Nach der Großrazzia im „Reichsbürger“-Milieu im Dezember 2022 sind erneut mehrere Räumlichkeiten von Szeneangehörigen durchsucht worden. In Reutlingen hat dabei ein „Reichsbürger“ einen Polizisten angeschossen und leicht verletzt. Der Mann wurde vorläufig festgenommen.
Die heutige Aktion steht „im Zusammenhang mit der am 7. Dezember aufgedeckten Gruppe mutmaßlicher Reichsbürger, die einen Staatsstreich geplant haben sollen“, berichtet das ZDF. Es gebe nun fünf weitere Beschuldigte.
Im Januar gastierte die deutschlandweit bekannte Prominenten-„Seherin“ Lilo von Kiesenwetter vier Tage lang in dem Augsburger Einkaufszentrum City-Galerie. Interessierte konnten sich von ihr kostenlos zehn Minuten beraten lassen und dabei drei persönliche Fragen stellen.
Im Vorfeld hatte der Skeptiker-Stammtisch in Augsburg überlegt, wie man diese esoterische Werbeveranstaltung kritisch begleiten könnte. Schließlich entschied sich die Regionalgruppe, Frau von Kiesenwetter einen Besuch abzustatten und anschließend vergleichend darüber zu berichten.
Ganz am Schluss hat sie mich dann – beinahe jedenfalls.
Die zehnminütige Beratung bei der prominenten „Seherin“ Lilo von Kiesenwetter ist praktisch zu Ende, da zieht die Endsechzigerin noch eine letzte Bemerkung aus dem Phrasenköcher: Wann ich denn endlich mit dem Buch anfangen würde, das ich schon immer schreiben wollte?
Für einen Augenblick bin ich sprachlos.
Hat mein Gegenüber doch übersinnliche Fähigkeiten? Oder hat sie mich aus der „Kerner“-Talkshow wiedererkannt, in der wir beide 2009 aufgetreten sind? Beides sehr unwahrscheinlich – aber wie ist das sonst zu erklären?
Tatsächlich überlege ich schon länger, mal wieder ein Buch zu schreiben. Diverse Verlagsanfragen liegen ebenfalls vor. In derselben Sekunde wird mir klar, dass genau das der Schlüssel ist, um meinen Gedankenstrom wieder in geordnete Bahnen zu lenken.
Von „dem einen“ Buch war nur die Rede. Dass ich vom Schreiben lebe und bereits mehr als 20 Bücher veröffentlicht habe, hat Frau von Kiesenwetter offenbar nicht gesehen. Also ein Zufallstreffer. Wenn auch gut gesetzt.
Nun ja, erkläre ich umständlich, ich sei regelmäßig auf der Frankfurter Buchmesse und wisse nicht so recht, was man den mehr als 70.000 Neuerscheinungen jedes Jahr in Deutschland noch hinzufügen sollte. Es sei doch schon längst alles gesagt.
„Aber noch nicht von Ihnen!“, reagiert die „Seherin“ ebenso charmant wie schlagfertig.
Und im Grunde fasst dieser Satz perfekt das Prinzip ihrer esoterischen Lebensberatung zusammen: Ermutigen, motivieren, Potenziale ansprechen, gemixt mit semantisch hübsch aufbereiteter Lebenserfahrung und ein paar wohlmeinenden Warnungen, etwa vor einem Autounfall, bei dem ich aber mit dem Schrecken davonkommen würde.
Trotzdem gehe ich aufgeräumt und in bester Laune aus der Sitzung. Ich kann nachvollziehen, dass ein Termin bei Frau von Kiesenwetter für Menschen, die an das Übersinnliche glauben, verblüffend und durchaus inspirierend ist. Bis ich am Abend bei Youtube ein Video finde mit dem Titel „Dennis Schick bei Lilo von Kiesenwetter“.
Das Ganze dauert ebenfalls zehn Minuten. Und deckt sich bis in die Formulierungen hinein fast genau mit meiner Audienz bei der „Seherin“: Ein schwerer Sturz in der Kindheit, den damals niemand ernst genommen hat, der aber heute Rückenbeschwerden verursacht. Check. Ein möglicher Umzug. Check. Augenprobleme. Check. Buch schreiben. Check. Und so weiter, und so fort.
Der Augsburger Allgemeinen sagte von Kiesenwetter, als Seherin genüge es ihr, in ein Gesicht zu schauen, und vor ihrem inneren Auge erschienen dann Bilder zu der Person – aus ihrer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: „Das ist wie eine Diashow, die plötzlich vor mir abläuft.“
Nur dass die Dias anscheinend immer die gleichen sind.
Der vollständige Beitrag ist im Skeptiker 1/2023 erschienen.Zur gedruckten Ausgabe geht es hier. Als epaper kann man die Zeitschrift hier bestellen.
Zum Weiterlesen:
“Mein Horoskop stimmt immer!” Ja und? GWUP-Blog am 4. Mai 2013 (mit zahlreichen Links zum Thema Astrologie und Wahrsagen)
Besuch bei der Wahrsagerin: „Verwirrende Wortfluten“ und gute Küchenpsychologie, GWUP-Blog am 3. Januar 2019
Erstaunlich, was Hellseher so alles über eine Person wissen, die gar nicht existiert, GWUP-Blog am 9. Juni 2015
Sind Hellseher sympathisch? GWUP-Blog am 30. September 2012
Sind Hellseher seriös? GWUP-Blog am 1. Oktober 2012
Sind Hellseher anerkannt? GWUP-Blog am 2. Oktober 2012
Sind Hellseher Schwindler? GWUP-Blog am 2. Dezember 2012
Seit 1939 gibt es in Deutschland Heilpraktiker. Heute sehen ihn immer mehr Konsumenten als eine echte Alternative zur konventionellen Medizin. Doch was steckt wirklich hinter diesem Beruf?
Edzard Ernst geht dieser Frage auf den Grund. Er erläutert die Geschichte, Befugnisse, Methoden und Therapieansätze der Heilpraktiker. Sein Ziel ist es, dem Verbraucher durch klar verständliche, evidenzbasierte Analysen einen Zugang zur Thematik zu ermöglichen, Missverständnisse auszuräumen, und kritisches Denken zu fördern.
Die Gefahren, die er dabei aufdeckt, stellen die dringliche Frage nach der Sinnhaftigkeit des Heilpraktiker-Berufs in den Raum. Der Faktencheck zum aktuellen Gesundheitsdisput.
PACT (Populism and Conspiracy Theory) ist ein vom Europäischen Forschungsrat ERC gefördertes Projekt, das den Zusammenhang zwischen Populismus und Verschwörungstheorien untersuchen soll.
Dazu gehört auch der PodcastimPACT: Dialoge, für den der „Principal Investigator“ Professor Michael Butter mit „deutschen Forschenden“ spricht, „die viel zu sagen haben, aber in der öffentlichen Debatte nicht immer gehört werden“.
Mit Michael Butter spricht er darüber, wie man Verschwörungstheorien klassifizieren kann, und er gibt praktische Ratschläge, wie man mit Verschwörungsgläubigen sprechen sollte.
Weitere Gesprächspartner waren bisher die Medienwissenschaftlerin Deborah Wolf und der Philosoph Daniel Minkin.
Zum Weiterlesen:
„Verschwörungstheorien analysieren“: Vortragsvideo mit Andreas Edmüller, GWUP-Blog am 17. Februar 2023
Skeptiker-Interview und Video (1): „Verschwörungstheorien professionell analysieren“, GWUP-Blog am 17. August 2022
„Hat sich die Wissenschaft gegen uns verschworen?“ – Teil 2 des Gesprächs mit Andreas Edmüller, GWUP-Blog am 23. August 2022
Videotalk mit Andreas Edmüller, Teil 3: Der Umgang mit Verschwörungstheoretikern, GWUP-Blog am 25. Augst 2022
Video (4): Andreas Edmüller an das Team Aufklärung: „Weiter so!“, GWUP-Blog am 23. Oktober 2022
Video: „Verschwörungstheorien – Formen, Funktionen, Folgen“ mit Prof. Michael Butter, GWUP-Blog am 1. Oktober 2022
Video: Michael Butter und ein Ex-Verschwörungstheoretiker bei Skeptics in the Pub Wien, GWUP-Blog am 23. Oktober 2021
Die Webseite klärt kritisch über die Verschwörungstheorie vom satanistisch-rituellen Missbrauch und die damit einhergehende „Verzerrung der dissoziativen Identitätsstörung“ (DIS) auf. Den Anstoß für diese Internetpräsenz gab ein Vortragsvideo von der SkepKon 2018 in Köln mit Lydia Benecke und dem Kriminalbeamten Dirk Bosse, das die Betreiberin als arrogant und irreführend empfand. Doch im Zuge der intensiven Recherchearbeit zum Thema änderte sich sukzessive ihre Überzeugung.
GWUP: Wann setzte Ihr Umdenkprozess ein und über welchen Zeitraum entwickelte er sich?
Ich mag es nicht, meine Betroffenheit im Internet auszuagieren, um meine Meinung durchzusetzen. Je größer die Bedrohung scheint, desto emotionsloser und kontrollierter werde ich. Um Kontrolle zu erlangen, braucht man Wissen. Wissen ist Macht, und diese hilft gegen die Ohnmacht. Also begann ich zu recherchieren – die ersten Monate einzig nur mit dem Ziel, die Glaubwürdigkeit der DIS-Betroffenen wiederherzustellen.
Doch in genau dem Moment, wo die Recherchen begannen, setzte auch mein Umdenkprozess ein, den ich noch einige Zeit lang zu verdrängen versuchte: Es galt, die Opfer zu schützen und aufkeimendes Misstrauen konnte kein Opferschutz sein, so meine und damals auch Noras Überzeugung. Nora ist eine Freundin und mittlerweile enge Kollegin, die sich damals dazugesellte, um mit mir zusammen alle verfügbaren Studien, Videos, Fachberichte, Artikel, Arztmeinungen, Opferdarstellungen und Schilderungen der traumatischen Erlebnisse durchzugehen.
Ich brauchte irgendwas in der Hand, um gegen die GWUP auftreten und deren Thesen widerlegen zu können. Mit Aufregung und Empörung kann man keine Lorbeeren ernten, wie man so schön sagt. Doch je intensiver wir forschten, desto mehr verstanden wir dann den Mechanismus der zugrunde liegenden Verschwörungstheorie.
Was passierte, als Sie schließlich Ihre Zweifel öffentlich machten?
Nach etlichen Monaten intensiver Recherche habe ich tatsächlich öffentliche Zweifel am Narrativ des satanisch-rituellen Kultmissbrauchs kundgetan. Was dann folgte, war ein Shitstorm, der mich schier überrannte.
Das Erste, womit ich konfrontiert wurde, war der Tätervorwurf und dass ich den Tätern helfen würde. All das kam von Personen, die genau wussten, dass auch ich eine DIS-Betroffene bin. Das hat mich durchaus tief getroffen, denn ich war zu dem Zeitpunkt noch nicht so abgeklärt wie heute. Mir fehlte die nötige Schutzbarriere, um diese – was man wörtlich nehmen kann – Hassattacken abwehren zu können.
Die Ereignisse waren sehr schwarz-weiß: Gerade noch war man die DIS-Betroffene, die genau wusste, wovon sie sprach, und plötzlich wurde man zur Täterin, „Pädo-Dirne“ und Abschaum. Einige spekulierten sogar, dass bei mir täterloyale Anteile aktiv seien, die nun versuchten, meine bisherigen Bemühungen zu vernichten. Das fand ich befremdlich, da ich mich mit dem Gerede über täterloyale – programmierte – Anteile nie identifizieren konnte.
Das Konstrukt mit den täterloyalen Anteilen hatte man einst zum Zwecke der Selbstimmunisierung geschaffen, und nun versuchte man es sogar mir überzustülpen. In DIS-Kreisen wurde mit Rundmails und öffentlichen Aktionen empfohlen, mich zu blocken, ich war also raus aus der sogenannten „Szene“.
Zum Glück war ich niemals richtig drin, denn ich bin aufgrund einer autistischen Störung kein Gruppenmensch. Im Zuge meines öffentlichen Engagements vertrauten andere Betroffene mir an, sie würden vor allem deswegen schweigen, weil sie vor genau dieser Ausgrenzung Angst hätten.
Wie blicken Sie als DIS-Betroffene heute auf die Aktivitäten dieser Szene, etwa auf die Videos von selbsterklärten Betroffenen bei Youtube, Instagram und anderen Kanälen?
Sehr gemischt.
Ich stehe der engen Zusammenarbeit einiger DIS-Blogger und Protagonisten mit einer Handvoll Therapeuten kritisch gegenüber, da sich diese beiden Gruppen in der Öffentlichkeit unentwegt gegenseitig bestätigen. Es erinnert an ein argumentatives Ping-Pong-Spiel, um den gemeinsamen Standpunkten durch wiederholende Zustimmung Seriosität zu verleihen.
Ich bin nach all den Recherchen auf Instagram fassungslos. Vor allem, wenn Betroffene detailliert berichten, was sie vor dem dritten Lebensjahr in blutrünstigen satanistischen Kulten erlebt haben – also zu einer Zeit, an die man sich üblicherweise gar nicht erinnern kann, da die sogenannte infantile Amnesie greift.
Diese Schilderungen bestehen auch nicht bloß aus winzigen Erinnerungsfetzen, sondern beinhalten ausführliche Folterungsabläufe. Angefangen von abgehackten Köpfen, die sie als winzig kleine Kinder in den Händen hielten, bis hin zum Kannibalismus und Vergewaltigungen durch mehrere Männer. Mit Verlaub, aber das sind keine Trauma-Berichte, das sind Gewaltfantasien.
Auf YouTube gibt es Betroffene, die vor allem bemüht sind, die Unterschiedlichkeit der Persönlichkeitsanteile zu präsentieren, zum Beispiel wechseln sich dunkle, verzerrte und roboterartige Stimmen mit einem kindlichen oder naiven Stimmchen ab. Auch die Mimik wird dementsprechend angepasst. Diese Darstellungen sind allerdings viel zu affektiv und unglaubwürdig, vor allem, da bei der Darstellung alle Anteile gleichermaßen ein Skript ablesen.
Es gibt aber auch DIS-Blogger, die ich gerne lese, sehr intelligente Menschen mit einem überaus feinen Radar. In dem Fall bedaure ich es zutiefst, wie sehr sie in dem Verschwörungsdenken verankert sind.
Das vollständige Interview ist im Skeptiker 1/2023 erschienen.Zur gedruckten Ausgabe geht es hier. Als epaper kann man die Zeitschrift hier bestellen.
Zum Weiterlesen:
Mein Interview im „Skeptiker“, dissoziationen am 20. März 2023
Ein Nachtrag zu dem Studientag „Gefährdungspotentiale konfliktträchtiger Gruppen“ am vergangenen Samstag in Augsburg:
Gleichwohl Sekten – oder „religiöse Sondergemeinschaften“, wie man heute sagt – nicht zu unseren Kernthemen gehören, schadet es wohl nichts, wenn der Begriff „Shincheonji“ (übersetzt etwa „Neuer Himmel und neue Erde“) in der Blog-Suchfunktion zumindest auffindbar ist.
Offenbar missioniert diese christlich-fundamentalistische Neureligion aus Korea wie die klassischen „Seelenfänger“ in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren.
Aussteiger berichten, dass sie zum Beispiel in einer Buchhandlung angesprochen worden und von sehr netten jungen Menschen um Hilfe bei einem Uni-Referat oder bei der Literatursuche gebeten worden seien.
Nach einigen zwanglosen Treffen erfolgt dann die Einladung zum Bibelstudium oder einem Gesprächsabend über friedensethische Themen – und bald finden sich die Interessenten in einer streng hierarchisch aufgebauten Endzeitgruppierung wieder, die
… enormen Druck aufbaut, selbst zu missionieren und sich immer zeitaufwendiger für die Ziele von Shincheonji einzusetzen. Berufs- und Studienabbrüche sind bekannt, Familiensysteme leiden und soziale Systeme gehen in die Brüche,
Zu Beginn der Corona-Pandemie machte Shinchonji in Korea wegen ihrer Superspreader-Events Schlagzeilen. Die Bildoutete vor zehn Tagen eine DSDS-Kandidatin als Shinchonji-Aussteigerin.
Zum Weiterlesen:
Essen: Korea-Sekte breitet sich aus – was sie brandgefährlich macht, derwesten am 10. März 2023
Im Bibelkurs einer Sekte: Zwei Aussteigerinnen warnen vor Shincheonji in Wien, derStandard am 4. März 2020
Shinchonji: In den Fängen der koreanischen Sekte, unicum am 13. März 2018
Sekte soll Corona-Verbreitung nicht gestoppt haben – Mordermittlungen gefordert, rp-online am 2. März 2020
Wie eine koreanische Sekte das Coronavirus verbreitete, meine-kirchenzeitung am 7. März 2020
Am Beginn der Corona-Epidemie in Südkorea stand eine Sekte – warum wuchert ausgerechnet hier die wilde Religiosität der Evangelikalen? NZZ am 1. April 2020
Hotspot in Südkorea : Stadt Daegu verklagt Sekte wegen Corona, FAZ am 23. Juni 2020
Dabei wird ein kurzer Ausschnitt aus diesem Video „Psychic Surgery“ mit James Randi zu sehen sein:
Heute kaum nachvollziehbar – aber in den frühen 1980ern flogen zahllose kranke und verzweifelte Menschen auf die Philippinen, um sich von „Geistchirurgen“ mit bloßen Händen „operieren“ zu lassen.
Zwischen 15000 und 18000 D-Mark kostete damals so eine Reise zu den vielleicht skrupellosesten Betrügern in der Geschichte der Esoterik.
Und noch immer wird hier und da für diese perfide Gaukelei geworben.
Bei Operationsspektakeln in Hotelzimmern und Heilerpraxen in Manila und Baguio fand er heraus, daß die Wundermänner ihr Publikum mit immer den gleichen Taschenspieler-Tricks täuschen.
Trotzdem lief der „Geistchirurgie“-Boom erst Ende der Achtzigerjahre langsam aus – allerdings nur um Nachahmungstäter wie etwa João de Deus hervorzubringen.
Auch der französische Skeptiker und Zauberkünstler Gérard Majax begleitete damals seinen krebskranken Freund Charles Peille zu einem philippinischen „Geistchirurgen“ namens Tangpao.
In seinem Buch „Die Welt der Illusionen“ beschreibt Majax anschaulich, „wie Tangpao vorging“. Seinen Begleiter konnte er trotzdem nicht überzeugen:
Nach dem „Eingriff“ ging es Charles sehr viel besser. Er war fest von seiner Heilung überzeugt. Drei Tage später flogen wir zurück.
Gleich nach unserer Ankunft rief ich einen befreunderten Arzt, einen Krebsspezialisten, an. Er reagierte mit großer Betroffenheit auf meinen Bericht. Seiner Ansicht nach hatte Charles kostbare Zeit verloren, als er sich weigerte, sich einer Chemotherapie zu unterziehen, aber noch war es nicht zu spät, vorausgesetzt, mit der Behandlung würde unverzüglich begonnen.
Doch der Glaube an den philippinischen Wunderheiler war stärker. Drei Monate später erfuhr ich, dass Charles Peille seinem Leiden erlegen war.
Zum Weiterlesen:
Flinke Finger und eine Menge Blut: Als Statist bei einer illusionistischen „Wunderoperation“ von James Randi, Skeptiker 2/2001
Schon zu Beginn der Corona-Pandemie hatten wir darauf hingewiesen, dass Berichte aus China über angebliche Erfolge der TCM gegen das Virus vor allem Regierungspropaganda sind.
Das bestätigt jetzt noch einmal eine chinesische Journalistin, die unter dem Pseudonym Franka Lu für Zeit-Online schreibt.
Lu erklärt, dass TCM in China vor allem eine ideologische, politische und ökonomische Frage sei, eher keine virologische, und die Antworten hätten wenig mit wissenschaftlichen Nachweisen der Wirksamkeit von Arzneimitteln zu tun:
Denn es gibt keine entsprechenden seriösen klinischen Studien, die die für TCM-Präparate nachgewiesen hätte, etwa bei der Behandlung von Corona.
Die chinesische Regierung und der Teil der Bevölkerung, der besonders patriotisch gestimmt ist, betrachten die TCM jedoch als nationale Errungenschaft und erlauben nicht den geringsten Zweifel an ihrer Wirksamkeit. Eine Minderheit kritisch gesinnter Bürgerinnen und Bürgern vor allem in den Großstädten halten die traditionelle chinesische Medizin hingegen für Quacksalbertum und daher letztlich für Betrug.
Eine dritte Gruppe dazwischen zieht es vor, sich neutral zu verhalten.
Und das kennen wir alle von Homöopathie-Diskussionen am Geburtstagstisch:
Stellt man die Frage, wie man es mit TCM hält, also bei einem Abendessen unter Chinesinnen und Chinesen, entzündet sich mit einiger Sicherheit heftiger Streit (und der Abend ist ruiniert).
Exemplarisch nennt Lu das Kapselpräparat Lianhua-Qingwen, das von der Regierung offensiv beworben wurde (bis hin zur verpflichtenden täglichen Einnahme in manchen Städten während des Lockdowns), obwohl dessen Wirksamkeit „von Expertinnen und Experten inner- und außerhalb Chinas stark bezweifelt“ werde.
Nach positiven „Studien“ und Artikeln muss man trotzdem nicht lange suchen.
Das Fazit der Autorin:
Zum Weiterlesen:
Chinesische Medizin: Das unglaubliche Corona-Wunder, zeit+ am 28. Februar 2023
Ist der Glaube an unsichtbare Kräfte, die unser Leben in die richtige Bahn lenken sollen, nur eine harmlose Spinnerei, die Abwechslung in den tristen Alltag bringt? Oder bringt der Esoterik-Trend gefährlichere Risiken mit sich, als es auf den ersten Blick erscheinen mag?
Zum Weiterlesen:
Katharina Nocun in Fürth: Warum Esoterik nicht immer harmlos ist, hpd am 20. Januar 2023
Kortizes-Podcast: „Esoterik“ mit Katharina Nocun, GWUP-Blog am 16. März 2023
Skeptiker-Interview: „Gefährlicher Glaube – Die radikale Gedankenwelt der Esoterik“ mit Katharina Nocun, GWUP-Blog am 9. Oktober 2022
„Schluss mit der Rationalität, her mit Feelings“: Aurel Mertz über den Esoterik-Boom, GWUP-Blog am 27. Januar 2023
Videos: Esoterik – das Business und die Gefahren, GWUP-Blog am 26. Januar 2023
Was ist Wissenschaft? Diese Frage wird angesichts globaler Herausforderungen wie COVID-19, dem Klimawandel u.a. zunehmend neu diskutiert.
Wir erleben eine beängstigende Zunahme des Widerstands gegen wissenschaftliche Methoden aufseiten sogenannter Querdenker, Verschwörungstheoretiker und Faktenleugner. Doch viele kritisieren die Wissenschaft, ohne den Kern wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens verstanden zu haben.
Mit anschaulichen Beispielen und Anekdoten tritt der Referent diesem Trend mit seinem Vortrag entschlossen entgegen und hält ein leidenschaftliches Plädoyer, warum Wissenschaft unverzichtbar ist.
Veranstalter ist das KORTIZES Institut für populärwissenschaftlichen Diskurs in Kooperation mit der gbs und der GWUP-Regionalgruppe Mittelfranken.