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Homöopathie: Keine Evidenz – Die Landesärztekammer BW begründet ausführlich das Aus für die Zusatzweiterbildung

| 20 Kommentare

Sieht fast so aus, als müssten wir Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha regelrecht dankbar sein.

Zur Erinnerung:

Im August 2022 kritisierte der Grünen-Politiker in scharfer Form den Beschluss der Landesärztekammer, die Zusatzbezeichnung Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung der Ärzte zu streichen.

Lucha kündigte an, sein Ministerium werde die Übereinkunft der Ärztekammer „fachlich und rechtlich genau überprüfen“. Was wohl nichts anderes heißt, als dass er die Entscheidung kippen will.

Baden-Württemberg, führte Lucha weiter aus, sei das Land der Naturheilkunde. Außerdem glaube er selbst an die Wirkung der Homöopathie.

Möglicherweise – wissen tun wir es natürlich nicht – hat sich die LÄKBW deshalb besondere Mühe bei der sogenannten Verhältnismäßigkeitsprüfung gegeben.

„Im Rahmen dieser Prüfung“, heißt es auf der Webseite der Landesärztekammer Baden-Württemberg,

… wurde abgeschätzt, welche Konsequenzen die geplante Streichung der Zusatzweiterbildung Homöopathie aus der ärztlichen Weiterbildungsordnung für die ärztliche Berufsausübung hätte und ob dies angemessen und verhältnismäßig wäre.

Und im Vergleich zu den bislang 14 anderen Landesärztekammern, die diese Zusatzweiterbildung abschafften, haben die Verantwortlichen im Ländle richtig weit ausgeholt – auf satten 16 Seiten (hier als PDF verfügbar) und mit Bezugnahme auf das Münsteraner Memorandum Homöopathie.

Luchas „Glaube“ setzen die Autoren Fakten entgegen:

Bei der Homöopathie handelt es sich um eine alternative Heilmethode ohne wissenschaftliche Evidenz. Zahlreiche Studien, die bislang zur Homöopathie vorliegen, haben keinen Beleg dafür gefunden, dass diese besondere Therapierichtung eine Wirkung hat, die über einen Placebo-Effekt hinausgeht.

Auf ihrer Homepage stellt die LÄKBW außerdem klar, dass Minister Lucha lediglich eine Rechts-, aber keine Fachaufsicht zusteht. Seine Behörde kann prüfen, ob die Kammer die rechtlichen Vorgaben eingehalten hat – sonst nichts.

Und daran dürfte nach der Verhältnismäßigkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel bestehen.

Noch bis zum 29. Februar kann sich die Öffentlichkeit auf der Website der Landesärztekammer „über die Ergebnisse der gesetzlich vorgeschriebenen Verhältnismäßigkeitsprüfung informieren und sie kommentieren“.

Die finale Entscheidung fällt voraussichtlich im Juli.

Zum Weiterlesen:

  • Auch in Baden-Württemberg: Landesärztekammer streicht Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung, GWUP-Blog am 25. Juli 2022
  • Homöopathie: Das INH schreibt dem baden-württembergischen Gesundheitsminister Lucha, GWUP-Blog am 14. August 2022
  • Lucha stellt sich bei Homöopathie gegen Ärzteschaft, aerzteblatt am 2. August 2022
  • Streit um Homöopathie: BW-Ärztekammer hält an Aus für Weiterbildung fest, swr am 21. August 2022
  • Endlich „den Unsinn“ beenden: Medien begrüßen Lauterbachs „guten Schritt“ gegen Globuli, GWUP-Blog am 15. Januar 2024

20 Kommentare

  1. Noch einmal eine Empfehlung: Der Österreichiche Podcast „Der Standart“ hat eine Reihe über die „neue Rechte“ gemacht und geht da auch auf die Biographien einzelner Akteure wie zb Martin Sellner ein

  2. Löblich!

    Das einzig Erschreckende daran ist, dass manche politischen Entscheidungen anscheinend vom Glauben ihrer Protagonisten abhängt.

  3. Bravo, die Stellungnahme der LÄKBW ist eine Ohrfeige für Manne Lucha.

    Aber an seinem „Glauben“ an die Homöopathie (welche im Übrigen keine Naturheilkunde ist) wird es nichts ändern. Das hat man ja erst vor kurzem gesehen, als Lauterbach ankündigt, die Erstattung der Homöopathie durch Krankenkassen zu streichen.

    Manne Lucha war empört.

  4. @Martin:

    Hat zwar mit dem Thema hier gar nichts zu tun, aber um Sellner geht es auch in dem neuen Buch von Florian Schroeder:

    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/florian-schroeder-im-spiegel-talk-martin-sellner-ist-der-kopf-dieser-bande-a-94b3dc42-3a42-4578-8592-5bc72dcea082

    Am 18. Mai stellt Schroeder das Buch beim WTF in Leipzig vor.

  5. Ich war schon lange empört über Manne Lucha. Nicht mal, weil er Homöopathie-Fan ist, sondern weil er meinte, seine eigene Landesärztekammer seiner persönlichen Sichtweise unterwerfen zu können.

    Das grenzt an Amtspflichtverletzung.

    Was die LÄK hier im Laufe des Jahres aufgebaut hat, das ist ein uneinnehmbares argumentatives Bollwerk. Man darf sich über die Bezugnahme auf das Münsteraner Memorandum Homöopathie freuen (und die Übernahme der einen oder anderen Formulierung von den Seiten des Informationsnetzwerks Homöopathie, sei angemerkt).

    Für alle, die hier mit einer Mail das Beteiligungsverfahren unterstützen möchten: Im Prinzip reicht es, zum Ausdruck zu bringen, dass man das Ergebnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung durch die LÄK vollumfänglich teilt.

    Die LÄK will eine erneute Diskussion über die Homöopathie als solche hier – vernünftigerweise – heraushalten und wird alles, was nicht den Bezug auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung hat, unberücksichtigt lassen.

    Sehr gut gemacht, LÄK BW!

  6. Ich gehe mal davon aus, dass die Dichte der Heilpraktiker zur Bevölkerung im Bereich Bodensee/Oberschwaben bei ca. 1 zu 600 liegt (lediglich eine extrem grobe Abschätzung via Google).

    Damit dürfte die Homöopathiegläubigkeit in unserem Gäu (nicht bei mir und natürlich auch nicht bei @RPG01) vergleichsweise hoch sein, was letzendlich Herrn Lucha Wählerstimmen kosten dürfte, sofern er widerspruchslos die Entscheidung der LÄK BW bezüglich der Homöopathie hinnimmt.

    .

  7. @ Habra:

    Ich fürchte, Herr Lucha ist hier nicht wahltaktisch unterwegs, sondern wirklich davon überzeugt, dass Homöopathie eine gute Sache ist.

    Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Änderung der Weiterbildungsordnung ist die Frage, ob Homöopathie wirkt, aber gar nicht die tragende Säule. Selbst wenn sie wirksam wäre, würden die Gründe der Kammer überzeugen.

  8. @ Habra

    Zusätzlich haben die beiden größten deutschen Hersteller von Homöopathika, Heel und DHU, ihre Firmensitze in BW. Bei letzterer sogar die Muttergesellschaft, die Dr. Schwabe Holding.

    Da kommt dann folglich auch noch das Arbeitsplatzargument hinzu.

  9. @udo endruscheit

    „Ich war schon lange empört über Manne Lucha. Nicht mal, weil er Homöopathie-Fan ist, sondern weil er meinte, seine eigene Landesärztekammer seiner persönlichen Sichtweise unterwerfen zu können.“

    Das kommt in den besten Familien vor. Siehe das Abweisen von Vorträgen in der Skepkon trotz notwendiger Punktzahl.

    Es ist unwissenschaftlich und gehört zum schlechten Stil, Regeln während eines Verfahrens zu ändern, weil einem die Ergebnisse nicht gefallen.

  10. Ich stimme Joseph Kuhn zu. Manne Lucha ist ein knallharter Homöopathieanhänger, wie ich seinen Statements über die Jahre entnehmen konnte.

    In diesem Sinne denkt er womöglich sogar, den homöogläubigen Anhängern etwas Gutes zu tun und in ihrem gesundheitlichen Sinn zu handeln, wenn er sich mit Händen und Füßen gegen jegliche angenommenen Einschränkungen beim Zugang zu homöopathischen Mitteln wehrt.

    Was man auch berücksichtigen sollte: Manne Lucha hat bei den letzten 3 Landtagswahlen in BW als Direktkandidat hervorragende Ergebnisse für die Grünen eingefahren. Bei den Wahlen 2016 und 2021 hat er das Direktmandat in Ravensburg sogar gewonnen. Und das in einem Kreis, der bis 2006 als tiefschwarze CDU-Bastion galt.

    Ich liege sicher nicht falsch, dass ihn diese Ergebnisse in seinem gesundheitspolitischen fragwürdigen Verhalten bestätigen und seine Kritiker weitgehend schweigen lässt.

    https://www.statistik-bw.de/Wahlen/Landtag/LRLtW.jsp

  11. Herr Lauterbach ist ein knallharter Pharmaanhänger, wie ich seinen Statements über die Jahre entnehmen konnte.

    Kunden und ihre Dienstleister sollten frei über die Verwendung ihrer Mittel entscheiden können.

    Wenn man jetzt jetzt anderen vorschreibt, was sie nicht haben dürfen sollen, dann bitte so, dass die freiwerdenden Mittel den Kunden direkt zur Verfügung gestellt werden und er selbst darüber verfügen können.

    Was stattdessen passiert, ist, daß die bisher für Homöopathie zur Verfügung stehenden Mittel ungefragt ins Pharma-System eingespeist werden.

    Wenn immer mehr Geld in das aktuell favorisierte System gesteckt wird und gleichzeitig die Gesundheit der Bevölkerung sicher nicht besser wird, dann sollte wohl mal die Effizienz (=Gesundheits-Resultat pro Geld) auf de Prüfstand.

    Könnten wir an dieser Stelle weiterdiskutieren?

  12. @ Aaron Dold

    Könnten wir an dieser Stelle weiterdiskutieren?

    Nicht so schnell. Erst will ich einmal eine Erklärung/Begründung, was an Homöopthie _nicht_ Pharma sein soll.

    Ich hoffe ja doch, dass hier nicht die Mär von der „sanften Naturmedizin“ weitergesponnen werden soll.

    Oder?

  13. @Aaron Dold

    Ich habe mich lange gefragt, ob ich auf dieses Konglomerat von Irrtümern, Vorurteilen und Fehlschlüssen überhaupt antworten soll. Ergebnis: Eigentlich nicht.

    Aber fangen wir mal hinten an. Die Effizienz der Homöopathie (Gesundheitsresultat pro Geld) ist gleich Null.

    Weiter: Herr Lautenbach entscheidet nicht im Mindesten über die Verwendung von Mitteln im „aktuell favorisierten System“ (das ist übrigens eines, das an Effizenz und wissenschaftliche Validität gebunden ist). Hierüber entscheidet die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, im Speziellen der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA).

    Minister Spahn hat mal bös was auf die Finger bekommen, als er versuchte, per ordera mufti in die Befugnisse des G-BA einzugreifen.

    „Kunden und ihre Dienstleister sollten frei über die Verwendung ihrer Mittel entscheiden können“ – tun sie, im Rahmen des SGB V. Eben durch den G-BA, in dem Leistungserbringer und Leistungsempfänger hart aushandeln, was im System erstattungsfähig gestellt wird.

    Da hat – wie erwähnt, ich wiederhole es – der Minister keinen Anteil dran.

    Insofern wird auch die Selbstverwaltung im Gesundheitssystem entscheiden ob „die bisher zur Verfügung gestellten Mittel ungefragt ins Pharma-System eingespeist werden“. In dieser expliziten Form wird das ohnehin nicht geschehen (und auf das Geld kommts ja gar nicht in erster Linie an, wie auch hier auf diesem Blog schon -zig Mal erklärt wurde).

    Dazu wiederum wäre zu ergänzen, dass das Gesundheitssystem ein Mangelsystem ist, in dem bereits jetzt Rationierungen auch von wichtigen Dingen die Regel und nicht die Ausnahme sind. Merkt z.B. jeder bei der Zuzahlung bei Medikamenten, bei der Nichterstattung verordnungsfreier Mittel und auch bei Sehhilfen und Zahnersatz und vielen anderen Dingen mehr.

    Wenn es hier zu einer Entlastung durch die Homöopathie-Millionen käme, wäre das sinnvoll und zu begrüßen.

    Was die Homöopathie betrifft, so gab es für sie eine Sonderregelung (da sie nie zu den Regelleistungen gehörte), die, wie der Minister erkannt hat, die Voraussetzungen für eine Finenzierung aus Beitragsmitteln der Sozialversicherung (§ 12 SGB V) nicht erfüllt. So einfach ist das.

    Und zum Schluss:

    Die Homöopathie ist Teil „der Pharmaindustrie“, wird von ihr in ihren Verbänden gehegt und gepflegt (als lukratives Zubrot) und gegenüber den Kritikern, auch Herrn Lauterbach, erbittert verteidigt. Der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie war in vorderster Front dabei, als es galt, Herrn Lauterbach wegen seiner Pläne zu Homöopathie zu attackieren.

    Wenn man das alles nicht weiß und statt dessen in einer Wolke von Vorurteilen befangen ist, sollte man eher vorsichtig sein mit Bewertungen.

    Wobei ich nicht verstehe, dass so etwas in diesen Blog geschrieben wird, wo man doch genau hier die Fakten unter dem Tag „Homöopathie“ bestens recherchieren kann.

  14. @Udo Endruscheit, RainerO

    Ich gehe stark davon aus, dass Aaron Dold einen Hit-and-Run Post hinterlassen hat und wir keine Antwort zu erwarten brauchen.

  15. Trotzdem danke, Udo Edruscheit, für die kurze Zusammenfassung.

  16. @RPGNo1

    Davon gehe ich eigentlich auch aus. Ich hab das auch nur gepostet, weil er doch so dringend den Wunsch äußerte, ausgehend von seiner Position weiterzudiskutieren. Hätte ja sein können, dass mal jemand Interesse an Fakten hat.

    @Carsten Ramsel:

    Kann ja nicht schaden!

  17. Was ist Homöopathie und wieso hat es nichts (wirklich gar nichts) mit Naturheilkunde zu tun und warum sollten Sie JETZT SOFORT aufhören zu masturbieren?

    https://www.ruhrbarone.de/homoeopathie-und-masturbieren/161906/

  18. Also müssen wir es selbst in die Hand nehmen – oder viel mehr, aus der Hand geben – daß Homöopahie wirkt! So wird endlich, endlich ein Schuh draus. Liegt auf der Hand!

    Okay, ich gebe zu, dass ich schlechte Wortspiele schon immer gemocht habe. Aber wenn man bedenkt, daß der Beitrag bei den Ruhrbaronen ein Reposting ist und schon fünf Jahre alt, dann bleibt mir angesichts der ziemlich übersichtlichen Erfolge beim Vorgehen gegen die Homöopathie nur die Flucht ins Kalauern.

  19. Verdammt … wollte irgendeine Studie heraussuchen, die postuliert, das Krebsrisiko wäre geringer, wenn man regelmäßig masturbiert. Stattdessen stelle ich fest, dass es selbst dafür keine aussagekräftige Evidenz zu geben scheint.

    Einfach alles nur enttäuschend.

    > „Science taking all the fun out of guessing“

  20. Na endlich, es ist durch. In BW wird es zukünftig keine Homöopathie-Weiterbildungen mehr für Ärzte geben. Manne Lucha ist sehr verschnupft, wie es nicht anders zu erwarten war.

    https://www.spiegel.de/politik/keine-homoeopathie-weiterbildungen-mehr-fuer-aerzte-in-baden-wuerttemberg-a-58315869-50ca-4c1e-996d-d34a1327ce9a

    Im Übrigen haben vor kurzem ca. 100 Ärzte noch mittels eines offenen Briefes versucht, die Delegierten der Landesärztekammer umzustimmen. Ihr Argument?

    Nur so könne kompetent entschieden werden, ob eine konventionelle Behandlung indiziert sei oder eine homöopathische Behandlung eine zusätzliche Option sein könne. Werde Homöopathie in den außerärztlichen Bereich abgedrängt, gehe diese professionelle Kontrolle verloren.

    Diese Ärzte sprechen tatsächlich von „professioneller Kontrolle“ bei Zuckerpillen und Wässerchen.

    https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/offener-brief-aerzte-wollen-an-homoeopathie-festhalten-100.html

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