Die wahren Preisträger des Goldenen Brettes saßen dauerjohlend im Publikum – herzliche Gratulation, ihr verdient den Preis wie niemand anderer!
wird das Live-Event gestern Abend im Wiener Stadtsaal bei Youtube kommentiert.
Und vielleicht wäre es tatsächlich angemessen gewesen, der GGI-Initiative (gegründet Ende 2021 als „Grüne gegen Impfpflicht & 2G“, heute „Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit“) spontan ein Ehren-Brett vorm Kopf zu verleihen, angesichts des unoriginellen Vorsprechens der Repräsentantendame:
Auch nach dieser verquasten Zwischenrede gingen die Störungen weiter, während die Historikerin Daniela Angetter-Pfeiffer ihre Laudatio auf die Finalkandidatin Ulrike Guérot hielt.
Nichtsdestotrotz ging der Preis an
Der Politikwissenschaftlerin und Publizistin wurde das „Goldene Brett vorm Kopf“ der Gesellschaft für kritisches Denken/Wiener Skeptiker zugesprochen.
In der Erklärung des Veranstalters heißt es:
Sie müsste es besser wissen
Ulrike Guerots Arbeit mag auf den ersten Blick harmlos und konstruktiv erscheinen: Sie sprach
sich scharf gegen Corona-Maßnahmen aus – eine prinzipiell legitime Meinung. Sie setzte sich
für „Corona-Aussöhnung“ ein – wer könnte da dagegen sein?
Doch ein genauerer Blick offenbart dahinter ein verschwörungstheoretisch-antiwissenschaftliches Weltbild. Daten werden selektiv ausgewählt, Statistiken werden falsch dargestellt, trotz klarer Widerlegung bleibt eine Korrektur aus. Man stößt bei Guerot auf die wissenschaftlich falsche Vorstellung, man könne mit „Yoga und Spiritualität“ das „Immunsystem stärken“ und so auf Corona-Maßnahmen verzichten.
Manchmal sind ihre Thesen unfreiwillig komisch – etwa wenn sie behauptet, die „männliche Brutalität“ bei einem Fernsehinterview habe bei ihr spontan zu einem Herpes-Ausbruch geführt. Manchmal klingen ihre Slogans aber auch bedrohlich: Um Leute wie Anthony Fauci und Bill Gates solle man „sich kümmern“. Und „die dunklen Gestalten von Pfizer und Co.“ lasse man „nicht entkommen“.
Guerot propagiert damit das Narrativ der großen Corona-Verschwörung, obwohl gerade sie als Politologin es besser wissen müsste. Auch mit Aussagen über Russlands Angriff auf die Ukraine sorgte Guerot für Aufsehen: Die Rolle der Ukraine sei es gewesen, stellvertretend für den Westen einen Krieg mit Russland zu beginnen, erklärt sie. Wer hier wen angegriffen hat, wird kurzerhand umgedreht.
Auch falsche Zitate und Plagiatsvorwürfe brachten Guerot wiederholt in die Medien. Die Universität Bonn hat sich von ihr distanziert, der Rechtsstreit über ihre Kündigung ist noch nicht abgeschlossen.
Ulrike Guerots Aussagen kann man nicht unabhängig von ihrer Position beurteilen. Als Wissenschaftlerin trüge sie eigentlich die Verpflichtung, besonders sorgfältig mit Fakten umzugehen. Aus akademischer Macht folgt akademische Verantwortung: Ihre Stellung als Professorin verleiht ihren Thesen besonderes Gewicht, daher muss sie sich auch einen besonders kritischen Blick gefallen lassen.
Auch ihre bemerkenswerte Breitenwirksamkeit als oft geladener Gast in Talkshows sowie das Wachsen ihrer Fangemeinde in der Querdenkerszene sprach aus Sicht der Jury dafür, Ulrike Guerot das diesjährige „Goldene Brett“ zu verleihen.
Das „Goldene Brett“ fürs Lebenswerk ging an
Dazu schreibt die GkD:
Der Westen ist an allem schuld
Ähnlich wie Ulrike Guerot begann Daniele Ganser mit Thesen, die man mit gutem Recht diskutieren kann. Er trat als scharfer Kritiker von NATO und USA auf – jedes Militärbündnis und jeder Staat muss sich selbstverständlich gefallen lassen, aus politischen Gründen öffentlich kritisiert zu werden.
Doch Daniele Ganser rutschte Schritt für Schritt ins Milieu der Verschwörungstheorien ab: Dunkle staatliche Machenschaften vermutete er hinter den Terroranschlägen vom 11. September, hinter vielen Übeln der Welt – einschließlich dem Ukraine-Krieg – stecken aus seiner Sicht „westliche“ Mächte.
Oft bleibt Ganser dabei bewusst vage: Er „stellt nur Fragen“, er empfiehlt bloß bestimmte Medien – etwa „Russia Today“ oder „KenFM“, während er von deutschen ÖR-Sendern abrät. Damit wurde er zum Star der Verschwörungstheoretiker-Szene, mit Kontakten tief hinein in die Esoterik-Community.
Für Ganser ist das ein gutes Geschäft: Er füllt mittlerweile große Hallen und ist ein gefragter Vortragender. Auch wenn zu vermuten ist, dass Ganser noch lange aktiv bleibt und große Highlights seines Schaffens erst folgen werden, bekommt er schon jetzt ein „Goldenes Brett fürs Lebenswerk“.
Nominiert waren außerdem Stefan Homburg und Ferdinand Wegscheider. Die Finalkandidaten wurden von einer Jury aus mehr als 300 Nominierungen ausgewählt.
Novum der Veranstaltung war ein Publikumspreis, der an Österreichs Innenminister Gerhard Karner ging – für seine Aussage „Wissenschaft ist das eine, Fakten sind das andere“, die er in einem Interview im Standard tätigte.
Ein Video von der Verleihung gibt’s bei Youtube.
Zum Weiterlesen:
- Verschwörung & Fakten“: Die Radikalisierung der Ulrike Guérot, GWUP-Blog am 19. März 2022
- Video: Es geht noch tiefer – „Verschwörung & Fakten“ über Ulrike Guérot, GWUP-Blog am 25. August 2023
- Universität Bonn distanziert sich von Ulrike Guerot, GWUP-Blog am 4. November 2022
- Video: „Gekonnt perfide“ – der Dunkle Parabelritter über Daniele Ganser und seine Masche, GWUP-Blog am 22. August 2023
- „Weder wissenschaftlich noch spannend“: Daniele Ganser, GWUP-Blog am 17. August 2023
- Daniele Ganser, der Selfmade-Verschwörungsunternehmer, GWUP-Blog am 23. Februar 2023
- Videos: Daniele Gansers Phraseologie im Faktencheck, GWUP-Blog am 29. Januar 2018
- Die Methoden des Daniele Ganser, watson am 16. Februar 2023
- Die Methode Ganser, republik am 13. April 2019