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„Retracted“: Artikel über Homöopathie bei ADHS von Walach und Co. zurückgezogen

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Vor anderthalb Jahren fragten wir hier im Blog, wo „die Reviewer ihre fünf Sinne hatten“, als sie in dem Journal Pediatric Research diesen Artikel von Harald Walach, Katharina Gaertner und Michael Teut einfach durchwinkten:

Die Meta-Analyse belege angeblich, dass Homöopathie eine „klinisch relevante Wirksamkeit bei Behandlung von ADHS“ zeige, titelten die supportiven Medien der Szene.

Das INH und Edzard Ernst wiesen dagegen darauf hin, dass diese Schlussfolgerung der drei Autoren mitnichten gerechtfertigt sei und betonten, „dass dieser Review die Hindernisse für eine Veröffentlichung in einem renommierten Journal nicht hätte nehmen dürfen“:

Ob dem Journal das vermittelt werden könnte, wäre eine noch zu klärende Frage.

Im Sommer dieses Jahres forderten Edzard Ernst, Norbert Aust und Udo Endruscheit Pediatric Research erneut auf:

We ask you to review your decision, or better still, consider a retraction of the paper altogether.

Jetzt ist der Artikel tatsächlich als „RETRACTED“ gekennzeichnet worden:

Damit wächst die Retraction-Liste von Harald Walach weiter.

Gegenüber unserem Blog sagte Udo Endruscheit:

Es ist wichtig, dieser unkritischen Veröffentlichungspraxis entgegenzutreten. Manchmal glaube ich, die Journale verstehen gar nicht, was sie damit anrichten – sie fördern die „wissenschaftliche Reputation“ von Pseudomedizin und machen deren Geschwafel zitierfähig.

Zum Weiterlesen:

  • ADHS und Homöopathie – ein neuer Review. Was ist dran? INH am 20. Juni 2022
  • „Wo hatten die Reviewer ihre fünf Sinne“, als sie diese Arbeit zu Homöopathie und ADHS begutachteten? GWUP-Blog am 21. Juni 2022
  • Our struggle to publish criticism of a questionable homeopathy paper, edzardernst am 8. Juli 2023
  • A new systematic review of homoeopathy reported a positive result – but I can’t take it seriously, edzardernst am 13. Oktober 2023
  • „Wissenschaftliche Höchststrafe“: Auch Walachs Masken-Studie ist zurückgezogen worden, GWUP-Blog am 16. Juli 2021

7 Kommentare

  1. Bisschen Gossip dazu?

    Von den drei AutorInnen haben sich Michael Teut und Harald Walach mit dem Retract einverstanden erklärt. Katharina Gärtner, die als Hauptautorin fungiert (und vermutlich die anderen beiden nur um ihre Unterschrift gebeten hatte), hat das nicht getan.

    Nicht dass mich das überraschen würde. Frau Gärtner ist schwer aktiv und derzeit eine der eifrigsten Proponentinnen in der homöopathischen Szene, während die beiden Herren fast so was sind wie elder statesmen, deren Reputation man sich zunutze machen kann (oder auch nicht).

    Aber vielleicht ist interessant, zu erfahren, dass Katharina Gärtner auch die offizielle Studienleiterin der vom bayerischen Landtag in Auftrag, gegebenen Homöopathie – Antibiotika – Studie ist, die gerade an der technischen medizinischen Universität München angelaufen ist. (Tatsächlich ist man nach all der Zeit – der Landtagsbeschluss ist von 2019, das Studiendesign wurde Anfang 2023 registriert – noch dabei, Studienteilnehmerinnen zu rekrutieren …).

    Einen Fail einzuräumen, kann Frau Gärtner sich daher im Augenblick kaum leisten.

  2. Gut so! Und weiter so!

    Die Spreu vom Weizen wissenschaftlicher Publikationen zu trennen, ist eine nie endende Sisyphosarbeit. Der Rückzug dieses Artikels gehört zu den Momenten, in denen man sich Sisyphos, wie Camus schreibt, als glücklichen Menschen vorstellen kann.

  3. Die unselige Homöopathie-Studie wird nun doch im Auftrag des bayerischen Landtags durchgeführt, trotz aller Proteste? Unfassbar!

    Ein vorhersehbares Ergebnis auf Kosten der Steuerzahler, nehme ich an – oder zahlen die Abgeordneten das aus eigener Tasche? Wäre das kein Fall für den Rechnungshof?

    Für das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler auf jeden Fall.

  4. @Udo Endruscheit

    Danke schön.

    PS: Ich habe mir die Vita von Frau Gärtner durchgelesen. Da kommt ja alles zusammen.

    – Diplomarbeit bei Prof. Dr. M. Frass.

    – Diplom Homöopathie bei George Vithoulkas an der Internationalen Akademie für Klassische Homöopathie

    – Klinische Weiterbildung in der Schweiz an diversen Spitälern zu Homöopathie und komplementäre und integrative Medizin

  5. Sorry, @Martin, aber ich verstehe nicht, was Ihre Kommentare (Merz, FDP, Rechtsruck etc.pp.) mit dem Thema des jeweiligen Artikels zu tun haben, unter dem Sie das posten?

    Und offen gesagt verstehe ich auch die Kommentare nicht.

    Wäre es möglich, jeweils beim Thema zu bleiben?

    Konkret hier geht es um Homöopathie, nicht um Antifa oder sonstwas.

  6. Ich hätte da im Zusammenhang mit dem Retract noch ein kleines Bonbon …

    Prof. Harald Walach, Mitautor der Studie, hat vor einiger Zeit an einem „Meta-Review“ mitgearbeitet, bei dem es um die (Un-)Zuverlässigkeit der nach EBM-Kriterien ermittelten Evidenz geht (was er teils missverständlich so formulierte, als sei die evidenzbasierte Medizin als solche unzulänglich und nicht die methodisch-statistische Problematik von Studien und die damit zusammenhängende Fehleranfälligkeit).

    Er oszilliert ja seit langem immer zwischen der Geringschätzung der wissenschaftlichen Methode und ihrer eifrigen Anwendung in eigenen Veröffentlichungen.

    Die Anfälligkeit der EBM für methodische Probleme, Biases und andere Einflüsse ist hinreichend bekannt. Insofern ist an Walachs Ansatz (er macht da ein wenig bei John Ioannidis mit, dessen Thema das ja schon lange ist) natürlich etwas dran. Allerdings spürt man schon die diskreditierende Absicht.

    Nur ist genau Walach einer derjenigen, die mit Eifer zu diesen von ihm selbst beklagten Unzulänglichkeiten „der EBM“ beiträgt – zum Beispiel genau mit dem nun zurückgezogenen Review.

    Ein wenig grotesk wird es dadurch, dass Walach in einem Blogartikel zu dem Meta-Review, betitelt „Meta-Review: Das Rückgrat der evidenzbasierten Medizin ist schwach“, genau den zurückgezogenen Review bei Pediatric Research als Musterbeispiel für solide und aufwändige methodische Arbeit, also sozusagen als Gegenbeispiel präsentiert hat.

    So kanns gehen.

  7. Das Portal „Retraction Watch“ berichtet recht ausführlich über den Retract des ominösen Homöopathie-ADHS-Reviews im Journal Pedriatic Research.

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