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TCM hat Corona in China den Garaus gemacht – sagt jedenfalls die Regierung

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Schon zu Beginn der Corona-Pandemie hatten wir darauf hingewiesen, dass Berichte aus China über angebliche Erfolge der TCM gegen das Virus vor allem Regierungspropaganda sind.

Das bestätigt jetzt noch einmal eine chinesische Journalistin, die unter dem Pseudonym Franka Lu für Zeit-Online schreibt.

Lu erklärt, dass TCM in China vor allem eine ideologische, politische und ökonomische Frage sei, eher keine virologische, und die Antworten hätten wenig mit wissenschaftlichen Nachweisen der Wirksamkeit von Arzneimitteln zu tun:

Denn es gibt keine entsprechenden seriösen klinischen Studien, die die für TCM-Präparate nachgewiesen hätte, etwa bei der Behandlung von Corona.

Die chinesische Regierung und der Teil der Bevölkerung, der besonders patriotisch gestimmt ist, betrachten die TCM jedoch als nationale Errungenschaft und erlauben nicht den geringsten Zweifel an ihrer Wirksamkeit. Eine Minderheit kritisch gesinnter Bürgerinnen und Bürgern vor allem in den Großstädten halten die traditionelle chinesische Medizin hingegen für Quacksalbertum und daher letztlich für Betrug.

Eine dritte Gruppe dazwischen zieht es vor, sich neutral zu verhalten.

Und das kennen wir alle von Homöopathie-Diskussionen am Geburtstagstisch:

Stellt man die Frage, wie man es mit TCM hält, also bei einem Abendessen unter Chinesinnen und Chinesen, entzündet sich mit einiger Sicherheit heftiger Streit (und der Abend ist ruiniert).

Exemplarisch nennt Lu das Kapselpräparat Lianhua-Qingwen, das von der Regierung offensiv beworben wurde (bis hin zur verpflichtenden täglichen Einnahme in manchen Städten während des Lockdowns), obwohl dessen Wirksamkeit „von Expertinnen und Experten inner- und außerhalb Chinas stark bezweifelt“ werde.

Nach positiven „Studien“ und Artikeln muss man trotzdem nicht lange suchen.

Das Fazit der Autorin:

Zum Weiterlesen:

  • Chinesische Medizin: Das unglaubliche Corona-Wunder, zeit+ am 28. Februar 2023
  • TCM for Covid-19, science-based medicine am 7. April 2020
  • Coronavirus Alternative Treatments: Can Traditional Chinese Medicine and Herbs Help? medicine-net am 10. März 2020
  • TCM und Corona, GWUP-Blog am 19. Juli 2020

Ein Kommentar

  1. Mein Reden.

    Die Ausprägung der Homöopathie hierzulande ist nicht so weit entfernt davon, wie die TCM in China offiziell geframed wird. Die Entfernung besteht mehr in der Intensität, mit der so etwas geschieht und der unterschiedlichen Gewichtung, die die Player des Systems dabei einnehmen.

    Oberster Player in China dürfte wohl die Regierung / die Einheitspartei selbst sein, wobei hierzulande bei der Homöopathie die staatliche Ebene immerhin die Rolle eines – wohlwollenden? – Dulders einnimmt.

    Wobei, nimmt man die Ereignisse in einem bestimmten Bundesland im Laufe des letzten Jahres als Maßstab, man sich teilweise der chinesischen Haltung anzunähern scheint.

    Was mit Sicht auf China eine Groteske ist angesichts der früheren Bemühungen, TCM und ihre Verzweigungen in China selbst als Relikte vergangener Zeiten auszusortieren.

    Schon 1812 verbannte der damaligen Kaiser Akupunktur aus den medizinischen Lehranstalten und stand dem Rest der TCM sehr kritisch gegenüber. Anfang des 20. Jahrhunderts, als sich die Chinesen in ihrem Selbstbewusstsein durch die Interventionen der Kolonialmächte schwer erschüttert sahen, betrachtete man die Ursachen dafür als durch die übermäßige Verhaftung in alten Traditionen bedingt.

    Ausdrücklich auch in der Medizin.

    Allerdings fehlten die Voraussetzungen, die wissenschaftliche Medizin im dem darniederliegenden Land zu etablieren.

    Mao griff das bei seiner Installation der Volkrepublik durchaus auf, verstärkte den Aspekt gar (er war persönlich bekanntlich ganz auf die „westliche“ Medizin fokussiert).

    Seine „“Version“ der TCM (die heute hier im „Westen“ herumgereicht wird und wenig mit „traditionell“ zu tun hat) war damals aus der Not heraus geboren, die Sicherstellung einer grundlegenden medizinischen Versorgung auf wissenschaftlicher Basis schien auch zu dieser Zeit unmöglich.

    Immerhin war China ja erneut durch die japanische Besatzung ab 1937 und dann durch den danach folgenden Bürgerkrieg verheert worden.

    Was wir in der Heiligsprechung der TCM durch die derzeitige chinesische Führung sehen, ist ein m.E. verhängnisvolles Konglomerat aus nationalistischen, pragmatischen, ökonomischen und ideologischen Motiven, da bin ich ganz bei der ZEIT-Autorin.

    Nicht besser wird das dadurch, dass die WHO mit ihrem notorischen Hang zu „traditionellen Medizinen“ speziell China und der TCM außerordentlich wohlgesonnen ist.

    Das Wirken der früheren Generalsekretärin Margaret Chan, die zu Peking exzellente Beziehungen pflegte, hinterlässt dabei tiefe Spuren.

    Und unglücklicherweise dient China anderen Staaten auch noch als Vorbild dabei, ihre „traditionellen Medizinen“ zum Gegenstand einer Art Kulturimperialismus zu machen.

    https://hpd.de/artikel/flut-pseudomedizin-20299

    Letztlich aber schadet dies aber auch dem Wunsch der chinesischen Führung, als Wissenschaftsnation anerkannt zu werden. Dort glaubt man nach wie vor, wissenschaftliche Exzellenz mit staatlichen Vorgaben auf ideologischer Basis erreichen zu können.

    Die fabrikmäßige Produktion von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu TCM/Akupunktur, die längst Folgen für die Rezeption chinesischer Veröffentlichungen in der Wissenschaftsgemeinde hat, ist dabei ebenso selbstzerstörerisch wie der Publikationsdruck auf junge Akademiker und die Repressionen, denen sich Forscher ausgesetzt sehen, die negative Ergebnisse zur TCM veröffentlichen.

    Ein kultureller und zivilisatorischer Rückschritt, selbst gegenüber den Mao-Zeiten, was wir derzeit hier sehen. So stark, dass die Gefahr besteht, dass wissenschaftliche Forschung in eine Defensive gerät.

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