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Neue Studie: Kritisches Denken gegen Verschwörungsglauben

| 14 Kommentare

Edzard Ernst hat bereits auf die systematische Übersicht

The efficacy of interventions in reducing belief in conspiracy theories: A systematic review

hingewiesen:

Die Autoren ziehen das Fazit, dass praktisch keine Interventionsmaßnahme gegen Verschwörungsglauben etwas bringt – bis auf das „Prebunking“, mit dem kritisches Denken und eine rationale Grundhaltung gefördert werden.

Für Welt-online hat Sarah Emminghaus mit dem Psychologen und Studienautor Cian O’Mahony gesprochen.

Ein Auszug:

WELT: Für Ihre aktuelle Analyse haben Sie Studien untersucht, die sich mit Interventionen gegen den Glauben an Verschwörungstheorien beschäftigen. Was haben Sie herausgefunden?

O’Mahony: Wir haben kein Wundermittel gegen Verschwörungsglauben entdeckt. Das Thema ist noch kaum erforscht; es gibt einiges zu Fake News und zu den Charaktereigenschaften von Menschen, die an Verschwörungen glauben, aber wenig dazu, wie sich dieser Glaube verringern lässt. Meist waren die Interventionen erfolglos oder bewirkten keine großen Änderungen.

Und was würde helfen?

Kritisches Denken zu fördern, das könnte vielversprechend sein.

Eine entsprechende Intervention zeigte einen ziemlich starken Effekt: Studenten hatten einen dreimonatigen Kurs zu Pseudo-Wissenschaften belegt, verglichen wurden sie mit den Teilnehmern von Kursen über wissenschaftliche Methoden für Sozialwissenschaftler. Die erste Gruppe beschäftigte sich in Vorträgen und Gesprächen mit UFOs oder Aliens – und lernte, diese Art Themen kritisch zu hinterfragen und schlechte Wissenschaft zu erkennen.

Danach zeigten die Teilnehmer des Pseudo-Wissenschafts-Kurs weniger Zustimmung für Verschwörungstheorien als die Studierenden aus den anderen Kursen. Es könnte demnach helfen, dass Menschen lernen, schlechte Wissenschaft und Verschwörungstheorien logisch auseinanderzunehmen.

Zu diesem Thema gibt’s auch den CeMAS-Beitrag „Psychologische Interventionen gegen Desinformation“.

Zum Weiterlesen:

  • Verschwörungstheorien: „Wir neigen dazu, Intentionen zu sehen, wo es keine gibt“, welt+ am 16. April 2023
  • How can we reduce the belief in conspiracy theories? edzardernst am 8. April 2023
  • Selbstwirksamkeit, chiemgau gemseneier am 10. April 2023
  • 3sat-Beitrag ist fiktional und stammt aus Sendung über Verschwörungstheorien, dpa am 14. April 2023
  • From Debunking to Prebunking: How Skeptical Activism Must Evolve to Meet the Growing Anti-Science Threat, Skeptical Inquirer Volume 46, No. 5, September/October 2022
  • The new science of prebunking: how to inoculate against the spread of misinformation, biomedcentral am 7. Oktober 2019
  • Verschwörungsmythen kontern mit „Prebunking“ – ein Interview mit Ingrid Brodnig, GWUP-Blog am 1. März 2021

14 Kommentare

  1. Ja, kritisches Denken zu fördern wäre begrüßenswert.

    Bin mir nicht sicher ob es passt, aber spontan fiel mir zu dem Artikel ein, dass in der pädagogischen Ausbildung Waldorf ganz selbstverständlich als Konzept präsentiert wird. Wie offenes Konzept beispielsweise. Ohne weitere Information, ohne irgendwie die Anthroposophie zu beleuchten und den Unsinn auch nur zur Diskussion zu stellen.

    Kritik meinerseits war unerwünscht. Waldorf ist ja ein anerkanntes pädagogisches Konzept in Deutschland. Damit wird man dann auf Kinder losgelassen. Was in Waldorfeinrichtungen vonstatten geht muss ich hier ja nicht erklären.

    Hier würde ich mir echt mehr Förderung kritischen Denkens wünschen und mehr Informationen.

  2. Ich habe kürzlich noch einmal versucht, mit einer verschwörungsgläubigen Freundin zu reden. Völlig vergeblich. Selbst auf widerlegte Behauptungen kamen Sätze wie:

    „Na, wer weiß, ob da nicht doch etwas dran ist.“
    „Wer weiß, warum er das Video wirklich gelöscht hat…“
    „In jeder „Kritik“ steckt auch Wahrheit…“
    „Klar, der/die Wissenschaftler/In verdient doch an solchen Aussagen.“
    „Ich kenne niemanden, der an Corona gestorben ist…“
    „Die Wahrheit liegt meist in der Mitte.“
    „Mein Schwager X ist Arzt und sieht Impfungen kritisch.“
    „Frau Y hat MS und sitzt im Rollstuhl. Impfschaden.“

    Ich verstehe es nicht. Die besagte Freundin ist intelligent und als Selbstständige erfolgreich. Aber unsere Freundschaft steht auf der Kippe.

    Leider wird von ihr auch jedes Gespräch unweigerlich auf Impfungen, Impfstoffe usw. gelenkt.

  3. Hi Miriam,

    die Chancen, jemanden, der von etwas sehr überzeugt ist, mithilfe von Fakten umstimmen zu wollen, sind leider winzig.

    Ich habe inzwischen beschlossen, mich nicht mehr an solchen Leuten abzuarbeiten, und meistens gelingt es mir auch, mich dran zu halten. (Anders ist es, wenn „Publikum“ dabei ist, was sich vielleicht noch keine so feste Meinung gebildet hat – für die lohnt sich dann unter Umständen die Überzeugungsarbeit.)

    Wenn die Beziehung Gefahr läuft, zu leiden … Eine Freundin von mir, die intelligent, warmherzig und vielseitig interessiert ist und die ich sehr lieb habe, ist leider aber auch ausgeprägte Hypochonderin und glaubt ein paar idiotische Sachen.

    Als ich vor ein paar Jahren mal wieder versuchte, sie Homöopathie ein wenig kritischer sehen zu lassen, sagte sie: Du, lass mich doch bitte damit in Ruhe, wir kommen da doch nicht zusammen. Klare Ansage, fand ich gut.

    Wir haben dann verabredet, dass ich sie mit diesen Themen in Ruhe lasse, wenn sie mir dafür Durchsagen über ihren Gesundheitszustand erspart (über den ich mir damals nämlich noch wirklich Sorgen machte – inzwischen ist das anders, da sie nie erkennbar kränker wird und sogar meistens mopsfidel ist).

    Na ja, sie lässt sich immer noch gern über ihre Kryptopyrrolurie, ihre Impfschäden und ihre Elektrosensitivität aus, aber da sie, wie gesagt, intelligent und feinfühlig ist, genügt ein kleines Winkehändchen und sie hört wieder auf.

    Vielleicht wär das eine mögliche Vorgehensweise? Sonst läufst du immer wieder in die Bärenfalle.

  4. @Susanne Daum

    Überzeugend. Vielen Dank.

    Welche Erfahrungen haben Sie in politischen Debatten gemacht, z. B. Homöopathie-Studie in Bayern, Ärzte-Weiterbildung in BW etc.?

  5. Hi Susanne,

    danke für deinen Beitrag. Ich werde es auf jeden Fall versuchen. Hypochonderin ist die Freundin von mir nicht – aber davon überzeugt, dass sie ihre Gesundheit allerlei teuren Tees, Homöopathie und ähnlichem verdankt.

    Aber es sind eben Themen, die sie stark beschäftigen. Ich staune, wie sie immer den Schlenker zu „ihren“ Themen hinbekommt. Im Moment sind es die „zahlreichen“ Impfgeschädigten, denen keiner glaubt.

    Erwähnen muss ich an dieser Stelle wohl, dass ich vielen esoterischen Themen gegenüber mal sehr aufgeschlossen war. Mittlerweile bereue ich das.

  6. @ Miriam

    Deine Hartnäckigkeit/Loyalität ist erstaunlich. Ich würde das nicht durchstehen. Während der Pandemie habe ich einen sehr guten Freund verloren, der mehr und mehr im Verschwörungssumpf abtauchte und sich zunehmend radikalisierte.

    Ich habe es versucht, aber als ich sah, dass all meine Versuche verpufften, habe ich keinen anderen Weg mehr gesehen, als den Kontakt abzubrechen.

    Wenn mir jemand (ungefragt) ständig mit diversen Schwurbelthemen kommt, kann die Freundschaft für mich gar nicht so groß (gewesen) sein, dass sie das aushält.

    Es ist dann einfach keine gemeinsame Basis mehr da, die das noch tragen könnte.

  7. @RainerO

    Es fällt mir auch schwer. Aber ich mag nicht aufgeben. Wir kennen uns schon ewig, das lässt sich nicht einfach auslöschen.

    Zugute halten muss ich ihr allerdings, dass sie sich in keiner Weise radikalisiert. Im Gegenteil, sie setzt sich für Minderheiten ein. Nur betrifft dies im Moment in extremer Form die vermeintlich Impfgeschädigten. Allerdings habe ich den Kontakt zu ihr eingeschränkt.

  8. Ich habe es bei meiner ältesten Freundin lange versucht, aber dann doch das Handtuch geworfen.

    Der konkrete Auslöser war ,dass sie sich im Anschluss an DISObey sehen, wohlig schaudernd zu Mutmaßungen, ich könnte ja auch von Satanisten missbraucht worden sein hinreißen ließ. Nicht, dass sie sich das wünscht, aber …

    Wäre vermutlich aufregend gewesen, oder?

    Nä, irgendwann ist es einfach eklig. Das Gejammer Ungeimpfte werden diskriminiert, alle mit wissenschaftlichem Denken sind einfach arrogant, wenigstens haben wir den Nazis zu verdanken, dass es hier viel Homöopathie gibt…unerträglich, das volle Programm.

    Der einzige bei dem ich es weiter versuche ist mein Vater. Ansonsten habe ich echt keine Lust mehr.

  9. @ Carsten Ramsel

    Das sind zwei Debatten, die nicht an mich herangetragen werden – ich lebe in Großbritannien.

    Aber natürlich gibt es andere Themen. Ich versuch’s da genauso zu machen: meine Zeit und Energie nicht verschwenden mit denen, die bereits scharf abgebogen sind; aber durchaus mal einen Ton sagen, wenn Halb- oder Unbeteiligte dabei sind.

    @ Miriam

    Erwähnen muss ich an dieser Stelle wohl, dass ich vielen esoterischen Themen gegenüber mal sehr aufgeschlossen war. Mittlerweile bereue ich das.

    Ich finde, da gibt’s nix zu bereuen. War bei mir auch so. Ich denke sogar, wenn man schon öfter im Leben seine Meinung revidiert hat, hat man wahrscheinlich ein viel besseres Verständnis davon, wie dieses überhaupt gelingen kann.

    Zwar liegen Tarot, Tiefenökologie, später NLP und ähnlicher Quark bei mir schon Jahrzehnte zurück, dafür hat sich aber beispielsweise meine Haltung zu Gentechnik erst vor ein paar Jahren geändert! Und ich werde bestimmt auch in Zukunft wieder ein paar Sachen anders sehen als jetzt.

    Was mich bei der Gentechnikgeschichte ärgert, ist, dass ich leider nicht mehr dahinter komme, was der Auslöser war. Also wodurch mir eigentlich plötzlich klar wurde, wie herzlich wenig ich doch über das Thema wusste. (Danach war es natürlich leicht: Je mehr Lesen / Wissen, desto mehr „Gentechnik, ja bitte“.) Wenn ich noch wüsste, was den Anstoß gab, hätte ich sicher was Gutes in der Hand für Gespräche mit anderen.

    Mark Lynas, der auch über das Thema geschrieben hat (und mit dem ich übrigens nicht in jedem Punkt übereinstimme), meint, das Entscheidende sei die Zugehörigkeit zu einem „Tribe“, egal ob face-to-face or digital. Erst, wenn man einen vielversprechenden neuen Tribe gefunden hat, bei dem man sich heimisch fühlt, so meint er, ist man bereits, abweichende Ideen an sich heranzulassen.

    Ich glaube auch, dass das eine große Rolle spielt, bin mir aber nicht sicher, ob es immer der entscheidende Faktor ist. Ich selbst bin z.B. fast gar nicht auf Sozialen Medien unterwegs (und auf den großen gar nicht) und habe auch in meinem privaten und beruflichen Umfeld niemanden, der sich ausdrücklich für GT ausspricht.

    Nicht etwa, dass die alle „Monsanto böse böse Genmais iiiihhh“ schreien, aber es ist einfach kein Thema. Ich denke also, es muss in meinem Fall irgendwas anderes gewesen sein.

    Und noch mal zur Überzeugungsarbeit: Ich lese gerade ein 28 Jahre altes Buch, Carl Sagans „The Demon-Haunted World“. Wie stark die Parallelen zwischen der damaligen Aliens-haben-mich-entführt-Hysterie und heutigen Verschwörungserzählungen sind, ist schon gruselig und gleichzeitig auch manchmal zum Schreien komisch.

    Auch hier klingt oft durch, wie schlecht die Aussicht auf Einsicht ist. Lohnt sich also, sich in Gelassenheit zu üben, ohne gleichgültig zu werden …

  10. @Susanne

    Ich habe erst spät gemerkt, wie sehr einige Sachen verwoben sind. Für mich stand Homöpathie (nach vermeintlich guten Erfahrungen damit) erstmal separat da. Mich irritierte nicht einmal die Frage der Homöpathin (die auch Ärztin ist) ob ich hellsichtig wäre.

    Die besagte Freundin (die mir auch die Homöpathin empfahl), unterstützte mich sehr in einer schweren Zeit. Und empfahl mir eine „Reinkarnationstherapeutin“. Diese „Therapie“ bei der ich rein gar keine „Erinnerungen“ hatte, lief trotzdem – mittels mir eingesagten Antwortmöglichkeiten.

    Die Homöpathin empfahl mir auch einen Facharzt, der sich zwar nicht mit Homöpathie „auskannte“ aber mit TCM.

    Auf einmal wurde ich gefragt, ob unter meinem Bett Metall wäre und ob Wasseradern in der Umgebung bekannt sind.

  11. „Prävention entscheidend bei Verschwörungsglauben“:

    https://hpd.de/artikel/praevention-entscheidend-verschwoerungsglauben-21268

  12. An dieser Stelle wollte ich mal einen Teilerfolg mitteilen. Ich habe bezüglich des „Alternativglaubens“ der besagten Freundin angefangen zu schweigen – und mich ungefragt nicht mehr geäußert.

    Dann kamen aber Nachfragen und auch wirklich gute Gespräche. So meinte sie, meine Neurodermitis wäre doch mittels der Homöpathie viel besser geworden. Sie sah ein, dass man dies nicht als Beweis sehen könnte, denn sie war zwischendurch auch wieder stärker ausgeprägt, bevor ich sie abermals in den Griff bekam.

    Sie setzt noch immer hohe Maßstäbe an die evidenzbasierte Medizin, stimmt mir aber darin zu, dass die „Alternativmedizin“ diese nicht erfüllt. Nach wie vor hantiert sie mit einigem Kräuterzeug, was sie aber zum Glück nicht über dubiose Onlinegeschäfte bezieht.

    An das Pendeln und an Homöpathie glaubt sie jedenfalls nicht mehr, was für mich eine Erleichterung ist.

  13. @Miriam:

    Prima, danke für Ihr Engagement.

  14. @Bernd Harder

    Ich habe zu danken. Hier im Blog habe ich viel gefunden, was in unseren Gesprächen hilfreich war.

    Ebenso in dem Buch „Fakt und Vorurteil“ von Holm Hümmler (Werbung ist hier sicher erlaubt, oder?)

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