Wieso fordert „Victims Mission“ in einer Presseaussendung „Freiheit für Max Eder“?
Deshalb:
„Victims Mission“ ist ein österreichischer Verein, der in nahezu wahnhafter Weise die Verschwörungstheorie vom satanistisch-rituellen Missbrauch (Rituelle Gewalt-Mind Control) propagiert.
Maximilian Eder ist ein ehemaliger Bundeswehr-Offizier, der zur mutmaßlich rechtsterroristischen Patriotischen Union („Reuß-Gruppe“) gehört – und dessen Putschpläne
… mit der fixen Idee von einem geheimen und elitären Kinderschänderring zusammenhingen,
berichtet der Stern in seiner aktuellen Ausgabe (15/2025):
Was wie eine entrückte Spinnerei klingen mag, war Eder und seinen Mitstreitern ernst. So ernst, dass sie Zigtausende Euro investierten, um diese Tunnel zu suchen und die vermeintlichen Verbrechen zu beweisen. Sie glaubten wohl, die Deutschen würden sich ihrem Putschplan anschließen, wenn sie von den satanischen Kindesmisshandlungen durch Politiker erführen.
Wie das Reporterteam schreibt, habe Maximilian Eder sich im Oktober 2021 in einer Gastwirtschaft auf der deutschen Seite des Bodensees mit Sigrid Mützel getroffen. Mützel ist die Mutter der elfjährigen „Nathalie“, die angeblich ein Opfer von satanistisch-rituellem Missbrauch ist, der in Tunnelanlagen unter einer Burgruine bei Basel stattfinden soll.
Mützel behauptet das bis heute. Tatsächlich ist der „Fall Nathalie“ längst in allen Aspekten ausgeleuchtet worden, bis hin zur höchsten Instanz, dem Schweizer Bundesgericht.
Der Stern rekapituliert:
Monatelange Untersuchungen von Polizei, Staatsanwaltschaft und zwei psychologische Gutachten hatten ergeben, dass nichts von dem geschehen war, was Nathalie und ihre Mutter behaupteten. Keine Misshandlung, keine satanischen Rituale. Das Mädchen hatte keinerlei Verletzungen.
Sie schilderte Dinge, die offenkundig unwahr oder physikalisch unmöglich waren. Zwei Gutachterinnen kamen zu dem Schluss, dass Mützel und andere dem Mädchen den Missbrauch wohl so lange eingeredet hatten, bis das Kind glaubte, alles wirklich erlebt zu haben.
Auch „Victims Mission“ glaubt das. Eder offenbar auch, jedenfalls war für ihn der „Fall Nathalie“ das Pendant zur amerikanischen Big Lie, Donald Trumps Verschwörungserzählung von der „gestohlenen Wahl“:
Ein Mädchen und ein besonders krasses Beispiel für die angebliche Verkommenheit der deutschen Eliten. „Wenn wir das an die Öffentlichkeit bringen, dann wird’s in der Regierung rappeln“, sagte Eder bei einem seiner Auftritte. Er sei gespannt, welcher Deutsche von solch einem Politiker „noch a Stück Brot nimmt“,
heißt es in dem Stern-Artikel weiter.
Die Ermittler fanden bei Eder etwa den Entwurf einer Regierungserklärung für die Zeit nach dem Umsturz, die offensichtlich an die deutsche Öffentlichkeit gerichtet war. Titel: „Erklärung Morgenröte“.
Eder schrieb darin, führenden Politikern werde „vorgeworfen, Kinder auf schreckliche Weise misshandelt und sogar auf grausame Weise kannibalistisch geschlachtet zu haben“. Deswegen sei „ab sofort eine Militär-Regierung als Übergangs-Regierung gebildet worden“.
Es ist die deutsche Version einer Verschwörungserzählung, wie der QAnon-Kult sie seit Jahren in den USA verbreitet. Die Ideologie verfolgt in aller Welt das gleiche Ziel: Politiker verächtlich zu machen und die Bevölkerung gegen sie aufzubringen.
Eders Anwältin bestätigt, dass der ehemalige Bundeswehroberst „ganz grundsätzlich und generell nach Tätern und Vertuschern in Sachen satanistisch, rituelle Pädophilie aus allen gesellschaftlichen Bereichen“ suchte, „auch aus der Politik bis in höchste Kreise hinein“.
Dass staats- und verfassungsfeindliche Gruppierungen den „Fall Nathalie“ und die Satanic-Panic-Verschwörungsideologie für ihre Zwecke instrumentalisieren, ist nicht neu.
Auch die „Organische Christus-Generation“ (OCG) behauptet, „Nathalie“ habe bei den angeblichen satanistischen Ritualen
… Staatsanwälte, Richter, Anwälte, Polizisten, einen ehemaligen Gemeindepräsidenten, Kantonsräte, Bundesräte, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrien und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der KESB (schweizerische Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde) usw.
erkannt.
Am SRA (satanic ritual abuse) seien „viele elitäre Personen“, „hohe Funktionäre aus Politik, Wirtschaft und Medien“, „Spitzenpolitiker, Justizbeamte und andere Würdenträger“ beteiligt.
Über diese brisante gesellschaftliche Dimension der „Satanic Panic“ sprechen wir beim Skeptical am 9. Mai in Augsburg (dem Vorprogramm der SkepKon) unter anderem mit der OCG-Aussteigerin Claudia Müller.
Zum Weiterlesen:
- Kinder, geheime Tunnel, Schweizer Gauner: Wie ein Ex-Soldat die Deutschen zum Regierungssturz aufwiegeln wollte, stern.de am 4. April 2024
- Die Reichsbürger-Akte im „Stern“, GWUP-Blog am 28. Januar 2024
- Die „Satanic Panic“-Fantasien der Putschisten um Prinz Reuß, GWUP-Blog am 22. Dezember 2023
- „Der Fall Nathalie“: Wie sich ein angeblicher ritueller Missbrauch als Satanic Panic herausstellte, GWUP-Blog am 12. November 2022
- Der „Fall Nathalie“ – die Hölle im Kopf, baz-online am 9. November 2022
- Damals und heute: rituelle Gewalt, dissoziationen am 29. März 2024
- Wer steckt hinter dem Positionspapier? Teil 2, dissoziationen am 30. März 2024
- Prozess gegen Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß beginnt im Mai, spiegel.de am 2. April 2024
- Prozess gegen „Reichsbürger“: Maximilian Eder wird angeklagt, br.de am 2. April 2024
- Die Verschwörungswelten des Sasekismus: Infobroschüre über die OCG und kla.TV, GWUP-Blog am 5. Mai 2023