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Der letzte Exorzismus – leider nur im Kino

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Gib dem Dämon keine Chance: Am Montag  (23. August) hat in Berlin der Horrorstreifen „The Last Exorcism“ Deutschlandpremiere. Im Programmheft des Fantasy-Filmfests heißt es dazu:

Als vorgeblicher Exorzist hat der charismatische Baptistenprediger Reverend Cotton Marcus nationale Berühmtheit erlangt, doch nun plagt ihn in Anbetracht solcher Scharlatanerie sein christliches Gewissen. Die jahrelang praktizierte Austreibung von Dämonen war nämlich mitnichten ein Werk Gottes, sondern allein Cottons Geschäftssinn und einem Sammelsurium cleverer Illusionseffekte entsprungen. Damit soll nun Schluss sein: Voller Reue bittet der Reverend ein Kamerateam, ihn bei seinem letzten Einsatz und der sensationellen Enthüllung aller Facetten seines unredlichen Handwerks zu begleiten. Die letzte Mission führt die Crew in den tiefsten Süden der USA, wo in einem abgelegenen Haus in den Sümpfen ein junges Mädchen von den Mächten der Hölle besessen scheint. Ein Routinefall für Cotton; doch dann gefährdet eine Reihe unerklärlicher Vorfälle seinen in Aussicht gestellten Ruhestand …“

Der Anfang klingt gut. Den Rest wird man sehen.

Dass fast vier Jahrzehnte nach der Spuk- und Spuckorgie „Der Exorzist“ immer noch Teufelsaustreiber-Filme gedreht werden, überrascht wenig – schließlich sind auch echte Exorzismen heute noch an der Tagesordnung, wie wir an dieser Stelle kürzlich erst geschrieben haben. Die TV-Serie „Is It Real?“ von National Geographics berichtet am kommenden Donnerstag (26. August) über das Treiben moderner Teufelsjäger.

Mit dem „Schauspiel der Besessenheit“ – also mit Exorzismus im Film – setzt sich eine Buchneuerscheinung auseinander, die mir der Logos-Verlag freundlicherweise zugeschickt hat. Der Soziologe Sven Großhans analysiert darin detailreich und unter verschiedenen Aspekten die Thriller „Der Exorzist“, „Der Exorzismus von Emily Rose“ und „Requiem“.

Ganz ähnlich wie „Der Teufel spricht deutsch“-Autor Marcus Wegner im Skeptiker-Interview kommt auch Großhans in seiner Arbeit zu dem Fazit, dass sich „im Ereignis der Besessenheit eine gesellschaftlich bedeutsame Komponente zeigt, da sich der Vorfall vor allem an die unmittelbare wie mittelbare soziale Umgebung des Besessenen“ richte:

Es wurde hierfür der Begriff des Schauspiels der Besessenheit eingeführt, der ausdrücken soll, dass das ,Gebärden‘ des Besessenen vormalig auf uns, das soziale Umfeld gerichtet ist, und die besessene Person somit – überspitzt formuliert – seine Darbietung für uns aufführt.“

So überspitzt ist das gar nicht mal – auch Wegner machte bei seinen Recherchen die Erfahrung, dass die vorgeblich Besessenen primär „Anerkennung und Zuwendung“ erwarten. Und ganz zum Schluss schreibt Sven Großhans in seiner Austreibungs-Analyse ein paar Sätze, die so auch von den Skeptikern stammen könnten:

Es steckt aber auch eine Warnung in den filmischen Umsetzungen des Schauspiels der Besessenheit: Wir dürfen nicht zulassen, dass … überkommene, traditionelle, ritualisierte Mechanismen in Gang kommen, die letztendlich mehr schaden als nützen. Eher der besonnene Einsatz eines jeden Einzelnen muss das Ziel sein, der sich durch eine wertneutrale und Neuem gegenüber offene Reflexivität auszeichnet …
Eine weiterführende wissenschaftliche Beschäftigung mit den Modi der öffentlichen Darstellung bzw. Inszenierung der Bereiche des Paranormalen kann dazu dienen, uns für derartige Mechanismen zu sensibilisieren.“

Wenn’s klappt, schaue ich mir „The Last Exorcism“ am 4. September mal an, wenn das Fantasy-Filmfest in München Station macht. Schön wär’s, wenn es sich dabei wirklich um den letzten Exorzismus handeln würde.

Zum Weiterlesen:

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