8. August 2023
von Bernd Harder
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Wer kennt sie nicht, die EIKE-Phrase
Wenn es Wissenschaft ist, gibt es keinen Konsens. Wenn es Konsens ist, ist es keine Wissenschaft,
mit der Klimaleugner auch hier im Blog ankommen und die bei publikum-net mal wieder breitgetreten wird.
Warum das Unsinn ist, erklärt der Wissenschaftsjournalist Reto Schneider bei Zeit-Online.
Schneider plädiert dafür, sich bei der Frage, welches Wissen als gesichert gilt, an den „wissenschaftlichen Konsens“ zu halten:
Der wissenschaftliche Konsens ist die Position, die eine Mehrheit von Wissenschaftlern in einem Gebiet vertritt. Sie wird weder offiziell erhoben, noch gibt es Vorschriften dafür, wie sie eruiert wird. Es ist einfach jene Meinung, die sich in Fachliteratur, Diskussionen und Stellungnahmen von Institutionen im Laufe der Zeit herausgeschält hat.
Aber wie passt das zu der Tatsache, dass wissenschaftliche Erkenntnisse sich nicht an Mehrheitsentscheidungen halten?
Natürlich gibt es die verkannten Genies wie Alfred Wegener oder Joseph Lister.
Aber:
Die Treffsicherheit von einzelnen Querdenkern in der Forschung wird überschätzt, weil wir uns nur an die Genies unter ihnen erinnern, nicht an die Schwachköpfe. „Die Tatsache, dass einige Genies ausgelacht wurden, bedeutet nicht, dass alle, die ausgelacht werden, Genies sind“, schrieb der Astronom Carl Sagan.
Natürlich darf man dem wissenschaftlichen Konsens kritisch gegenüberstehen.
Allerdings
… sollte man dann auch erklären können, weshalb man als Laie eine andere Ansicht vertritt als die Mehrheit jener Menschen, die sich jahrelang mit einem Thema befasst haben.
Schneiders Fazit:
Wer dem wissenschaftlichen Konsens vertraut, ist daher kein Schlafschaf, das blind der Herde folgt, sondern wird ganz einfach in den meisten Fällen recht bekommen.
Und dass der Konsens unter Klimawissenschaftlern in Bezug auf den anthropogenen Klimawandel nur bei 99 Prozent liegt, mag für Klimaleugner Grund genug sein,
… auf YouTube umfangreiche Untersuchungen und angeblich unumstößliche Belege dafür [zu liefern], dass der Klimawandel doch nicht real sei,
schreibt die Wissens-Redakteurin Maria Gast ebenfalls bei Zeit-Online.
Tatsächlich aber bedeutet das nur:
Stellen Sie sich einen Autoverkäufer vor. Er sagt Ihnen: „Dieses Auto ist das beste, das schnellste, das günstigste! Lassen Sie sich nicht täuschen: Niemand anders wird Ihnen ein besseres Auto verkaufen.“
Am Samstag wird er von seiner Schwester vertreten, die sonst als Wissenschaftlerin an einem Klimainstitut arbeitet. Dem ersten Kunden erklärt sie, dass dieses Auto mit großer Wahrscheinlichkeit das beste sei.
Dem zweiten, dass alle bekannten Informationen dafürsprächen. Dem dritten, dass es durchaus andere Perspektiven gebe, aber man sich zu 99 Prozent sicher sei. Es ist irritierend, der Wissenschaftlerin zuzuhören, die ständig über ihre Restunsicherheiten spricht. Weniger sicher als ihr Bruder ist sie sich deshalb aber nicht.
Denn genau das ist wissenschaftliches Arbeiten: Beobachten, beschreiben, überprüfen – noch mal überprüfen und noch mal –, und dann sagen, dass man sich ziemlich sicher sei.
Zum Weiterlesen:
- Vertrauen in die Wissenschaft: „Wer flüstert dir immer diese Dummgrütze ein?“ zeit+ am 7. August 2023
- Klimaforschung: Aber die Wissenschaft zweifelt doch auch … zeit+ am 29. Juli 2023
- Schlechte Nachrichten für Klimawandel-Skeptiker, welt.de am 4. August 2023
- Skeptical Science: Wissenschaftlicher Konsens – eine Erklärung
- Behauptung: „Es gibt (noch) keinen wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel“
- Händewaschen oder warum Homöopathen sich nicht mit Semmelweis vergleichen können, GWUP-Blog am 23. März 2020
- Globale Erwärmung: Der Mythos von der 97-Prozent-Zustimmung der Klimaforscher, GWUP-Blog am 1.Mai 2016
- Greater than 99% consensus on human caused climate change in the peer-reviewed scientific literature, Environmental Research Letters am 29. Oktober 2021