Am 4. Juni erschien auf dem Blog von Udo Endruscheit der Beitrag „Rechtlich zulässig, wissenschaftlich unhaltbar“, der auch hier auf dem GWUP-Blog geteilt wurde. Darin ging es um die Frage, wie homöopathische Mittel trotz fehlender wissenschaftlicher Evidenz rechtlich zugelassen oder registriert sein können. Nun hat das Informationsnetzwerk Homöopathie (INH) ein Follow-up veröffentlicht, das sich mit einer oft gestellten Anschlussfrage beschäftigt: Bedeutet die Zulassung oder Registrierung homöopathischer Mittel, dass deren Wirksamkeit anerkannt wird?
Immer wieder wird – teils in gutem Glauben, teils bewusst irreführend – behauptet, die gesetzlich geregelte Registrierung oder Zulassung homöopathischer Mittel stelle einen „Wirkungsnachweis“ für diese Mittel dar. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Beide Wege sind politische Sonderregelungen, die gerade eingeführt wurden, weil ein Wirksamkeitsnachweis bei Homöopathika nicht zu erbringen ist – und auch nicht verlangt wird.
Es muss zwischen Zulassung und Registrierung unterschieden werden:
Die meisten homöopathischen Mittel werden nicht „zugelassen“, sondern „registriert“. Grundlage ist § 38 AMG, der vorsieht, dass homöopathische Arzneimittel ohne Angabe eines Anwendungsgebiets registriert werden können. Das Verfahren verlangt keine Nachweise zur Wirksamkeit oder zum therapeutischen Nutzen. Entscheidend ist lediglich die Unbedenklichkeit, also dass vom Mittel keine Gefahren für die Gesundheit ausgehen.
Die Registrierung wurde eingeführt, gerade weil medizinische Evidenz fehlt:
Der Gesetzgeber hat dieses vereinfachte Verfahren nicht trotz, sondern wegen der fehlenden Evidenzbasis eingeführt. Homöopathika sollten im Markt verfügbar sein, ohne einen wissenschaftlichen Wirkungsnachweis zu benötigen.
Ein kleinerer Teil homöopathischer Präparate wird nicht nur registriert, sondern tatsächlich zugelassen. Auch hier gibt es eine Sonderregelung:
Für die homöopathischen Mittel, die zugelassen sind, gibt es eine Sonderregelung im § 25 Abs. 7 AMG. Diese erlaubt es, anstelle eines wissenschaftlichen Nachweises auf die „Erfahrungen der besonderen Therapierichtungen“ zurückzugreifen. Damit ist gemeint: Wenn ein Mittel innerhalb der Homöopathie über eine gewisse Zeit traditionell verwendet wurde und die Kommission D dies bestätigt, kann es eine Zulassung erhalten.
Das hat jedoch mit einem wissenschaftlich fundierten Nachweis nichts zu tun:
Von einer „rechtlichen Fiktion“ der Wirksamkeit, wie sie immer wieder behauptet wird, kann dabei keine Rede sein. Auch bei der Zulassung von Homöopathika nach Stellungnahme der Kommission D beim BfArM handelt es sich um eine explizite Ausnahmeregelung, die Mitteln ohne Wirkungsnachweis über die Arzneimitteleigenschaft den Marktzugang eröffnet – nicht mehr.
Zentrale Rolle bei der Zulassung spielt die sogenannte Kommission D, deren Zusammensetzung und Bewertungsmaßstäbe selbst kritisch zu sehen sind:
Die Kommission D, die Empfehlungen zur Zulassung abgibt, ist ein Gremium homöopathisch arbeitender Ärzte und anderer Vertreter der Therapierichtung. Die Kriterien, nach denen sie ihre Empfehlungen ausspricht, sind nicht gesetzlich definiert, sondern wurden von der Kommission selbst formuliert. Sie beziehen sich vor allem auf die Plausibilität innerhalb der eigenen Therapierichtung. Dies verleiht der Kommission keinerlei wissenschaftliche oder regulatorische Autorität, über den therapeutischen Nutzen eines Mittels zu befinden.
Die rechtlichen Sonderregelungen für Homöopathika wurden nicht geschaffen, um eine medizinische Wirksamkeit zu bescheinigen, sondern um das Fehlen eines Wirkungsnachweises zu umgehen:
Weder das Registrierungs- noch das Zulassungsverfahren enthalten auch nur implizit eine Aussage über die Wirksamkeit homöopathischer Mittel. Im Gegenteil: Das Arzneimittelgesetz schafft diese Sonderwege gerade deshalb, weil ein Wirkungsnachweis für Homöopathika in aller Regel nicht führbar ist.
Also:
Für Homöopathika hat der Gesetzgeber einen eigenen Regelungsbereich geschaffen, der lediglich den Sinn hat, den Mitteln den Zugang zum Arzneimittelmarkt zu ermöglichen – und damit den Vertretern der „besonderen Therapierichtungen“ insofern entgegen zu kommen. Mit der Rechtsfigur einer Fiktion hat dies nichts zu tun.
Der ganze Beitrag:
Zum Thema:
- Artikel: Homöopathische Arzneimittel: Zugelassen trotz fehlender wissenschaftlicher Evidenz – Wo sind die rechtlichen Schlupflöcher?, GWUP-Blog vom 12.06.2025
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