkungen des Mineraliensammelns spüren mitunter auch einschlägige Influencerinnen. Auf dem Youtube-Channel von Courtney Violetta finden sich, nebst Content zu Haarpflege, zahlreiche Videos zum Thema Heilsteine.
Eines davon trägt den Titel „Warum ich aufhörte, Steine zu sammeln“ und hat knapp 120.000 Aufrufe. Darin erzählt die Youtuberin, wie sie als Studentin Spiritualität und damit auch Heilsteine für sich entdeckte. Sie kaufte immer mehr Mineralien, in der Hoffnung, sie würden ihr auch immer mehr Lebensfreude bringen. Irgendwann umfasste die fast manisch aufgebaute Sammlung mehrere Hundert Steine, und es folgte die Erkenntnis:
Überraschung, Mineralien lösen keine Probleme.
Oder, wie Courtney Violetta selbst sagt:
I had this realization that there’s a real problem with spiritual materialism.
Diverse Kristall-Shops, die derzeit auf der ganzen Welt wie Pilze aus dem Boden sprießen – von „She’s Lost Control“ in London bis „Spellbound Sky“ in Los Angeles (ein Favorit von Cara Delevingne) – ermöglichen Ihnen, Kristalle in jede erdenkliche Lebenslage einzubinden, ob in Form von Sandalen, Wasserflaschen, Seifen, Hautpflege-Produkte oder sogar Dildos (siehe Chakrubs) und Betten (Notting Hills „Cloud Twelve Spa“ hat Dolomitquarzbetten in seiner Suite für Paare stehen und „Manhattans Modern Sanctuary“ bietet eine Kristall-Lichtbetttherapie).
Oder doch?
Immerhin reicht es dann doch noch zu dem Bonmot:
Ich habe immer gesagt, dass nur weil jemand einen Kristall bei sich trägt, das noch nicht bedeutet, dass derjenige unbedingt ein guter Mensch ist.
Zum Weiterlesen:
Crystal Healing – mehr Glaube an Heilsteine als Wirkung, Deutschlandfunk Nova am 11. Februar 2024
„Heilsteine – Naturprodukt mit magischen Kräften oder dekorativer Schotter?“ Video von Skeptics in the Pub Köln, GWUP-Blog am 8. Dezember 2023
Falsche Heilsversprechen für Geld: Marvin Wildhage und seine „Heilsteine“-Influencer, GWUP-Blog am 22. Juli 2023
Jonas, ein junger Mann, taucht plötzlich in der Klasse auf. Er ist gehetzt und scheint verfolgt. Er erzählt der Klasse, er werde verfolgt. Von wem, lässt er im Nebel, spricht nur von „denen“ und „die“.
Er sieht sich als gejagt, weil er die Wahrheit über 5G, Bill Gates, Impfungen und Aliens kenne und sie allen erzählen, alle aufwecken will.
Als er sein Handy dann in Alufolie wickelt – um abgeschirmt zu sein – und zeigt, dass er selbst Alufolie am Körper trägt, wird sein Auftritt zusehends verstörend.
Im März gibt es dort zwei Aufführungen (14.3. und 18.3.), das Ensemble tritt damit aber auch an Schulen im Stadtgebiet von Dortmund auf. Grundsätzlich kann jedes Theater die Aufführungsrechte erwerben und den einstündigen Klassenzimmermonolog auf die Bühne bringen
Jonas erzählt der Klasse von seinem Leben zwischen Alufolie, Verfolgungsangst und Einsamkeit. Ursula Kohlert stellt dabei heraus, wie anstrengend ein solches Leben ist: Einkaufen wird zum strategischen Krieg, die Wohnung wird zur Silber-Festung, Familie weicht dem gerichtlichen Kontaktverbot und die schöne Nachbarin wird stundenlang heimlich gestalked.
Kohlert zeichnet empathisch nach, wie Jonas nach dem frühen Krebstod seiner Mutter immer radikaler und tiefer in Verschwörungstheorien eintaucht – und wie sehnlichst er sich einen Ausweg und ein sorgenfreies Leben wünscht. Sie zeigt Jonas Weg bis zur äußersten Zuspitzung seines Wahns: In einen Reptiloiden verwandelt, wird er unantastbar, allwissend und unnahbar.
Am Theater Dortmund wird Jonas von dem Schauspieler Jan Westphal verkörpert. Ihn reizte an der Inszenierung vor allem die Frage, was machen Verschwörungstheorien mit den Menschen, die daran glauben, sagte Westphal dem GWUP-Blog:
Die Figur des Jonas zeigt sehr eindrucksvoll, dass ihm diese verfestigte Antihaltung nicht guttut, dass er sich mehr und mehr isoliert, dass seine vermeintlichen Erkenntnisse sein Leben nicht wirklich bereichern. In den Nachgesprächen geht es denn auch gar nicht so sehr darum, jede einzelne Verschwörungstheorie zu widerlegen – sondern mehr um Gefühle und Befindlichkeiten.
Zu dem Klassenzimmerstück gehört eine Nachbereitung mit der Theaterpädagogin Erika Schmidt-Sulaimon, „damit diese Horrorstorys aus dem Verschwörungsuniversum“ nicht in der Luft hängenbleiben.
Häufig, berichtet Westphal
… erzählen die Schülerinnen und Schüler von ihren eigenen Erfahrungen. Da gibt es die Tante, die an Chemtrails glaubt, oder den WhatsApp-Kumpel, der Antisemitismus teilt. Die meisten sind in irgendeiner Form von dem Thema betroffen.
Am Theater Dortmund kann das Stück hier gebucht werden. Im Juli spielt das Ensemble den „Entstörer“ beim Kinder- und Jugendtheaterfestival „Penguin’s Days“ in Moers.
Klar kann man die Frage „Was wäre, wenn …?“ stellen, etwa in einem Gespräch mit dem deutschen Rechtswissenschaftler Michael Bohlander von der Universität Durham, der das juristische Lehrbuch „Contact with Extraterrestrial Intelligence and Human Law“ herausgebracht hat.
Offenbar sucht BdW einen halbwegs seriösen Dreh, um beim aktuellen Ufo-Boom mitzumischen.
Trotzdem ist es keineswegs sicher, dass wir „2024 endlich die ganze Wahrheit über Ufos erfahren“, wie Bild in altbewährter Manier blurbt – allen „Whistleblowern“ à la David Grusch zum Trotz:
Man möchte David Grusch und allen anderen Whistleblowern und Gewährsleuten zurufen: Spart euch das ganze Getue – zeigt uns einfach das Ufo!
Zu Gruschs Auftritt bei einem Ufo-Hearing im Juli 2023 in Washington, vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses, sagt Schiffer:
Ich sehe eine erhebliche Fallhöhe zwischen dem offiziösen Anstrich dieser Veranstaltung, Gruschs Vereidigung, dem Medienrummel und dem, was er eigentlich ausgesagt hat.
Letztendlich hatte er keinerlei Belege, er selbst hat weder Raumschiffe noch Aliens gesehen, sondern nur mit Leuten gesprochen, die das behaupten. Und so ist es mit den angeblich spektakulären Enthüllungen immer schon gewesen.
Für ihr Buch besuchten die Autoren auch den Computerspielentwickler und Skeptiker Mick West:
Schiffers Eindruck:
Das war superspannend. Von gläubigen Ufologen wird Mick West gerne als Game Developer abqualifiziert, der sich anmaßt, die Sichtungen von Top-Zeugen wie Air-Force-Piloten infrage zu stellen.
Bei mir ist es genau umgekehrt. Da ich mich sehr für Videospiele interessiere, weiß ich, dass Computerspielprogrammierer sich hervorragend mit sämtlichen Aspekten der visuellen Wahrnehmung auskennen. Deshalb überrascht mich überhaupt nicht, dass West zum wichtigsten Ufo-Aufklärer in den USA geworden ist.
Er spielte uns zum Beispiel ein Video vor, bei dem sich das Ufo als Papiertüte entpuppt, wenn man die Aufnahme nur etwas länger laufen lässt, als sie im Netz kursiert. Ich war aber durchaus nicht enttäuscht, sondern eigentlich noch faszinierter, weil das zeigt, wie leicht wir uns täuschen lassen.
Auch Piloten bilden da keine Ausnahme.
Zum Schluss gab Mick uns noch einen Tipp mit, wie man eine Ufo-Sichtung so filmt oder fotografiert, dass etwas Brauchbares dabei herauskommt.
Die meisten Menschen machen, wenn sie ein seltsames bewegliches Licht am Nachthimmel sehen, den Fehler, den optischen Zoom ihrer Handykamera zu aktivieren, um das Objekt nah heranzuholen. Um aber beurteilen zu können, was da los ist, benötigt man Kontext – also die Lichtquellen, Sterne, Wolken, Gebäude drumherum.
Deshalb sollte man immer einen möglichst großen Bildausschnitt wählen.
Auch beim Urgestein Erich von Däniken wurden die beiden vorstellig. Frage an Christian Schiffer: Glaubt der Mann das wirklich alles selbst, was er schreibt?
Davon bin ich absolut überzeugt. Es gibt ja so Fälle von Verschwörungsunternehmern, wo man kaum dahinter schaut, inwieweit das Geschäft oder echte Denkart ist. Bei Erich von Däniken ist aus meiner Sicht eindeutig, dass er jeden Anflug von kognitiver Dissonanz vermeidet und alles ausblendet, was nicht zu seiner festen Anschauung passt.
Das vollständige Interview mit Christian Schiffer gibt’s im nächsten Skeptiker (1/2024), der Mitte dieses Monats erscheint.
Auch mal originell: vor unseriösem „Hochpreis-Coaching“ warnen und dabei selbst für ein Coaching werben:
Ob die Welt-Redakteurin Cornelia Karin Hendrich das gesehen hat, bevor sie das Buch bei Welt+ empfahl?
Die beiden Autorinnen von „Tatort Hochpreis-Coaching: Selfmade Millionäre und Insolvenzopfer“ berichten Hendrich gegenüber opportun von „teils haarsträubendem Nonsens“, der den Teilnehmern bei solchen Veranstaltungen erzählt werde – „bis hin zu satanischen Ritualen und hoch sexualisierten Inhalten bei vermeintlichen Business-Coachings“.
„Satanische Rituale“? Darüber hätten wir jetzt doch gerne mehr erfahren.
Stattdessen reportiert Hendrich die nicht unübliche Story einer 48-jährigen Frau, die bei einem „Business-Coach“ mehrere zehntausend Euro loswurde, ohne nennenswerte Gegenleistung.
„Schätzungen gehen davon aus, dass es in Deutschland inzwischen mehr als 35.000 Menschen gibt, die sich als ‚Coach´ vermarkten“, sagt der Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück […]
Das Problem dabei: Keiner kontrolliert, was die Trainer so treiben. „Jeder, der es will, kann sich Coach nennen, ohne irgendeine fachliche Qualifikation nachweisen zu müssen.“ Auch eine zentrale Qualitätssicherung gebe es nicht. Nicht wenige nutzen diese Lücke.
„Die Anzahl der seriösen Anbieter dürfte deutlich unter 30 Prozent liegen“, vermutet deshalb Kanning.
Eine Anwältin rät dazu, juristisch gegen unseriöse Coaches vorzugehen:
Man sieht an der aktuellen Rechtsprechung, dass die deutschen Gerichte sich immer besser mit solchen Coaching-Fällen auskennen und etwa in Einzelfällen bereit sind, Coachingverträge als sittenwidrig anzusehen.
Einen Videobeitrag „Coaching – Glück gegen Cash?“ vom WDR gibt’s bei Youtube und in der Mediathek.
Zum Weiterlesen:
Coaching: Das Geschäft mit Reichtum und Glück, welt+ am 29. Februar 2024
SkepKon-Video: „Coaching auf Abwegen“ mit Uwe Kanning, GWUP-Blog am 5. Juli 2023
Erleuchtet oder abgezockt?“ – ZDF-Doku zum Thema Coaching, GWUP-Blog am 27. April 2023
Geburtsdatenalgorithmen und Lichtsprache: Coaching-Methoden unter der Lupe, GWUP-Blog am 15. März 2023
Möglicherweise interessant für Hobbyhistoriker und Verschwörungsforscher:
Das Bundesarchiv hat mittlerweile einen Großteil der Aktenbestände zum Reichstagsbrand vor 91 Jahren digitalisiert.
Man stößt darauf, wenn man in die Suche den Begriff „Strafsache gegen Marinus van der Lubbe und Genossen“ eingibt.
Nach dem Ereignis am 27. Februar 1933 sprachen die Nationalsozialisten von einer kommunistischen Verschwörung, die politische Linke von einem Nazi-Komplott.
Dem Historiker und Welt-Redakteur Sven-Felix Kellerhoff zufolge belegen die Akten die Einzeltäterschaft des Niederländers Marinus van der Lubbe. Laut Zeit gibt es an der Alleintäter-These nach wie vor Zweifel.
Die Debatte und Forschung sind noch nicht abgeschlossen,
Ein Jahr später gab es eine zweite Staffel, welche aber nicht ansatzweise an die Einschaltquoten der ersten Staffel rankam. Das Format wurde deshalb eingestampft. Das Publikum zuhause hatte einfach keine Lust mehr, sich weiter verarschen zu lassen. Ich meine, jedem logisch denkenden Menschen war klar, dass das alles halt absoluter Humbug ist und dass das eigentlich einfache Zaubertricks sind.