23. April 2023
von Bernd Harder
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Der Physiker Johannes Schön warnt vor einem schwach radioaktiven Eso-Amulett:
phoenix hat die Interviewpassagen mit Pia Lamberty zu den Gefahren der Esoterik aus der Doku „Der Verschwörer-Komplex“ als zusammenhängenden Beitrag mit zirka zwölf Minuten Länge veröffentlicht:
Und spiegel.de berichtet heute über die „Faszination am Übersinnlichen – und wie sie ausgenutzt wird“.
Der Beitrag beginnt auf einer Esoterik-Messe in Berlin, mit eher harmlosen Varianten wie Aura-Fotografie:
Es erscheint zunächst wenig problematisch, wenn Menschen zu sich selbst finden, im Einklang mit ihrer Umwelt leben möchten, nach spirituellen Erkenntnissen und Erfahrungen suchen oder eben ihre Aura fotografieren lassen wollen. Solche Bestrebungen finden sich quer durch alle Kulturen und Epochen, weil es offenbar zutiefst menschlich ist, sich mit Themen und Fragen jenseits der materiellen Welt zu beschäftigen.
Allerdings sind die Grenzen zwischen Coaching, Esoterik und Spiritualität, zwischen sinnvoller Lebenshilfe, fahrlässigem Unsinn und Ausbeutung fließend. Wer etwa eine notwendige medizinische oder psychotherapeutische Behandlung im Vertrauen auf einen Heiler unterlässt, begibt sich schnell in echte Gefahr, physisch und psychisch.
Daneben geht es auch um „politisch radikale, die Demokratie beschädigende Strömungen“, die sich unter den Selbstoptimierern und Sinnsuchenden ausgebreitet hätten – doch solchen „bedenklichen Tendenzen einzelner Akteure und den Abhängigkeiten, in die selbst ernannte spirituelle Führerinnen und Führer ihre Anhängerschaft manövrieren können“, gibt der Artikel insgesamt wenig Raum.
Schade eigentlich, denn die Überschneidungen zwischen Verschwörungs- und Esoterikglauben sind so evident, dass sie den Leser geradezu anspringen. Eine 50-jährige Aussteigerin aus der Esoteriksszene namens Maria Dellbrück erklärt den beiden Autoren, dass das angebliche „geheime Wissen“ und der Wunsch, etwas Besonderes zu sein sowie „Sinn und Halt“ in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten zu finden, sie getriggert habe.
Das würden ehemalige Verschwörungsgläubige auch so oder so ähnlich sagen.
Zahlenmäßige Belege für einen „Esoterik-Boom“ (wie sie hier im Blog unlängst angefragt wurden) kann auch der Spiegel-Beitrag nicht erbringen, denn:
Der Markt ist zunehmend zersplittert und undurchschaubar. „Früher bekamen wir Anfragen zu vier bis fünf großen Gruppen wie Scientology und den Zeugen Jehovas“, sagt Karol Küenzlen-Zieliński von der Beratungsstelle Sekteninfo Berlin. „Jetzt sind es viele einzelne und fast täglich neue Anbieter, die im Netz gezielt in bestimmten Kreisen und Netzwerken für sich werben.“
Die Digitalisierung habe die Akquise vereinfacht, es könne schon ein einziges Video auf YouTube genügen, um viele Menschen zu erreichen […] „Wir werden täglich mit neuen Anbietern konfrontiert“, sagt auch Sarah Pohl von der baden-württembergischen Beratungsstelle Zebra.
Das Ende des Artikels ist ein Plädoyer für das, was man „säkulare Spiritualität“ nennen könnte:
Zum Weiterlesen:
- Video: „Der Verschwörer-Komplex“ der Reichsbürger, GWUP-Blog am 4. April 2023
- Radioaktiv verseucht? So gefährlich sind diese Amazon-Produkte, giga.de am 20. April 2023
- Gesundheit: Spiritualität ohne Esoterik, spektrum am 23. Februar 2021
- Video: „Esoterik – Gefährlicher Glaube“ bei Kortizes, GWUP-Blog am 19. März 2023
- Astrologie, spektrum am 18. April 2023
- Was Menschen zur Spiritualität treibt – und wann das gefährlich wird, spiegel.de am 23. April 2023