Bild-Leser und Ufo-Fans müssen sich wohl noch etwas gedulden:
Zumindest der neue Bericht der amerikanischen „Ufo-Behörde“ AARO (All-domain Anomaly Resolution Office) liefert mal wieder keinen Beweis für außerirdische Besucher.
Das AARO war 2022 als Abteilung innerhalb des US-Verteidigungsministeriums gegründet worden, um UAPs (Unidentified Aerial Phenomenon) zu untersuchen, wie Ufos heute heißen. Die Vorläuferorganisation UAPTF (Unidentified Aerial Phenomena Task Force) hatte 2021 einen Report zu Ufos/UAPs veröffentlicht, in dem zwar nichts über Aliens stand, wohl aber von „unidentifizierten Phänomenen im Luftraum“ die Rede war, die ein potenzielles Risiko für die militärische und nationale Sicherheit der USA darstellen könnten.
Daraufhin wurden das Pentagon und die Geheimdienste gesetzlich verpflichtet, eine Untersuchungsbehörde für UAP-/Ufo-Phänomene einzurichten. Diese firmierte zunächst als AOIMSG (Airborne Object Identification and Management Synchronization Group), ehe sie zur AARO umformiert wurde.
Der erste AARO-Direktor, Sean Kirkpatrick, trat bald wieder von seinem Posten zurück, publizierte aber ein interessantes Statement zur aktuellen Ufo-Debatte im Scientific American. Derzeit fungiert der ehemalige Geheimdienstler Timothy Philipps interimsweise als Leiter des AARO.
Der AARO-Report ist ein historischer Abriss der zahlreichen Ufo-Untersuchungen in den Vereinigten Staaten – von der ersten Ufo-Welle nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zu angeblich „geheimen Programmen“ in unserer Gegenwart.
Eine ausführliche Zusammenfassung der 63 Seiten gibt’s bei ufo-information.de.
Das Fazit ist allerdings kurz und knapp gehalten:
Bis heute hat das AARO keine empirischen Beweise dafür gefunden, dass es sich bei einer Sichtung eines UAP um eine außerirdische Technologie oder um die Existenz eines geheimen Programms handelt, das dem Kongress nicht ordnungsgemäß gemeldet wurde.
Die Ermittlungen ergaben, dass die meisten Sichtungen das Ergebnis einer Verwechslung von gewöhnlichen Objekten und Phänomenen waren.
Obwohl viele UAP-Meldungen ungeklärt bleiben, schätzt das AARO, dass die meisten dieser Fälle auch als gewöhnliche Objekte oder Phänomene identifiziert und aufgeklärt werden könnten, wenn zusätzliche, qualitativ hochwertige Daten zur Verfügung stünden.
Nicht überraschend zeigen sich Ufo-Enthusiasten wenig amüsiert über die Veröffentlichung. „Erste Reaktionen“ und harsche Kritik an dem Report hat grenzwissenschaft-aktuell zusammengetragen.
Sachliche, nichtessentielle Fehler darin beschreibt das Online-Magazin The Debrief.
Dem „Historical Record Report: Volume 1“ will das AARO einen zweiten Band folgen lassen, der sich mit aktuellen Entwicklungen befasst.
In dieser Fortsetzung soll dann auch detailliert auf Interviews mit 30 Personen eingegangen werden, die sich in den vergangenen Monaten zum Thema Ufos/UAP exponiert haben, etwa bei öffentlichen Anhörungen.
Vorab stellt das AARO fest, dass es auch in diesem Bereich an Belegen für diverse außergewöhnliche Behauptungen fehlt. Oder dass es sich dabei „um falsch identifizierte authentische, hochsensible nationale Sicherheitsprogramme handelt, die nichts mit der Nutzung außerirdischer Technologien zu tun haben“.
Bezeichnend ist, was die Autoren zum AATIP (Advanced Aviation Threat Identification Program) schreiben, das 2017 in der New York Times enthüllt wurde und den derzeitigen Ufo-Hype entfachte:
Wie wir schon im Skeptiker (3/2023) ausgeführt haben, verbarg sich hinter dem klandestinen AATIP-Programm (2007-2012) wenig mehr als eine private Phantasterei von einflussreichen Anhängern des Paranormalen, zu denen der demokratische Senator Harry Reid (der für das Projekt 22 Millionen Dollar Steuergelder requirierte) und der Geschäftsmann Robert Bigelow von der „Skinwalker Ranch“ gehörten.
Das AARO erklärt dazu, jüngste „Enthüllungen“ etwa über Bergungsprogramme für Ufos und „Reverse Engineering“ seien
… größtenteils das Ergebnis einer zirkulären Berichterstattung einer Gruppe von Personen, die dies trotz fehlender Beweise für wahr halten.
In der März-Titelgeschichte von bild der wissenschaft vertritt auch Andreas Anton vom Freiburger IGPP die Auffassung, dass umjubelte Whistleblower wie David Grusch sich letztendlich „in einem Umfeld von Personen [bewegen], deren gemeinsames Ziel darin besteht, dem Ufo-Thema zu mehr Anerkennung zu verhelfen“:
Diese relativ kleine Netzwerk hat eine große öffentliche Wirkung erzielt. Nach meiner Analyse haben Kontakte zu dieser Ufo-Lobby sowie weitere Gespräche Grusch davon überzeugt, dass es eine große Ufo-Verschwörung gibt.
Ich vermute, dass es sich dabei um eine bunte Mischung handelt: fehlinterpretierte Informationen und bewusste Desinformation, Lügen, Wichtigtuerei, Naivität, monetäre Interessen – und vielleicht auch das berühmte Körnchen Wahrheit.
Im nächsten Skeptiker (1/2024) sprechen wir darüber mit Christian Schiffer, Autor von „Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen“.
Zum Weiterlesen:
- Christian Alt/Christian Schiffer: Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen – Was der neue Ufo-Hype über uns Menschen verrät. Goldmann 2023, 240 Seiten, 18 €
- „Zeigt uns einfach das Ufo!“ Interview mit Christian Schiffer zu seinem Buch „Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen“, GWUP-Blog am 1. März 2024
- Alien-Mumien, UAPs und die NASA: der neue Ufo-Hype, GWUP-Blog am 17. September 2023
- Wieder ein Ufo-Whistleblower, Raumschiffe und tote Aliens, GWUP-Blog am 5. Juli 2023
- Die Ufos fliegen wieder, GWUP-Blog am 23. Februar 2023
- Erster Leak aus dem US-„Ufo“-Bericht: Aliens, Hyperschallwaffen – wer weiß? GWUP-Blog am 4. Juni 2021
- Why Would Anyone Think the Mexican ‘Alien Mummies’ Were Real? skeptical-inquirer am 5. März 2024
- Pentagon veröffentlicht umfassende Studie zu Ufos, spiegel.de am 9. März 2024
- The 4 Big Questions the Pentagon’s New UFO Report Fails to Answer, wired am 11. März 2024
- Der historische UAP-Bericht der AARO, ufo-information am 11. März 2024