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11. November 2023
von Bernd Harder
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„Ein großer Irrwitz“: Die Vereinten Patrioten in Koblenz vor Gericht

In Koblenz stehen derzeit fünf Mitglieder der Reichsbürger-Bewegung „Vereinte Patrioten“ vor Gericht. Zwei Prozessbeobachterinnen der Süddeutschen Zeitung schildern in einem Seite 3-Artikel vom 10. November ihre Eindrücke.

Kurz zusammengefasst:

  • Was wollten die „Vereinten Patrioten“?

Sie wollten keinen Bürgerkrieg, wie die „Gruppe S.“, sondern einen flächendeckenden, wochenlangen Stromausfall. Währenddessen wollten sie in Berlin eine konstituierende Versammlung abhalten, mit 300 deutschen Männern, ja, wirklich nur Männern, die das Reich von 1871 wieder in Kraft setzen wollten – nur ohne Kaiser und mit Frauenwahlrecht.

Damit die Bürger sehen, dass sie es ernst meinen, wollten sie Gesundheitsminister Karl Lauterbach aus einer laufenden Fernsehsendung entführen und ihn mit Haftbefehl festsetzen.

  • Wie ernst war dieser Plan zu nehmen?

So sehr sich auf den ersten Blick alles anhört wie ein großer Irrwitz, die Bundesanwaltschaft nimmt die Pläne der Gruppe ernst […] Was für den Ernst des Ganzen spricht: Die Lauterbach-Verschwörer hatten Waffen. Und sie wollten noch mehr Waffen bekommen, auch aus dem früheren Jugoslawien […]

Die Bundesanwaltschaft hat die fünf angeklagt wegen Hochverrats und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Man nennt das kurz: versuchten Terror.

  • Wie kommt man auf solche Ideen?

Der mutmaßliche Rädelsführer Thomas O. schweigt bislang zu den Vorwürfen. Der Prepper Thomas K. bereut „diese verblendete Idiotie“. Der frühere Alleinunterhalter und Comedian Michael H. will sein altes Leben zurück.

Die ehemalige Religionslehrerin Elisabeth R. dagegen tritt als beinharte antisemitische Verschwörungsideologin und der Finanzbuchhalter Sven B. als DDR-Nostalgiker und Putin-Freund auf.

Eine Antwort auf die obige Frage gibt der SZ-Artikel nicht, die Journalistinnen sind vielmehr selbst „sprachlos“ ob der Gedankenwelt der „Vereinten Patrioten“ und „was da in den vergangenen Jahren passiert ist. Mit den Menschen. Mit ihren Köpfen. Mit ihren Seelen. Und wie in aller Welt die Gesellschaft solche Leute jemals zurückgewinnen will“.

Das wird in dem Prozess wohl nicht geklärt werden, der noch bis Januar dauern soll.

Zum Weiterlesen:

  • Der Zorn der Selbstgerechten, Süddeutsche am 9. November 2023
  • Die „Reichsbürger“ und Staatsdelegitimierer warten nur auf das nächste Thema, GWUP-Blog am 5. November 2023
  • Prozess gegen „Vereinte Patrioten“: Verdeckter Ermittler sagt aus, swr am 25. Oktober 2023
  • „Vereinte Patrioten“: Putin-Fans und Corona-Leugner, tagesschau.de am 26. April 2023
  • Razzia im Umfeld der Verschwörer gegen Lauterbach, spiegel.de am 10. Oktober 2023
  • Impfgegner, Reichsbürger, Terrorist? Was über den Mann bekannt ist, der offenbar Lauterbach entführen wollte, tagesspiegel am 18. April 2023

10. November 2023
von Bernd Harder
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„Unhaltbare Thesen“: Die Verschwörungsideologie vom satanistisch-rituellen Missbrauch gerät immer mehr unter Druck

Der Spiegel (46/2023) hat einen weiteren Beitrag zum Thema „Satanic Panic“ veröffentlicht:

Der Artikel von Christopher Piltz geht der Frage nach, wie „sich solche Mythen in der Fachwelt verbreiten“ konnten – gemeint ist die Verschwörungstheorie „Rituelle Gewalt-Mind Control“:

Antworten finden sich quer durch die Republik, in Bremen, München oder Hamburg. Und zwar in Einrichtungen, die Psychotherapeutinnen und -therapeuten fortbilden. Aber auch in Fachartikeln und Fortbildungsunterlagen. Unhaltbare Thesen über Gedankenkontrolle haben Einzug gefunden in die psychiatrische Literatur.

Eine anonym bleibende Psychotherapeutin nennt zu dieser Problematik „mehrfach seinen Namen“: Jan Gysi, ein bekannter Schweizer Psychiater. Er soll „solche Ideen“ im Besonderen verbreitet haben – von denen sich Fachkollegen entschieden distanzieren:

Fragt man andere renommierte Traumaforscher zu Mind-Control und Programmierung, ähneln sich ihre Antworten. Da hört man: Ist mir in Studien noch nie begegnet. Klingt unwissenschaftlich. Ein naiver Irrglaube. Einer sagt: „Das klingt faszinierend dämlich.“ Dem Psychiater Christian Schmahl fallen vor allem zwei Worte ein: unplausibel und unwahrscheinlich […]

Schmahl antwortet mit der Korrektheit eines Wissenschaftlers. Ist es aus seiner Sicht möglich, die Persönlichkeit eines Menschen garantiert gezielt aufzuspalten? „Es ist nicht vorhersagbar, dass eine bestimmte Traumafolgestörung auftritt. Ich halte es deshalb für unplausibel.“ Einen Menschen so zu programmieren, dass er willenlos Befehle ausführt? „Eher unwahrscheinlich.“ Jemanden allein durch einen Ton oder eine Bewegung fernzusteuern? „Unwahrscheinlich.“

Gysi selbst stellt auf Nachfrage alles als eine Art Missverständnis dar:

Es gebe „keine wissenschaftliche oder kriminologische Evidenz für absichtliche Spaltungen“. Er distanziere sich „von allen Arten von Verschwörungs-Narrativen“. Er schreibt: „Leider habe ich unterschätzt, dass meine Aussagen für Hypothesen zu Satanismus und ›Fernsteuerungen‹ missbraucht werden können.“

Eine ehemalige Patientin Gysis indes widerspricht dem vehement. Sie zeichnet „das Bild eines Therapeuten, der überzeugt zu sein scheint, dass Opfer durch ihre Täter kontrolliert und gesteuert werden können, alles ausgelöst durch einfache Codes“.

Auch der Spiegel-Redakteur fand noch weitere Belege dafür, „wie klar Gysi Thesen zur Gedankenkontrolle
verbreitete“.

Die zweite Hauptperson in dem Artikel ist die Bremer Psychotherapeutin Claudia Fliß, Mitherausgeberin des „Handbuchs Rituelle Gewalt“, die auch im Untersuchungsbericht zur Clienia Littenheid eine unrühmliche Rolle spielt.

„Ihre Texte gleichen einem Trommelfeuer des Schreckens“, fasst der Spiegel zusammen:

Dort werden alte Menschen zu Tode gequält, manche „in einem Todesritual nahezu völlig zerstört“. Kulte sollen Schulen und Kindergärten kontrollieren. Und Lager in Osteuropa unterhalten, in denen sie ihre Opfer mental brechen.

Immerhin: Ihre für April 2023 angekündigte Fortbildungsveranstaltung am NIVT Bremen, auf die wir hier im Dezember 2022 aufmerksam machten, wurde abgesagt und „die Zusammenarbeit mit Frau Fliß insgesamt beendet“.

Ihre Überzeugungen hätten zwar „weitere Kreise gezogen“, schreibt Piltz weiter. Aber alles in allem scheinen dieser psychotherapeutischen Quacksalberei langsam ein paar Riegel vorgeschoben zu werden.

Ein „Satanic Panic“-Spezial mit Christopher Piltz gibt’s übrigens am Montag beim WTF-Talk.

Und eine umfassende Publikation zu diesem Thema wird die GWUP voraussichtlich noch in diesem Jahr herausbringen.

Zum Weiterlesen:

  • Fortbildungen zu vermeintlicher ritueller Gewalt: „Er suchte immer das Schlimmste“, spiegel.de am 10. November 2023
  • „Satanic Panic“: Die Szene gibt sich weiterhin verschlossen, während Recherchen die Missstände klar belegen, GWUP-Blog am 18. Oktober 2023
  • Unfassbar: Drei Suizide von Patientinnen an psychiatrischer Klinik Münsingen wegen „Satanic Panic“? GWUP-Blog am 24. November 2022
  • Nicht wiedergutzumachender Schaden: Unser Gespräch mit dem Opfer einer „Satanic Panic“-Fehlbehandlung aus der aktuellen Spiegel-Story, GWUP-Blog am 12. März 2023
  • „Keine Evidenz“: Der Spiegel widerlegt die Narrative der Verschwörungstheorie vom satanisch-rituellen Missbrauch, GWUP-Blog am 10. März 2023
  • Neuer SRF-Podcast: Jan Gysi – Der Vordenker und Netzwerker der „Satanic Panic“ in der Schweiz? GWUP-Blog am 28. Juni 2023
  • Administratives Verfahren gegen Psychiater Jan Gysi eingeleitet, beobachter am 27. März 2023
  • Esoterische Parallelwelt, grober Unfug“: Claudia Fliß – Auch eine deutsche Therapeutin ist in die Satanic Panic in der Schweiz involviert, GWUP-Blog am 3. Dezember 2022

9. November 2023
von Bernd Harder
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Vortragsvideo: „Bias in der sogenannten Alternativmedizin“ mit Prof. Edzard Ernst

Der Vortrag von Professor Ernst in Wien konnte nur online stattfinden:

Bias in der sogenannten Alternativmedizin

Zur Aufzeichnung geht es hier. Eine Bibliographie der im Vortrag zitierten Studien gibt es hier.

Zum Weiterlesen:

  • Edzard Ernst über die Entschlackung des Geldbeutels, GWUP-Blog am 5. November 2023
  • Homeopaths and bovine mastitis: tenacity or stupidity? edzardernst am 8. November 2023

8. November 2023
von Bernd Harder
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Video: Janos Hegedüs über Gunter Frank – „Sabotage an der Wahrheitsfindung“

Corona – Die Krise ist erst dann vorbei, wenn die Verantwortlichen vor Gericht stehen.

Mit diesem Satz aus seinem Buch „Das Staatsverbrechen“ ist der Arzt Gunter Frank derzeit auf Vortragstournee.

„Doch welche Fehler werden diesen Verantwortlichen zur Last gelegt?“, fragt Dr. Janos Hegedüs in seinem neuen Video:

Es geht um Anschuldigungen wie „Staatsverbrechen“, bewusste Gefährdung der Allgemeinheit, skrupellose Pharmafirmen und korrupte Mediziner… Die bekannten Unwahrheiten dürfen in solchen Diskussionen natürlich nicht fehlen.

Was ist dran an diesen Vorwürfen?

Hegedüs zufolge vermischt auch Frank berechtige Fragen der Corona-Aufarbeitung mit „Querdenkerunsinn und medizinschen Fehlinformationen“. Er betreibe keine Aufklärung, sondern „Sabotage an der Wahrheitsfindung“.

Zum Weiterlesen:

  • Glaube, Irrtum, Vorsatz? Was eine Corona-Studie zeigt, Gesundheits-Check am 5. Dezember 2022
  • Verzerrte Erinnerungen: Corona und die Folgen, uni-erfurt am 1. November 2023
  • Coronapandemie: Verzerrte Erinnerungen bei Geimpften und Ungeimpften, uni-bonn am 3. November 2023
  • Aufarbeitung der Corona-Pandemie: Das Virus in den Köpfen, zeit.de am 1. November 2023

7. November 2023
von Bernd Harder
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Kinderblut und Impftote: ARTE-Doku über den belgischen Verschwörungsideologen Jean-Jacques Crèvecœur

ARTE-Doku über den belgischen Verschwörungsideologen Jean-Jacques Crèvecœur:

Vom Impfgegner-Diskurs zur Verschwörungstheorie

Der Beitrag stammt von der Journalistin und Youtuberin Aude Favre und ihrer Bürgerredaktion „Citizen Facts“, die während der Corona-Lockdowns als „Anti-Fake-News-Brigade“ gegründet wurde.

2020 hatte Favre bereits das Video „Jean-Jacques Crèvecœur – Est-il le Promoteur d’une medecine dangereuse?“ produziert.

Crèvecœur wiederum zeichnet verantwortlich für den Streifen „Docteur Hamer seul contre tous“, der auf Ryke Geerd Hamers Autobiografie „Einer gegen alle“ basiert.

In dem ARTE-Film zeigt Favre, dass Crèvecœur „es mit der Realität nicht sehr genau nimmt“. So dementierten die Angehörigen von angeblichen „Impftoten“ mehrfach die Gerüchte, die der Impfgegner Crèvecœur über sie in Umlauf brachte.

Ab Minute 19:20 geht es dann um die Germanische Neue Medizin (GNM), die Crèvecœur bis heute propagiert.

Bei 29:15 erzählt er, dass die Königin von England Kinderblut trinke. Kein Witz. Solchen Gestalten vertrauen manche Zeitgenossen ihre Gesundheit an.

Und als er nach Patienten gefragt wird, die mit GNM nachweislich geheilt worden seien, fällt Crèvecœur auch nach sechs Stunden (so lange dauerte das Videogespräch mit Favre) keiner ein.

Zum Weiterlesen:

  • Der Verein „Grüne gegen Impfpflicht“ im Kampf gegen die Wissenschaft, derStandard am 31. Oktober 2023
  • „Plötzlich und unerwartet“ – wie Impfgegner Matthew Perrys Tod instrumentalisieren, watson am 1. November 2023
  • Malte Thießen über Impfgegner: „Die Rechtspopulisten konnten sagen: Seht, es war wieder eine Lüge“, zeit.de am 23. Oktober 2023
  • Aufarbeitung der Corona-Pandemie: Das Virus in den Köpfen, zeit.de am 1. November 2023
  • ARTE-Doku: „Impfgegner – Wer profitiert von der Angst?“ GWUP-Blog am 15. Dezember 2021

5. November 2023
von Bernd Harder
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Die „Reichsbürger“ und Staatsdelegitimierer warten nur auf das nächste Thema

Für die heutige Ausgabe haben zwei Reporter der WamS

… Treffen von Reichsbürgern besucht, mit Wortführern und Aussteigern gesprochen sowie mit Experten inner- und außerhalb der Sicherheitsbehörden. Es ergibt sich ein Bild mit vielen Skurrilitäten – und die Erkenntnis, dass die Szene sich wandelt und neue Zielgruppen erschließt.

Was gibt’s in dem Beitrag Neues zu erfahren?

Seinem Königreich seien mittlerweile fast 6000 „Staatszugehörige“ beigetreten. In der nächsthöheren Stufe, der „Staatsangehörigkeit“, gebe es 750 Anhänger. Wer aufgenommen wird, entscheide Fitzek zusammen mit einem „Medium“, das die Schutzgeister der Aufnahmewilligen befragt. Eingenommen habe das KRD bislang um die zehn Millionen Euro.

Allerdings:

Dem Königreich schlössen sich zu viele „Betreuungsfälle“ an, klagt er. Er brauche aber zupackende Unternehmer. „Sobald der erste Jurist da ist, wird das Königreich ganz schnell fünfmal oder zehn Mal so groß sein wie bisher“, sagt Fitzek.

Warum „der Staat dem kein Ende bereitet“, bleibt offen.

Offenbar schieben sich das Innenministerium von Sachsen-Anhalt, der Landesverfassungsschutz und der Oberbürgermeister von Wittenberg gegenseitig die Verantwortung zu. Lediglich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat erneut Strafanzeigen wegen des Verdachts unerlaubter Bank- und Versicherungsgeschäfte gestellt, die von der Staatsanwaltschaft Halle bearbeitet werden.

Was aber meint Fitzek mit „Betreuungsfällen“?

Dazu sagt der Kriminalpsychologe Jan-Gerrit Keil vom Landeskriminalamt Brandenburg:

Ihre Biografien seien von Brüchen gekennzeichnet: eine Firmenpleite und hohe Schulden; eine gescheiterte Beziehung; Misserfolg im Berufsleben. Die Schuld suchten Reichsbürger nicht bei sich – sondern beim Staat.

Einmaliges Scheitern könnten diese Menschen verkraften. „Aber beim zweiten Mal wird es schwierig.“ Einmal im „Kampfmodus“ gerieten Reichsbürger oft immer tiefer in den Strudel abstruser Verschwörungstheorien.

Ein Urteil gegen Birkmann und seine Mitstreiter wird 2024 erwartet.

Die Anklageschrift sei praktisch fertig, heißt es in Justizkreisen. Im Fall einer Verurteilung dürften Dutzende führende Köpfe des Milieus für viele Jahre ins Gefängnis gehen.

Nichtsdestotrotz ziehen Lennart Pfahler und Ulrich Kraetzer das Fazit:

Die 1871er werden mit ihren wirren Vorstellungen weiterhin verzweifelte Geister finden, die einen Schuldigen für ihr aus den Fugen geratenes Dasein suchen. Gruppierungen wie dem Königreich Deutschland dürfte es auch künftig gelingen, mit Esoterik- und Gemeinwohl-Fantastereien jene an sich zu binden, denen bei der Suche nach dem Sinn des Lebens der Kompass abhandenkam.

Die Widersprüchlichkeiten einer komplexer werdenden Welt und die Weigerung von immer mehr Bürgern, ihrem Staat gelegentliche Überforderungen zu verzeihen, dürften der Szene weitere Anhänger bescheren.

Eben noch war es das Unverständnis über die Corona-Maßnahmen, das viele in die Arme der „Staatsverweigerer“ trieb. Nun ist es die Ablehnung der Unterstützung der Ukraine.

Das nächste Thema wird folgen – und die Reichsbürger und Selbstverwalter, die „Souveränisten“ und „Staatsdelegitimierer“ warten nur darauf.

Zum Weiterlesen:

  • Im Reich der Fantasie, welt+ am 5. November 2023
  • Der „Reichsbürger“-Putsch um Prinz Reuß sollte am 8. Dezember 2022 stattfinden, GWUP-Blog am 13. August 2023
  • Drei Jahre danach: „Warum haben Sie mitgemacht?“ beim Sturm auf den Reichstag, fragt die Zeit 45 Teilnehmer, GWUP-Blog am 24. August 2023
  • Reichsbürger: Wie es zum Sturm auf den Reichstag kam, zeit.de am 29. August 2023
  • Sturm auf den Reichstag: „Es gab Faustschläge, man wurde mit Fahnenstangen angegriffen“, zeit.de am 29. August 2023
  • Video: Besuch im „Königreich Deutschland“ mit Audienz, GWUP-Blog am 13. Juli 2023

5. November 2023
von Bernd Harder
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Eine kurze Geschichte der GWUP im Blog der peruanischen Skeptiker und Humanisten

Für die peruanischen Skeptiker und Humanisten fasst der langjährige GWUP-Vorsitzende Amardeo Sarma die Geschichte der GWUP von 1987 bis heute zusammen (in Spanisch und Englisch):

Sein Fazit:

Da viele neue Themen auftauchen, bei denen Wissenschaft und Pseudowissenschaft miteinander im Konflikt stehen, sehen wir uns einer ähnlichen Herausforderung gegenüber wie viele andere skeptische Organisationen: Bleiben wir hauptsächlich bei unseren traditionellen Themen oder gehen wir weiter? Was auch immer der Schwerpunkt sein mag, für die Skeptiker in Deutschland wird es weiterhin viel zu tun geben.

Zum Weiterlesen:

5. November 2023
von Bernd Harder
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Edzard Ernst über die Entschlackung des Geldbeutels

Die Lebern, Nieren und Lungen von gesunden Menschen werden in aller Regel mit den üblichen Schadstoffbelastungen fertig, sodass sich keine Gifte im Körper ansammeln oder gar „Schlacken“ wie in einem Hochofen entstehen. Grund zur Panik besteht also nicht.

So fasst Prof. Edzard Ernst einmal mehr das Thema

Detox, Basenfasten und Co.

zusammen.

In dem Gastbeitrag für spiegel.de geht es auch um die Dauerfehde des streitbaren Mediziners mit dem nunmehrigen König Charles III:

Vor einigen Jahren brachte König Charles III. – damals noch Prinz Charles – zur grenzenlosen Verwunderung der Fachwelt seine „Duchy Originals Detox Tincture“ auf den Markt. Als ich damals von einer Journalistin gefragt wurde, was ich davon halte, habe ich die Tinktur spontan als Quacksalberei bezeichnet.

Das Ergebnis war ein Sturm in der sprichwörtlichen Teetasse der britischen Medien .

Einige Monate darauf wurde ich eingeladen, vor britischen Journalisten einen Vortrag über meine Forschungen zu halten. Anschließend kam eine Frage von der Daily Mail: „Sie haben in Ihrem Vortrag Schlangenölverkäufer beschrieben und auch Prinz Charles und seine Tinkturen erwähnt. Glauben Sie, dass Charles ein Schlangenölverkäufer ist?“

Meine Antwort war kurz und bündig: „Ja.“

Am nächsten Tag war diese Aussage in allen britischen Zeitungen zu lesen. Der Artikel in der Daily Mail  trug die Überschrift „Charles ist ein Schlangenölverkäufer: Professor greift Prinz wegen fragwürdiger alternativer Heilmethoden an“.

In Deutschland blieb Charles’ Tinktur eher unbekannt – nicht zuletzt, weil sie nur wenige Monate später wegen irreführender Werbung vom Markt genommen werden musste. Es gab, wenig überraschend, keine Evidenz dafür, dass sie außer dem Geld des Käufers irgendetwas eliminierte.

Kurz gesagt:

„Detox“, „Entschlacken“, „Entgiften“, „ausleitende Verfahren“ und auch Basenfasten sind Quatsch. Echtes „Detox“ ist ein Lebensstil mit möglichst wenigen vermeidbaren Schadstoffen wie Tabak oder Alkohol.

Zum Weiterlesen:

  • „Ausgemachter Humbug“: Prof. Edzard Ernst über Detox, GWUP-Blog am 6. November 2022
  • Der Detox-Schwindel, futurezone am 21. Februar 2017
  • Video: „Der letzte Dreck wird aus den Poren gezogen“ – die Band zweiraumsilke rappt über Detox, GWUP-Blog am 4. Januar 2019
  • Prinz Charles, der Schlangenölverkäufer, GWUP-Blog am 26. Juli 2011
  • „Feind der Aufklärung“: Edzard Ernst über Prinz Charles, GWUP-Blog am 11. Mai 2022
  • König Charles III. in der Homöopedia

3. November 2023
von Bernd Harder
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Podcast: Mit Esoterik gegen unerfüllten Kinderwunsch

Katharina Nocun hat sich für den Deutschlandfunk in einer „lukrativen Nische“ des Esoterikmarktes umgesehen:

Pseudotherapien und Rituale gegen unerfüllten Kinderwunsch

Das reicht von „energetischer Gebärmutterreinigung“ bis hin zu Teemischungen und Massagepraktiken.

Mit dabei ist der Jurist Guido Bockamp vom Deutschen Konsumentenbund, der von „raubtierhaften Geschäftspraktiken“ spricht.

Zum Weiterlesen:

  • Skepkon-Video: Mythen und Pseudomedizin rund um die Schwangerschaft, GWUP-Blog am 31. August 2023
  • Skeptische Schwangerschaft, Skeptiker 2/2022
  • WTF-Talk: „Schwangerschaftsmythen“ vom 9. Oktober 2023

1. November 2023
von Bernd Harder
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„Wilma“: Ein historisches Poltergeist-Phänomen im ORF

In einem Multimedia-Projekt beleuchtet der ORF einen historischen Poltergeist-Fall im Südburgenland.

Es geht um die 14-jährige ungarische Dienstmagd Wilma Molnar, die 1925 in Langzeil bei Güssing für Aufsehen sorgte:

Wenn sie in der Küche war, sollen die Kartoffeln die Kellerstufen hinaufgesprungen sein, die Äpfel ohne menschliche Berührung an die Wände geschleudert worden sein und das Besteck soll durch die Luft auf Wilma zugeschwebt sein.

Die Leute im Dorf damals schwören, dass es sich wirklich so zugetragen hat, Zeitungen bekommen davon Wind und berichten über das „magnetische Mädchen“. Und noch heute kennt man diese Geschichten in Langzeil.

Der sechsteilige Podcast zu jeweils etwa 30 Minuten umfasst die Episoden:

In Langzeil bei Güssing scheint ein mysteriöses Mädchen namens Wilma Molnar 1925 die Regeln der Physik zu brechen. Ihre unerklärlichen Fähigkeiten ließen Kartoffeln die Kellertreppe hinaufspringen und Maiskolben in der Luft schweben. Das erregt die Aufmerksamkeit der Presse und der Kaiserenkelin Elisabeth Windisch-Graetz. Als wir tiefer in das Rätsel eintauchen, erfahren wir, dass Wilma kein Einzelfall war.

Elisabeth Windisch-Graetz, die Enkelin von Sisi und Franz Joseph, nimmt Wilma mit auf ihr Schloss. Mysteriöse Dinge geschehen: Besteck fliegt durch die Luft, Messer bedrohen Wilma, und die Geistererscheinungen verängstigen das Personal. Elisabeth, zu dieser Zeit fasziniert vom Okkultismus, möchte Wilmas Fähigkeiten erforschen.

Wir stöbern im Nachlass des österreichischen Physikers Hans Thirring, der in den 1920er Jahren regelmäßig Medien – also Menschen mit übersinnlichen Kräften – am Institut für Physik an der Universität Wien untersuchte. Wir haben Hinweise darauf, dass Wilma eines seiner Versuchsobjekte war.

Im Wien der 1920er Jahre hatten Geisterbeschwörungen und übersinnliche Phänomene Hochkonjunktur. Es war schwer herauszufinden, was „echter“ und was „fauler“ Zauber waren. Wir tauchen ein in eine Welt voller Mysterien, in der Wissenschafter, Zauberer und Medien um die Wahrheit ringen.

Im Gemeindeamt von Güssing stoßen wir auf Wilmas Meldezettel von 1925, der uns Einblicke in ihre Vergangenheit gibt. Dabei finden wir ihren Geburtsort heraus: Vasszentmihály in Ungarn. Unsere Suche nach Wilma Molnar und ihrer geheimnisvollen Geschichte führt uns vom Südburgenland nach Ungarn und bis in die USA.

Wir reisen nach Budapest, der letzten Station in Wilmas Leben. Dort besuchen wir Wilmas Wohnadressen. Später stoßen wir auf Fotos von Wilma und ihren Geschwistern, die uns ein Familienmitglied zur Verfügung stellt. In dieser Folge setzen wir die Puzzleteile von Wilmas Geschichte zusammen, die von ihrer Herkunft auf dem Land bis zu ihrer Hochzeit in Budapest führt.

Ein zirka einstündiges Gespräch mit der Koautorin Anna Masoner gibt’s bei spektrum.de.

Das ORF-Religionsmagazin Tao steuert die Produktion

Das okkulte Wien und der Boom der Esoterik in den 1920ern

bei.

Weitgehend identische TV-Beiträge finden sich in der Reihe Orientierung

… bei kreuz und quer

… bei TOPOS und am 10. November bei Matrix.

Aus heutiger Sicht war Wilma Molnar ein klassischer Teenager-„Poltergeist“, dem die Zeitumstände und die Faszination der Kaiserenkelin Elisabeth Windisch-Graetz für alles „Übersinnliche“ in die Hände spielten.

Zum Weiterlesen:

  • „Der berühmteste Poltergeist-Fall der Welt“ als Doku-Serie, GWUP-Blog am 27. Oktober 2023