gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

12. Dezember 2024
von Bernd Harder
1 Kommentar

„Schlacht um die Wahrheit“: Film über Verschwörungstheorien und Fake News startet in Österreich

In Österreich startet heute in einigen Kinos (zum Beispiel in Wien, Linz und Innsbruck) der Film

How To build a Truth Engine

des Dokumentarfilmers Friedrich Moser.

Desinformation und Verschwörungstheorien haben ein Ausmaß erreicht, das es seit den Wirren der 1930er Jahre nicht mehr gegeben hat. Der Dokumentarfilm HOW TO BUILD A TRUTH ENGINE porträtiert ein Team von Forschern aus den Bereichen Technologie, Journalismus, Folklore und Neurowissenschaften, die zeigen, dass man mittels Hacken der Informationszufuhr den Verstand eines Menschen hacken kann.

Sie führen uns von den Schlachtfeldern des Informationskriegs in das Innere des menschlichen Gehirns und erklären, wie – durch uns – ein Netz von Lügen die Realität verändern kann.

Die Tageszeitung Kurier schreibt dazu:

Die „Schlacht um die Wahrheit“ – so erfahren wir – ist (noch?) nicht verloren, weil Wissenschaftler fieberhaft an neuen Erkenntnissen über die Funktionsweise des menschlichen Gehirns und dessen Umgang mit Informationen arbeiten. Sowie auch daran, wie man Verschwörungserzählungen im Netz möglichst rasch identifizieren kann.

Ein deutscher Kinostart steht noch nicht fest.

Zum Weiterlesen:

  • Filmkritik zu „How to Build a Truth Engine“: Was Fake News mit uns machen, kurier am 12. Dezember 2024
  • Friedrich Mosers Film über Verschwörungstheorien, orf am 9. Dezember 2024
  • „Unser Verstand kann zum Schlachtfeld werden. Wer Infos verzerren kann, kann ihn auch hacken“, nachrichten.at am 11. Dezember 2024
  • Diese Software erkennt Verschwörungstheorien, zib am 10. Dezember 2024
  • Studie: Mit ChatGPT gegen Verschwörungstheorien? Ganz so einfach ist das nicht, GWUP-Blog am 10. Oktober 2024

12. Dezember 2024
von Bernd Harder
1 Kommentar

„Sind wir allein?“ Hakan Kayal zum UAP-/Ufo-Phänomen bei Skeptics in the Pub Wien

Skeptiker-Interviewpartner Prof. Hakan Kayal war zu Gast bei Skeptics in the Pub Wien:

Sind wir alleine? Wissenschaftliche Ansätze zur Klärung des UFO/UAP-Phänomens

Das Interdisziplinäre Forschungszentrum für Extraterrestrik (IFEX) ist eine Einrichtung der Fakultät für Mathematik und Informatik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Im Jahr 2016 wurde das Zentrum von Prof. Hakan Kayal gegründet, der dessen Leitung auch heute noch innehat.

Die wissenschaftlichen Forschungsschwerpunkte des IFEX umfassen die Erforschung des Weltraums, Objekte in unserem Sonnensystem, die Suche nach Lebenszeichen, die Suche nach außerirdischer Intelligenz (SETI) sowie die Erforschung nicht identifizierter anomaler Phänomene (UAP/UFO). Im Rahmen diverser Projekte, darunter SONATE-2, MarsSymphony, NEALigth und KI-SENS, erfolgt die Entwicklung von Technologien.

IFEX leistet Beiträge in unterschiedlicher Form, um die Forschung zum Thema UFO/UAP voranzutreiben. Die Entwicklung technischer Lösungen zur Beschaffung objektiver Beobachtungsdaten unter Zuhilfenahme intelligenter Sensorik stellt dabei einen Schwerpunkt dar. Weitere Beiträge werden in Form von Öffentlichkeitsarbeit, vielfältigen internationalen Kooperationen sowie Beratung der Politik zum Thema UFOs geleistet. Bei Bedarf können im Einzelfall auch Falluntersuchungen durchgeführt werden.

Der Vortrag gibt einen Überblick über die Aktivitäten des IFEX im Allgemeinen und im Besonderen zum Thema UFOs/UAPs.

Vortragsvideos vom IFEX UAP Workshop 2023 finden sich hier.

Zum Weiterlesen:

  • „Wir brauchen Daten“: Interview zum neuen Ufo-Report der US-Navy mit Professor Hakan Kayal, GWUP-Blog am 26. Juni 2021
  • Ufo-Studie des Pentagon: gewöhnliche Objekte, falsch identifizierte Programme und Zirkelschlüsse von Gläubigen, GWUP-Blog am 14. März 2024
  • „Zeigt uns einfach das Ufo!“ Interview mit Christian Schiffer zu seinem Buch „Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen“, GWUP-Blog am 1. März 2024

11. Dezember 2024
von Bernd Harder
Keine Kommentare

Video: „Grüne Smoothies, Detox und Co.“ bei Janos Hegedüs

Dr. Selz debunked Teil 3:

Grüne Smoothies, Detox & Co.

In diesem Video nehmen wir uns ein viel diskutiertes Thema vor: Leberentgiftung und die vermeintlichen Wundermittel, die uns gesund, fit und jung halten sollen.

Ist die Leber wirklich „zugemüllt“, wie einige behaupten? Brauchen wir teure Nahrungsergänzungsmittel, um unseren Körper zu entgiften, oder reicht eine gesunde Lebensweise? Wir beleuchten kritisch die Behauptungen zu grünen Smoothies, Phosphatidylcholin, Antioxidantien und Co.

Dabei werfen wir auch einen Blick auf fragwürdige Marketingstrategien, die Ängste schüren und Hoffnung verkaufen – oft ohne wissenschaftliche Grundlage. Erfahre, was du wirklich für eine gesunde Leber tun kannst und warum die Lösung oft einfacher ist, als viele glauben.

Zum Weiterlesen:

  • Video: Leber und Gelaber – Janos Hegedüs über kuriose Theorien und Halbwahrheiten, GWUP-Blog am 22. November 2024
  • Von Darmaufbau bis Kurkuma als Wundermittel: Janos Hegedüs über Ärzte, die fragwürdige Äußerungen geschickt verpacken, GWUP-Blog am 11. November 2024
  • Edzard Ernst über die Entschlackung des Geldbeutels, GWUP-Blog am 5. November 2023

11. Dezember 2024
von Bernd Harder
6 Kommentare

Das Perfide an Esoterik: Kapital aus Vulnerabilität zu schlagen

Die

… absolute Unverdrossenheit und Schamlosigkeit, mit der geworben wird für Produkte, die wissenschaftlich nachweisbar einfach nichts bringen,

kritisiert die Autorin Tara-Louise Wittwer in ihrer Spiegel-Kolumne:

Exemplarisch nennt Wittwer (WasTaraSagt) die „Energy Pearls“ von Zara Secret.

Das „problematische Grundprinzip“ dabei sei immer das Gleiche:

Chronisch kranke oder andere vulnerable Menschengruppen suchen Hilfe und sind oft verzweifelt, weil sie das Gefühl haben, nicht geheilt oder gehört zu werden. Also sehen sie sich nach „Alternativen“ um.

Kapital aus Vulnerabilität zu schlagen, ist für mich das ungefähr Perfideste, was man so machen kann – deswegen stehe ich generell der Astrologie und Esoterik ein wenig skeptisch gegenüber.

Da schmälert auch der kleine Fehler („Ich glaube zum Beispiel, dass ich schlechter bei Vollmond schlafe […], dieser Glaube ist aber eben auch wissenschaftlich belegbar“) nicht die Gesamtaussage:

Wenn irgendwelche Energieperlen-Geschäftemacher die Neugierde, die Verletzlichkeit oder den Glauben mancher Menschen an das Gute und Übersinnliche dieser Welt monetarisieren wollen, ist Vorsicht geboten.

Zum Thema

Esoterik auf TikTok & Co.: Harmlose Lebenshilfe oder Treiber der Radikalisierung? 

gibt es übrigens am 17. März 2025 einen Web-Talk im Rahmen der digitalen Veranstaltungsreihe „Demokratie im Gespräch“ des Bayerischen Volkshochschulverbands mit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit und der Akademie für Politische Bildung in Tutzing.

Die kostenlose Teilnahme ist zum Beispiel über die VHS Erding, Straubing oder Landshut möglich.

Zum Weiterlesen:

  • Es ist falsch, aus der Verletzlichkeit anderer Kapital zu schlagen, spiegel.de am 9. Dezember 2024
  • Falsche Gesundheitsversprechen für sogenannte „Energy Pearls“: Verbraucherzentrale mahnt die Firma von Zara Secret ab, GWUP-Blog am 18. Oktober 2024
  • Bei Vollmond schlafen wir immer noch nicht schlechter, GWUP-Blog am 8. April 2023

10. Dezember 2024
von Bernd Harder
1 Kommentar

Ein paar Zufälle und viele Absurditäten: der Prognosen-Check 2024 der GWUP

Nikki Pezaro mal wieder:

Das kanadische „Medium“ („Psychic Nikki“) hat tatsächlich das Attentat auf Donald Trump vorausgesehen:

Da steht es jedenfalls – als Nr. 166 (und nochmal bei Nr. 1126) von insgesamt 1316 „Prophezeiungen“ für 2024, plus 125 „Star Predictions“ plus 56 „Wild International Weather Predictions“ plus 28 Vorhersagen über „The U.K. Royals“.

Mit anderen Worten: Die „Hellseherin“ hat am Jahresanfang so ziemlich alles nur entfernt Denkbare aufgeschrieben, um dann Ende 2024 ein paar Zufälle stolz als „Treffer“ präsentieren zu können.

Das gleiche Spiel hatten wir schon 2022 hier beleuchtet (fürs nächste Jahr ist Pezaro gar mit 1400 „World Predictions“ am Start – dann kann ja praktisch nichts mehr schiefgehen).

Zu Recht verweigern ihr daher die Prognosen-Checker der GWUP die Anerkennung:

Prognostiziert man so viel wie Nikki Pezaro, dann ist es praktisch unvermeidlich, dass man in
einigen Fällen zufällig richtig liegt,

erklärt der Leiter des Zentrums für Wissenschaft und kritisches Denken der GWUP, PD Dr. Nikil Mukerji, zur diesjährigen Auswertung.

Zumal Pezaro auch die zweifelhafte Ehre zukommt, „9 von 10 der absurdesten Vorhersagen“ beigesteuert zu haben, darunter eine gigantische Giraffe, die eine Stadt angreift (Nr. 55).

Ansonsten zeigte sich auch im zu Ende gehenden Jahr das übliche Bild:

Die vollständige Auswertung (17 Seiten) steht hier zum Download bereit.

Eine Vorhersage, die mit hoher Sicherheit eintrifft: Am 22. März 2025 findet in Augsburg ein Studientag unter anderem mit dem Thema „Weltuntergangs-Prophezeiungen aus jüngerer Zeit und gegenwärtige apokalyptische Vorstellungen“ statt.

Zum Weiterlesen:

  • King Kong und Riesen-Giraffe: Wo Wahrsager falsch lagen, zeit.de am 10. Dezember 2024
  • King Kong und Riesen-Giraffe: Wo Wahrsager falsch lagen, süddeutsche am 10. Dezember 2024
  • King Kong und Riesen-Giraffe: Wo Wahrsager falsch lagen, stern.de am 10. Dezember 2024
  • Doktor Whatson: „Astrologie ist nachgewiesenermaßen Quatsch“, GWUP-Blog am 8. Dezember 2024
  • Mühlhiasl, Irlmaier und Co: Die Angstmacher sind wieder da, GWUP-Blog am 11. Juni 2016
  • Nostradamus 1503 und der GWUP-Prognosen-Check 2023, GWUP-Blog am 14. Dezember 2023
  • Baba Wanga: Die „Seherin“ und Schroedingers Katze, GWUP-Blog am 9. April 2024
  • Prognosen 2022: Die Queen ist tot, die Hellseher hatten recht, GWUP-Blog am 15. Dezember 2022
  • Kommt der Weltuntergang eigentlich noch? corrigenda am 9. Dezember 2024

9. Dezember 2024
von Bernd Harder
1 Kommentar

Verschwörungstheorien zu einem Thema von Kunst machen: der Komponist Moritz Eggert im neuen „Skeptiker“

Mit „Die letzte Verschwörung“ hat der Komponist Moritz Eggert einen „schwindelerregenden Ritt durch die verrücktesten zeitgenössischen Verschwörungsmythen“ vorgelegt. Nach der Uraufführung am 25. März 2023 in Wien erfolgte die deutsche Erstaufführung am 19. Oktober 2024 in Augsburg.

Eggert gilt als einer „der vielseitigsten und interessantesten Komponisten der Gegenwart“. Sein Werkverzeichnis von knapp 300 Stücken enthält 19 abendfüllende Opern, mehrere Ballette sowie Arbeiten für Tanz- und Musiktheater, Orchestermusik, Kammer- und Ensemblemusik und vieles mehr, darunter auch die Musik für die Eröffnungszeremonie der Fußball-WM 2006 in Deutschland.

Für den Skeptiker (4/2024) sprachen wir mit ihm über Flatearther, Nena und modernes Musiktheater.

Moritz Eggert (Pressefoto: Astrid Ackermann)

GWUP: Sie haben sich schon zu Beginn der Coronakrise 2020 in ihrem Bad Blog of Musick sehr dezidiert zu „Virusverharmlosern“ wie Wodarg, Bhakdi und Hildmann geäußert, ebenso zu der „Dramaturgenschande“ Anselm Lenz, denen Sie „Falschpropaganda“ und „Dummheit“ vorwarfen. Man sieht förmlich vor seinem geistigen Auge, wie Sie sich gleich danach ans Klavier setzen und voller Furor eine Oper zum Thema Verschwörungstheorien komponieren.

Moritz Eggert: Schönes Bild – stimmt aber so nicht. Tatsächlich ist „Die letzte Verschwörung“ ein Kompositionsauftrag von der designierten Intendantin der Wiener Volksoper gewesen. Lotte de Beer stand 2021 kurz vor ihrem Amtsantritt und wünschte sich für ihre erste Uraufführung eine moderne Oper oder Operette.

Zeitlich korrelierte das zwar mit der Corona-Pandemie, aber die Inspiration war eine andere, nämlich die Netflix-Doku „Unter dem Tellerrand“ von 2018 über die Flat-Earther-Bewegung. Die hatten wir beide gesehen und Lotte de Beer fragte mich, ob mir dazu etwas einfiele. Bei einer Zugfahrt habe ich dann ein Exposé entworfen, das von der Flat-Earth-Theorie ausgeht und in dem im Handlungsverlauf immer mehr Verschwörungstheorien wahr werden.

Sogar im GWUP-Blog gibt es Kommentatoren, die darauf beharren, dass die Flat-Earther-Bewegung ein Satire-Projekt und gar nicht ernst gemeint sei.

Das ist falsch, ich kenne Menschen, die an die Flache Erde glauben – darunter sogar eine Stewardess, die es eigentlich besser wissen müsste.

Sie kann ab einer gewissen Höhe die Erdkrümmung doch mit eigenen Augen durchs Flugzeugfenster sehen.

Das ist wirklich erstaunlich. Sie erklärt sich das irgendwie damit, dass die Fenster einen Effekt wie ein Fischaugenobjektiv erzeugen würden. Dabei ist die junge Dame durchaus intelligent. Ihr Vater, ein studierter Mathematiker, verzweifelt an ihren Ansichten und streitet sich dauernd mit seiner Tochter. Aber man kommt da nicht weiter, keine Chance.

Ging es Ihnen als Musiker und Kulturschaffender während der Pandemie nicht ähnlich, etwa mit Kollegen wie dem besagten Anselm Lenz oder vielleicht auch Nena und Naidoo?

Ja, ich war schon ziemlich sauer auf die und auch enttäuscht. Das sind ja zum Teil Helden unserer Kindheit und auch Leute, die man persönlich kannte und in gewisser Weise bewunderte. Das fand ich ziemlich hart. Gleichzeitig war ich für jeden dankbar, der vernünftig geblieben ist.

Im Bad Blog of Musick habe ich einfach den Versuch unternommen, darüber aufzuklären, dass ich in dieser Pandemie keine Elitenverschwörung mit einer Agenda der Kulturvernichtung sehe.

Sie schrieben: „Man möchte Idioten wie Michael Wendler, Xavier Naidoo oder Attila Hildmann gerne schütteln und ihnen ins Gesicht brüllen: Es gibt keine Chemtrails! Es gibt keine jüdische Weltverschwörung! Es ist keine Fake-Pandemie!“ Trotzdem spielt das Thema Corona in Ihrem Stück „Die letzte Verschwörung“ keine Rolle, bis auf einen Halbsatz über Merkel und die Impfung.

Ich habe Verschwörungserzählungen über die Pandemie ausgeklammert, weil ich sicher war, dass wir alle von dem Thema genug haben. Es war zwar schon so, dass die Arbeit an „Die letzte Verschwörung“ für mich persönlich auch etwas Kathartisches hatte, weil ich mir den ganzen Corona-Frust ein wenig von der Seele schreiben konnte.

Und natürlich habe ich Brüche erlebt, auch im engsten Bekanntenkreis, ich kenne Kollegen, die so weit abgedriftet sind, dass sie ihre Karriere ruiniert haben. Das ist alles sehr traurig, aber ich möchte das Publikum nicht mit Problematiken langweilen, die uns bis hier stehen.

Stattdessen beginnt „Die Letzte Verschwörung“ mit einem Flacherde-Anhänger, der einen Talkmaster von seinem Glauben überzeugen will – so ähnlich wie es mal ein Anrufer bei „Domian“ versucht hat.

Ja, ich fand das einen guten Ausgangspunkt, weil die Flache Erde offenbar für viele der Einstieg in den Verschwörungsglauben ist. Das liegt wohl auch daran, dass es da so ein paar Taschenspielertricks gibt, die auf den ersten Blick recht überzeugend klingen.

Wollen Sie mit Ihrer Oper Verschwörungsgläubige zum Umdenken bringen?

Wir pflegen in Deutschland so ein wenig das Klischee, dass Kunst erziehen soll. Bei einer Podiumsdiskussion von Kulturschaffenden ist mal der Satz gefallen: „Wir wollen unser Publikum zu liberalem Denken erziehen.“ Das halte ich für hochproblematisch.

Wenn ich einen Stoff wie „Die letzte Verschwörung“ behandele, dann möchte ich, dass das Publikum sich am Ende sich seine eigenen Gedanken macht, zu eigene Antworten kommt – die will ich nicht vorgeben. Kunst ist für mich ein wilder Raum, wo Ideen und Probleme verhandelt werden. Wichtig war mir nur, Verschwörungstheorien zu einem Thema von Kunst zu machen, damit diese Auseinandersetzung stattfinden kann.

Kann man das Stück auch als Nicht-Opernkenner genießen?

Wenn man neugierig und offen ist, hat man sein Erlebnis, denke ich, auch ohne Opern kennen zu müssen. Gesellschaftliche Themen werden ja in allen Bereichen von Kunst und Kultur verhandelt – nur in der Sparte der zeitgenössischen Oper hat sich in letzter Zeit wenig getan.

Eher war es so, dass man alte Stoffe auf modern getrimmt hat, wie zum Beispiel „Der Freischütz“, der dann hinter einem Gaze-Vorhang gespielt wird, auf den Videos des Bühnengeschehens projiziert werden. Ich finde das viel gezwungener, als Autoren von heute neue Stücke schreiben zu lassen, die etwas mit unserer Zeit zu tun haben. Die relevant und authentisch sind.

Das zeichnet meines Erachtens „Die letzte Verschwörung“ aus.

Ist das Thema damit für Sie erledigt?

Ich glaube schon, dass ich eine grundsätzliche Affinität zu dieser Problematik habe. Das nächste Stück, das ich plane, soll eine Mystery-Oper werden, und danach möchte ich das aufgreifen, was in den USA passiert ist und auch weiterhin passiert, die Erstürmung des Capitols, der Kampf um die Demokratie.

Das sind verwandte Themen, insofern bleibe ich dran.

Das vollständige Interview mit Moritz Eggert sowie mit dem Tenor Wolfgang Schwaninger und dem Intendanten André Bücker gibt’s im Skeptiker 4/2024, der heute erschienen ist. Einzelhefte kann man hier bestellen.

Ein Artikel von Moritz Eggert zum Thema „Ambivalenz aushalten“ ist im aktuellen Dreiklang-Magazin (Nr. 13) der Oper Leipzig zu lesen.

„Die letzte Verschwörung“ wird am 28. Dezember 2024 und 6. April 2025 im martini-Park Augsburg aufgeführt. Karten gibt es hier.

Zum Weiterlesen:

  • „Die letzte Verschwörung“: Eine Oper zur Lage der Aufklärung feierte deutsche Erstaufführung, GWUP-Blog am 23. Oktober 2024
  • Verschwörungstheorien und KI haben in Augsburgs Theatern Hochkonjunktur – nur noch düstere Aussichten? augsburg-journal am 10. November 2024
  • Gespräch mit Moritz Eggert über seine Oper „Die letzte Verschwörung“, br-klassik am 16. Oktober 2024

8. Dezember 2024
von Bernd Harder
Keine Kommentare

Doktor Whatson: „Astrologie ist nachgewiesenermaßen Quatsch“

Der Youtuber „Doktor Whatson“ (Cedric Engels) bespricht detailliert die Astrologie-Studie, über die wir hier berichteten:

Wie man beweisen kann, dass Astrologie Quatsch ist

Der Blog Clearer Thinking hat in einem sehr spannenden Experiment die Fähigkeiten von 152 Astrologen getestet. Das Besondere: Sogar beim Design waren Astrologen dabei, um auf jeden Fall einen fairen Test zu ermöglichen. Und einige der Ergebnisse haben mich wirklich überrascht. Wir steigen durch und schauen, was am Draht nach oben dran ist.

Spoiler:

Nichts ist dran.

Die Ergebnisse der Astrologen nicht besser waren als die zufällig erwarteten. Erfahrene Astrologinnen und Astrologen haben nicht besser abgeschnitten als unerfahrene. Sogar die selbsternannten Weltklasse-Astrologen hatten im Test keine Sternstunde. 

Fast auf den Tag genau vor 39 Jahren publizierte Nature eine ähnliche Studie.

Die „Clearer Thinking’s Astrology Challenge“ ist übrigens nach wie vor online.

Zum Weiterlesen:

  • „Fakten sind krass, aber was sagen die Sterne?“ Nichts – sie schweigen weiter vor sich hin, GWUP-Blog am 22. September 2024
  • Ironie oder voller Ernst? Das gewisse Etwas der Astrologie, GWUP-Blog am 8. November 2024
  • Der gewissenhafte Doktor Whatson, stifterverband am 16. Dezember 2020
  • A double-blind test of astrology, nature am 5. Dezember 1985

7. Dezember 2024
von Bernd Harder
12 Kommentare

Science Cops: Ein Impfgegner als US-Gesundheitsminister – Der Fall Robert F. Kennedy Jr.

2020 trat Robert F. Kennedy Jr. in Berlin auf – als Redner bei einer „Querdenken“-Demo.

Künftig könnte er als amerikanischer Gesundheitsminister nach Deutschland reisen. Der „Impfgegner und Verschwörungstheoretiker“ (DLF) wurde von Donald Trump für dieses Amt nominiert.

Wer ist Robert F. Kennedy Jr., oft nur RFK Jr. genannt? Und was ist von seinen Argumenten gegen Impfungen zu halten?

Das erklären die Quarks Science Cops in ihrem neuen Video:

Seine Lieblingserzählung: Impfungen lösen Autismus aus! Grundlage für diese Behauptung bilden zwei bekannte Studien aus den 90ern bzw. frühen 2000ern, die Wakefield- und die Verstraeten-Studie.

Problem dieser Studien, wie wir im Podcast zeigen: Die eine ist Betrug wie aus dem Lehrbuch, die andere völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Also letztendlich beide nicht aussagekräftig. Für Robert F. Kennedy herzlich egal.

Die Folge gibt es als Podcast und bei Youtube.

Zum Weiterlesen:

  • Robert F. Kennedy Jr.: Gesundheitsminister fernab der Wissenschaft, tagesschau.de am 29. November 2024
  • Robert Kennedy Jr. warnte 2020 bei „Querdenker“-Demo in Berlin vor 5G, rbb24 am 16. November 2024
  • Der wirre Kennedy, NZZ am 2. Dezember 2021
  • Langzeitstudie: MMR-Impfung verursacht keinen Autismus, GWUP-Blog am 5. März 2019
  • Andrew Wakefield: Der Vater aller Impfgegner, profil am 8. Januar 2022
  • Vor 20 Jahren – Andrew Wakefield und seine Studie, SciLogs am 27. Februar 2018
  • Maximilian Doeckel/Jonathan Focke: „Aber meiner Tante hat’s geholfen“ – Wie wir Scheinargumente, unwissenschaftlichen Unsinn und Pseudoexperten entlarven. Rowohlt 2024, 288 Seiten, 18 €

6. Dezember 2024
von Bernd Harder
1 Kommentar

Rosarote Lügen: Janos Hegedüs über das Pixi-Büchlein „Mias Besuch bei der Osteopathin“

Wie wir schon hier im Kommentarbereich schrieben:

Das Pixi-Büchlein „Mias Besuch bei der Osteopathin“ ist zwar im renommierten Carlsen-Verlag erschienen – aber eine Auftragsarbeit für den VOD (Verband der Osteopathen Deutschland).

Dementsprechend weist Carlsen jede Verantwortung für den pseudowissenschaftlichen Inhalt von sich:

Ob Leserinnen und Leser osteopathische Behandlungsformen wählen möchten oder nicht, obliegt ihrem alleinigen persönlichen Ermessen,

heißt es lapidar in der Antwort auf eine Anfrage von Janos Hegedüs:

Grund genug für eine „Reise in die Welt der Osteopathie – oder besser gesagt in den Sumpf der Pseudowissenschaften, der sich hinter dieser Praxis verbirgt“:

Anhand des Pixi-Buchs „Mias Besuch bei der Osteopathin“zeige ich euch, wie diese Methode bereits bei den Kleinsten und ihren Eltern salonfähig gemacht wird. Aber was steckt wirklich hinter den Versprechen der Osteopathie? Sind es sanfte Heilmethoden oder nur teurer Quatsch?

Gemeinsam werfen wir einen kritischen Blick auf die Geschichte der Osteopathie, ihre Grundprinzipien und die fragwürdigen Behauptungen, die bis heute aufgestellt werden.

Außerdem erkläre ich, warum das gezielte Marketing mit einem Kinderbuch besonders perfide ist und wie Eltern hier verunsichert werden, um teure Behandlungen zu rechtfertigen.

Zum Weiterlesen:

  • Unbelegt und unplausibel: Beim Thema Kinderosteopathie braucht niemand „leuchtende Augen“ zu bekommen, GWUP-Blog am 27. November 2024
  • „Unsere Kinder leiden, sie sind in Gefahr!“ Janos Hegedüs über Kinderosteopathie (1), GWUP-Blog am 12. Februar 2023
  • Video: „Kinderosteopathie“ 2 mit Testanleitung, GWUP-Blog am 26. Februar 2023

6. Dezember 2024
von Bernd Harder
9 Kommentare

Ein Teufelskreis, in dem Fakten geschaffen werden: Teil vier von „Geteiltes Leid“ über satanistisch-rituelle Gewalt und Mind Control

Am Ende sitzt man fassungslos da und weiß: Es ist alles noch schlimmer, als wir dachten.

Nicht nur, dass der vierteilige Podcast „Geteiltes Leid“ die Argumente der Skeptiker in jeglicher Hinsicht belegt und bestätigt. Die renommierten Journalisten Olga Herschel und Sören Musyal haben darüber hinaus noch einige weitere Absonderlichkeiten der Rituelle Gewalt-Mind Control-Verschwörungstheorie (RG-MC) zutage gefördert.

Zum Beispiel:

  • Wie kommt die Zahl von vier bis sechs Prozent ritueller Missbrauchsopfer zustande, die der Fonds Sexueller Missbrauch in seinen Veröffentlichungen angibt?

Das eruieren Herschel/Musyal in der vierten Folge von „Geteiltes Leid“ anhand einer weiteren Betroffenen von RG-MC-Falschtherapien namens Amelie.

Olga Herschel erklärt:

Therapeutinnen, die an rituelle Gewalt glauben, erarbeiten in der Therapie mit ihren Patientinnen den Gedanken, dass ein ritueller Missbrauch stattgefunden haben muss. Irgendwann informieren sie sie über die Fördermöglichkeiten des Fonds.

So war es bei Leonie, und genau so erzählt es Amelie über die Klinik am Waldschlösschen in Dresden. Die Zahlen, die rituelle Gewalt belegen, wie zum Beispiel die Anträge beim Fond, die legitimieren wiederum das Engagement von Menschen wie Ellen Engel oder Eva Lauer-von Lüpke. Und so geht der Kreislauf wieder von vorne los.

Ein Teufelskreis. Ein Teufelskreis, in dem Fakten geschaffen und beeinflusst werden. Genau wie bei der Unabhängigen Kommission zur Aufklärung sexuellen Kindesmissbrauchs und den pseudowissenschaftlichen Studien, die sie in Auftrag gegeben hat.

Kurz gesagt: Patientinnen werden Erinnerungen an „rituellen Missbrauch“ suggeriert und dann ermuntert, Geld beim Fond sexueller Missbrauch zu beantragen. Dort kann man ankreuzen, rituelle Gewalt erlebt zu haben.

Herschel weiter:

Und wenn mal die Kritik an der Erzählung rund um rituelle Gewalt überkocht, so wie bei Böhmermanns Sendung, dann passiert eigentlich nur eins: Die Anhängerinnen der Verschwörungserzählung wandeln die Begriffe, die typischen Schlagwörter, einfach nur um.

Darüber sprachen wir bereits beim „Skeptical“ im Mai in Augsburg. Der Autor unserer Broschüre

Rituelle Gewalt – Mind Control: Elitenverschwörung oder Verschwörungstheorie?

Dr. Kai Funkschmidt (l.) trug dort vor:

Die spezifischen Elemente [der RG-MC-Verschwörungstheorie], die dazugehören, die verändern sich nicht. Das sind heute noch die gleichen wie 1980 in den USA. Aber die Bezeichnungen ändern sich, und das, was in der Öffentlichkeit gesagt wird.

Nach außen klingt das alles so, als ginge es um organisierte Pädokriminalität. An der zweifelt aber auch kein Mensch. Aber intern, etwa bei Fortbildungen, da ist dann nach fünf Minuten vom Satanismus die Rede. Nach außen heißt es aber immer: Nein, Satanismus sei ja gar nicht das Wichtigste – weil Satanismus inzwischen doch ein bisschen zu verschwörungstheoretisch klingt.

Das ist ganz typisch, und das macht es so schwer, die RG-MC-Protagonisten festzunageln.

Olga Herschel und Sören Musyal (Pressefoto: Shane Thomas McMillan)

Auch Olga Herschel und Sören Musyal ist das bei ihren Recherchen aufgefallen. In Teil 4 von „Geteiltes Leid“ sagt Herschel:

Zum Beispiel sind sie [die Anhängerinnen der Verschwörungserzählung] dazu übergegangen, von organisierter und ritueller Gewalt häufig in einem Atemzug zu sprechen. Auch auf der Homepage der UKASK ist von organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt die Rede. Die Strategie dahinter ist ziemlich naheliegend.

Genauer erklärt das dann der Rechtspsychologe Andreas Mokros:

Das scheint mir so ein rhetorisches Abwehrmanöver zu sein. Man wirft halt zwei Dinge zusammen, von denen eines unstrittig ist, verbindet sie durch eine logische Konjunktion, und wenn jemand dann eines davon in Zweifel zieht …

kann man ihn als „Täter, Leugner, Bagatellisierer“ diffamieren, wie es die Schweizer Psychotherapeutin Hanna Egli-Bernd gerade wieder vorgemacht hat. Weil man in der RG-MC-Szene die beiden Begriffe so amalgamiert hat, dass sie praktisch untrennbar geworden sind:

Das Label „organisiert“ ist eine Art Alibi und soll dem „rituell“ einen seriösen Anstrich geben,

fasst Olga Herschel zusammen.

Ein anderes Beispiel seien die Begriffe „Mind Control“ und „Programmierung“. Die wolle auf einmal niemand mehr in den Mund nehmen, jetzt gehe es um „Konditionierung“ oder „automatisierte Reaktionen“ oder „Manipulationstechniken“:

Auch hier ist es das gleiche Spiel wie bei der Verbindung von organisiertem und rituellem Missbrauch.

Nicht umsonst lautet eine Kapitelüberschrift in unserer Broschüre „Verwirrung durch wechselnde Bezeichnungen“ (Seite 11).

Aber bleiben wir noch beim Thema „Zahlen“:

Ebenfalls untrennbar zum RG-MC-Narrativ gehören „abgespaltene Persönlichkeiten“ aufgrund einer absichtsvoll von Tätern erzeugten Dissoziativen Identitätsstörung (DIS).

Dazu kursieren erstaunliche Inzidenzen von „0,5 bis 1 Prozent in der Gesamtbevölkerung und 5 Prozent bei stationären psychiatrischen Patienten“. Oder anders: „Zirka eine Million Menschen sind in Deutschland von der Dissoziativen Identitätsstörung betroffen.“

Wirklich?

Fachleute wie der forensische Psychiater Frank Urbaniok sind davon überzeugt, dass es

… die DIS im Sinne von strukturell abgespaltenen Persönlichkeiten, die ein Eigenleben führen, nicht gibt.

Im „Geteiltes Leid“-Podcast sind es Olga Herschel (die als Ärztin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet hat) und der Psychiater Stefan Röpke, denen eine Dissoziative Identitätsstörung in der Praxis noch nie begegnet ist.

Mehr noch:

Das Grundkonzept der DIS, wie es in der RG-MC-Szene vertreten wird (dass Menschen sich bisweilen in mehrere Dutzend Innenpersonen aufspalten, die teilweise völlig eigenständige Existenzen führen und sich auch in körperlichen Merkmalen unterscheiden),

entspricht laut Röpke

… nicht dem, was ich jemals irgendwie nur in Ansätzen beobachtet hätte, und auch nicht, was in der akademischen Fachwelt in irgendeiner Weise nachgewiesen oder anerkannt wäre.

Wieso aber – und das ist der Standardargument der RG-MC-Gläubigen – ist die DIS dann in der ICD-11 der Weltgesundheitsorganisation verzeichnet? Dazu findet Röpke klare Worte:

Eigentlich muss man sagen, da hat die WHO wirklich in dem Punkt versagt.

Letztendlich seien nur „vier sehr prominente Vertreter dieser Störung“ eingeladen worden, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Und diese spezielle Kommission „ist nicht nach wissenschaftlichen Standards vorgegangen“, merkt Herschel an. Zum Beispiel fehlten internationale Feldstudien und andere wichtige Veröffentlichungen.

Das alles halte aber bestimmte Therapeutinnen nicht davon ab, eine Therapie anzubieten, für deren Wirksamkeit es genauso wenig Belege gibt.

Aber wie kann das sein? Wie ist es möglich, dass

… eine seit Jahrzehnten bestehende Verschwörungstheorie weiterhin existiert und Menschen in Deutschland schweren Schaden zufügt,

heißt es im Blog von „Arbeit und Leben“, einer Einrichtung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung, die die vier Folgen umgesetzt hat (im Rahmen des Projekts „Hast Du schon gehört?“ und mit Förderung der Bundeszentrale für politische Bildung).

„Geteiltes Leid“ verdeutliche, wie Verschwörungstheorien in therapeutischen Kontexten, Medien und Gesellschaft schleichend Schaden anrichten können. Der Podcast rufe Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zur Verantwortung auf.

Wie sieht es mit dieser Verantwortung aus?

„Eigentlich müssten viele verschiedene Institutionen beim Thema rituelle Gewalt und Dissoziative Identitätsstörung längst hellhörig sein“, wundert sich Olga Herschel im vierten Teil. Krankenkassen zum Beispiel. Die Landespsychotherapeutenkammern. Und psychotherapeutische Ausbildungsinstitute.

Gerade dort finden aber nach wie vor Fortbildungen zu ritueller Gewalt statt, weil die Verschwörungsgläubigen seit Jahrzehnten mit am Tisch sitzen,

hat die promovierte Ärztin und Journalistin festgestellt.

Und so ähnlich sieht es auch auf der politischen Ebene aus. Es wäre die Aufgabe des Familienministeriums, sich von der Erzählung zu ritueller Gewalt bei der UKASK zu distanzieren. Aber die UKASK hat eine große Strahlkraft. Sie ist eine Art Leuchtturm für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in Deutschland. Sie anzurühren, scheint sich niemand von den Politikern zu trauen.

Und Kerstin Claus, die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs?

Sie „scheint längst verstanden zu haben, dass bei dem Thema rituelle Gewalt etwas aus dem Ruder läuft“, schildert Herschel ihren Eindruck von einem Gespräch mit der UBSKM. Claus wünscht sich sogar, dass Journalisten noch mehr Fälle von ideologisch getriebenen Falschbehandlungen aufdecken. Sie könne aber nicht helfen, weil sie Betroffene nicht verprellen will. Und die UKASK wolle nicht helfen, weil sie an rituelle Gewalt glaubt.

Und dann formuliert Olga Herschel die entscheidende Frage:

Wie können wir von der Verschwörung erzählen, ohne die Menschen abzuwerten, die vermutlich schwer traumatisiert sind? Und die über sich sagen, sie hätten rituelle Gewalt erlebt?

Die Antwort darauf gibt sie sich selbst:

Kritik an schädlichen Pseudotherapien muss möglich sein. Das ist ja gerade im Sinne aller Betroffenen von Traumata.

Nur warum fällt es den Verantwortlichen so schwer, diese Haltung einzunehmen?

Warum tauchen alle diese Patientinnen mit DIS und RG-MC-Erfahrung nur bei einer kleinen Minderheit der Therapeuten, dort aber gehäuft auf?

Wieso distanzieren sich RG-MC-Anhänger zwar wortreich von „Satanic Panic“-Verschwörungstheorien wie „weltumspannenden, satanischen Eliten“ oder QAnon – ohne zu realisieren, dass das nur einen kleinen Teil der RG-MC-Verschwörungstheorie ausmacht, welche ganz konkret „in Psychotherapiepraxen, Krankenhäusern, Hilfezentren und auch in der Politik“ Einzug gehalten hat und „Opfer schädlicher Therapien“ hervorbringt, wie der Podcast-Produzent Khesrau Behroz in einem Interview sagt.

Herschel erklärt das am Ende der vierten Folge mit den persönlichen Benefits, die Verschwörungsgläubige aus ihrer Überzeugung ziehen: Komplexitätsreduktion, Selbstaufwertung, Entlastung und Selbstwirksamkeit, wie wir auch in unserer Broschüre schreiben (Seite 32).

Was die RG-MC-Anhänger mit ihren „offenkundig guten Absichten“ (Herschel) allerdings „aktiv ausblenden“, ist „die andere Seite: die Opfer der Erzählung von ritueller Gewalt“.

Dazu gibt es auch einen Beitrag im nächsten Skeptiker (4/2024):

Welches Fazit soll man nun aus den vier Folgen von „Geteiltes Leid“ ziehen, für die sich das Produktionsteam drei Jahre lang mit der Thematik beschäftigt hat?

Auch in der letzten Episode kommt wieder einmal der Vorwurf einer „emotionalisierten und undifferenzierten Berichterstattung“ auf, diesmal von der „Waldschlösschen“-Leiterin Martina Rudolph. Nichts davon ist in dem Podcast von Olga Herschel und Sören Musyal zu spüren. Eher wäre die Gegenfrage zu stellen:

Wie fundiert, differenziert und empathisch muss eine Berichterstattung über die Rituelle Gewalt-Mind Control-Verschwörungstheorie noch sein, damit sich die Adressaten endlich selbstkritisch damit auseinandersetzen?

Zum Weiterlesen:

  • „Seit Jahrzehnten widerlegt“: Teil drei von „Geteiltes Leid“, ein Podcast über die RG-MC-Verschwörungstheorie, GWUP-Blog am 29. November 2024
  • „Die Frau spinnt“: Teil zwei von „Geteiltes Leid“, ein Podcast über die Verschwörungstheorie von der satanisch-rituellen Gewalt, GWUP-Blog am 22. November 2024
  • „It’s always going to be relevant“: Die Verschwörungstheorie über rituelle Gewalt und Mind Control, GWUP-Blog am 14. November 2024
  • Klarstellung zur DIS, dissoziationen am 19. Juli 2024
  • Renommierte Experten nennen die „Satanic Panic“ unverhohlen eine Verschwörungstheorie, GWUP-Blog am 17. April 2024
  • Rituelle Gewalt – Mind Control: „Elitenverschwörung oder Verschwörungstheorie?“ jetzt kostenlos zum Download, GWUP-Blog am 17. Juni 2024
  • „Satanic Panic“ der frühen 1980er-Jahre: Kultur-Phänomen mit musikalischen Schauplätzen, rollingstone am 30. November 2024
  • Podcast: „Mit dem Teufel im Bunde. Die Satanic Panic und der Metal“ vom 26. November 2024
  • Bennett Braun: The Psychiatrist Who Fueled the Satanic Panic, skeptical-inquirer am 22. April 2024
  • „Angst und Desinformation“: Die Satanic Panic der 1980er, GWUP-Blog am 4. Dezember 2024