gwup | die skeptiker

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12. Februar 2023
von Bernd Harder
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Bringen die abgeschossenen Spionageobjekte über den USA Licht in das „Ufo“-Rätsel?

Interessanter Nebenaspekt der Affäre um die mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über den USA:

Insbesondere jenes der drei Objekte, das am Freitag in zwölf Kilometern Höhe vor der Küste Alaskas von US-Kampfjets abgeschossen wurde, gibt Ermittlern „Rätsel“ auf.

Die Zeit berichtete zunächst, das Objekt habe

… nach Angaben der US-Regierung ungefähr die Größe eines Kleinwagens. Damit war es viel kleiner als der chinesische Ballon, der eher so groß wie zwei bis drei Schulbusse war. Das Objekt soll ersten Erkenntnissen nach auch nicht selbst manövrierfähig gewesen sein.

Heute schreibt die Welt, das Flugobjekt soll

… angeblich Sensoren der Kampfjets gestört haben. Manche Piloten sagten zudem, sie hätten „keine Antriebssysteme“ an dem Objekt gesehen und hätten keine Erklärung, wie es in der Luft bleiben konnte.

Die Beschreibungen decken sich frappierend mit den sogenannten Tic-Tac-Sichtungen von US-Kampfjetpiloten, die auch unter der Abkürzung FLIR bekannt sind. Bei den 2004 entstandenen Videos wurden nach wie vor unbekannte Flugobjekte (Ufos) vor der Küste von San Diego verfolgt. Weitere Aufnahmen wurden 2014, 2015 und 2019 gemacht.

Erst im Januar 2023 hat das US-Verteidigungsministerium 72 teilweise geschwärzte Akten veröffentlicht. Danach waren die damals gesichteten Flugobjekte etwa 14 Meter lang, weiß, ohne Kanten und hatten keine Triebwerksgondeln, Streben oder Flügel.

Und etwa so soll auch das „zylindrische“ Objekt aussehen, das am Freitag über den Eisflächen vor der Küste Alaskas abgeschossen wurde.

Möglicherweise wollten Russland oder China über Flugobjekte im nordamerikanischen Luftraum die Reaktionsgeschwindigkeit und Effektivität der Flugabwehr erkunden, werde derzeit spekuliert.

Der 2021 vorgelegte Bericht der US-Geheimdienste und des US-Verteidigungsministeriums zum Stand der Untersuchungen unidentifizierter Flugobjekte und Phänomene im Luftraum (UFOs/UAP) soll aufgrund der vier [Update] jüngsten Vorfälle entsprechend aktualisiert werden.

Update vom 13. Februar

Am Sonntag wurde ein weiteres Flugobjekt über dem Huronsee im amerikanisch-kanadische Grenzgebiet abgeschossen.

Bei einer Pressekonferenz des Weißen Hauses sagte John Kirby, der Sprecher für nationale Sicherheit, dass die sich häufenden Entdeckungen fliegender Objekte auch darauf zurückzuführen sein könnten, dass der Luftraum seit dem Überflug des mutmaßlichen chinesischen Spionageballons schärfer überwacht werde. Die Objekte seien jedenfalls nicht als Bedrohung für Menschen am Boden eingestuft worden und hätten keine Anzeichen für eine Manövrierfähigkeit oder einen Antrieb aufgewiesen.

Zuvor hatte eine Sprecherin des Weißen Hauses Spekulationen zurückgewiesen, dass es sich bei den abgeschossenen Flugobjekten um Ufos aus dem Weltraum handle:

Es gibt keinen Hinweis auf Aliens oder außerirdische Aktivitäten bei diesen jüngsten Abschussaktionen,

erklärte Karine Jean-Pierre.

Einen Zusammenhang mit Ufos gebe es dennoch, schreibt der Spiegel:

Über Jahre haben etwa US-Piloten immer wieder vermeintlich unerklärliche Beobachtungen gemeldet […]

Sowohl die USA als auch China forschen  an sogenannten Höhenplattformen, Luftschiffen und Flugzeugen, als vergleichsweise billiges Werkzeug zur Kommunikation und Überwachung. Auch Drohnen, gerade auch im Schwarm, werden militärisch immer interessanter. Klassische Flugabwehrsysteme sind auf die neuen Herausforderungen längst nicht immer eingerichtet.

Sie kommen – wenn alles gut geht – mit heißen Raketen klar, mit schnellen Jets und vielleicht sogar mit hin und her manövrierenden Marschflugkörpern. Mit langsamen, im Radar kaum sichtbaren Bedrohungen haben sie viel größere Schwierigkeiten […]

Und das ist eher keine Bedrohung durch Aliens.

Zum Weiterlesen:

  • Was die Zwischenfälle mit Ufos zu tun haben, spiegel.de am 13. Februar 2023
  • US-Regierung zu abgeschossenen Flugobjekten: „Es gibt keinen Hinweis auf Aliens“, spiegel.de am 13. Februar 2023
  • Was bislang über die Flugobjekte bekannt ist, tagesschau.de am 13. Februar 2023
  • Was über die abgeschossenen Flugobjekte bekannt ist, zeit.de am 12. Februar 2023
  • Aussagen von US-Piloten sorgen nach Abschuss für Aufsehen, welt.de am 12. Februar 2023
  • Über Alaska abgeschossenes „Flugobjekt“ gibt Rätsel auf, zeit.de am 11. Februar 2023
  • „We see them everywhere“: Ufos über der Ukraine – auch die NASA beteiligt sich an der Fahndung nach Flugobjekten, GWUP-Blog am 21. November 2022
  • Drohnen, Artefakte, Aliens? Neue „Ufo“-Videos der US-Marine, GWUP-Blog am 28. Mai 2021
  • Ufo-Videos der US-Navy freigegeben: zwei Flugzeuge und ein Ballon? GWUP-Blog am 2. Mai 2020
  • Die Ufo-Videos der US-Navy sind echt – und jetzt? GWUP-Blog am 3. Oktober 2019
  • „Wir brauchen Daten“: Interview zum neuen Ufo-Report der US-Navy mit Professor Hakan Kayal, GWUP-Blog am 26. Juni 2021

12. Februar 2023
von Bernd Harder
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„WTF?! – Wissenschaft trifft Freundschaft“ jetzt auch als Talkformat auf Twitch

„WTF?!“ jetzt auch auf Twitch.

Am Montagabend (13. Februar) geht ein neues Talkformat an den Start:

Bei „Wissenschaft trifft Freundschaft“ sprechen Menschen in freundschaftlicher Atmosphäre über spannende Themen aus wissenschaftlicher Perspektive,

schreibt die Initiatorin Lydia Benecke auf Facebook.

Die erste Folge dreht sich um das Thema „True Crime“ als Genre sowie True Crimes als Fallarbeit.

Mit dabei sind der forensische Entomologe und Wundballistiker Marcus Schwarz, der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden Martin Rettenberger, Annika Harrison (die den WTF-Talk bereits im European Skeptics Podcast angekündigt hat), Holm Hümmler, Bernd Harder und natürlich Lydia Benecke.

Los geht’s um 20 Uhr.

Zum Weiterlesen:

  • Das Beste aus drei Welten: Interview mit Lydia Benecke zum „WTF!? – Wissenschaft trifft Freundschaft“-Festival in Leipzig, GWUP-Blog am 29. Juni 2022
  • TheESP, Ep. #364: „Turkish tragedy“ am 10. Februar 2023

12. Februar 2023
von Bernd Harder
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„Unsere Kinder leiden, sie sind in Gefahr!“ Janos Hegedüs über Kinderosteopathie

Janos Hegedüs über Kinderosteopathie:

Osteopathie hilft! Osteopathie ist wissenschaftlich, Osteopathie ist gut. Erwachsene, Kinder und sogar Neugeborene profitieren von einer „sanften“ und „ganzheitlichen“ Behandlung.

Osteopathie bei Neugeborenen ist in den letzten Jahren en Vogue geworden. Osteopathen sind in der Lage, Geburtstrauma mit Handauflegen zu lösen und damit „Schreikinder“ zu heilen. Fast alle Kinder erleben eine Geburtstrauma… Der Wirbelsäure verrenkt sich, es entstehen Muskelverspannungen, Fehlstellungen, die nicht nur schmerzhaft sein können, sondern schwere Folgeschäden mit sich ziehen können…

KISS-Syndrom, KIDD-Syndrom, Probleme beim Stillen, fehlende Mutter-Kind-Bindung, Bauchschmerzen, Konzentrationsstörungen und und und… Unsere Kinder leiden, sie sind in Gefahr! Nur Osteopathen können helfen und dadurch nicht nur unsere Kinder, sondern eigentlich die Zukunft der Menschheit retten!

Denkt ihr, dass wir das ironisch meinen? Wir gehen in diesem Video die Sache genau nach und prüfen, ob Osteopathie ihr Heilversprechen wirklich halten kann.

Zum Weiterlesen:

  • Edzard Ernst über die Scheinwirkung der Osteopathie, GWUP-Blog am 2. Januar 2023
  • Die „Science Cops“ über Osteopathie, GWUP-Blog am 25. Januar 2022
  • Wie hilfreich ist Osteopathie? GWUP-Blog am 10. März 2021
  • „Osteopathie“, publikum-net am 25. Januar 2021
  • Grams‘ Sprechstunde: Was bringt Kinderosteopathie? detektor.fm am 17. März 2022
  • Studien zur Osteopathie, kinderdok am 17. März 2022
  • Osteopathie – alles heilen mit den Händen? Susannchen braucht keine Globuli am 8. Juni 2018

11. Februar 2023
von Bernd Harder
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Video: „Spezifisch deutsche“ Verschwörungsmythen

ZDF History mit einem (nicht ganz ausgegorenen) Mix aus kurzen geschichtlichen Rückblenden und längeren aktuellen Bezügen:

Deutsche Verschwörungsmythen – Reichsbürger und Querdenker

Vor allem aber zeigt die Dokumentation, welche Phänomene besonders in Deutschland eine Rolle spielen. Die Gedankenwelt der „Reichsbürger“ ist ein spezifisch deutsches Phänomen. Sie sehen den deutschen Staat als illegitim an und verleumden ihn als Statthalter fremder Interessen. Gleichzeitig träumen sie sich in ein vermeintliches Ideal des untergegangenen Deutschen Reiches zurück.

Zu diesen „spezifisch deutschen Phänomenen“ gehört angeblich auch eine Gruppierung namens „Spätmoderne Individualisten“ (Minute 18:40), zu der allerdings nichts im Netz zu finden ist, außer einer kurzen Erwähnung im Kommentarbereich der rechtsextremen PI-News – dort beschrieben als „bestehend aus Althippies, Esoterikern und Rechtsextremisten“.

Hier geht’s zum Video (zirka 45 Minuten).

Parallel dazu ist bei GEO Epoche ein Heft über Verschwörungstheorien erschienen.

Es geht unter anderem um Illuminaten, Bilderberger und Freimaurer, aber auch um moderne Ufologie und die Frage, warum viele den USA alles zutrauen.

Zum Weiterlesen:

  • Aus für Geo Epoche wohl nicht endgültig, spiegel.de am 11. Februar 2023
  • Sektenzentrum in Hessen: Ein Treffpunkt für die Verschwörungsszene, tagesschau.de am 9. Februar 2023
  • Reichsbürger: Der Medienhype um die Razzia, zapp am 8. Februar 2023
  • „Reichsbürger“ längst nicht entwaffnet, fr am 8. Februar 2023
  • Ermittler halten große Teile der Reichsbürgerszene für gewaltbereit, zeit.de am 4. Februar 2023
  • „Reichsbürger“ und Souveränismus, bpb am 27. August 2021

11. Februar 2023
von Bernd Harder
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„Attila in WQnderland“: Vortrag im bayerischen Krumbach

Am Faschingssamstag, 18. Februar, gibt’s im bayerischen Krumbach (Landkreis Günzburg) einen Vortrag über Verschwörungstheorien:

Attila in WQnderland

Die Veranstaltung im StückWerk beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Zum Weiterlesen:

  • Verschwörungsmythos HAARP: Wurde die Türkei angegriffen? erdbebennews am 6. Februar 2023
  • Erdbeben: Verschwörungsmythen und falsche Videos, tagesschau.de am 9. Februar 2023
  • Seymour Hersh: Sprengsätze aus Überzeugung, zeit.de am 10. Februar 2023
  • Infos in Leichter Sprache zu Verschwörungstheorien – und Einsamkeit als Faktor für autoritäre Einstellungen, GWUP-Blog am 11. Februar 2023

11. Februar 2023
von Bernd Harder
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Infos in Leichter Sprache zu Verschwörungstheorien – und Einsamkeit als Faktor für autoritäre Einstellungen

Vor zwei Jahren ist die Broschüre

Von der flachen Erde bis zur Lügenpresse – Warum Verschwörungsmythen ein Problem sind und was Eltern und Fachkräfte dagegen tun können

erschienen, herausgegeben von der Aktion Jugendschutz Bayern (aj) und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM).

Jetzt liegt das Heft auch in Leichter Sprache vor. Dafür wurden die Inhalte gekürzt und stark vereinfacht sowie die Gestaltung überarbeitet.

Die 60-seitige Publikation kann hier kostenlos bestellt werden und steht auch als PDF zum Download bereit.

Neben den bereits bekannten Faktoren spielt vor allem bei Jugendlichen auch der Faktor „Einsamkeit“ eine Rolle für den Glauben an Verschwörungstheorien.

Das geht aus einer Studie hervor, die gestern Abend in Berlin vorgestellt wurde:

Es gibt einen Zusammenhang zwischen jugendlicher Einsamkeit und autoritären Einstellungen. Anders ausgedrückt: Der Zuspruch zu unserer Demokratie hat auch damit zu tun, wie stark sich Individuen mit der Gesellschaft verbunden fühlen.

Denn bei Menschen, die sich häufig einsam, unverbunden und unverstanden fühlen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie Verschwörungserzählungen glauben, politische Gewalt billigen und autoritären Haltungen zustimmen.

Die 88-seitige Studie „Extrem einsam?“ der Nichtregierungsorganisation „Progressives Zentrum“ kann hier als PDF heruntergelanden werden.

Zum Weiterlesen:

  • Einsame Jugendliche neigen laut Studie zu Verschwörungsmythen, zeit.de am 3. Februar 2023
  • Wenn Einsamkeit die Demokratie gefährdet, progressives-zentrum am 10. Februar 2023
  • Unsere Studie „Extrem einsam?“: Zusammenhang zwischen Einsamkeit und populistischer Wahl, progressives-zentrum am 10. Februar 2023

11. Februar 2023
von Bernd Harder
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Ein Dorf in Brandenburg gegen die „völkische Landnahme“

Auch die Süddeutsche Zeitung greift die „völkische Landnahme“ des „Königreichs Deutschland“ (KRD) in Brandenburg auf – verbunden mit der Frage, wie sich die 180 Bewohner von Lychen-Rutenberg überhaupt dagegen wehren können.

Dort, wo „gelegentlich die Uckermärkerin Angela Merkel in der Mühlenwirtschaft isst“, will das KRD von einem Gutshof aus weiter expandieren, Gleichgesinnte anlocken und Grundstücke aufkaufen. Die Rede ist von 44 Hektar Land am Dorfrand.

Keiner hat was gegen Biogemüse im Dorf, aber gegen eine verfassungsfeindliche Organisation,

wird eine Rutenbergerin zitiert:

Wir müssen uns hier als Dorf zusammenschließen, als Dorf positionieren.

Und zwar klar für Demokratie und gegen das „Reichsbürger“-nahe KRD.

Viel mehr kann mehr derzeit wohl auch nicht tun – gleichwohl die mediale Aufmerksamkeit nun auch die Ämter „aus dem Behördenschlaf“ hole.

Zwei Mal bereits hätten sich die Einwohner getroffen, um sich Gegenmaßnahmen zu überlegen. Im Gespräch ist eine Bürgerinitiative, die den „Zuzug von weiteren antidemokratischen Kräften“ verhindern oder zumindest erschweren soll. Das Ziel sei,

… es ihnen hier wenigstens so unbequem wie möglich zu machen.

Indem man zum Beispiel auf potenzielle Verkäufer einwirke oder die anvisierten Grundstücke selbst kauft. Doch am Ende müsse der Weg sein, „Leuten wie Fitzek keinen Glauben zu schenken“.

Denn:

Was gerade in Rutenberg passiert, passiert auch woanders.

Zum Weiterlesen:

  • Ein Dorf im Widerstand gegen die „völkische Landnahme“, Süddeutsche am 7. Februar 2023
  • Das „Königreich Deutschland“ zieht es in ein Brandenburger Dorf, GWUP-Blog am 27. Januar 2023
  • „Klimagie“ und „Alternativen zum System“: Das „Königreich Deutschland“ expandiert weiter, GWUP-Blog am 18. Juli 2022
  • „So trickst der Reichsbürger-König den Staat aus“ bei FAKT, GWUP-Blog am 16. August 2022
  • Autor Andreas Speit über die „Völkische Landnahme“, Deutschlandfunk am 26. Juni 2019
  • Abmahnwelle gegen „Völkische Landnahme“, börsenblatt am 8. Oktober 2019

10. Februar 2023
von Bernd Harder
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Lucadou im „Playboy“ – wieder mal mit der GWUP als Nemesis

Im aktuellen Playboy (3/2023) wird die GWUP mal wieder als Nemesis des Dr. Dr. von Lucadou bemüht:

Es ist eine These, die für einen Laien kaum zu begreifen und schon gar nicht zu bewerten ist.

Einige Experten, beispielsweise von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), kritisieren sie heftig. Ihrer Ansicht nach gibt es für viele der Phänomene, die Lucadou mit der Verschränkung erklärt, sozialpsychologische Erklärungen.

Lucadou aber bleibt bei seiner Überzeugung.

Mehr noch: Lucadou ist überzeugt davon, dass sein „Verschränkungseffekt“ in vielleicht 30 Jahren „in jedem Lehrbuch“ stehen wird.

Das sei ihm ja von Herzen gegönnt – trotzdem bleibt nach jedem solcher Artikel die Frage offen, wie der 77 Jahre alte Physiker und Psychologe das durchzusetzen gedenkt?

Auch der Playboy-Reporter schreibt am Ende:

Fokuspersonen, Verschränkungskorrelation, externalisierte psychosomatische Reaktionen. Es ist wohl so: Wer mit einem Haufen Fragen im Gepäck zu Deutschlands bekanntestem Spuk-Forscher reist, fährt mit noch mehr Fragen im Gepäck wieder heim.

Ähnlich im vergangenen Jahr der Focus:

Er gehört zu den Wissenschaftlern, die viel und gut reden können, aber auch zu denen, die ihr Publikum hinterher mit mehr Fragen zurücklassen als mit Antworten. Seine Sätze sind so vollgepackt mit Theorien, Axiomen, mit Anglizismen und Dingen, „die jetzt sowieso viel zu kompliziert zu erklären wären“, dass Nachfragen erst mal ins Leere führen.

Es mag ja sein, dass Lucadou sich „seiner Zeit voraus“ wähnt (Focus). Das Problem ist nur, dass er offenbar eine Holschuld sowohl bei seinen Kritikern als auch bei aufrichtig Interessierten sieht – anstatt seine Thesen mal allgemeinverständlich auf Deutsch zusammenzufassen, auf Fragen einzugehen und das alles barrierefrei zugänglich zu machen.

Stattdessen verweist er „für den Anfang“ gerne auf verstreute, zum Teil uralte und unzugängliche Aufsätze wie hier, hier oder hier.

Ein Beispiel aus dem Playboy-Artikel:

Es gibt auch ganz viele Berichte von Krankenschwestern, die plötzlich während ihrer Freizeit ins Krankenhaus eilen, weil sie spüren, dass es ihrem Patienten schlecht geht. Und dort stellen sie fest: Sie hatten recht.

Selbst wenn wir mal den anekdotischen Charakter solcher Geschichten beiseite und uns auf Lucadous Erklärung „einer Verschränkung, die durch die therapeutische Beziehung zustande kommt“ einlassen:

Wieso braucht man dann überhaupt noch Pager oder andere Alarmierungssysteme? Warum kommen solche Begebenheiten dann nicht öfter oder gar regelhaft vor?

Dazu schreibt Ludacou in einem der besagten Fachartikel:

Außerdem sind noch „Verschiebungseffekte“ (Displacement) zu berücksichtigen, weil Verschränkungskorrelationen „auf Dauer“ nicht stabil sein können (vgl. Lucadou, 2006). Auf die „Verwertung“ von ASW und PK angewendet, heißt das allerdings klipp und klar: In dem Moment, wo man sich darauf verlassen will, funktioniert es nicht, oder etwas anderes geschieht als man erwartet (NT-Axiom). Das heißt nicht, dass es keine „paranormalen Phänomene“ geben kann, nur kann man sich nicht auf sie verlassen, man kann sie nicht „verzwecken“.

Aha.

Solche Sätze spiegeln wohl das wider, was die beiden Journalisten meinen.

Natürlich dürfen weder in dem Focus– noch im Playboy-Artikel die „fliegenden Steine“ fehlen, die Lucadou bei seinen spektakulärsten Spukfällen gesehen haben will.

Nehmen wir auch das einfach mal als gegeben hin.

Der 2020 verstorbene Physikprofessor Martin Lambeck sagte dazu:

Man müsste, sofern Lucadou Recht hätte, geringere Abweichungen vom thermodynamischen Gleichgewicht viel öfter beobachten. Will sagen: Wenn es möglich ist, dass ein Hund durchs Zimmer fliegt, dann sollten viel kleinere Gegenstände wie etwa Büroklammern alle Nase lang durch die Gegend hüpfen, was augenscheinlich nicht geschieht. Ansonsten wäre die gesamte moderne Physik hinfällig.

Zumal Lucadou ja offenbar davon ausgeht, dass im Sport, bei erfolgreichen Mannschaften, oder auch bei Pferd und Reiter, „Verschränkung“ praktisch immer funktioniert.

Wir sind gespannt, ob es auf solche Widersprüche und Fragen in „vielleicht 30 Jahren“ tatsächlich eine Antwort gibt.

Zum Weiterlesen:

  • Der Geisterwissenschaftler: Ein Besuch bei Dr. Dr. Walter von Lucadou, Deutschlands bekanntestem Spuk-Forscher, Playboy 3/2023
  • Spuk und Paranormales: GWUP bei Spiegel-Online, GWUP-Blog am 27. Dezember 2022
  • Baden-Württemberg streicht Förderung für die Parapsychologische Beratungsstelle in Freiburg, GWUP-Blog am 9. Januar 2020
  • Baden-Württembergs Landtag weist Online-Petition „Für den Erhalt der Parapsychologischen Beratungsstelle in Freiburg“ zurück, grenzwissenschaft-aktuell am 18. Januar 2022
  • Walter von Lucadou: Parapsychologie – Ein Tabuthema für Psychologen? PIOe 4/2014
  • Quantenquark in der FAZ: Walter von Lucadou verschränkt den Bundestrainer, Relativer Quantenquark am 27. Dezember 2015
  • Sozialpsychologie versus „Verschränkung“: Lydia Benecke über Walter von Lucadou, GWUP-Blog am 24. März 2016
  • GWUP-Thema: Können Paraphänomene durch die Quantentheorie erklärt werden?
  • Die „schwache Quantentheorie“ und die Homöopathie, Skeptiker 3/2006
  • Naturforschung in der Geisterwelt, nd am 30. November 2002
  • Wenn der Geisterjäger zum Gejagten wird, focus-online am 27. Mai 2022
  • Spuk, Nahtod, Ouija-Brett, Blicke, Telekinese: „13 unheimliche Phänomene“ – wirklich? GWUP-Blog am 30. Dezember 2021

10. Februar 2023
von Bernd Harder
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Video: Martin Moder über hybride Immunität

Neues Video von GECKO Lab mit Dr. Martin Moder (zirka drei Minuten):

Viele Menschen sind vollständig geimpft und haben im Laufe der Pandemie mindestens eine Corona-Infektion überstanden. Das bedeutet: Diese Personen haben eine sogenannte hybride Immunität gebildet.

Sind diese Leute jetzt besser geschützt? Ist die hybride Immunität die Königsklasse des Immunschutzes? Molekularbiologe Martin Moder geht der Sache in diesem Video auf den Grund.

Zum Weiterlesen:

  • Video: „Darum hatten manche noch kein Covid-19“ mit Martin Moder, GWUP-Blog am 14. Dezember 2022

8. Februar 2023
von Bernd Harder
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Lichtblick statt Blackout? Vince Ebert bei Fragen an den Autor

Da wir gerade im Fragen an den Autor-Archiv sind:

Vor kurzem war auch Vince Ebert mit

Lichtblick statt Blackout

in der Sendung zu Gast.

Die Weltuntergangsrhetorik dieser Tage – die ist so gar nicht die Sache von Vince Ebert, der naturwissenschaftliche Expertise mit kabarettistischem Sinn für Pointen verbindet.

Die Energiedebatte, findet Ebert, werde oft recht einseitig geführt. Dass sich unsere Erde erwärmt, das sei klar. Weniger klar seien aber die Konsequenzen, die zu ziehen sind. Ebert fragt etwa, ob wir uns nicht noch stärker auf die Anpassung an den Klimawandel konzentrieren sollten, statt (möglicherweise vergeblich) versuchen zu wollen, ihn zu verhindern.

Hier geht’s zum Podcast (zirka 56 Minuten).

Zum Weiterlesen:

  • Lichtblick statt Blackout: Vince Ebert bei „Kritisches Denken“, GWUP-Blog am 7. Dezember 2022
  • Kälte und Schnee trotz Klimawandel, wetter-online am 8. Februar 2023