gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

16. Juli 2025
von Felix Pfannstiel
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Drei Podcastfolgen über RFK jr. – „Gesundheit made by Kennedy“ beim Deutschlandfunk

Der Deutschlandfunk schaut in drei Podcastfolgen auf die fragwürdigen Thesen und Handlungen von US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy jr.


Teil 1: Robert F. Kennedys erfundene Autismus-Epidemie

RFKs Umgang mit Autismus ist Thema des ersten Teils.

In Kennedys Vorgarten steht eine Frau, die Mutter eines autistischen Kindes ist. Sie übergibt ihm Dokumente – darunter u. a. eine Studie von Andrew Wakefield –, die einen Zusammenhang zwischen Impfung und Autismus nahelegen. Kennedy arbeitet diese Unterlagen durch und lässt sich überzeugen.

Das alles passierte ein paar Jahre, nachdem Dr. Andrew Wakefield, oder besser gesagt der ehemalige Dr. Andrew Wakefield, aus dem Vereinigten Königreich eine mittlerweile klar als betrügerisch identifizierte Studie veröffentlicht hatte, in der er den Kombi-Impfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln mit neurologischen Problemen wie Autismus in Verbindung brachte.

Obwohl die Studie zurückgezogen wird und Wakefield seine Approbation verliert, hält Kennedy weiterhin an dieser Überzeugung fest:

Erst sollte das Thiomersal in den Impfstoffen verantwortlich sein. Als das widerlegt war, ein zu dichter Impfkalender mit zu vielen Impfungen im jungen Alter. Dann die Aluminiumsalze, die den Impfungen zugesetzt werden. Moving the Goalposts nennt man diese Strategie.

Impfexperte Peter Hotez, ein Gegenpol zu Kennedy in der Impfdebatte, zur Strategie des US-Gesundheitsministers:

Hotez spricht von einem Krieg der Desinformationen, den Kennedy losgetreten habe. Und der werde an zwei Frontlinien geführt: Auf der einen Seite wird bestehende Forschung diskreditiert und auf der anderen werden Behauptungen aufgestellt und Durchbrüche versprochen.


Teil 2: Influencer und Wellness-Gurus

Teil 2 zeigt die Bewegung „Make America Healthy Again“ (MAHA) und Kennedys Rolle beim Masernausbruch in Samoa.

Wie die MAHA-Bewegung der wissenschaftsorientierten Seite Probleme bereitet:

Für Impfforscher Peter Hotez ist die MAHA-Strategie aus gleich mehreren Gründen ein Problem. Die Wellness-Influencer erzielen große Reichweiten, verschieben damit den öffentlichen Diskurs. Der Kampf gegen ihre Desinformation bindet Zeit und Energie. Für Forschungsprojekte, Hotez‘ eigentliches Kerngebiet, bleibt dann weniger.


Teil 3: Vorwärts in die Vergangenheit

Im letzten Teil werden die Hintergründe von Kennedys rückwärtsgewandtem Kurs aufgezeigt.

Es entstehen reaktionäre Bündnisse:

Der Christliche Nationalismus, erklärt Gorski, existiert schon seit dem 17. Jahrhundert. Entstanden ist er aus der Überzeugung, dass die USA das gelobte Land seien. […] Seit dem 17. Jahrhundert hat sich die Bewegung zu einer der wichtigsten reaktionären Gruppen der USA entwickelt. Alles, was ihrer Interpretation vom Wort Gottes im Weg steht, bekämpfen sie rigoros. Klimaforschung z. B. oder das Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Frauen. Wie auch die Impfgegner sehen sie sich als Teil eines größeren Kampfes.

Beide Gruppen eint ein gemeinsames Feindbild:

Was bei den Impfgegnern die Pharmaindustrie und die korrupten Eliten sind, ist bei den Christlichen Nationalisten der säkulare Humanismus. […] Christliche Nationalisten und MAHA-Bewegung treffen sich bei ihrer Wissenschaftsfeindlichkeit.


Zum Thema:

  • Artikel: Gesundheitspolitik im Zeichen von Verschwörungstheorien, Christopher Weingart (Deutschlandfunk) vom 07.07.2025
  • Artikel: US-Gesundheitsminister jenseits der Wissenschaft, Christopher Weingart (Deutschlandfunk) vom 05.06.2025
  • Artikel: Germ-theory skeptic RFK Jr. goes swimming in sewage-tainted water, Beth Mole (ars technica) vom 12.05.2025
  • Artikel: 5-teilige Videoserie zu Robert F. Kennedy Jr., GWUP-Blog vom 05.04.2025
  • Artikel: Ein Blick auf RFK: Janos Hegedüs und Udo Endruscheit im Gespräch, GWUP-Blog vom 03.03.2025
  • Artikel: RFK auf dem Weg ins US-Gesundheitsministerium, GWUP-Blog vom 09.02.2025
  • Artikel: Welcome Idiocracy!, Science and Sense vom 04.02.2025
  • Artikel: Experts saw Samoa’s plunging vaccination rates as a crisis. RFK Jr. saw an opportunity, NBC News vom 24.01.2025
  • Artikel: Science Cops: Ein Impfgegner als US-Gesundheitsminister – Der Fall Robert F. Kennedy Jr., GWUP-Blog vom 07.12.2024
  • Artikel: Neue Lügen von Andy und Bob!, Science and Sense vom 22.06.2022

Hinweis:

  • Falls ihr Ideen, Anregungen oder Empfehlungen habt bzw. selbst ein Gastkapitel für den GWUP-Blog schreiben möchtet, kontaktiert uns unter: blog@gwup.org.
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14. Juli 2025
von Felix Pfannstiel
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Von Herz-CT bis Turbo-Atherosklerose: Janos Hegedüs prüft die Aussagen von Dr. Julia Wilke

In seinem neuen Video nimmt sich Janos die medizinischen Aussagen von Dr. Julia Wilke im ungeskriptet-Podcast vor:

Dr. Julia Wilke bezeichnet sich als „Ärztin für Funktionelle Medizin“ und gibt in einem über zweistündigen Podcast bei ‪@ben_ungeskriptet‬ Einblicke in ihre Sicht auf unser Gesundheitssystem. Klingt spannend – wäre da nicht die geballte Ladung pseudomedizinischer Aussagen, wilder Behauptungen und gefährlicher Empfehlungen.

Heilung? Bitte nicht! Wir verdienen am Leiden! ‪@ben_ungeskriptet | Dr. Hegedüs

Wilkes Berufsbezeichnung sorgt bei Janos für Stirnrunzeln:

Dr. Julia Wilke wird als Ärztin für funktionelle Medizin bezeichnet, und ich habe keine Ahnung, was das heißen soll. Das ist kein in Deutschland offiziell anerkannter Facharzt- oder Weiterbildungsbegriff. So nennen sich gerne Alternativheiler.

Trotzdem:

Aber lasst uns erstmal unvoreingenommen anhören, was sie sagt. Kritik am Gesundheitssystem und vor allem an den Krankenkassen ist absolut angebracht.

Janos prüft ihre Behauptungen zur Verbindung von Corona und plötzlichem Herztod, diskutiert ihre Empfehlungen zu Herz-CTs und ordnet ihre Aussagen zur ‚Turbo‘-Atherosklerose ein.

Zum Thema:

  • Video: Plötzlicher Herztod – Häufiger seit Corona? / Patrick Strobach wieder, Dr. Hegedüs vom 19.08.2024

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13. Juli 2025
von Felix Pfannstiel
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Ankündigung: Kortizes-Onlinevortrag mit hpd-Chefredakteurin Gisa Bodenstein – „Warum der Humanistische Pressedienst relevanter ist denn je“

Bei Kortizes geht kommenden Donnerstag, 17. Juli, von 20:15 – 20:45 Uhr die Vortragsreihe Humanistischer Campus mit einer Onlineveranstaltung weiter. Zu Gast ist Gisa Bodenstein, Chefredakteurin vom hpd:

Der Humanistische Pressedienst (hpd.de) ist das reichweitenstärkste säkulare Medium im deutschsprachigen Raum. Er setzt Akzente, die es in den medialen Mainstream schaffen. In den letzten Jahren hat er sich immer weiter professionalisiert und Neues gewagt. Im Rahmen einer Neuauflage der Website stehen einige Veränderungen an, denn der hpd will mit der Zeit gehen. Warum weltanschaulich-neutraler Journalismus heute wichtiger denn je ist, wohin er schon gekommen ist und wohin er noch will, erläutert Chefredakteurin Gisa Bodenstein.

Diese Veranstaltung findet live online über diesen Zugangslink statt (Meeting-ID: 845 2070 4889). Die Teilnahme ist kostenfrei. Der Humanistische Campus ist ein Online-Veranstaltungsformat des HVD Bayern, in Kooperation mit Kortizes. Zur Deckung der entstehenden Kosten bitten wir herzlich um Spenden an Kortizes: Entweder über Paypal oder per Überweisung. Vielen Dank! Spenden sind aufgrund der Gemeinnützigkeit steuerlich absetzbar.

Hier geht’s zum Eventeintrag im Skeptischen Netzwerk.

Zum Thema:

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  • Wenn ihr noch nicht im Skeptischen Netzwerk angemeldet seid, möchten wir euch herzlich dazu einladen. Dort finden GWUP-Mitglieder und Interessierte eine Plattform für Diskussionen und Austausch rund um skeptische Themen:

11. Juli 2025
von Felix Pfannstiel
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Sinans Wochenrückblick: Shitstorm für Culcha Candela, Identität statt Naturwissenschaft bei Quarks & Sinans Tour durch die Republik

Sinan blickt auf die vergangene Woche zurück:

Ein neuer Aufreger um die Band Culcha Candela, ein Wort zu Quarks’ Instagram-Entwicklung und Sinans besondere Tour-Idee quer durch Deutschland.

CANCEL CANDELA | Der MORALISCHE MOB schlägt zurück

Inhalt:

  • Einleitung [ab 0:00 min]
  • Culcha Candela und die Fettnäpfchen [ab 0:50 min]
  • Sinans Deutschlandtour [ab 14:10 min]
  • Börse und Finanzen [ab 17:30 min]
  • Obst der Woche: Quarks [ab 25:00 min]

Zum Thema:

  • Video: Gerd Kommer über Wirecard, Weltmarkt und Wohlstand | SinansFragen mit ‪@gerdkommer‬, SinansWoche vom 09.07.2025

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9. Juli 2025
von Felix Pfannstiel
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4-teilige Artikelreihe „Die Wurzeln des Relativismus“ auf dem Blog Science and Sense

Im April hat Udo Endruscheit auf seinem Blog eine umfangreiche Artikelreihe zum philosophischen Relativismus veröffentlicht. Wir hatten sie hier auf dem Blog vorgestellt.

Nun legt er mit einem vierteiligen Follow-up nach, das die historischen Wurzeln dieses Denkansatzes beleuchtet. Ein kleiner Überblick.


Teil 1: Die Wurzeln des Relativismus I – Ein Blick in die Antike

Im ersten Teil geht Udo zurück bis in die Antike:

Die Vorstellung, dass es keine objektive Wahrheit gebe, sondern jede Erkenntnis relativ zu Perspektive, Kultur oder Sprache sei, fasziniert und beunruhigt gleichermaßen. Dass diese Idee keineswegs neu ist, sondern ihre Wurzeln tief in der Antike hat, ist weniger bekannt.

Neben dem Disput zwischen Protagoras und Platon, den pyrrhonischen Skeptikern und Aristoteles‘ Antwort auf den Relativismus beleuchtet Udo eine These des Sophisten Gorgias:

  • Es gibt nichts.
  • Wenn es etwas gibt, kann man es nicht erkennen.
  • Und selbst wenn man es erkennen kann, kann man es nicht mitteilen.

Hier erkennt Udo Parallelen zu dem, was bei einigen Relativisten des 20. Jahrhunderts vorzufinden ist:

Diese Position, die Sprache, Erkenntnis und Wirklichkeit voneinander trennt, findet sich ähnlich in Derridas Sprachskepsis oder Foucaults Machtbegriff. Der Gedanke, dass Wahrheit konstruiert sei, hat hier seinen historischen Vorläufer.

In der antiken Philosophie ist also schon Vieles angelegt, was in späteren Debatten wieder aufzutauchen scheint:

Schon die Antike kannte die Argumente, die heute in Diskussionen um „alternative Fakten“ und „gefühlte Wahrheiten“ wiederkehren. Protagoras, Gorgias und die Skeptiker auf der einen Seite, Platon und Aristoteles auf der anderen, markieren die großen Linien eines Streits, der bis heute andauert.

Zum ganzen Artikel:


Teil 2: Die Wurzeln des Relativismus II – Die Scholastik und der Aristoteles-Streit

Der zweite Teil führt ins Mittelalter. Es geht um die Aristoteles-Rezeption der Scholastiker.

Die Scholastik war kein homogener Denkstil, sondern eine intellektuelle Bewegung, die im 12. und 13. Jahrhundert versuchte, antikes Wissen mit christlicher Lehre zu versöhnen.

Thomas von Aquin bemühte sich um eine Synthese von Aristoteles‘ Lehren von Logik und Natur mit dem Glauben.

Weiter führten es die Vertreter des radikalen Averroismus rund um Siger von Brabant:

Es könne zwei Wahrheiten geben – eine theologische und eine philosophische. Was nach Vernunft als wahr gilt, müsse nicht notwendigerweise mit dem Glauben übereinstimmen. Dies war keine Synthese mehr wie beim Aquinaten, sondern ein Pluralismus der Wahrheiten.

Weil das für die Kirche inakzeptabel war, folgte die Antwort:

Die Pariser Theologiefakultät verurteilte 1277 219 aristotelische und averroistische Thesen. Offiziell ging es um Irrlehren. Inoffiziell war es ein politischer Akt zur Wahrung epistemischer Deutungshoheit.

Auf Dauer konnte das den Relativismus freilich nicht eliminieren. Er bestand fort, und die Scholastiker hatte ihn mitgeprägt.

Zum kompletten Beitrag:


Teil 3: Die Wurzeln des Relativismus III – Renaissance, Rationalismus und Empirie

Für den dritten Teil springt Udo in die Neuzeit.

Francis Bacon ist hier ein wichtiger Name für den neuen Erkenntnisoptimismus:

Bacons berühmter Leitsatz „Wissen ist Macht“ ist keine bloße Technikgläubigkeit, sondern Ausdruck eines tiefen Vertrauens in die menschliche Erkenntnisfähigkeit.

Sein Grundsatz:

Wahrheit existiert objektiv und ist dem Menschen prinzipiell zugänglich.

Im 18. Jahrhundert brachte David Hume Zweifel an, was das Verhältnis von Ursache und Wirkung betrifft:

Wir beobachten nur, dass Ereignis B regelmäßig auf Ereignis A folgt. Aber dass A die Ursache von B ist – das können wir nie wirklich „sehen“. Diese Verbindung sei nicht objektiv gegeben, sondern eine Gewohnheit unseres Geistes, die wir durch Erfahrung gebildet haben.

Immanuel Kant formulierte seine Unterscheidung zwischen der Erscheinung und dem Ding an sich:

Nicht die Dinge an sich (Ding an sich) erkennen wir – sondern nur die Erscheinungen, so wie sie unter den Bedingungen unseres Erkenntnisapparats möglich sind.

Ein Relativist war Kant jedoch explizit nicht:

Er relativierte nicht die Wahrheit, sondern nur unsere Zugangsweise zur Welt. Wahrheit bleibt bei Kant prinzipiell erreichbar – nicht absolut im Sinne metaphysischer Durchsichtigkeit, aber verlässlich innerhalb der Grenzen der Vernunft.

Hier ist der gesamte Artikel, der noch weitere Aspekte wie Nietzsches Verhältnis zur Wahrheit, den Historismus und den Pragmatismus behandelt:


Teil 4: Die Wurzeln des Relativismus IV – Das 20. Jahrhundert bis zur Postmoderne

Angekommen im 20. Jahrhundert weist Udo auf den Wiener Kreis hin:

Rudolf Carnap, Moritz Schlick und andere wollten mit Hilfe der formalen Logik und einer streng empirischen Wissenschaftssprache eine objektive Erkenntnisbasis schaffen.

Auch Karl Popper steht für einen Wissenschaftsbegriff, der Wahrheit nicht aufgibt, aber:

Wissenschaft, so Popper, könne nie endgültig verifizieren, sondern nur falsifizieren. Eine Theorie ist umso wissenschaftlicher, je mehr sie sich riskanten Tests aussetzt und prinzipiell widerlegbar ist.

Popper war kein Relativist, jedoch:

Unsere Wahrheiten sind immer hypothetisch, nie absolut sicher – und das öffnet späteren Theorien, die aus dieser Vorläufigkeit ein Beliebigkeitsprinzip machen, eine Hintertür.

Udo geht noch auf die Frankfurter Schule, Thomas Kuhns Paradigmen und Paul Feyerabends Anything goes ein, ehe er zur Postmoderne überleitet:

Mit Foucault, Derrida, Lyotard und Butler beginnt die Zeit des starken Relativismus: Wahrheit wird als diskursive Konstruktion entlarvt, Objektivität als Herrschaftsinstrument enttarnt, wissenschaftliche Rationalität als kulturell überformt dekonstruiert.

Er endet diese Artikelreihe mit einer klaren Positionierung gegen den radikalen Relativismus:

Dem möchte ich mich entschieden entgegenstellen. Nicht, weil ich naiv an eine „absolute“ Wahrheit glaube, sondern weil ich weiß, dass die Suche nach Wahrheit – in all ihrer Begrenztheit – zu den größten zivilisatorischen Errungenschaften gehört, die wir haben. Sie ist ein Bollwerk gegen Willkür, Manipulation und ideologische Erstarrung.

Hier entlang zum kompletten Beitrag:


Zum Thema:

  • Artikel: Relativismus auf dem Prüfstand – Udo Endruscheits kritische Tour durch die Postmoderne, GWUP-Blog vom 29.04.2025
  • Artikel: Gastbeitrag: Zynische Theorien – Wie Identitätsideologie die Geistes- und Sozialwissenschaften beschädigt, GWUP-Blog vom 05.09.2022
  • Buch: Paul Boghossian: Angst vor der Wahrheit. Ein Plädoyer gegen Relativismus und Konstruktivismus. Suhrkamp 2022.

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7. Juli 2025
von Felix Pfannstiel
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Was ist noch echt? – ARTE-Video zum Thema Desinformation

ARTE hat ein halbstündiges Video zum Thema Desinformation veröffentlicht:

Deepfakes, Fake News und KI-generierte Inhalte stellen die Realität infrage. Täuschend echte Falschinformationen machen es schwerer denn je, zwischen Fakt und Manipulation zu unterscheiden. Manipulierte Videos, gefälschte Stimmen und gezielte Desinformation untergraben das Vertrauen in Medien, Politik und Wissenschaft. Welche Auswirkungen hat das auf Gesellschaft und Demokratie?

Welche Macht hat Desinformation? | 42 – Die Antwort auf fast alles | ARTE

Im Video erklären sie uns u. a. die Unterscheidung zwischen Fehlinformation und Desinformation:

Wir können unterscheiden zwischen Desinformation und Fehlinformation. Desinformation besteht aus Informationen, die absichtlich in Umlauf gebracht werden, um zu täuschen. Sie ist darauf ausgelegt uns in die Irre zu führen. Fehlinformationen sind zwar Informationen, die falsch sein mögen, aber ohne die Absicht, uns zu täuschen.

Die Desinformation unterscheidet sich aber von der klassischen Lüge:

Jemand, der Desinformation verbreitet, zielt auf eine breitere Öffentlichkeit. Der lügt jetzt nicht einzelne Personen an oder eine kleine Gruppe, sondern man würde diesen Begriff eher im Zusammenhang mit sowas wie öffentlicher oder medialer Kommunikation, Kampagnen verwenden.

Die Gefahr von Desinformationen:

Was Desinformation im Grunde ist, ist so was wie das Falschgeld des öffentlichen Diskurses. In dem Moment, in dem ich mir nicht mehr sicher sein kann, ob all die 20er, die mir gerade in die Hand gedrückt werden, echt sind, wird mir das Einkaufen im Supermarkt auch zunehmend schwer fallen.

Zum Thema:

  • Artikel: Trump: US-Medien als Zielscheibe | Desinformation: Sanktionen gegen „Red“, Sebastian Wellendorf (Deutschlandfunk) vom 02.07.2025

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6. Juli 2025
von Felix Pfannstiel
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Ankündigung: Wolfgang Hund bei der GWUP Mittelfranken „Kann das wirklich WAHR sein?“ – Experimente und „Experimente“

Am Donnerstag, den 10. Juli 2025, um 19:30 Uhr wird Wolfgang Hund bei der Regionalgruppe Mittelfranken mit einem Vortrag zu Gast sein:

„Kann das wirklich WAHR sein?“ – Experimente und „Experimente“ für die Untersuchung von para- und pseudowissenschaftlichen Behauptungen
Skeptikerurgestein Wolfgang Hund stellt spannende Versuchsreihen vor, mit denen para- und pseudowissenschaftliche Behauptungen auf die Probe gestellt werden können. Er erläutert die Unterschiede zwischen echten wissenschaftlichen Experimenten und bloßen Show-Effekten, die oft als „Beweise“ für Übersinnliches angeführt werden. Das Publikum bekommt wertvolle Tipps, wie man selbst wissenschaftlich skeptisch bleiben und eigene Tests durchführen kann – ganz nach dem Motto „Selber ausprobieren!“.

Die Veranstaltung findet wie gewohnt in der Sternwarte (Regiomontanusweg 1, 90491 Nürnberg) statt. (Nicht zu verwechseln mit dem Planetarium!)

Zum Thema:

Hinweis:

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4. Juli 2025
von Felix Pfannstiel
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3sat-Format nano: „Corona-Pandemie: War doch ein Laborunfall der Auslöser?“

Im 3sat-Wissenschaftsmagazin nano ging es am 30. Juni um die Labortheorie bzw. darum, wie mit Wissenschaftlern umgegangen wurde, die schon zu Beginn der Pandemie einen Laborursprung des Coronavirus für möglich hielten:

Während der Pandemie wurden Forscher, die als Ursprung einen Laborunfall für möglich hielten, als Verschwörungstheoretiker abgetan. Nun zeigt sich, dass der BND bereits im Frühjahr 2020 die Bundesregierung unterrichtete, dass es sich mit höchster Wahrscheinlichkeit um einen solchen Unfall handelte. Aber man wollte das unter Verschluss halten, begleitet von interessengesteuerten Wissenschaftlern.

Thematisch passt das zu dem Vortrag, den Andreas Edmüller vor einigen Wochen bei den Skeptics in the Pub München gehalten hat. Er erklärte dort, warum die Labortheorie von Anfang an eine erkenntnistheoretisch respektable Theorie war, unabhängig davon, ob sie am Ende zutrifft oder nicht.

Wie man generell zwischen legitimer Theorie und unhaltbaren Verschwörungstheorien unterscheiden kann, lässt sich in Edmüllers 2-teiligem Dossier Verschwörungstheorie (im 2. Band mit Judith Faessler) nachlesen. Dort beschreiben die beiden Autoren, mithilfe welcher Kriterien man systematisch prüfen kann, ob eine Theorie plausibel ist.

Zum Thema:

  • Artikel: Zwei weitere Videos für den heißen Sonntag: Edmüller über die Labortheorie, TBOR diskutieren Sinans Vorfall mit dem Staatsschutz, GWUP-Blog vom 22.06.2025
  • Andreas Edmüller: Verschwörungsspinner oder seriöser Aufklärer? – Wie man Verschwörungstheorien professionell analysiert. Dossier Verschwörungstheorie – Bd. 1. Rediroma-Verlag 2021.
  • Andreas Edmüller, Judith Faessler: Verschwörungstheorien als Waffe – Wie man die Tricks der Verschwörungsgauner durchschaut und abwehrt. Dossier Verschwörungstheorie – Bd. 2. Rediroma-Verlag 2023.

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2. Juli 2025
von Felix Pfannstiel
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Leif Inselmann zeigt: Was Tolkien vom Alten Orient übernahm.

Leif Inselmann hat auf seinem Blog Wunderkammer der Kulturgeschichte und bei Academia einen Beitrag verfasst, der sich mit den altorientalistischen Einflüssen im Werk Tolkiens beschäftigt.

Dass Tolkien sich bei der Entwicklung seiner Welt ausgiebig von alten Mythen inspirieren ließ, ist bekannt:

Begonnen als vermeintliche „Rekonstruktion“ einer angelsächsischen Mythologie, inkorporierte er auch zahlreiche Motive vor allem nordischen, keltischen und christlichen Ursprungs: Die Figur des Earendil geht auf ein altenglisches Gedicht zurück, die Namen Gandalfs und der Zwerge aus dem Hobbit sind direkt dem „Zwergenkatalog“ der nordischen Völuspá entlehnt. Und während das versunkene Inselreich Númenor klar auf Platons Atlantis basiert, kann der „rebellische Engel“ Melkor/Morgoth nur schwer die Parallele zum christlichen Luzifer verhehlen.

Was Leif Inselmann nun besonders herausstellt:

Weit weniger bekannt ist dagegen, dass sich in Tolkiens Legendarium auch direkte Einflüsse aus der Mythologie des antiken Mesopotamien – den Kulturen der Sumerer, Babylonier und Assyrer – finden.

Dies lässt sich beobachten, wenn man Tolkiens eigene Schöpfungsgeschichte aus dem Kapitel Musik der Ainur im Silmarillion heranzieht:

Am Anfang sei der Eine gewesen, Eru Ilúvatar. Dieser schuf als erstes die Ainur (Valar und Maiar) als „Engel“ oder „niedere Götter“ und lehrte sie Melodien, die sie allein oder zu wenigen vor ihm sangen. Schließlich gab er ihnen ein einziges großes Thema, das sie gemeinsam singen und jeder nach seiner Art und Kunst ausgestalten sollten. Allein Melkor, der mächtigste der Ainur, flocht neue und missklingende Töne in das Lied ein und es kam zum Kampf zwischen seiner Melodie und der Ilúvatars. Nachdem sie dreimal solcherart miteinander gestritten haben, beendet Ilúvatar die Musik und zeigt den Ainur ein Gesicht ihres gemeinsamen Werkes, denn ihre Musik hat eine neue Welt gestaltet. Mit dem Schöpfungswort Eä! („Es sei!“) bringt Ilúvatar die Welt ins Sein. Einige der Ainur werden in diese hinabsteigen, um in der Welt zu wohnen und sie weiter auszugestalten – unter ihnen auch Melkor, der später Morgoth genannt wird, der dunkle Feind des Ersten Zeitalters. 

Woher nahm Tolkien die Inspiration für diese Geschichte? Tolkien-Experte Peter Gilliver saß 2006 in einer Choraufführung von Benjamin Brittens The Company of Heaven und machte dabei eine Entdeckung:

Hier finden sich all die fehlenden Motive: Der Chor der Engel nach vorgegebenem Thema, die Rebellion Luzifers in Form einer eigenen Melodie und der Kampf zwischen Missklang und Harmonie, während die einleitende Zeile („When all the sons of God shouted for joy“) Hiob 38,7 zitiert. Die Parallelen zwischen Brittons Company of Heaven und Tolkiens Ainulindale sind so auffällig, dass nicht an eine zufällige Ähnlichkeit zu denken ist. 

Dieses Lied konnte jedoch nicht direkt die Inspiration für Tolkiens Kosmogonie gewesen sein:

Brittens Lied wurde erst 1937 für eine Ausstrahlung der BBC komponiert, lange nach Tolkiens ersten Entwürfen für die Musik der Ainur. Auch diese aber wurden nicht vor 1937 publiziert, können also umgekehrt auch nicht die Vorlage für die Company of Heaven darstellen. Daraus ergibt sich nur eine mögliche Lösung: Beide Werke müssen unabhängig voneinander auf ein gemeinsames Vorbild zurückgehen.

Und dieses scheint eine babylonische Quelle zu sein, die vom britischen Forscher William Henry Fox Talbor unter dem Titel The Revolt in Heaven übersetzt wurde:

Bemerkenswert ist allerdings der Hintergrund des „babylonischen“ Mythos – entspringt dieser nämlich größtenteils der Fantasie des Übersetzers Talbot. Tatsächlich handelt es sich bei dessen The Revolt in Heaven nicht um einen eigenständigen Text, sondern um ein Fragment der siebten Tafel des Enūma eliš, auch bekannt als „Lied auf Marduk“ oder „Babylonisches Weltschöpfungsepos“ ‒ einem der umfangreichsten und religionsgeschichtlich bedeutendsten Texte der babylonischen Kultur.

Ob Tolkien wusste, dass es sich bei Talbots Text um eine fehlerhafte Übertragung des Enūma eliš handelte, ist nicht bekannt. Doch hat dies nur nachrangige Bedeutung für die Verwendung des Stoffes im Rahmen seiner Kosmogonie. Die Bezüge zwischen Tolkiens Schöpfungsgeschichte und dessen altorientalischen Vorbildern aber enden nicht mit der Adaption eines falschen babylonischen Mythos.

Tatsächlich scheint Tolkien schon früh ein Interesse – und zumindest Grundkenntnisse – an altorientalischen Sprachen entwickelt zu haben:

Alles deutet darauf hin, dass Tolkien schon in frühen Jahren zumindest oberflächliche Kenntnisse der altorientalischen Sprachen besaß.

Diese Kenntnisse spiegeln sich auch sprachlich in seinem Werk wider:

Zwar ist der Bezug zwischen akkadisch-sumerischen Wörtern und Tolkiens numinosen Wesen in den frühesten Entwürfen am stärksten, doch noch in Werken späterer Jahrzehnte, die Ereignisse des Zweiten Zeitalters thematisieren, finden sich Echos des Akkadischen.

Weiter:

So schlug der Historiker Alexandre Nemirovsky vor, dass die Schwarze Sprache Saurons durch das Hurritische inspiriert sein könnte, eine vor allem im bronzezeitlichen Syrien verwendete und nur mit dem Urartäischen verwandte Keilschriftsprache (s. Ardalambion und Axén o. J.).

Neben strukturellen Parallelen lässt sich unter 33 bezeugten Wörtern und Suffixen der Schwarzen Sprache bei nicht weniger als zehn eine gewisse Ähnlichkeit zum entsprechenden hurritischen Wort erkennen, so etwa ash „einer“ (hurr. š(e)), durb– „herrschen“ (hurr. turob), gimb– „finden“ (hurr. –ki(b)), krimp– „binden“ (hurr. ker-imbu- „dauerhaft lang machen“, u.a. in Bezug auf Seile) sowie die Morpheme –ûk (hurr. –ok-) i.S.v. „vollständig, in Gänze“, at (hurr. ed) für den Jussiv/Futur der Absicht, –ul „sie“ (hurr. –lla/-l) als Akkusativobjekt Plural in der Verbalphrase sowie die Nullendung des Ergativs (z.B. bei nazg– „Ring“).

Leif kommt zum Fazit:

Vor allem in seiner frühen Schaffensphase scheint Tolkien altorientalische Einflüsse aufgenommen zu haben, die Eingang in die ersten Versionen seiner Kosmogonie fanden: So basiert die Musik der Ainur offenbar maßgeblich auf dem fehlübersetzten Keilschrifttext The Revolt in Heaven von William Henry Fox Talbot.

Auch die Namen der göttlichen Numina Enu/Eru, Ilu(vatar) und Malko/Melkor sowie der Königin Istar/Tar-Míriel dürften der akkadischen Sprache entlehnt sein. Auch wenn sich manche der Namensparallelen in späteren Textversionen verlieren, so scheinen bei Tolkiens fiktiven Sprachen doch auch weiterhin gewisse Einflüsse des Akkadischen und möglicherweise auch Hurritischen durch. Bemerkenswerterweise fanden diese Themen keinen direkten Eingang in die beiden Romane Der Hobbit und Der Herr der Ringe, sodass die populäre Rezeption von Tolkiens Legendarium bis heute vor allem vom Bild einer europäisch inspirierten Mythologie bestimmt wird.

Hier der gesamte Artikel.

Zum Thema:

  • Artikel: Moorleichen und Quellenfälschung: Leif Inselmann arbeitet den Fall Alfred Dieck auf., GWUP-Blog vom 15.06.2025
  • Artikel: Narrative der Urgeschichte: Zwischen Mythos und Wissenschaft | Wunderkammer der Kulturgeschichte, GWUP-Blog vom 07.05.2025
  • Artikel: Leif Inselmann über eine Oster-Kontroverse in der altorientalistischen Forschung: „Glaubten die Babylonier an Tod und Wiederauferstehung des Gottes Marduk?“, GWUP-Blog vom 22.04.2025
  • Artikel: Gab es einen Drachen namens Kur in der sumerischen Mythologie?, Leif Inselmann (Wunderkammer der Kulturgeschichte) vom 21.02.2023

Hinweis:

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30. Juni 2025
von Felix Pfannstiel
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Vorpolitisch: Hatespeech – Versuch der Regulierung einer menschlichen Emotion?

Seb Schnelle spricht in der neuen Folge seines Podcasts Vorpolitisch über das Thema Hatespeech. Anlass sind die bundesweiten Polizeiaktionen gegen Hassrede im Netz in der vergangenen Woche.

Zu der Aktion äußerte sich die Politik:

Gegenüber der Presse gab der nordrhein-westfälische Innenminister Reul an, viele Menschen hätten den Unterschied zwischen Hass und Meinung verlernt.

Hier grätscht Seb dazwischen:

Und da muss man dann doch etwas staunen, denn haben Menschen wirklich den Unterschied zwischen einer Emotion, die sie fühlen, also dem Hass, und einer inneren Einstellung, die sie für wahr halten, also der Meinung, verlernt? Oder zeigt schon die Sprache von Reul, dass hier einiges durcheinandergeht?

Mit seinem sprachphilosophisch geschulten Blick erkennt Seb:

Natürlich ist Hass keine Meinung. Hass ist eine Emotion. Keine schöne, aber eine menschliche. Hass ist auch kein Fischbrötchen. Es handelt sich hier schlicht um einen Kategorienfehler. Warum aber überhaupt die Verbindung von Hass und Meinung?

Seb hat eine Erklärung dafür:

Wahrscheinlich weil sich auch bei uns, ausgehend wie so oft von den USA, die Pathologisierung von negativen Emotionen durchgesetzt hat. Hassverbrechen sind irgendwie schlimmer als Verbrechen aus anderen Motiven. Und Hatespeech ist ein vages Konstrukt, das schlimme Dinge anprangern soll. Und überhaupt müsse man Hass ja irgendwie verbieten.

Die Vorstellung, Emotionen staatlich regulieren zu wollen, ist eine totalitäre Idee. Trotzdem begegnet solchen Aussagen erstaunlich häufig in den Sozialen Netzwerken.

Folgende Aspekte werden oft vorgebracht, wenn es um die Gefahren und Auswirkungen von Hatespeech geht:

Als Gefahren von Hatespeech werden zumeist das Silencing, also der angebliche Rückzug der von Hass Betroffenen von Sozialen Medien und damit das Verstummen von deren Meinung, sowie Radikalisierung genannt. Das berühmte Aus-Worten-werden-Taten-Argument.

Die juristische Lage in Deutschland:

Interessant ist, dass Hatespeech natürlich kein Straftatbestand nach deutschem Recht ist; die Meinungsfreiheit hingegen einen Schutzbereich von Verfassungsrang darstellt. Erstaunlich, wie schnell manche meinen, diesen mit Hinweis auf eine natürlich völlig legitime Emotion schleifen zu können.

Zur kompletten Folge!

Zum Thema:

  • Artikel: Bundesweite Polizeiaktion wegen Hetze im Internet – NRW-Innenminister Reul: „Menschen haben Unterschied zwischen Hass und Meinung verlernt“, Deutschlandfunk vom 25.06.2025
  • Artikel: Bundesweite Polizeiaktion gegen Hetze im Internet, zdfheute vom 25.06.2025

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