Während der Coronazeit haben sich Anthroposophen und Waldorfianer entschieden dagegen verwahrt, als Pandemietreiber durch Impfverweigerung zu gelten, zum Beispiel hier oder hier.
Aber auch die Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) kritisierte, dass es für diese These kaum „Belege, Größenordnungen, Daten“ gebe.
Jetzt haben Sebastian Jäckle und James K. Timmis vom Seminar für Wissenschaftliche Politik der Universität Freiburg eine Studie vorgelegt, wonach „positive Einstellungen zu Esoterik [z.B. Anthroposophie, Waldorf] sowie alternativer Medizin [z.B. Homöopathie] Covid-19 Impfraten und die Gründe für Impfungen beeinflussen“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Das gilt zumindest für Auffrischungs- und Booster-Impfungen. Im Kern besagt die Freiburger Studie, dass Anhänger von Homöopathie und Waldorfpädagogik sich tendenziell seltener impfen lassen – und wenn, dann eher auf Druck von außen:
Befragte, die Waldorfpädagogik und Homöopathie befürworten, lassen sich mit einer signifikant geringeren Wahrscheinlichkeit (ein weiteres Mal) gegen Corona impfen.
„Menschen mit einer positiven Sicht auf Homöopathie haben im Schnitt 0,4 Corona-Impfdosen weniger erhalten, als jene, die nicht auf Homöopathie vertrauen“, erklärt Jäckle.
„Bei maximal vier Impfdosen, die bis zum Umfragezeitpunkt möglich waren, handelt es sich hierbei um sehr substantielle Effekte.“
Befragt wurden zwischen dem 30. Juni und dem 17. Juli 2022 mehr als 7000 Menschen.
Des Weiteren gäben die analysierten Daten Hinweise darauf, dass positive Einstellungen zu Esoterik, Komplementär- und Alternativmedizin nicht nur zu einer geringeren Anzahl an Corona-Impfdosen führen, sondern auch die Sichtweise auf Kinderimpfungen (z.B. MMR) negativ beeinflussen.
Als Impuls für die Wissenschafts- und Gesundheitskommunikation geben Jäckle/Timmis an, gegenüber impfkritischen Personen, die aber mindestens eine Impfstoffdosis erhalten haben, gezielt mit den persönlichen Vorteilen eines guten Impfstatus zu werben – in der Coronazeit etwa die Teilnahme am öffentlichen Leben (Restaurantbesuche etc.).
Schwarze Sonne & Vril-Kraft: Wie esoterisch waren die Nazis wirklich?
In der heutigen Folge spreche ich mit Michael von Onkel Michael-Blog über die große Frage: Wie esoterisch waren die Nazis wirklich und woher kommen die Erzählungen der Nazi-Esoteriker über Reichsflugscheiben, Vril-Kraft und die Schwarze Sonne, die wir heute (leider fast) alle kennen?
Von Trutz Hardo („gemäß der karmischen Lehre sei die Schoa ein ,notwendiges Karma‘, ein für die Juden vorbestimmtes Schicksal, mit dem sie angebliche Verbrechen aus ihren früheren Leben bezahlen müssten“) über Jan Udo Holey und Ryke Geerd Hamer landet der Autor bei Oliver Gerschitz und konstatiert, dass
… die braune Esoterik nicht einfach nur ein obskures Randphänomen ist, sondern über die Jahre immer größeren Zulauf bekommen hat […] Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass auf Esoterik-Messen rechtsradikale Postillen verkauft werden und auf Impfskeptiker-Demonstrationen Seite an Seite marschiert wurde – ohne dass es anscheinend größere Störgefühle gab.
Fraglos ist das Thema Esoterische Nazis „sehr aktuell“ und praktisch „zeitlos“, wie es im Podcast bei Minute 6:30 heißt.
Zum Weiterlesen:
Nazis, Ufos, Okkultismus: Ein Milieu, in dem Hitler als Marionette eines tibetischen Schwarzmagier-Ordens gilt, welt+ am 4. September 2024
Die wahre Geschichte der „Schwarzen Sonne“, hpd am 15. August 2024
Philip Hopf setzt steile Thesen und verstrickt sich dabei immer wieder in Widersprüche, Verschwörungstheorien und Halbwahrheiten. Als einer der erfolgreichsten Podcaster des Landes (Hoss & Hopf) erreicht er damit ein noch größeres Publikum als Lanz & Precht.
Das Video zeigt, wie Philip Hopf immer wieder in Verschwörungsmuster fällt und zu jedem Thema meint, Ahnung zu haben. Leider ist der Mann der Zahlen eben bei diesen nicht besonders gut im Bilde. Auch hat er von Wirtschaft, seinem Kernthema, wenig Kenntnisse, wie seine Aussagen zum Thema Enteignung belegen.
Dass er auf Personen wie Elon Musk oder Klaus Schwab zu sprechen kommt, ist kein Zufall. Damit trifft er die Bedürfnisse seiner Zielgruppe.
Zum Weiterlesen:
Selbstoptimierung und Verschwörungsmythen: Wer sind „Hoss und Hopf“? stern.de am 28. Februar 2024
Die Kontroverse um “Hoss und Hopf” und das Statement der Podcaster, business-punk am 20. Februar 2024
Wie der Podcast „Hoss und Hopf“ Verschwörungen verbreitet, wdr am 16. Februar 2024
Analyse nach TikTok-Ärger: Warum „Hoss & Hopf“ weiterhin in der Kritik steht, swr am 21. Februar 2024
Vogelgrippe: Janos Hegedüs über die nächste „Plandemie“, GWUP-Blog am 26. Juli 2024
Janos Hegedüs-Video: Ein Finanzmann und ein Polizist müssen ja wissen, woher die Übersterblichkeit kommt, GWUP-Blog am 19. Februar 2023
Video: Janos Hegedüs über zwei Pseudoexperten und ketogene Diät bei Krebs, GWUP-Blog am 4. August 2023
„Die Masken fallen“: Dr. Janos Hegedüs über Pseudoexperten und ketogene Ernährung bei Krebs, zweiter Teil, GWUP-Blog am 11. August 2023
Video: Janos Hegedüs über „tödliche Impfstoffchargen“, GWUP-Blog am 12. September 2023
Video: „Tödliche Impfchargen“ Teil 2 von Dr. Janos Hegedüs, GWUP-Blog am 19. September 2023
Geldanlage im Reich der Schwurbler: So funktioniert die Deven-Schuller-Methode, financefwd am 6. September 2024
Die „unheimlichen Klopfgeräusche“ (Bild) waren an Bord der Internationalen Raumstation ISS zu vernehmen. Dort harren derzeit die NASA-Astronauten Suni Williams und Butch Wilmore ungeplant aus, weil das Boeing-Raumschiff „Starliner“, mit dem die beiden im Juni gekommen waren, einen technischen Defekt aufweist und nun unbemannt zur Erde zurückkehren soll.
Williams und Wilmore sollen deswegen erst im Februar mit einer „Dragon“-Raumkapsel von Elon Musks Firma SpaceX abgeholt werden.
Allerdings ist der angedockte „Starliner“ leer. Woher also kommt das mysteriöse Pochen in der Kapsel, das Wilmore der NASA-Bodenstation bei einem Funkkontakt vorspielte – eingeleitet mit „Ich habe eine Frage zum Starliner“?
Sogar der ehemalige ISS-Kommandant Chris Hadfield schrieb auf X:
Es gibt einige Geräusche, die ich in meinem Raumschiff lieber nicht hören würde, darunter auch das Geräusch, das Boeings Starliner jetzt macht.
Verständlich – aber letztendlich entpuppte sich das Ganze dann doch nicht als Real-Life-Version von „Alien: Romulus“.
Sondern es handelte sich lediglich um eine Rückkopplung, genauer gesagt um „das Ergebnis einer Audiokonfiguration zwischen der Raumstation und dem Starliner“.
Einen 75-minütigen Podcast mit Zülli gibt es hier:
Der Ausstieg aus einer Sekte ist ein langer Prozess. Der Basler Samuel Zülli wurde in die Sekte Scientology hineingeboren, körperlich und psychisch misshandelt und zu harter Arbeit gezwungen. Nach einem langen Leidensweg schaffte er 2017 den endgültigen Ausstieg.
Einen Bericht über den „Wirtschaftskonzern“ Scientology brachte vergangene Woche Galileo:
Scientology besitzt ein geschätztes Vermögen von 1,7 Milliarden, ist aktiv in 165 Ländern und ist laut Verfassungsschutz ein internationaler Konzern, der plant, unsere Wirtschaft zu unterlaufen. Wie mächtig ist Scientology wirklich?
Auf der Homepage von ProSieben gibt es dazu ebenfalls Aussteigerberichte.
Wie der BRschreibt, gehen die Scientologen derzeit mal wieder auf Werbetour, und zwar mit einem „Leitfaden zum Glücklichsein“, der in vielen bayerischen Briefkästen landet.
Zugleich versucht das bayerische Innenministerium, die Scientology-Tarnorganisation „Sag Nein zu Drogen“ dazu zu bewegen, das Logo der bayerischen Polizei von ihrer internationalen Webseite runterzunehmen (hier ganz unten).
Viel Erfolg.
Zum Weiterlesen:
Scientology auf Werbetour: „Leitfaden zum Glücklichsein“, br24 am 30. August 2024
Ein Scientology-Kind erkämpft sich die Welt, beobachter am 1. August 2024
Scientology und ihre möchtegern Drogenbekämpfer aus den USA werden aus Deutschland abgemahnt, antiscientologyblog am 30. August 2024
Eine klandestine Gruppe allgegenwärtiger Täter, die sadistische Rituale an einer jungen Frau vollführen. Lehrer, Polizisten, Mitschüler, Nachbarn, Bekannte und Anwälte. Begonnen habe alles, als Josephine R. vier Jahre alt war. Massenvergewaltigungen in Turnhallen, schwarze Messen in einer Höhle im Wald, Abtreibungen.
Praktisch die Rituelle Gewalt-Mind Control-Verschwörungstheorie (RG-MC) in Reinform.
Nur dass in diesem Fall Richter und Gutachter solche Schilderungen für bare Münze nahmen und zwei Menschen ins Gefängnis schickten.
Im Juni 2023 verurteilte das Braunschweiger Landgericht die Mutter der heute 26 Jahre alte Josephine R. zu mehr als 13 Jahren Haft, den Stiefvater zu neuneinhalb Jahren.
Darüber hinaus stehen oder standen weitere elf Beschuldigte konkret unter Verdacht, an Vergewaltigungen von R. beteiligt gewesen zu sein. Dazu kommen Dutzende andere, gegen die keine Verfahren eingeleitet wurden.
Am 6. März 2024 hob der Bundesgerichtshof das Urteil gegen die Eltern auf. In der Begründung wurden unter anderem Zweifel daran laut, ob es
… Kontakte der Angeklagten in ein auf sadistisch-sexuellen Missbrauch orientiertes Milieu, die ihr erneut Zugriff auf psychisch oder physisch manipulierbare Opfer ermöglichen könnten
wirklich gegeben hat:
Entsprechendes gilt für die Annahme, die Nebenklägerin werde bereits seit ihrer Kindheit von der Angeklagten und einem Netzwerk an Mittätern sexuell missbraucht und systematisch unterdrückt.
Derzeit findet die Neuauflage des Prozesses in Braunschweig statt. „Alles andere als ein Freispruch wäre überraschend“, prognostiziert die Lokalpresse.
Die Rechtspsychologin Bettina Reinhold spricht von einem „lehrbuchartigen Fall für Scheinerinnerungen“, berichtet die Braunschweiger Zeitung. Dabei habe sich die junge Frau vieler Versatzstücke eines altbekannten Mythos bedient: der rituellen Gewalt.
Außerdem sieht Reinhold Anzeichen für Behandlungsfehler. Auch als Therapeut dürfe man – bei aller Empathie für mutmaßliche Opfer – „nicht einfach alles glauben“. Besser sei es, hanebüchenen Schilderungen „auch einmal Einhalt zu gebieten“:
… gab Josephine R. an, sie habe sich „gedrängt gefühlt“ zu immer neuen Enthüllungen. Von ihrem Therapeuten, von einer Beratungsstelle für Opfer sexueller Gewalt, Helfern oder der Polizei.
Denkbar sei auch, dass R. durch Mitpatientinnen oder Internetrecherchen beeinflusst wurde – und so nach und nach in eine düstere Gedankenwelt abdriftete.
Und dann streift der Reporter noch einen handfesten Skandal:
Ein Ermittler aus Goslar, der früh Zweifel anmeldete, sei von dem Fall abgezogen worden, weil seine skeptische Einstellung der Staatsanwaltschaft nicht gepasst habe.
So hat eine interne Auswertung von False Memory Deutschland im Rahmen der Beratungstätigkeit ergeben, dass mehr als 80 Prozent der Falschbeschuldigungen im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Menschen in Psychotherapie erhoben wurden. In keinem einzigen Fall sei von der beschuldigenden Person vor Aufnahme der Psychotherapie ein Verdacht oder eine Erinnerung an sexuellen Missbrauch geäußert worden.
Es ist ein gravierendes Problem, dass viele Theraputen der Meinung sind, wenn man diese Symptome hat, wenn man jene Erkrankung hat, dann muss doch in der Kindheit etwas gewesen sein, da muss doch ein Trauma sein – und gehen mit dieser Vorstellung auf die Patientinnen los.
Und fragen dann vielleicht: „Da muss doch in der Kindheit was gewesen sein, überlegen Sie noch mal“, und da ist oft der erste Schritt schon gelegt zu einer behaupteten Traumatisierung, die gar nicht so stattgefunden hat und die dann durch die Therapeuten in den Patienten ausgelöst oder verstärkt wird.
In den USA befragte 2017 der Psychologe Lawrence Patihis Patienten, ob sie im Rahmen einer Psycho- oder Traumatherapie auf das Thema Missbrauch angesprochen worden seien. Zwanzig Prozent der Menschen, die in den vergangenen dreißig Jahren in einer solchen Behandlung waren, bejahten dies. Und elf Prozent gaben insgesamt an, nach der Therapie Erinnerungen an sexuellen Missbrauch „wiedergefunden“ zu haben.
Auch in Deutschland glaubt eine beträchtliche Zahl von Therapeuten, dass es ihre Aufgabe sei, Erinnerungen an verdrängte traumatische Erlebnisse aufzudecken.
Eine eigene wissenschaftliche Studie dazu will Urbaniok 2025 vorlegen.
Werden damit nun echte Opfer von sexuellem Missbrauch und seriöse Traumatherapie diffamiert? Mitnichten, wie wir schon hier schrieben:
Wenn wir zum Beispiel einen Operateur haben, dem schwerwiegende Fehler vorgeworfen werden, und es wird darüber berichtet, dann diskreditieren wir nicht die Medizin, auch nicht die Chirurgie oder die Orthopädie, sondern es geht darum, dass jemand Fehler macht.
Die beiden Angeklagten hatten 684 Tage unschuldig in Haft gesessen. Die 26-Jährige Josephine R. beschuldigt mittlerweile Dutzende Personen, zu einem Missbrauchszirkel zu gehören, schreibt die Lokalpresse. Für keine ihrer Behauptungen fand man Belege, so die Richterin am Donnerstag.
Ob es sich durchgehend um bewusste Falschaussagen der Frau oder eine Mischung mit Scheinerinnerungen handelt, habe sich nicht eindeutig feststellen lassen.
Dieses Urteil kommt zu einer Zeit, da sich zum Beispiel der „Pakt gegen sexualisierte Gewalt“ der Landesregierung Rheinland-Pfalz dafür ausspricht, die Kriterien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung aufzuweichen.
Der Landesbetroffenenrat fordert eine aktive und besonnene Aufklärungs- und Awareness-Arbeit zu ORG [Sexualisierte Gewalt in organisierten und rituellen Strukturen] in der Gesellschaft. Die Anwendung der sogenannten Null-Hypothese bei qualitativen Verfahren der Befragung und zur Bewertung von deren Glaubhaftigkeit ist zu überdenken.
Auch eine Autorengruppe um den Ulmer Kinder- und Jugendpsychiater Jörg M. Fegert kritisiert die sogenannte Nullhypothese, die vom Bundesgerichtshof vor mehr als 20 Jahren in einem Urteil als Qualitätskriterium für aussagepsychologische Glaubhaftigkeitsbegutachtungen in Strafverfahren benannt wurde.
Die Psychologen und Juristen fokussieren dabei primär auf „Betroffene“, deren Aussagen vor Gericht oftmals „nicht hinreichend“ berücksichtigt würden und die Nullhypothese daher „eine belastende Situation“ und einen „erschwerten Tat- und Schuldnachweis“ darstelle.
Doch in Braunschweig war genau das Gegenteil zu beobachten:
Geglaubt wurde der Tochter Josephine R., die durch ihr „perfides Handeln“, so die Richterin, nicht nur ihrer Mutter und ihrem Adoptivvater, sondern einer Vielzahl weiterer Menschen erhebliches Leid zugefügt habe,
Manche [Prozessbeteiligte, wie Psychologen und Gutachter] offenbaren im Gespräch, wie sehr der Fall ihr Vertrauen in die eigene Fachkompetenz erschüttert hat. Sie fragten sich noch heute, wie es passieren konnte, dass sie die Störgefühle, die sie durchaus hatten, ignoriert und der jungen Frau geglaubt haben.
Das ist der Punkt, an dem eine kritische Reflexion einsetzen müsste – schreibt auch der Chefreporter der Welt am Sonntag zu dem Fall:
Alle schienen Josephine R. zu glauben: die Staatsanwaltschaft, die Nebenklage-Vertreterin und das Gericht.
Dabei hat der BGH Ende der 90er-Jahren hohe Hürden errichtet, wenn es um Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen geht. Nach mehreren spektakulären Prozessen, in denen Angeklagte irrtümlich wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden sind, fordert das oberste Strafgericht die Landgerichte auf, eine „Nullhypothese“ aufzustellen:
Jede derartige Anschuldigung ist zunächst als unwahr anzunehmen, das Gericht muss möglichst viel Beweismaterial zusammentragen, das die Aussage eines Opfers stützt – oder widerlegt.
Das können forensische Spuren wie DNA-Material, Fingerabdrücke oder Textilfasern sein.
Besonderes Gewicht müssen die Richter aber auf die Glaubwürdigkeit der Aussage legen. Um diese zu bestätigen, beauftragen die Strafkammern Gutachter: Psychologen prüfen die Aussagetüchtigkeit des Zeugen, also die Fähigkeit, zusammenhängend über Vergangenes zu berichten und Erlebtes von Erfundenem zu trennen.
Sie kontrollieren Validität und Qualität der Aussage, in dem sie Erfragtes wiederholen lassen und so merken, ob der Proband diese konstant wiedergibt, also glaubwürdig ist, oder mit immer neuen Details ausschmückt. Sie befassen sich mit der Vorgeschichte des Zeugen und lassen bereits erhobene Diagnosen einfließen, so es diese gibt.
Fegert et al. betonen, dass sie „leider keine bessere Vorgehensweise, kein Testverfahren mit einer hohen Treffsicherheit oder ähnliches vorzuschlagen“ hätten, sondern lediglich „Bewegung in die Diskussion“ bringen wollten, vor allem bei Betroffenen „mit schweren psychischen Störungen und komplex traumatisierten Personen“.
Das umfasst aber eben nun mal auch Menschen wie Josephine R., der „bis heute ihre Ärztin aus der Psychiatrie glaubt“, wie Hinrichs berichtet:
Das erstinstanzliche Urteil vom Juni 2023 war wie ein Tiefschlag für die beiden Angeklagten. Niemand schien ihnen zu glauben, Josephine R. hatte sich durchgesetzt. Das Landgericht sprach in der Urteilsbegründung von „brutalsten Taten“, die es für bewiesen hielt. Die Bedenken, die es ja gab – aufseiten der Polizei, bei der Gutachterin – verwarf es.
Alle im Saal hatten versagt, so scheint es heute.
Zum Weiterlesen:
Rituelle Gewalt-Mind Control: „Esoterischer Unsinn“ – und die Sache mit der Strafbarkeit, GWUP-Blog am 16. September 2024
Goslarer „Horror-Prozess“: Angebliches Opfer erfand ganze Romane, braunschweiger-zeitung am 28. August 2024
Psychologin warnt: Vermeintliches Missbrauchsopfer ist gefährlich, braunschweiger-zeitung am 27. August 2024
Ist der „Horror-Missbrauch“ von Goslar ein großer Justizirrtum? braunschweiger-zeitung am 9. August 2024
Falschbeschuldigung – eine unterschätzte Straftat, psychologos am 27. August 2024
Podcast: „Frau Oeberst, können wir unserem Gedächtnis trauen?“ fernuni-hagen am 9. August 2024
„Verschwörungsmythos“: Netzwerk-Recherche-Diskussion zu rituellem Missbrauch, GWUP-Blog am 24. Juli 2024
Studie zu Falscherinnerungen: Suggestive Praktiken sind ein Problem in der Psychotherapie, GWUP-Blog am 23. März 2024
Ich erinnere mich, also muss es so gewesen sein, Süddeutsche am 19. März 2024
Falscherinnerungen: Gibt es eine Lernkurve bei der UBSKM? GWUP-Blog am 13. Dezember 2023
Verdrängte Erinnerungen: Ein Klischee, für dessen Wahrheitsgehalt Belege fehlen, GWUP-Blog am 23. August 2023
Podcast: „How False Memories can trick your mind“ mit Julia Shaw vom 10. August 2023
False-memory-Syndrom: Gedanken im Nachhinein konstruieren, Grams‘ Sprechstunde am 6. Juli 2023
Skeptiker-Interview mit Aileen Oeberst: „Keine überzeugende Evidenz für das Phänomen der verdrängten Erinnerungen“, GWUP-Blog am 20. Juni 2023
Video: „Falsche Erinnerungen und ihre Folgen“ mit Aileen Oeberst, GWUP-Blog am 12. Mai 2023
Alptraum Heilpraktiker-Schule: Falsche Erinnerungen an Missbrauch in der Familie, GWUP-Blog am 9. Mai 2023
Terra Xplore: „Tatort Gehirn – Dein Gedächtnis lügt“ vom 3. April 2023
Das Trauma, das es nie gegeben hat, psychologie-heute am 10. März 2023
„Manipulierte Erinnerungen“ an sexuellen Missbrauch im Podcast Deep Science vom DLF, GWUP-Blog am 5. November 2022
Satanic Panic: Wie Familien an Falscherinnerungen zerbrechen, GWUP-Blog am 21. Oktober 2022
Schweizer Psychiater warnen vor „Satanic Panic“ und induzierten Scheinerinnerungen, GWUP-Blog am 20. Juni 2022
Falsche Erinnerungen: „Das kann in katastrophalen, falschen Erinnerungen münden“, Zeit-Magazin am 27. Mai 2022
SRF-Doku: „Jetzt reden die Opfer“ von induzierten Erinnerungen an satanistisch-rituellen Missbrauch, GWUP-Blog am 17. Mai 2022
Neu im Skeptiker: „False Memories“ – Falscherinnerungen durch Traumatherapie, GWUP-Blog am 23. September 2020
Sexueller Missbrauch: Falsche Erinnerungen durch Psychotherapie, Skeptiker 3/2020
„False Memory“-Krimihörspiel mit Lydia Benecke im WDR, GWUP-Blog am 2. September 2019
Falsche Erinnerungen an Missbrauch und Aliens, GWUP-Blog am 26. Oktober 2013
Podcast: Der Missbrauch, der keiner war – Der Fall Wormser Prozesse (auch in der ARD-Audiothek)
Falsche Anschuldigungen über organisierten sexuellen Missbrauch in Freiburger Kitas, mimikama am 10. August 2024
von 2021 kam das Thema „Elektrosmog“ auf Platz eins.
56,1 Prozent stimmen der Aussage zum Elektrosmog zu („Die Strahlung durch Elektrogeräte, Handymasten oder Stromleitungen ist gesundheitsschädlich“).
In einer Studie von 2006 bezeichneten sich fast sieben Prozent von mehr als 2000 Befragten als „elektrosensibel“. Das Bundesamt für Strahlenschutz schreibt, dass zirka ein bis zwei Prozent der Bevölkerung sich selbst für elektrosensibel halten.
Skeptikern kommt dabei unwillkürlich diese Geschichte in den Sinn:
Und tatsächlich ist das keine reine Urban Legend, wie Mimikama recherchiert hat.
Die Leiterin der Arbeitsgemeinschaft „Biologische und gesundheitliche Auswirkungen elektromagnetischer Felder“ an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Berliner Charité führte 2010 ein Experiment durch, bei dem 400 Menschen in zehn Ortschaften ohne Handyempfang entweder echten elektrischen Feldern durch Mobilfunkmasten oder einer Scheinbelastung ausgesetzt wurden.
Es zeigte sich, dass bei Probanden mit Strahlenängsten signifikant häufig Schlafstörungen auftraten, auch wenn die Masten nicht sendeten.
Die sogenannte Elektrohypersensibilität, also das vermeintliche Erleben von Beschwerden durch diese Felder, ist kein naturwissenschaftlich reproduzierbares Phänomen. Das Leiden der Patientinnen und Patienten ist aber echt.
Nowak führt dies vor allem auf den Nocebo-Effekt zurück. Dieses Phänomen konnte in Studien nachgewiesen werden (zum Beispiel hier oder hier oder hier). Mittlerweile wird für „Elektrosensibilität“ auch das Kürzel „IEI-EMF“ verwendet: idiopathische Umweltintoleranz gegenüber elektromagnetischen Feldern.
Dass selbstdefinierte „Elektrosensible“ sich ohne laufende elektrische Geräte in der Umgebung besser fühlen, erklärt der LMU-Facharzt damit, dass solche Ort oft „abseits des Alltags liegen. In den Bergen oder im Wald zu sein – am besten noch ohne ständige Erreichbarkeit –, kann beim Stressabbau helfen und so etwa auch Kopfschmerzen oder Herzrasen lindern oder vorbeugen.“
Nowak warnt vor „alternativmedizinischen Verfahren“ wie Ausleitungen oder Abschirmungen, von denen vor allem die Behandler profitierten. Ärzten, die mit „elektrosensiblen“ Patienten zu tun haben, rät er, „körperliche und psychische Aspekte gleichzeitig und nicht getrennt voneinander zu betrachten“:
Oft nennen Patienten bei psychosomatischen Leiden in einem längeren Gespräch selbst Schlüsselwörter, berichten etwa von Ängsten. Bloß muss der Arzt oder die Ärztin die dann auch aufgreifen, statt sie zu ignorieren.
Der Psychologe Prof. Christoph Böhmert schrieb 2020 in der Internistischen Praxis, IEI-EMF entstehe möglicherweise „durch eine Ursachenzuschreibung (Attribution) von bereits vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf elektromagnetische Felder“. Vor allem bei der Aufrechterhaltung von „Elektrosensibilität“ komme dem Nocebo-Effekt eine große Bedeutung zu. Zudem gebe es Hinweise darauf, dass IEI-EMF öfter ein vorübergehender Zustand sei.
Aus ärztlicher Sicht sagt Dennis Nowack im Spiegel-Interview, auf der körperlichen Ebene gehe es ganz pragmatisch darum, die Symptome der Patienten zu verringern – zum Beispiel gemeinsam zu besprechen, in welchen Situationen die Beschwerden nachlassen und auch „was die Leute tun können, um den Kontakt zu elektromagnetischen Feldern zu verringern“.
Auf die Frage von Spiegel-Mitarbeiter Jonas Strehl, ob er damit den Nocebo-Effekt nicht verschlimmere, sagt der Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin:
Ich helfe niemandem, indem ich aufs Rechthaben bestehe. Das führt eher in eine Verhärtung.
Zum Weiterlesen:
Woher kommt die Angst vor elektromagnetischen Feldern im Alltag? spiegel.de am 28. August 2024
Der Glaube an das Paranormale: Eine Umfrage der GWUP, GWUP-Blog am 24. Juni 2021
Energie, Schwingungen und die Angst vor Strahlen, Gesundheits-Check am 11. Mai 2019
Video: „Biologische Wirkung elektromagnetischer Felder“ bei Skeptics in the Pub Wien, GWUP-Blog am 29. Juni 2023
Video: Krank durch Bluetooth, WLAN & Handy? Biologische Wirkungen des Elektrosmogs, GWUP-Blog am 20. September 2016
Ein Tag bei Menschen, die überzeugt sind, gegen WLAN allergisch zu sein, Vice am 29. Januar 2018
maiLab-Video: „Kann Handystrahlung Krebs versursachen?“ GWUP-Blog am 12. Mai 2019
Der eine ist Prof. Meinhard Simon, Ex-Waldorfschüler, Meeresbiologe und ehemaliger Dekan der naturwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Oldenburg.
Er erforscht „Urtinkturen“ (die unverdünnten Ausgangsstoffe von Homöopathika), lässt sich das mit Drittmitteln von Wala bezahlen und ist laut taz überzeugt davon, dass „aktuelle Studien die Wirksamkeit der Homöopathie sehr wohl belegen würden“.
Seit Jahren nutzt er seine Stelle dazu, der Homöopathie einen wissenschaftlichen Anstrich zu verpassen.
Die andere ist die Münchner Internistin Dr. Karen von Mücke , die auf X und Bluesky aus ihrem Praxisalltag erzählt und dabei auch über Homöopathie und Co. aufklärt:
Esoterik und Homöopathie haben keinen Platz in der Medizin. Das thematisiere ich regelmäßig und versuche darüber aufzuklären. Manche Homöopath*innen sind unbelehrbar, die werde ich auch niemals umstimmen. Das ist auch gar nicht mein Ziel.
Aber ich möchte verhindern, dass Menschen, die vielleicht zweifeln oder unsicher sind, in die Fänge dieser Leute geraten.
Man ist versucht zu ergänzen:
Auch an einem „Institut für Chemie und Biologie des Meeres“ haben Homöopathie und Anthroposophie keinen Platz. Mit „vielversprechenden innovativen Projekten“ (wie Simon 2017 bei seinem Amtsantritt als Universitäts-Vizepräsident für Forschung und Transfer versprach) haben Globuli nun wirklich nichts tun.
Laut taz glauben Simon und Kollegen an „kraft-ähnliche (immaterielle) Resonanzeffekte“ der Homöopathie. Doch in diesem Fall bringt die Jagd nach höchst materieller Förderung tatsächlich nur eines hervor: „Nutzloses und Uninteressantes“, Geist- und Besinnungsloses.
Zum Weiterlesen:
Homöopathie-Forschung an Uni Oldenburg: Bezahlt vom Hersteller, taz am 30. August 2024
Drittmittel an Unis: Das Geld des Geistes, taz am 17. Februar 2015
Wenn die Hebamme schwurbelt – Plazenta essen, Globuli, Akupunktur
Viele Hebammen schwören auf Alternativmedizin, doch wie viel gesichertes Wissen steckt wirklich dahinter? Die Science Cops stürzen sich im heutigen Podcast auf den Fall und fragen sich: Sind Plazenta zum Frühstück und Globuli gegen Geburtswehen purer Unsinn oder wissen Hebammen etwas, das wir nicht wissen?
In diesem Video nehmen wir die Behauptung von Patrick Strobach unter die Lupe: Sind Krankschreibungen in den letzten Jahren wirklich explodiert? Patrick deutet an, dass da mehr dahinter steckt – aber stimmt das auch?
Ja, die Zahl der Krankschreibungen hat sich fast verdoppelt – aber aus ganz anderen Gründen, als Patrick es vermuten lässt.
Wir beleuchten die wahren Ursachen und erklären, warum Atemwegserkrankungen, psychische Belastungen und ein neues Meldeverfahren eine große Rolle spielen.
Zum Weiterlesen:
„Kritische Köpfe“: GWUP-Video mit Dr. Janos Hegedüs, GWUP-Blog am 6. August 2024
„Plötzlicher Herztod – häufiger seit Corona?“ mit Dr. Hegedüs, GWUP-Blog am 19. August 2024
Krankenstand unter Beschäftigten auf Rekordhoch, aerzteblatt am 31. Juli 2023