gwup | die skeptiker

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19. Oktober 2023
von Bernd Harder
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„Retracted“: Artikel über Homöopathie bei ADHS von Walach und Co. zurückgezogen

Vor anderthalb Jahren fragten wir hier im Blog, wo „die Reviewer ihre fünf Sinne hatten“, als sie in dem Journal Pediatric Research diesen Artikel von Harald Walach, Katharina Gaertner und Michael Teut einfach durchwinkten:

Die Meta-Analyse belege angeblich, dass Homöopathie eine „klinisch relevante Wirksamkeit bei Behandlung von ADHS“ zeige, titelten die supportiven Medien der Szene.

Das INH und Edzard Ernst wiesen dagegen darauf hin, dass diese Schlussfolgerung der drei Autoren mitnichten gerechtfertigt sei und betonten, „dass dieser Review die Hindernisse für eine Veröffentlichung in einem renommierten Journal nicht hätte nehmen dürfen“:

Ob dem Journal das vermittelt werden könnte, wäre eine noch zu klärende Frage.

Im Sommer dieses Jahres forderten Edzard Ernst, Norbert Aust und Udo Endruscheit Pediatric Research erneut auf:

We ask you to review your decision, or better still, consider a retraction of the paper altogether.

Jetzt ist der Artikel tatsächlich als „RETRACTED“ gekennzeichnet worden:

Damit wächst die Retraction-Liste von Harald Walach weiter.

Gegenüber unserem Blog sagte Udo Endruscheit:

Es ist wichtig, dieser unkritischen Veröffentlichungspraxis entgegenzutreten. Manchmal glaube ich, die Journale verstehen gar nicht, was sie damit anrichten – sie fördern die „wissenschaftliche Reputation“ von Pseudomedizin und machen deren Geschwafel zitierfähig.

Zum Weiterlesen:

  • ADHS und Homöopathie – ein neuer Review. Was ist dran? INH am 20. Juni 2022
  • „Wo hatten die Reviewer ihre fünf Sinne“, als sie diese Arbeit zu Homöopathie und ADHS begutachteten? GWUP-Blog am 21. Juni 2022
  • Our struggle to publish criticism of a questionable homeopathy paper, edzardernst am 8. Juli 2023
  • A new systematic review of homoeopathy reported a positive result – but I can’t take it seriously, edzardernst am 13. Oktober 2023
  • „Wissenschaftliche Höchststrafe“: Auch Walachs Masken-Studie ist zurückgezogen worden, GWUP-Blog am 16. Juli 2021

19. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Esoterik: „Gefährlicher Glaube“ jetzt als bpb-Sonderausgabe

Gefährlicher Glaube – Die radikale Gedankenwelt der Esoterik

von Pia Lamberty und Katharina Nocun gibt’s jetzt als preisgünstige Sonderausgabe bei der bpb für 4,50 €:

Der Markt für esoterische Angebote boomt. Viele Menschen versprechen sich durch die Hinwendung zur Spiritualität Antworten auf private, gesundheitliche, aber auch auf gesellschaftliche Herausforderungen und Krisen. Bewusst propagieren Esoteriker die Abkehr von wissenschaftlich fundierten, rationalen Weltdeutungen und Erkenntnissen […]

Pia Lamberty und Katharina Nocun analysieren die gesellschaftlichen und politischen Implikationen der Esoterik-Szene und das dort verbreitete Denken.

Zur Bestellseite geht es hier.

Das Original ist bei Quadriga erschienen und kostet 22 €.

Zum Weiterlesen:

  • Skeptiker-Interview: „Gefährlicher Glaube – Die radikale Gedankenwelt der Esoterik“ mit Katharina Nocun, GWUP-Blog am 9. Oktober 2022

18. Oktober 2023
von Bernd Harder
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„Satanic Panic“: Die Szene gibt sich weiterhin verschlossen, während Recherchen die Missstände klar belegen

Im März berichteten wir hier über eine junge Frau namens Malin, die während einer drei Jahre langen Traumatherapie in Münster das Opfer von suggestiv erzeugten Falscherinnerungen an satanistisch-rituellen Missbrauch wurde.

Auch Der Spiegel hatte den Fall aufgegriffen.

Kurz danach schloss das Bistum Münster die „Beratungsstelle Organisierte sexuelle und rituelle Gewalt“:

Die Leiterin dieser Beratungsstelle, die Diplom-Psychologin Jutta Stegemann, war auch Malins Therapeutin gewesen.

Jetzt schreibt das Münsteraner Stadtmagazin Rums: Malin war kein Einzelfall.

Für meine Recherche habe ich mehrmals mit einer Frau gesprochen, die das Angebot der Beratungsstelle am Bistum genutzt hat und dazu mit Jutta Stegemann in Kontakt stand,

erklärt der Autor Sebastian Fobbe:

Was sie mir am Telefon berichtet, deckt sich weitgehend mit den Vorwürfen im Spiegel-Bericht: Es geht um fehlende professionelle Distanz, emotionale Abhängigkeit und suggestive Befragungsmethoden. Auch andere Quellen schildern mir ähnliche Erfahrungen von Klient:innen der Beratungsstelle.

Zudem hätten sich immer wieder Betroffene über die Beratung beschwert, teilte die Bistums-Pressestelle Fobbe mit. Weitere Nachfragen ließ man dort unbeantwortet. Die Psychotherapeutenkammer NRW will sich ebenfalls nicht zu dem Fall äußern.

Auch mit Michaela Huber (die „bei manchen als treibende Kraft hinter der Erzählung um rituelle Gewalt in der Psychotherapie“ gelte und bei der auch Stegemann „mindestens eine Weiterbildung“ besucht habe) nahm Fobbe Kontakt auf.

Daraufhin bekam der Journalist ein Schreiben von einem bekannten Medienanwalt mit „vier knappen Antworten, die ich zitieren darf, und einer Reihe von Hintergrundinformationen, die ich nicht zitieren darf“.

Huber verweist in ihrer anwaltlich übermittelten Stellungnahme auf eine vom Bistum Münster im Jahr 2022 vorgelegte Missbrauchsstudie, in der „sechs Fälle rituellen Missbrauchs beispielhaft dokumentiert“ seien.

Tatsächlich ist in den fast 600 Seiten lediglich die Rede von drei Betroffenen,

… die gegenüber dem Bistum Münster im Hinblick auf Zeiträume in den 1950er, 1960er, 1970er und 1980er Jahren angeben, sexuellen und rituellen Missbrauch in einem ideologisch oder okkult überformten Netzwerk erlebt zu haben.

Allerdings (Seite 358):

Bei allen drei Betroffenen haben sich die Erinnerungen allerdings erst Jahrzehnte nach den mutmaßlichen Taten wieder eingestellt, dabei in zwei Fällen im Zusammenhang mit einer Traumatherapie, im dritten Fall im zeitlichen Umkreis eines weiteren traumatischen Erlebnisses.

„Beispielhaft dokumentiert“ ist das Thema Ritueller Missbrauch in der Studie mitnichten, im Gegenteil (Seite 356/357):

Die Einordnung solcher Berichte ist schwierig und die Diskussion in der Öffentlichkeit sowie in Fachkreisen hochgradig polarisiert. Da die Erinnerungen häufig erst nach langer Zeit, mitunter erst nach Jahrzehnten und im Nachgang zu Therapien auftauchen, sind sie hinsichtlich der Faktizität des Erinnerten schwerlich als belastbar einzustufen.

Zudem scheint die Gefahr gegeben, dass durch suggestive Befragungstechniken seitens Therapeuten, kirchlichen Mitarbeiter:innen und anderen forensisch ungeschulten Personen Aussagen erzeugt werden, die sich einer empirischen Kontrolle vollständig entziehen.

Nicht zuletzt können auch populärkulturelle Formate und Phänomene die öffentlichen Diskurse um satanistische Praktiken antreiben.

Bei seiner mehrmonatigen Recherche gewann Fobbe zunehmend den Eindruck:

Wer sich kritisch mit diesem Thema beschäftigt, betritt gefährliches Gebiet.

Jutta Stegemann „schweigt“. Michaela Huber schickt ihren Anwalt vor, dessen Kanzlei den Journalisten „vorsorglich“ darauf hinweist, „dass sie bereits beauftragt wurde, gegen eine etwaige rechtsverletzende Berichterstattung vorzugehen“. Das Bistum Münster gibt sich „schmallippig“. Und von der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation im Mai in Münster wurde Fobbe kurzerhand ausgeschlossen.

Deren Vorsitzender Dr. med. Harald Schickedanz bezeichnete den eingangs erwähnten Spiegel-Artikel nebenbei als „Rufmord-Kampagne“.

Alles sehr merkwürdig.

Es bleibt also dabei, dass die „Satanic Panic“-Vertreter keinerlei Interesse zeigen, seriöse Untersuchungen und Forschung im Kreis der Rituelle Gewalt-Mind-Control-basierten Therapien anzustoßen und die Versorgungsqualität der Patientinnen von unabhängigen Gutachtern einschätzen zu lassen.

Stattdessen gerieren sich die Anhänger der RG-MC-Theorie weiterhin als geschlossener Zirkel, in dem sie sich gegenseitig in ihrem Glauben bestärken.

Zum Weiterlesen:

  • Das Bistum und der Satanismus, rums am 17. Oktober 2023
  • Nicht wiedergutzumachender Schaden: Unser Gespräch mit dem Opfer einer „Satanic Panic“-Fehlbehandlung aus der aktuellen Spiegel-Story, GWUP-Blog am 12. März 2023
  • „Keine Evidenz“: Der Spiegel widerlegt die Narrative der Verschwörungstheorie vom satanisch-rituellen Missbrauch, GWUP-Blog am 10. März 2023
  • Video „So ein Bullshit“ – Jan Böhmermann im Magazin Royale über die Satanic Panic, GWUP-Blog am 8. September 2023

18. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Alternativmedizin: Vortrag von Prof. Edzard Ernst in Wien

Prof. Edzard Ernst ist am 25. Oktober (Mittwoch) in Wien zu Gast.

An der Medizinischen Universität spricht er über

Die Veranstaltung findet um 14 Uhr im Großen Hörsaal Physiologie am Zentrum für Physiologie und Pharmakologie (Schwarspanierstraße 17) statt.

Der Vortrag ist öffentlich zugänglich, eine Anmeldung nicht erforderlich.

Zum Weiterlesen:

  • Individuals believing in so-called alternative medicine (SCAM) and homeopathy have cognitive biases, edzardernst am 14. Oktober 2023
  • A new systematic review of homoeopathy reported a positive result – but I can’t take it seriously, edzardernst am 13. Oktober 2023
  • „Warum Deutsche ihre Heiler lieben“ von Edzard Ernst, GWUP-Blog am 6. September 2023

17. Oktober 2023
von Bernd Harder
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„Fake Jews“: Reichsbürger gründen jüdische Gemeinden

STRG_F berichtet heute über „jüdische Fake-Gemeinden“, die von Reichsbürgern gegründet werden:

Reichsbürger lehnen den Staat ab und stehen oft Seite an Seite mit Nazis. Immer wieder fallen Mitglieder der Szene mit antisemitischen Verschwörungstheorien auf. Da klingt es verrückt, dass ausgerechnet Reichsbürger angebliche „Jüdische Gemeinden“ gründen.

Wir haben Vereinsregister durchforstet, Gemeindehäuser aufgesucht und an Türen geklopft. Schließlich konnten wir mit einem angeblichen Oberrabbiner aus der Reichsbürger-Szene sprechen. Warum machen die Reichsbürger das?

Im September war bereits der NDR an diesem Thema dran.

In dem Beitrag hieß es, dass

… tatsächlich eine Reihe von angeblich jüdischen Vereinen von Personen aus dem Spektrum der Reichsbürger gegründet worden [sind]. Diese firmierten dann als „Jüdische Gemeinden“, so geschehen in Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Hessen.

Zweck dieser „Fake Jews“ sei einerseits eine Art Tarnung („Man benutzt das Judentum als Schutzschild, denkt und agiert aber antisemitisch.“), zum anderen gehe es vermutlich darum, Fördergelder abzugreifen.

Zum Weiterlesen:

  • Antisemiten gründen „Jüdische Gemeinden“, ndr am 14. September 2023
  • Reichsbürger als „Fake Jews“: eine makabere Strategie, Jüdische Allgemeine am 26. September 2023
  • „Oy Vey“: eine neue Plattform zu Verschwörungstheorien, GWUP-Blog am 17. Oktober 2023
  • Reichsbürger: Radikal belesen, zeit.de am 17. Oktober 2023

17. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Video: Lebensgefährlicher Unsinn zum Thema Bluthochdruck – Zweiter Teil bei Janos Hegedüs

Der zweite Teil von

Debunking Prof. Thomas Rau – Bluthochdruck, Diabetes und Magengeschwüre – VORSICHT! LEBENSGEFAHR!

ist jetzt online:

In diesem Video setzen wir unsere Betrachtung des Gesprächs zwischen Sören Schumann und Prof. Thomas Rau fort, in dem sie sich dem Thema Bluthochdruck gewidmet haben.

Rau präsentiert uns mit einer erstaunlichen Selbstsicherheit seine eklatanten Wissenslücken und völlig verzerrten Vorstellungen zur menschlichen Physiologie. Wir bekommen nicht nur fragwürdige Erklärungen zu Bluthochdruck serviert, sondern auch brandgefährliche Empfehlungen.

Protonenpumpenhemmer für Magengeschwüre? Insulin bei Diabetes? Rau hat für alles eine alternative Lösung parat. Seine Ratschläge gehen allerdings über den Punkt der Komik hinaus und werden potenziell lebensgefährlich!

Zum Weiterlesen:

  • Video: Janos Hegedüs über Pseudowissenschaftliches zum Thema Bluthochdruck, GWUP-Blog am 2. Oktober 2023

17. Oktober 2023
von Bernd Harder
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„Oy Vey“: eine neue Plattform zu Verschwörungstheorien

Kann sich sehen lassen: die neue „Plattform gegen Verschwörungsmythen“ Oy Vey des Berliner Vereins WerteInitiative – jüdisch-deutsche Positionen.

Die Seite fokussiert auf die Jüdische Weltverschwörung mit Details wie „Ritualmordlegende“, „Gottesmörder“ oder „Strippenzieher im Hintergrund“, behandelt aber auch Themen wie QAnon, Great Reset und 9/11.

Dazu gibt’s eine Videoreihe über die psychologischen Elemente und Funktionen von Verschwörungstheorien.

Bespielt werden zudem Instagram, Twitter, Facebook, TikTok und YouTube.

Zum Weiterlesen:

  • Die Protokolle der Weisen von Zion, Onkel Michael am 14. Oktober 2023
  • Podcast: Vorpolitisch meets Andreas Edmüller
  • Podcast: Vorpolitisch meets Judith Faessler
  • Flucht aus dem Kaninchenbau: Der Verschwörungsaussteiger Brent Lee und seine Aktivitäten, GWUP-Blog am 15. Oktober 2023
  • Ein Wimmelbild voller Verschwörungstheorien, GWUP-Blog am 19. September 2023
  • Precht über orthodoxe Juden: Es war doch nicht so gemeint, fr am 16. Oktober 2023
  • Action-Kit gegen isrealbezogenen Antisemitismus, AAS am 25. September 2023
  • Neue Plattform gegen Verschwörungsmythen, tagesspiegel am 16. Oktober 2023

17. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Nürnberg: Die Lange Nacht der Wissenschaften mit der GWUP

Bei der Langen Nacht der Wissenschaften am Samstag (21. Oktober) in Nürnberg/Fürth/Erlangen sind die GWUP-Regionalgruppe Mittelfranken und Kortizes in der Stadtbibliothek Nürnberg (Gewerbemuseumsplatz 4) anzutreffen.

Ab 17 Uhr ist der Info-Stand im Foyer besetzt:

„Fake News“ ist ein beliebter Begriff, mit dem man deutlich machen möchte, dass man die präsentierten Argumente nicht teilt. Doch wie unterscheidet man „Fake News“ von verlässlichen Aussagen? Kritisch denken hilft, fällt aber nicht leicht.

Was unterscheidet „gefühlte Wahrheiten“ von verlässlichen Erkenntnissen? Wie generiert man letztere? Experimentiert mit rätselhaften Phänomenen und diskutiert mit kritischen Menschen aus dem Team der GWUP-Regionalgruppe über eure Erfahrungen.

Dazu gibt es vier Vorträge zu jeweils 30 Minuten:

Außerdem erwartet die Besucher in den Räumen der Stadtbibliothek von 17 bis 24 Uhr eine Medienpräsentation zum Thema „Künstliche Intelligenz“, eine Publikumsbefragung „MINT im Bildungscampus“ sowie eine Mitmachaktion der Hochschule Coburg über „Serious Gaming“.

Das gesamte Programm der LNdW und die Ticket-Regelung finden sich online.

Zum Weiterlesen:

  • Die Lange Nacht der Wissenschaften 2023: Das müssen Sie vorher wissen, Nürnberger Nachrichten am 20. September 2023

16. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Reiner Fuellmich wegen Untreuevorwürfen verhaftet

Eigentlich wollte Reiner Fuellmich Bundeskanzler

… oder mindestens mit seiner „Basis“-Partei an der Regierung beteiligt werden:

Jetzt sitzt der Rechtsanwalt und Corona-Maßnahmen-Kritiker in der JVA Rosdorf (Niedersachsen) in Untersuchungshaft:

Wie die Staatsanwaltschaft Göttingen heute mitteilte, werden dem 65-Jährigen „Untreuehandlungen“ in seiner Funktion als Geschäftsführer der „Stiftung Corona-Ausschuss“ vorgeworfen:

Fuellmich hielt sich seit Januar in Mexiko auf:

Offenbar hatte er kürzlich seinen Pass verloren und beim deutschen Konsulat in Tijuana ein neues Dokument nebst Visum beantragt. Beim Abholtermin sei Fuellmich von sechs Beamten in Empfang genommen und nach Deutschland abgeschoben worden.

Das sagte seine Anwältin Dagmar Schön (München) bei Bittel-TV:

Bei seiner Ankunft am Donnerstagnachmittag in Frankfurt sei Fuellmich dann festgenommen worden. Rechtsgrundlage seien ein deutscher Haftbefehl vom 15. März und ein internationaler vom 24. Mai.

Eine „30 Seiten lange“ Strafanzeige gegen Fuellmich sei von seinen ehemaligen Kollegen, den Berliner „Hafenanwälten“ um Antonia Fischer, Marcel Templin und Dr. Justus Hoffmann, gestellt worden. Eine Pressemitteilung dazu vom September 2022 kann man hier nachlesen.

Insgesamt geht es um etwa 700.000 Euro Spendengelder, die an den sogenannten Corona-Ausschuss geflossen waren. Im September 2022 erhoben Mitinitiatoren schwere Vorwürfe gegen Fuellmich (wir berichteten hier), die zu seinem Ausschluss führten.

Kurze Zeit später präzisierte das Stiftungs-Mitglied Viviane Fischer die „Ungereimtheiten“, indem sie Fuellmich vorwarf, erhebliche Summen aus dem „Stiftungs“-Vermögen abgezweigt zu haben.

Parallel dazu hatte Reiner Fuellmich schätzungsweise 1,4 Millionen Euro von rund 2000 naiven Corona-Verdrossenen für eine angebliche Sammelklage gegen Christian Drosten und den damaligen RKI-Chef Lothar Wieler einkassiert:

Zur angestrebten Klage kam es jedoch nie. Fuellmich hat das Scheitern nie eingeräumt, sondern behauptete etwa, er wolle bei einem Gericht der Maori klagen. Er hatte aber offenbar keinen Zugriff auf diese Gelder. Die „Hafenanwälte“ verwalten sie und haben auf entsprechende Rückmeldungen Rückerstattungen geleistet,

berichtet heute t-online.

Fuellmich wurde in Deutschland bereits mehrfach in Abwesenheit wegen Volksverhetzung und Beleidigung verurteilt. Anwältin Schön erklärt hingegen:

Reiner war wirklich von Verrätern umgeben.

Damit bringt sie augenscheinlich die „Querdenker“-Elite gegen sich auf, sogar Stefan Homburg.

Viviane Fischer schreibt derweil bei Telegram, sie hoffe, Fuellmich werde „seine Schuld gegenüber unserer ursprünglichen Ausschuss-Gesellschaft – mit Antonia Fischer und Justus Hoffmann – nun zeitnah begleichen“.

Die Ermittlungen dauern nach Angaben der Staatsanwaltschaft weiter an.

Zum Weiterlesen:

  • Spendengelder veruntreut? Corona-Anwalt Reiner Fuellmich in Haft, t-online am 16. Oktober 2023
  • Untreue? Göttinger Impfgegner Fuellmich in Untersuchungshaft, ndr am 16. Oktober 2023
  • Geldstrafe für Impfgegner Fuellmich, ndr am 5. Mai 2023
  • Fuellmich wieder verurteilt, Göttinger Tageblatt am 12. Juni 2023
  • Haus weg, Geld weg, Haftbefehl? Querdenker Fuellmich am Ende, volksverpetzer am 9. August 2023
  • Verschwörungsideologe Reiner Fuellmich: Der Anwalt, der die Sammelklage gegen Christian Drosten versprach, tagesspiegel am 30. März 2021
  • Wer ist eigentlich „Das Volk“ gegen Corona? Geld, Klagen und Extremismus bei den Querdenkern, GWUP-Blog am 4. Dezember 2020
  • Lachnummer „Sammelklage“? GWUP-Blog am 22. Januar 2021
  • Reiner Fuellmich fliegt aus dem „Corona-Ausschuss“ raus – wegen „Ungereimtheiten“, GWUP-Blog am 4. September 2022
  • Reiner Fuellmich, dieBasis, der Corona-Ausschuss, die Sammelklage – und ganz viel Geld von naiven Zahlschafen, GWUP-Blog am 25. September 2022
  • Video: „Impfschäden – die Sammelklagen und ihre Hintergründe“ bei Kontraste, GWUP-Blog am 27. April 2023

15. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Flucht aus dem Kaninchenbau: Der Verschwörungsaussteiger Brent Lee und seine Aktivitäten

Der britische Guardian und das Schweizer Nachrichtenportal nau berichten über den amerikanischen Verschwörungs-Aussteiger Brent Lee – wohl anlässlich seines Vortrags bei der EU DisinfoLab-Konferenz 2023 vor drei Tagen in Krakau:

Hineingeraten in den Kaninchenbau sei Lee über eine ausgeprägte Politikskepsis und Antikriegshaltung. Die Mitgliedschaften von Ex-US-Präsident George W. Bush und Ex-Außenminister John Kerry in der obskuren Studentenverbindung „Skull and Bones“ brachten ihn zu der Überzeugung, dass viele Politiker „evil“ und in satanische Riten involviert seien.

15 Jahre lang sammelte Brent Lee unentwegt „Beweise“ für eine geheime Herrschaft von „Illuminati overlords“:

„Mir wurde nicht beigebracht, wie man Informationen bewertet oder wie man recherchiert“, sagt er. „Ich glaube nicht, dass es mir an Intelligenz mangelte, aber ich war sehr naiv, was Politik angeht und wie die Welt funktioniert.“

Offenbar traf auf den 44-Jährigen vieles von dem zu, was Naomi Klein in ihrem Buch „Doppelganger: A Trip Into The Mirror World“ beschreibt. Demnach seien Verschwörungstheorien die Fehlzündung eines gesunden und berechtigten politischen Instinkts: des Misstrauens.

Zu seiner Abkehr von der Szene trugen schließlich haltlose Spekulationen von Verschwörungsideologen über gefakte School Shootings mit angeblichen „crisis actors“ bei sowie infantile Behauptungen, wonach belanglose Stars wie Justin Bieber zu den Illuminaten gehörten.

Auch „Pizzagate“ erschien Lee einfach nur „just stupid“.

Mittlerweile hat der Aussteiger zu „Pizzagate“ einen sechsteiligen Podcast produziert:

Die Gesamtliste seines Podcasts Some Dare Call it Conspiracy gibt’s zum Beispiel bei Amazon Music oder Deezer.

Außerdem unterhält Brent Lee Präsenzen bei Twitter, Instagram und Youtube.

Bisher hatten Lees Versuche, andere zu retten, nur begrenzten Erfolg. Er wurde von seiner ehemaligen Online-Community geächtet.

„Meine erste Absicht war einfach, meine Freunde aus dem Kaninchenbau zurückzuholen – das ging für mich nach hinten los. Sie haben mich komplett abgeschnitten und mich wie einen Paria behandelt.“ Einige behaupten, er sei von „den Eliten“ ausgezahlt worden, aber er ist entschlossen, weiterzumachen.

„Es gibt Freunde und Familienangehörige von Menschen, die davon betroffen sind und mich kontaktieren, um mir zu sagen: ‚Danke, dass du das teilst: Du hast wirklich an all diesen Wahnsinn geglaubt, du warst supertief drin, aber du bist herausgekommen – und das gibt uns Hoffnung.‘“

Zum Weiterlesen:

  • Brent steigt nach 15 Jahren aus Verschwörer-Szene aus, nau am 4. Oktober 2023
  • Escape from the rabbit hole: the conspiracy theorist who abandoned his dangerous beliefs, The Guardian am 4. Oktober 2023
  • Bekenntnisse eines Ex-Verschwörungstheoretikers, materie.at am 24. April 2023
  • Vom „Aufwachen“ in den Kaninchenbau und zurück: Bekenntnisse eines ehemaligen Verschwörungsideologen, GWUP-Blog am 25. Dezember 2022
  • Video: Zehn Fragen an einen Ex-Verschwörungsanhänger, GWUP-Blog am 27. März 2022
  • Der schwierige Umgang mit Verschwörungsgläubigen: Interview mit einem Aussteiger, GWUP-Blog am 24. Dezember 2021
  • Verschwörungsglaube: Die Metapher vom Kaninchenbau-Syndrom, spektrum am 5. November 2022
  • Von Pizzagate bis Sandy Hook: Die menschlichen Kosten von Verschwörungstheorien, GWUP-Blog am 19. August 2021
  • Sandy Hook: Verschwörungstheoretiker laufen mal wieder Amok, GWUP-Blog am 9. Februar 2013
  • Geistiger Amoklauf der „Truther“, Chemtrails und das Ende von HAARP, GWUP-Blog am 17. Mai 2014