gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Erdstrahlen, Ufos, Okkultismus und Paramedizin: Die GWUP feiert 35. Geburtstag

| 5 Kommentare

Heute vor 35 Jahren wurde die GWUP gegründet.

Der 11. Oktober 1987 war ein Sonntag. In einem Hotel bei Bonn hatten sich 30 Personen versammelt, von denen 18 als Gründungsmitglieder die Vereinssatzung unterschrieben.

Vorausgegangen war eine kleine Tagung, bei der die ersten Betätigungsfelder des neuen Vereins abgesteckt wurden:

Das erste große Thema beziehungsweise daraus folgend die erste große Aktion der GWUP mussten wir nicht lange suchen,

erinnert sich der GWUP-Vorsitzende Amardeo Sarma in einem Interview für den aktuellen Skeptiker (3/2022):

Im selben Jahr unserer Vereinsgründung finanzierte das damalige Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) eine Studie „Untersuchungen zum Problemkreis Erdstrahlen und ihre Auswirkungen auf Menschen“. Dafür wurden 400.000 D-Mark zur Verfügung gestellt.

Schon in der ersten ASUPO-Pressemitteilung und im ersten Mitteilungsblatt machten wir darauf aufmerksam, dass aus dem Studiendesign eine „erschreckende Gutgläubigkeit“ der Verantwortlichen zu ersehen ist und überhaupt das ganze Projekt „die wissenschaftliche Vorgehensweise auf den Kopf stellt“.

Durchgeführt wurden die Wünschelrutenexperimente trotzdem, mit angeblich hochsignifikanten positiven Ergebnissen. Im Skeptiker 4/1989 veröffentlichten wir dazu eine kritische Stellungnahme. Sechs Jahre später wies ein US-Wissenschaftler nach, dass wir Recht gehabt hatten mit unseren Einwänden.

Im November 1990 organisierten wir in Kassel, auf dem Gelände des Hessischen Rundfunks, einen eigenen großangelegten Test von 20 Rutengängern, bei dem keiner der Probanden seine vermeintlichen Fähigkeiten beweisen konnte.

Die Initialzündung für die Gründung einer deutschen Skeptiker-Organisation war die Wünschelrutengläubigkeit deutscher Politiker und Ministerialbeamter allerdings nicht.

Begonnen hatte alles bereits 1982, und zwar mit dem Artikel „Wissenschaft und Aberglaube: ein Kampf zwischen David und Goliath“ in der April-Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft, der kurz zuvor im Scientific American erschienen war:

Der Physiker und Kognitionswissenschaftler Douglas R. Hofstadter stellte darin die Zeitschrift Skeptical Inquirer des amerikanischen „Committee for the Scientific Investigation of Claims of the Paranormal“ (CSICOP) vor. Einige Spektrum-Leser bestellten daraufhin das US-Magazin – und diese SI-Abonnenten in Deutschland bildeten schließlich den Gründungskern der GWUP.

Amardeo Sarma:

Zusammengebracht wurden wir dann durch eine Initiative des damaligen Executive Director von CSICOP, Mark Plummer, der die Abonnenten der Zeitschrift anregte, miteinander in Kontakt zu treten und skeptische Aktivitäten in ihrem Land zu starten.

Da ich bereits Briefkontakt mit CSICOP hatte, wurde ich gebeten, die Koordination zu übernehmen. Es meldete sich 20 Personen, und die Hälfte davon kam am 7. Februar 1987 zu einem ersten Treffen in das Lokal Bockshaut in Darmstadt.

Was war die Motivation der ersten Aktiven?

Dr. Carl Heinz Roß im Skeptiker:

Mich reizte an der ganzen Geschichte vor allem die Möglichkeit, einer breiten Öffentlichkeit seriöse Informationen zur Verfügung zu stellen. Ich hatte keinen kämpferischen Impetus, auch die Bücher von Däniken, Berlitz oder Buttlar interessierten mich wenig.

Bei mir war es eher ein persönliches Erlebnis, das mich zu diesen Themen brachte. So etwa Mitte der 1980er-Jahre half ich einer Bekannten beim Umzug, und als ich das Bett aufstellen wollte, bedeutete sie mir, damit noch zu warten. Etwa eine halbe Stunde später erschien ein Wünschelrutengänger, der den idealen Schlafplatz in der Wohnung meiner Bekannten bestimmte. Als Naturwissenschaftler war mir klar, dass das Humbug ist – aber ich hatte keine Fakten, die ich entgegnen konnte.

Daher versuchte ich, mich ein wenig einzulesen und stieß dabei in Spektrum der Wissenschaft auf den Hinweis, dass es eine Zeitschrift Skeptical Inquirer gibt, die ich sogleich abonnierte. Als dann das Schreiben aus den USA mit dem Call-to-Action kam und weil Darmstadt nicht weit weg war, bin ich zu dem Treffen hingefahren.

Dr. Manfred Körkel:

Solche Erlebnisse, ich nenne sie mal Augenöffner, kenne ich. Eines meiner Interessengebiete waren immer schon die Pyramiden und ich las dazu auch „Cheops. Die Geheimnisse der Großen Pyramide“ von Peter Tompkins. Aber von Kapitel zu Kapitel wurde dieses Buch abgefahrener.

Und ähnlich wie beim Bermudadreieck fand ich nur einen seriösen Ägyptologen namens Jean-Philippe Lauer, der sich in „Das Geheimnis der Pyramiden. Baukunst und Technik“ dazu herabließ, diese Pseudo-Ägyptologie zu debunken. Insofern konnte ich das Anliegen von Amardeo, den ich schon aus Studentenzeiten kannte, gut nachvollziehen.

Nachdem wir dann die GWUP gegründet hatten, ist mir erst so richtig klargeworden, wo überall Schwurbel drin ist, ohne dass Schwurbel draufsteht – wie bei der Homöopathie zum Beispiel. Ich wusste vorher gar nicht genau, was das eigentlich ist, insofern war das „Nichts drin, nichts dran“ eine echte Überraschung für mich. An solchen Augenöffnern im Bereich Medizin hatte natürlich unsere erste Präsidentin, Professor Irmgard Oepen, entscheidenden Anteil.

Amardeo Sarma:

Genauso wie viele andere Zeitgenossen hatte ich die Bücher von Däniken und Berlitz mit großem Interesse gelesen – und fälschlicherweise für wissenschaftlich gehalten.

Das änderte sich erst, als mein Bruder mir „The Bermuda Triangle Mystery – Solved“ von Lawrence Kusche schenkte. Kusche, ein amerikanischer Fluglehrer und Bibliothekar, zeigt darin akribisch, dass es gar keine Rätsel im Bermudadreieck gibt. Ich fühlte mich von Berlitz und seinen Epigonen betrogen und ärgerte mich zugleich darüber, dass Autoren wie Kusche deutlich fundiertere Bücher schreiben, aber viel weniger davon verkaufen als die Sensationssucher. Außerdem erschien die deutsche Übersetzung von „The Bermuda Triangle Mystery – Solved“ erst 1980 im Rowohlt-Verlag – also lange nachdem sich der Mythos Bermudadreieck bereits fest etabliert hatte.

Zu diesem Zeitpunkt nahm ich mir vor, mich dafür einzusetzen, dass kritische Informationen früher und breiter verfügbar sind.

Zunächst nannte sich der Zusammenschluss „ASUPO“ – Arbeitsgemeinschaft der Skeptiker zur Untersuchung von Pseudowissenschaften und Okkultem, ehe man sich im Herbst 1987 in Anlehnung an das Kürzel „CSICOP“ der amerikanischen Partnerorganisation in GWUP umbenannte.

Bei der Gründungsversammlung in Bonn war auch Dr. Martin Mahner dabei:

.Ich hatte zwar auch schon auf der Einladungsliste der CSICOP-Abonnenten für Darmstadt gestanden, konnte den Termin im Februar aber nicht wahrnehmen. Ich lebte zu dieser Zeit in Berlin und schrieb dort 1985 meine erste Staatsexamensarbeit über Kreationismus.

Daher kam mein Interesse – die Auseinandersetzung mit pseudowissenschaftlichen Thesen im Fach Biologie, insbesondere mit dem christlichen Kreationismus, wie er seinerzeit etwa von Arthur Ernest Wilder-Smith propagiert wurde.

Alle vier sind bis heute in der GWUP aktiv – zusammen mit mehr als 2000 weiteren Mitgliedern.

Das vollständige Gespräch zum 35-jährigen GWUP-Jubiläum gibt’s im Skeptiker, neben einem Auszug aus dem 40 Jahre alten Hofstadter-Artikel in Spektrum der Wissenschaft.

Und wer beitreten möchte: Hier sind die Infos. Denn die Arbeit geht uns nicht aus, und kritisches Denken ist wichtiger denn je.

Das „Skeptische Netzwerk“ (GWUP 2.0.) steht auch allen Nichtmitgliedern offen.

Zum Weiterlesen:

  • Als die GWUP noch „ASUPO“ hieß, Skeptiker 3/2022
  • „Skepticism Reloaded:“ Amardeo Sarma im Skeptical Inquirer über die neuen Herausforderungen, GWUP-Blog am 16. August 2018
  • In Memoriam: Prof. Irmgard Oepen, Gründungspräsidentin der GWUP, GWUP-Blog am 11. Juli 2018
  • Der „oberste Ufo-Skeptiker“ Werner Walter ist tot, GWUP-Blog am 8. November 2016
  • Der „European Skeptics Congress“ 2022 in Wien, hpd am 16. September 2022
  • SkepKon 2023: Call for Papers, GWUP-Blog am 21. September 2022

5 Kommentare

  1. Happy Birthday! Schön, dass es euch gibt.

  2. Herzlichen Glückwunsch!

  3. Na, da gratuliere ich doch herzlich den Machern meiner täglichen Lektüre. Schön, dass Ihr sie macht!

  4. Eine heilsame Verstandesoase inmitten der Gedankenwüste der Schiff- und Hildmänner dieser Welt. Chapeau!

  5. Herzlichen Glückwunsch von mir als Vielleser und Wenigkommentierer.
    Ihr seid zu gut, als das einem noch was dazu einfallen würde, nur um „gesehen“ zu werden.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.