gwup | die skeptiker

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15. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Flucht aus dem Kaninchenbau: Der Verschwörungsaussteiger Brent Lee und seine Aktivitäten

Der britische Guardian und das Schweizer Nachrichtenportal nau berichten über den amerikanischen Verschwörungs-Aussteiger Brent Lee – wohl anlässlich seines Vortrags bei der EU DisinfoLab-Konferenz 2023 vor drei Tagen in Krakau:

Hineingeraten in den Kaninchenbau sei Lee über eine ausgeprägte Politikskepsis und Antikriegshaltung. Die Mitgliedschaften von Ex-US-Präsident George W. Bush und Ex-Außenminister John Kerry in der obskuren Studentenverbindung „Skull and Bones“ brachten ihn zu der Überzeugung, dass viele Politiker „evil“ und in satanische Riten involviert seien.

15 Jahre lang sammelte Brent Lee unentwegt „Beweise“ für eine geheime Herrschaft von „Illuminati overlords“:

„Mir wurde nicht beigebracht, wie man Informationen bewertet oder wie man recherchiert“, sagt er. „Ich glaube nicht, dass es mir an Intelligenz mangelte, aber ich war sehr naiv, was Politik angeht und wie die Welt funktioniert.“

Offenbar traf auf den 44-Jährigen vieles von dem zu, was Naomi Klein in ihrem Buch „Doppelganger: A Trip Into The Mirror World“ beschreibt. Demnach seien Verschwörungstheorien die Fehlzündung eines gesunden und berechtigten politischen Instinkts: des Misstrauens.

Zu seiner Abkehr von der Szene trugen schließlich haltlose Spekulationen von Verschwörungsideologen über gefakte School Shootings mit angeblichen „crisis actors“ bei sowie infantile Behauptungen, wonach belanglose Stars wie Justin Bieber zu den Illuminaten gehörten.

Auch „Pizzagate“ erschien Lee einfach nur „just stupid“.

Mittlerweile hat der Aussteiger zu „Pizzagate“ einen sechsteiligen Podcast produziert:

Die Gesamtliste seines Podcasts Some Dare Call it Conspiracy gibt’s zum Beispiel bei Amazon Music oder Deezer.

Außerdem unterhält Brent Lee Präsenzen bei Twitter, Instagram und Youtube.

Bisher hatten Lees Versuche, andere zu retten, nur begrenzten Erfolg. Er wurde von seiner ehemaligen Online-Community geächtet.

„Meine erste Absicht war einfach, meine Freunde aus dem Kaninchenbau zurückzuholen – das ging für mich nach hinten los. Sie haben mich komplett abgeschnitten und mich wie einen Paria behandelt.“ Einige behaupten, er sei von „den Eliten“ ausgezahlt worden, aber er ist entschlossen, weiterzumachen.

„Es gibt Freunde und Familienangehörige von Menschen, die davon betroffen sind und mich kontaktieren, um mir zu sagen: ‚Danke, dass du das teilst: Du hast wirklich an all diesen Wahnsinn geglaubt, du warst supertief drin, aber du bist herausgekommen – und das gibt uns Hoffnung.‘“

Zum Weiterlesen:

  • Brent steigt nach 15 Jahren aus Verschwörer-Szene aus, nau am 4. Oktober 2023
  • Escape from the rabbit hole: the conspiracy theorist who abandoned his dangerous beliefs, The Guardian am 4. Oktober 2023
  • Bekenntnisse eines Ex-Verschwörungstheoretikers, materie.at am 24. April 2023
  • Vom „Aufwachen“ in den Kaninchenbau und zurück: Bekenntnisse eines ehemaligen Verschwörungsideologen, GWUP-Blog am 25. Dezember 2022
  • Video: Zehn Fragen an einen Ex-Verschwörungsanhänger, GWUP-Blog am 27. März 2022
  • Der schwierige Umgang mit Verschwörungsgläubigen: Interview mit einem Aussteiger, GWUP-Blog am 24. Dezember 2021
  • Verschwörungsglaube: Die Metapher vom Kaninchenbau-Syndrom, spektrum am 5. November 2022
  • Von Pizzagate bis Sandy Hook: Die menschlichen Kosten von Verschwörungstheorien, GWUP-Blog am 19. August 2021
  • Sandy Hook: Verschwörungstheoretiker laufen mal wieder Amok, GWUP-Blog am 9. Februar 2013
  • Geistiger Amoklauf der „Truther“, Chemtrails und das Ende von HAARP, GWUP-Blog am 17. Mai 2014

15. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Am Freitag, dem 13: Lydia Benecke bei SWR1 Leute

Die Kriminalpsychologin Lydia Benecke war am vergangenen Freitag zu Gast bei SWR1 Leute:

Die Sendung beginnt mit einem Hinweis auf die GWUP, den Themen Freitag, der 13. und Geister sowie einem Appell Beneckes, keine Angst vor vermeintlich „übersinnlichen“ Einflüssen zu haben:

Diese ganzen abergläubischen Sachen sind einfach Quatsch.

Am Ende (ab Minute 27) geht es dann noch einmal kurz um Spukphänomene, Ghosthunting und Wissenschaftsvermittlung.

Zum Weiterlesen:

  • Die Angst vor Freitag, dem 13. und die Templer von heute, GWUP-Blog am 12. Oktober 2023
  • Videos: Lydia Benecke und die schwierige Aufklärung über Spuk und Paranormales, GWUP-Blog am 1. November 2022
  • „True Crime“ im WTF-Talk

15. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Neues zum Thema Nahtod-Erlebnisse und ein Studientag dazu im November in Augsburg

Schöner Beitrag zum Thema „Nahtod-Erlebnisse“ bei SWR 2:

Es gibt Begegnungen mit verstorbenen oder nicht verstorbenen Menschen, Menschen, die man kennt oder auch nicht kennt, Farbwahrnehmungen und eben auch so ein Glücksgefühl, was in 90 Prozent der Fälle berichtet wird. Und es gibt aber auch so Höllenerfahrungen in zehn Prozent der Fälle,

erklärt der Neurologe Jens Dreier von der Berliner Charité.

Aber was steckt dahinter?

Fachleute sind uneins, welche Bedeutung Nahtoderlebnisse haben. Manche vermuten, dass es sich um eine Vorahnung auf das Jenseits handelt. Andere gehen davon aus, dass Nahtoderlebnisse Produkte des Gehirns sind – ähnlich vielleicht wie eine Halluzination oder ein Drogenrausch.

Der Beitrag geht auf die „The near-death experience scale“ ein und ausführlich auf die neue AWARE-II-Studie von 2023 – deren Erkenntnisgewinn allerdings „gering“ sei. Der Neurologe Thomas Lempert (Berlin) betrachtet die Ergebnisse von AWARE-II nach wie vor

… als Aktivitäten des sterbenden Gehirns und nicht als Gelegenheit, dem lieben Gott – so es ihn gibt – in die Karten zu gucken.

Sein Kollege Jens Dreier bringt als Erklärungsmöglichkeit für Nahtod-Erlebnisse „Depolarisationswellen“ ins Spiel:

Ich glaube nicht an eine tiefere Bedeutung des Phänomens. Ich denke, es ist ein Phänomen unseres Gehirns, was auftreten kann, was interessant ist, was auch etwas mit uns macht und berichtenswert ist.

Ich denke, wenn man davon betroffen ist, wird man sich automatisch Gedanken machen, welche Bedeutung hat das vielleicht für mich. Aber ich würde es auch nicht überinterpretieren.

Um „Nahtoderfahrungen“ geht es auch bei einem Studientag am 18. November in Augsburg.

Auf Einladung des Fachbereichs Religions- und Weltanschauungsfragen im Bistum Augsburg referieren von 9.30 bis 15 Uhr Matthias Pöhlmann über

Nahtoderfahrungen und Einsichten ins Jenseits aus esoterischer Sicht/Jenseitsschilderungen von Spiritisten 

und Robert Flossmann zum Thema

Technische Hilfsmittel zur Kommunikation mit dem Jenseits?

Die kostenlose Teilnahme ist live vor Ort (Maria-Ward-Gymnasium) oder online möglich. Eine Anmeldung ist erforderlich, telefonisch (0821 – 31 66 66 13) oder per Mail: weltanschauung [at] bistum-augsburg.de.

Weitere Infos gibt’s hier.

Zum Weiterlesen:

  • Nahtoderlebnisse – Naturwissenschaftlich betrachtet, swr am 12. September 2023
  • Nahtoderlebnisse zwischen Wissenschaft und Esoterik, GWUP-Blog am 6. Mai 2023
  • ARTE-Video: „Offenbar gibt es für beinahe jede Nahtod-Erfahrung eine diesseitige Erklärung“, GWUP-Blog am 14. Oktober 2022
  • Spuk, Nahtod, Ouija-Brett, Blicke, Telekinese: „13 unheimliche Phänomene“ – wirklich? GWUP-Blog am 30. Dezember 2021
  • Nahtod-Erlebnisse, scinexx am 28. August 2020
  • Nahtoderlebnisse: Ein Licht am Ende des Tunnels, medical tribune am 16. April 2022
  • AWARE-II-Studie: Patienten erinnern sich an Todeserfahrungen nach Herzstillstand, grewi am 26. September 2023

14. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Podcast: Florian Aigner über Verschwörungstheorien

Florian Aigner zu Gast bei der Medienplattform Materie:

Verschwörungstheorien liegen in der Luft. Sie dominieren nicht nur Telegram-Kanäle, sondern werden auch im Nationalrat offen angesprochen. Im Gespräch mit Florian Aigner fragt sich Chefredakteur Stefan Schett, wie wir als Gesellschaft, aber auch als Individuum damit umgehen sollen.

Und damit es nicht nur eine Folge wird, in der sich beide einig sind, channelt Stefan seinen inneren Verschwörungstheoretiker – und lässt Aigner auf Fragen antworten, die eher von außerhalb seiner Bubble kommen.

Eine „sehr kurze Einführung“ zum Thema gab’s auch beim re:publica x Reeperbahn Festival in Hamburg:

Referentin ist die Kulturwissenschaftlerin Yul Koh, die ihre Masterarbeit zum Thema

Konspirative Dokumentarfilme. Geschichte und Verbreitung am Beispiel „VaxXed“

geschrieben hat.

Zum Weiterlesen:

  • Und, was ist deine Lieblings-Verschwörungstheorie? materie.at am 9. Oktober 2023
  • Bekenntnisse eines Ex-Verschwörungstheoretikers, materie.at am 24. April 2023
  • Ein Wimmelbild voller Verschwörungstheorien, GWUP-Blog am 19. September 2023
  • „Vorpolitisch meets Andreas Edmüller“ vom 1. Oktober 2023

14. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Die Quarks Science Cops über den Placebo-Effekt

Neu bei den Science Cops:

Die Akte Placebo – viel stärker als man denkt?

Mit Professorin Ulrike Bingel wagen wir Science Cops in der heutigen Podcast-Folge den Deep Dive: Wie funktioniert der Placeboeffekt? Was kann er, was kann er nicht? Und ist es vielleicht okay, dass sich die Alternativmedizin so stark auf den Placeboeffekt verlässt?

Die Folge (zirka 45 Minuten) gibt es als Podcast und bei Youtube.

Zum Weiterlesen:

  • MEGA-Video: „Der Placeboeffekt“ mit Martin Moder, GWUP-Blog am 19. Juli 2023
  • Warum gibt es den Placebo-Effekt? GWUP-Blog am 23. Juli 2010
  • Placebo-Effekt und Evolution, GWUP-Blog am 7. September 2012
  • Grams‘ Sprechstunde: Placebo-Effekt – Die innere Apotheke, detektor.fm am 9. Juni 2022
  • Wirken Placebos auch, wenn man weiß, dass sie wirkstofffrei sind? spektrum am 13. Dezember 2021
  • Der Placebo-Effekt: „Einbildung, Wunder oder gute Medizin?“ GWUP-Blog am 12. April 2022

13. Oktober 2023
von Bernd Harder
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„Sie liegen alle daneben“: Astrologie bei „Never Mind“

Damit ist eigentlich alles gesagt:

Es sind viele, die daran glauben. Sie liegen leider alle daneben. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Sternzeichen und der Persönlichkeit, den man wissenschaftlich belegen kann.

Danach geht’s im Never Mind-Podcast von Business Insider noch allgemein um die Faszination von Horoskopen, den Barnum-Effekt etc.

Zum Weiterlesen:

  • Astrologie: Der Fall Palina Rojinski bei den Science Cops, GWUP-Blog am 1. Mai 2023
  • „Mein Horoskop stimmt immer!“ – Ja und? (Mit vielen Links zum Thema Wahrsagen/Cold Reading), GWUP-Blog am 4. Mai 2013

12. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Keine Anklage gegen Michael Ballweg wegen Betrugs

Das Landgericht Stuttgart will gegen „Querdenken“-Initiator Michael Ballweg nur wegen Steuerhinterziehung verhandeln. Was die gewichtigeren Vorwürfe angeht – gewerbsmäßig begangener versuchter Betrug in 9450 Fällen und Geldwäsche –, hat die 10. Große Wirtschaftsstrafkammer die Eröffnung eines Hauptverfahrens abgelehnt.

Beobachter sprechen von einer „Riesenüberraschung“ (Stuttgarter Zeitung) und einer „schweren Niederlage“ (Welt) für die Staatsanwaltschaft – die umgehend Beschwerde gegen den Beschluss einlegte.

Ballweg war bereits im April unter Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, Spendengelder beziehungsweise „Schenkungen“ für private Zwecke verwendet zu haben und die insgesamt 9643 Zuwender darüber getäuscht zu haben, was mit dem Geld passiert.

Allerdings wiesen wir hier im Blog bereits im März darauf hin, dass völlig unklar sei, „wie das Ganze ausgeht“. Denn die entscheidende Frage war:

Hatten die Geber einen bestimmten Zweck im Sinn? Oder war es ihnen egal, wofür Ballweg das Geld ausgibt?

Schon im April verdichteten sich die Hinweise darauf, dass die meisten „Querdenken“-Anhänger Ballweg die Mittel wohl „zur freien Verwendung“ überließen.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte trotzdem weiter damit, dass Ballweg Spendengelder auch auf andere Konten von ihm transferiert habe.

Genau das sieht das Landgericht Stuttgart aber nicht als problematisch an.

Welt+ hat heute Auszüge aus dem 56-seitigen Beschluss der Kammer dokumentiert. Darin heißt es:

Die Ermittler hätten verkannt,

… was „Querdenken“ eigentlich sei – nämlich eben keine „Organisation“ im juristischen Sinne mit eigenem Vermögen, sondern eine auf Ballweg ausgerichtete „Protestbewegung“. Dementsprechend habe Ballweg auch keine Pflicht getroffen, „Querdenken“-Gelder von seinem Privatvermögen getrennt zu halten.

Ballweg habe öffentlich auch schon gar nicht behauptet, dass er die Gelder ausschließlich für „Querdenken“-Zwecke einsetzen wolle.

Die Massen-Fragebögen, die die Staatsanwaltschaft verwendet hatte, um herauszufinden, mit welcher Intention die Spender das Geld überwiesen hatten, waren aus Sicht der Richter unbrauchbar, weil die Fragen schon nicht offen genug formuliert waren und die Ermittler auch keine individuellen Nachbefragungen mehr vorgenommen haben.

Im Gegenteil: Aus den Antworten der Schenker ergebe sich, dass viele nach eigener Internetrecherche und aus eigenem Antrieb heraus an Ballweg gespendet hätten – und nicht unbedingt auf einen Aufruf von Ballweg reagiert hätten. Somit könnten sie von ihm schon gar nicht getäuscht worden sein.

Dass die Staatsanwaltschaft einfach annehme, dass die Zahlungen, die sie nicht eindeutig „Querdenken“-Zwecken zuordnen konnte, „privatnütziger Natur“ gewesen sein müssen, halte das Gericht für rechtsstaatlich bedenklich.

Ballwegs Vermögen ist nun wieder entfroren, der Haftbefehl gegen ihn wurde aufgehoben.

Die Staatsanwaltschaft beruft sich in ihrer Beschwerde darauf, dass das Oberlandesgericht Stuttgart bei der Haftprüfung im April „das Fortbestehen eines dringenden Tatverdachts des versuchten Betrugs und der Geldwäsche bejaht“ habe.

Und dieses Oberlandesgericht muss nun über die Beschwerde entscheiden. Ballweg erklärte in einer Pressemitteilung, er habe „jeden Cent, den ich erhalten habe, für die Demokratiebewegung investiert“.

Zum Weiterlesen:

  • Warum es im Verfahren gegen Michael Ballweg zur überraschenden Wende kam, welt+ am 12. Oktober 2023
  • Staatsanwaltschaft wirft Michael Ballweg versuchten Betrug in mehr als 9000 Fällen vor, GWUP-Blog am 9. April 2023
  • Verfassungsbeschwerde gescheitert: Michael Ballweg bleibt in Untersuchungshaft, GWUP-Blog am 11. März 2023

12. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Die Angst vor Freitag, dem 13. und die Templer von heute

Freitag, der 13. ist tatsächlich so ein Thema, bei dem sich der Forschungsstand kontinuierlich erweitert.

Die Erkenntnis, dass Freitag, der 13. keineswegs ein uralter Aberglaube ist, der etwas mit den 13 Personen beim Letzten Abendmahl zu tun hat, sondern erst in den 1950ern populär wurde (Skeptiker 1/2002), war ein erster Gedankenumschwung.

2015 konnten wir dann die Kreation dieses „Unglückstages“ ziemlich exakt auf das Jahr 1907 eingrenzen.

Damit war auch die beliebte These hinfällig, die angebliche Auflösung des Templerordens am 13. Oktober 1307 markiere die Herkunft von Freitag, dem 13. Darauf hatte der Volkskundler Dr. Stephan Bachter schon 2007 im Skeptiker-Interview hingewiesen:

Zunächst einmal ist es richtig, dass am Freitag, dem 13. Oktober 1307, mit Verhaftungen und Konfiskationen gegen den Templerorden vorgegangen wurde. Die offizielle Auflösung aber, hier konsultieren wir einmal Wikipedia und die Schulausgabe des Ploetz, fand während des Konzils von Vienne durch Papst Clemens am 22. März 1312 statt. Es war ein Mittwoch.

Ebenso hartnäckig hält sich der Glaube an eine „abergläubische Angst vor der Zahl Dreizehn“, auch Triskaidekaphobie genannt.

Dem widersprechen in diesem Jahr sowohl Dr. Christina Jochim, stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV), bei geo.de:

Im internationalen Klassifikationssystem sei das jedoch keine anerkannte psychische Erkrankung. „Das gibt es so nicht.“

Als auch der Psychologe Dr. Lukasz Stasielowicz von der Universität Osnabrück bei web.de:

Wir haben in der Psychologie zwei Klassifikationssysteme, das ICD-System der Weltgesundheitsorganisation WHO und das DSM-System der American Psychiatric Association. Und wenn man sich diese Bücher anschaut, in denen wirklich viele Störungen aufgezählt werden, dann stellt man fest: Es gibt dort keine Phobie, die so heißt.

Natürlich könnte es vorkommen, dass Menschen wirklich starke Angst empfinden und zum Beispiel am Freitag, dem 13., das Haus nicht verlassen oder für diesen Tag keine Termine machen wollen. Das könnte dann aber eher ein Hinweis darauf sein, dass es vielleicht andere psychische Störungen gibt.

Es wäre zum Beispiel möglich, dass der Betroffene bestimmte Zwangsstörungen hat, die sich auch durch Furcht und Vermeidungsstrategien im Zusammenhang mit diesem Tag zeigen.

Apropos Templer:

Der geistliche Orden Soberana del Temple de Cristo („Souveräner Christustemplerorden“) in Spanien hat eine Klage gegen Papst Franziskus eingereicht, in der die Rehabilitierung des 1312 von Papst Clemens V. aufgelösten Templerordens gefordert wird.

Wie die spanische Nachrichtenagentur Europa Press berichtet, will die selbsternannte Nachfolgeorganisation der Templer auch eine finanzielle Entschädigung erstreiten. Allerdings hat der Souveräne Orden des Tempels von Christus das schon dreimal versucht – bislang erfolglos.

Auch in Deutschland gibt es einen „modernen Templerorden“, der sich Ordo Supremus Militaris Templi Hierosolymitani (OSMTH) nennt und nach eigenen Angaben für „christliche Werte, Menschlichkeit und Nächstenliebe“ eintritt.

Die Ordensoberen betonen allerdings, dass der Papst auf sie „zählen kann“.

Und nicht „zahlen“.

Zum Weiterlesen:

  • Freitag, der 13. und die Auflösung des Templerordens, Skeptiker 3-4/2007
  • Wie alt ist „Freitag, der 13.“? Ein Beitrag zur Forschung, GWUP-Blog am 13. November 2015
  • Geboren am Freitag, den 13. – und für immer verdammt? geo am 12. Oktober 2023
  • Kann die Angst vor Freitag, dem 13. krankhaft sein? web.de am 12. Oktober 2023
  • Templer verklagen Papst und fordern Rehabilitierung des Ordens, katholisch.de am 12. Oktober 2023
  • Los templarios demandan al Papa y le exigen la rehabilitación de la orden, suspendida en el año 1312, europapress am 11. Oktober 2023

11. Oktober 2023
von Bernd Harder
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In Memoriam: Dr. Rainer Wolf

Bei unserem allerersten „Skeptical“ 2004 in der Würzburger Residenz war er natürlich gesetzt – als Forscher am Zoologischen Institut der Universität Würzburg und Gastgeber der GWUP-Konferenz.

An diesem Donnerstagnachmittag vor 19 Jahren präsentierte Dr. Rainer Wolf seinen berühmten Wahrnehmungsvortrag „Vom Sinn und Unsinn der Sinnestäuschung“.

Und ehrlich gesagt habe ich bis heute nicht verstanden, welcher Grieche sich jetzt in welches Schwein verwandelt hat oder auch nicht und wieso – obwohl das Ganze später dann auch in seiner Artikelserie „Wahrnehmung und Wahrnehmungstäuschung“ in der Naturwissenschaftlichen Rundschau (2013) beschrieben wurde:

„Auf falsch gestellte Fragen gibt es keine richtige Antwort“ – mehr gab es dazu anscheinend nicht zu sagen. Und vielleicht wäre ich jedem anderen zumindest leicht gram gewesen, mich derart im Unklaren zu belassen.

Aber nicht Rainer Wolf, den man stets und immer nur so erlebte wie auf dem linken Foto:

Da musste schon die „Thatcher-Illusion“ herhalten, um dem Biologen, Wahrnehmungsforscher und Hobbyzauberer mal einen unfreundlichen Gesichtsausdruck anzuhängen – natürlicherweise kam das nie vor.

Neben seiner beeindruckenden fachlichen Expertise war das auch der Grund, weshalb Wolf von Beginn an die Psi-Tests leitete (zusammen mit Dr. Martin Mahner). Selbst ausgesprochene GWUP-Kritiker, wie etwa der Psychologe und Test-Beobachter Suitbert Ertel, zollten ihm in dieser Funktion Respekt:

In der Tat war Wolf nichts weniger angelegen, als Teilnehmer vorzuführen, im Gegenteil:

Weil es phantastisch interessant wäre, für die Wissenschaft sehr interessant, wenn man so etwas nachweisen würde. Ich würde, selbst in meinem fortgeschrittenen Alter, noch versuchen, mein Forschungsgebiet zu wechseln, denn es wäre ganz spannend, dann auch herauszufinden, wie das Ganze funktioniert,

sagte er in einer SWR-Doku.

Und dem Tagesspiegel erklärte er:

Bei exotischen Behauptungen ist es wichtig, dass man keine Vorurteile hat. In der Geschichte der Wissenschaften kam es ja schon oft vor, dass neue Ideen nicht ernst genommen wurden. Als Alfred Wegener 1912 seine Theorie von der Kontinentalplattenverschiebung vorstellte, wurde er ausgelacht. Erst nach Wegeners Tod kam man drauf, dass sich die Erdplatten nachweislich zwischen zwei und sechs Zentimetern pro Jahr bewegen. Man sollte also auch „Spinner“ im Prinzip erstmal ernst nehmen.

Dr. Rainer Wolf starb am vergangenen Sonntag im Alter von 82 Jahren.

Ein (kurzer, unvollständiger) Abriss seiner Aktivitäten im Umfeld der GWUP findet sich hier. Ein ausführlicher Nachruf folgt im nächsten Skeptiker.

„Trauerkleidung ist nicht notwendig“: Besser kann man Rainer Wolfs Lebenseinstellung nicht zum Ausdruck bringen.

Zum Weiterlesen:

  • Interview mit Rainer Wolf: „Niemand hat ein Recht auf eigene Fakten“, tagesspiegel am 1. April 2018
  • Rainer Wolf/Jürgen Windeler: Erfolge der Homöopathie – nur ein Placebo-Effekt?
  • Vollblut-Wissenschaftler und überzeugter Skeptiker: Rainer Wolf ist gestorben, Mainpost am 28. Oktober 2023

11. Oktober 2023
von Bernd Harder
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Jetzt als Sammelband: Die sieben Memoranden des Münsteraner Kreises

Die Memoranden des Münsteraner Kreises gibt es nun auch in gedruckter Form:

Der Sammelband im jmb-Verlag enthält:

  1. Memorandum: Zu einer Neuordnung des Heilpraktikerwesens (2017)
  2. Memorandum: Zur Abschaffung der Zusatzbezeichnung Homöopathie (2018)
  3. Memorandum: Zur wissenschaftsorientierten Medizin im Spiegel der Covid-19-Pandemie (2022)
  4. Memorandum: Integrative Medizin (2022)
  5. Memorandum: Anthroposophische Medizin (2022)
  6. Memorandum: Zur Verkürzung des „Evidenz“-Begriffs bei der Beurteilung (pseudo)medizinischer Behandlungen (2023)
  7. Memorandum: Homöopathie in der Apotheke (2023)
  8. Zusatz: Homöopathie – 10 Sprachverwirrungen (2021)

Die Publikation kostet 20 € und kann hier bestellt werden.

Zum Weiterlesen:

  • Münsteraner Memorandum Homöopathie in der Apotheke, GWUP-Blog am 24. Februar 2023