19. Dezember 2024
von Bernd Harder
9 Kommentare
Wie ist es nun eigentlich ausgegangen, das „Final Experiment“, von dem der Komponist Moritz Eggert in unserem Skeptiker-Interview spricht?
Der Hintergrund:
Ein amerikanischer Pastor namens Will Duffy hatte im vergangenen Jahr in zwei Predigt-Videos (hier und hier) seinen Unmut darüber geäußert, dass Flat Earther ihren wissenschaftsfeindlichen Glauben mit der Bibel rechtfertigen, und für 2024 „something massive“ angekündigt, um dem entgegenzutreten.
Als „Final Experiment“ schlug Duffy der Flacherdler-Szene einen Trip in die Antarktis vor, um ihnen dort den Polartag beziehungsweise die Mitternachtssonne zu zeigen, also 24 Stunden helles Tageslicht, was mit der „Scheinwerfersonne“ der Flache-Erde-Gläubigen nicht in Einklang zu bringen ist.
Drei Flat Earther erklärten sich schließlich zu der gesponserten Reise bereit. Jetzt hat Duffy bei Youtube den entscheidenden Moment hochgeladen:
Immerhin:
Der Flacherdler Jeran Campanella, bekannt aus „Behind the Curve“, gesteht ein (ab Minute 31): „It’s a fact.“
Sometimes you are wrong in life. I thought there was no 24-hour sun.
Auch in einem eigenen Video erklärt Campanella, dass seine Beobachtungen am Union Glacier Camp „unmöglich“ mit seinem Glauben an eine flache Erde übereinstimmen können.
Das hält Verschwörungsideologen in den Kommentarspalten natürlich nicht davon ab, von einem Greenscreen oder anderen VFX zu greinen:
Letztendlich bescheidet Campanella seine Flat-Earth-Anhänger mit einem lapidaren
Was bedeutet das also? Das musst ihr selbst herausfinden.
Ganz offen äußert Campanella die Angst, künftig als „shill“ betrachtet zu werden, als Vertuscher, der an der angeblichen Verschwörung beteiligt ist (Minute 31:45).
Initiator Will Duffy ist davon überzeugt, dass künftig „niemand mehr Zeit damit verschwenden muss, über die Form der Erde zu debattieren“. Doch das wird wohl ein frommer Wünsch bleiben.
Der Schweizer Skeptiker Marko Kovic schreibt:
Die eingefleischten Anhänger werden nach wie vor an die flache Erde glauben – und sie werden Gründe finden, warum die Antarktis-Expedition ihre Überzeugung nicht widerlegt.
Mit diesen neuen Geschichten, die zweifellos spektakulär und emotional packend ausfallen, werden sie potenziell neue Leute von der flachen Erde überzeugen können. Entweder werden weitere wirre Flacherde-Theorien entwickelt, die das Ganze vermeintlich erklären.
Oder die Flacherde-Anhänger, die in der Antarktis waren, werden als Teil der großen Globus-Verschwörung diskreditiert. Nach dem Motto: Ich war ja nicht selber vor Ort — das Ganze muss ein weiterer großer Betrug sein.
Das deutet sich bereits bei dem Expeditionsteilnehmer und Flatearther Austin Witsit an, für den das „Final Experiment“ lediglich einen „singulären Datenpunkt“ darstellt – aber keinesfalls einen Beweis für den Globus.
Und keinem gibt zu denken, dass diese Reise mit Pastor Duffy überhaupt möglich war. Denn angeblich soll die Antarktis doch eine streng bewachte Sperrzone sein.
Auch das scheint irgendwie nicht zu stimmen.
Zum Weiterlesen:
- Flat-Earthers Travel To Antarctica To Test Theories, But Are Quickly Humbled, IFLScience am 18. Dezember 2024
- Flat Earther travels all the way to Antarctica to put his theory to the test – only to realise our planet is very much round, daily-mail am 18. Dezember 2024
- Auf der Suche nach der flachen Erde, marko-kovic am 17. Dezember 2024
- Flat-Earther hat bei 35.000 Dollar Trip in Antarktis bittere Erkenntnis, focus am 18. Dezember 2024
- Eine flache Erde, und weiterer Unsinn, creation am 27. September 2017
- Science Cops: „So genial dumm ist die Flat Earth Verschwörung“, GWUP-Blog am 14. September 2024
- Verschwörungstheorien zu einem Thema von Kunst machen: der Komponist Moritz Eggert im neuen „Skeptiker“, GWUP-Blog am 9. Dezember 2024