gwup | die skeptiker

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8. Juni 2023
von Bernd Harder
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Arne Burkhardts Erbe – kritisch hinterfragt von Janos Hegedüs

Am 30. Mai ist der Hauptakteur der „Pathologie-Konferenz“, der Ruhestands-Pathologe Arne Burkhardt, gestorben, meldet der Verein „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie“ (MWGFD).

Auch Dr. Janos Hegedüs hat sich zu einem Nachruf auf Burkhardt entschlossen, der sich allerdings diametral von den Lobeshymnen der Szene, etwa bei der „neurechten Plattform“ Tichys Einblick, unterscheidet.

Denn:

Die Nachwirkungen seiner Worte sind nicht einfach mit ihm verschwunden. Die Halbwahrheiten und Unwahrheiten, die er bis zum Schluss propagierte, existieren weiterhin und können leicht geteilt, gefunden und dazu beitragen, neue Menschen zu verunsichern oder ihre Fehlannahmen zu verstärken.

Sie wirken somit gegen den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den wissenschaftlichen Fortschritt.

Ich versichere euch, dass ich keine ethischen Bedenken bei der Veröffentlichung dieses Videos habe. Diese Entscheidung wurde gründlich abgewogen.

Obwohl Herr Burkhardt nicht mehr unter uns ist, beeinflusst dies in keiner Weise das Erbe, das er hinterlassen hat. Dieses Erbe verdient nicht nur Kritik, es ist absolut notwendig, dass es kritisch hinterfragt wird.

Zum Weiterlesen:

  • Video: Spikes statt Spermien – Janos Hegedüs über das Neuste von Wodarg & Burkhardt, GWUP-Blog am 9. März 2023
  • Neues Video von Janos Hegedüs: Ruhestands-Pathologe Arne Burkhardt findet wieder „Ufos in der Impfung“, GWUP-Blog am 6. November 2022
  • Video: Janos Hegedüs über die Rechtfertigungen von Arne (Die Pathologie-Konferenz) Burkhardt, GWUP-Blog am 10. Juni 2022
  • „Neueste Horrorvorstellungen“: Janos Hegedüs über Arne Burkhardt und Sucharit Bhakdi, GWUP-Blog am 2. März 2022
  • Die „Pathologie-Konferenz“: Konfus und unkonkret, GWUP-Blog am 23. September 2021

8. Juni 2023
von Bernd Harder
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SkepKon-Video: „Gendersprache – eine nüchterne Einordnung“

Der SkepKon-Vortrag von Axel Ebert

Gendersprache – eine nüchterne Einordnung

ist jetzt online:

Die Polarisierung rund ums Gendern ist prototypisch für aktuelle Gesellschaftsdiskussionen im Spannungsfeld von gewünschter Inklusion und medialer „Erregungsbewirtschaftung“. Für einen klaren Blick auf das Thema hilft es zwei Sachverhalte zu trennen: Welche Effekte kann gendern haben? Wie wollen wir als Gesellschaft mit solchen Entwicklungen umgehen?

Antworten auf die Frage, was Gendern bringt, werden oft mit Pro- und Kontra-Studien über die aktuelle Wirkung des Genderns versehen – so, als gelte es über die Wirkungsweise eines Medikamentes zu entscheiden. Die Sozialontologie und John Searles Sprechakttheorie ermöglichen einen erhellenden Blick auf solche beobachterrelativen Sprach-Phänomene.

Mit konkreten Textbeispielen wird dabei das Potenzial unterschiedlicher Gendermöglichkeiten gezeigt.

Doch die Frage nach einem sinnvollen Gesellschaftsdiskurs zeigt, wie schwierig dies im meinungsverminten Umfeld ist. Schnelle Lagerbildung, stereotype Feindbilder und die mediale Eskalationsdynamik geben wenig Spielraum für differenzierte Entwicklung.

Der Vortrag ist ein Plädoyer für eine gesellschaftliche Entwicklungslust mit wohlwollenden Interpretationsspielräumen – auf allen Seiten. Wissen Sie dann nach dem Vortrag, ob Gendern cool oder blöd ist? Vielleicht nicht.

Aber am Beispiel des Genderns wird gezeigt, welches konfliktlösende Potenzial der pragmatisch-analytische Blick auf ein Phänomen haben kann, welche Rolle empirische Forschung in der politischen Willensbildung spielen sollte und mit welchem Mindset konstruktive Entwicklungen möglich sind.

Zum Weiterlesen:

  • Das war die SkepKon 2023, hpd am 30. Mai 2023
  • Petra Gerster/Christian Nürnberger: Vermintes Gelände – Wie der Krieg um Wörter unsere Gesellschaft verändert. Heyne 2021, 224 Seiten, 16 €

7. Juni 2023
von Bernd Harder
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Video: „Geld verdienen mit Verschwörungstheorien“ bei der re:publica in Berlin

Bei der re:publica in Berlin gab’s auch einen Vortrag über

Cash & Conspiracy? Die Monetarisierung von Verschwörungsmythen und Desinformation

Rita Gsenger vom Weizenbaum-Institut erläuterte am Beispiel der „Querdenken“-Bewegung Finanzierungsmöglichkeiten von Spenden bis hin zum Merchandiseverkauf:

Alexandra Keiner (ebenfalls vom Weizenbaum-Institut) fokussierte auf die Geschäftsmodelle der digitalen Ökonomie, wie Zugangsgebühren und Werbeeinnahmen:

Josef Holnburger und Miro Dittrich vom CeMAS sprachen zum Thema

Where’s the Money at? Über welche Wege sich Verschwörungsideolog:innen und Rechtsextreme finanzieren

Dazu gibt es diesen Twitter-Thread, in dem es zum Beispiel um Affiliate-Links geht.

CeMAS-Mitarbeiterin Lea Frühwirth beschreibt in ihrem Beitrag Desinformation „als komplexe Herausforderung“.

In einem weiteren Vortragsvideo behandelt Meron Mendel von der Bildungsstätte Anne Frank die Verschwörungsideologie, Juden seien reich und würden hinter den Kulissen die Strippen ziehen:

Woher kommt der Mythos und was hat das mit Kapitalismuskritik heute zu tun? Wann wird Cash-Kritik antisemitisch? Wie können wir es besser machen?

Zum Weiterlesen:

  • Neu bei Verschwörung & Fakten: „Reich mit Verschwörungen?“ GWUP-Blog am 21. Mai 2021
  • Markenrechte, Merchandising, Schenkungen, Bustransfers: Womit „Querdenken“ Geld verdient, GWUP-Blog am 27. November 2020
  • So viel Geld soll Michael Wendler mit Schwurbler-Produkten verdienen, t-online am 29. September 2021
  • Servus TV sagt Pfiat di: Der Free-TV-Sender verabschiedet sich, tvdigital am 7. Juni 2023

7. Juni 2023
von Bernd Harder
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Video: „Die Rolle der Esoterik im verschwörungsideologischen Milieu“ bei der re:publica

Vortragsvideo von der re:publica, die heute in Berlin zu Ende gegangen ist:

Mit Kristallen und Klangschalen gegen die „Neue Weltordnung

von Katharina Nocun.

Eine Heilpraktikerin rief Demonstrierende dazu auf, den Reichtag zu stürmen. Bei der großen „Reichsbürger“-Razzia im Dezember 2022 wurde eine Astrologin festgenommen, die früher AfD-Mitglied war. Auf den Bühnen zahlreicher verschwörungsideologischer Demos sprechen regelmäßig bekannte Esoteriker. Wie kam es zu dieser Melange?

Zum Weiterlesen:

  • Video: „Esoterik – Gefährlicher Glaube“ bei Kortizes, GWUP-Blog am 19. März 2023
  • Kortizes-Podcast: „Esoterik“ mit Katharina Nocun, GWUP-Blog am 16. März 2023
  • Konspiritualität: Die Schnittmenge von Esoterik und Verschwörungsideologien, Deutschlandfunk Nova am 26. Januar 2023
  • Videos: Esoterik – das Business und die Gefahren, GWUP-Blog am 26. Januar 2023
  • Skeptiker-Interview: „Gefährlicher Glaube – Die radikale Gedankenwelt der Esoterik“ mit Katharina Nocun, GWUP-Blog am 9. Oktober 2022

6. Juni 2023
von Bernd Harder
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„Der Waldorf-Report“ bei den Krautreportern – Fortsetzung

Ein halbes Jahr nach seiner kritischen Artikelserie über die Waldorfschulen in Deutschland hat Bent Freiwald von Krautreporter sich erneut mit dem Thema beschäftigt:

In den vergangenen Monaten haben mir Leser:innen immer wieder Mails geschickt, wenn es eine Waldorfschule in ihrer Stadt in die Schlagzeilen geschafft hat. Deshalb habe ich noch einmal recherchiert, was seit unserer Berichterstattung im Herbst passiert ist.

Es geht um einen Reichsbürger, der an einer Waldorfschule unterrichtet hat, um Gerichtsverfahren, um Lehrkräfte, die Angst haben, sich öffentlich zu äußern und Schüler:innen, die nicht wissen, an wen sie sich wenden können, wenn Lehrkräfte Grenzen überschreiten.

Aber auch darum, dass die öffentliche Kritik offenbar an den richtigen Stellen ankommt.

Zum Weiterlesen:

  • Waldorf: „Ich weiß nicht, wozu manche in der Lage sind“, krautreporter am 1. Juni 2023
  • Verständlich erklärt: „Der Sinn und Unsinn von Waldorfschulen“, GWUP-Blog am 25. Juni 2022
  • Der Sinn und Unsinn von Waldorfschulen, verständlich erklärt, krautreporter am 22. Juni 2022
  • So viel Geld steckt der deutsche Staat in Waldorfschulen, krautreporter am 18. November 2022
  • Verzögert das System Waldorf die Auflärung von Straftaten? krautreporter am 18. November 2022
  • Wie war es für dich an der Waldorfschule? krautreporter am 18. November 2022
  • So werden Waldorfkritiker:innen eingeschüchtert, krautreporter am 18. November 2022
  • So esoterisch ist die Ausbildung zur Waldorf-Lehrkraft, krautreporter am 18. November 2022
  • „Anthroposophie – eine kurze Kritik“: Vortrag in Düsseldorf und live bei Youtube, GWUP-Blog am 6. Juni 2023

6. Juni 2023
von Bernd Harder
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„Anthroposophie – eine kurze Kritik“: Vortrag in Düsseldorf und live bei Youtube

Am Mittwoch (7. Juni) in Düsseldorf (Salon des Amateurs) und live bei Youtube:

Anthroposophie – eine kurze Kritik

mit André Sebastiani.

Anthroposophische Einrichtungen, ob Waldorfschulen oder Demeter-Höfe, sind etablierter Bestandteil der Gesellschaft. Gleichwohl unterliegt ihre ideologische Grundlage, dargelegt in den zahlreichen Schriften Rudolf Steiners und seiner heutigen Anhänger, seit langem der Kritik.

In seinem 2019 erschienenen Buch Anthroposophie – Eine kurze Kritik kritisiert André Sebastiani die anthroposophische Weltanschauung insgesamt als anti-aufklärerisch, zudem werde sie ihrer Selbstbeschreibung als Wissenschaft nicht gerecht und weise vielmehr Merkmale einer Pseudowissenschaft auf. Weiterhin beschreibt Sebastiani das anthroposophische Welt- und Menschenbild kritisch und erneuert den Vorwurf des Rassismus und Antisemitismus gegenüber der Anthroposophie.

Mit der Waldorfpädagogik, der anthroposophischen Medizin und der biologisch-dynamischen Landwirtschaft werden zudem die sogenannten Praxisfelder der Anthroposophie und ihre Auswirkungen auf die Verbreitung anthroposophischen Gedankenguts in der Allgemeinheit erörtert.

Veranstalter ist der Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!), los geht’s um 19 Uhr.

Zum Weiterlesen:

6. Juni 2023
von Bernd Harder
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ÖAW-Video: „Zeitgemäße Wissenschaftskommunikation“ mit Moder und Ziegler

Die ORF-Wissenschaftsjournalistin Elke Ziegler und Dr. Martin Moder bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW):

Aufgaben einer zeitgemäßen Wissenschaftskommunikation

Wie funktioniert zeitgemäße und erfolgreiche Wissenschaftskommunikation? Welche Hürden gilt es zu meistern und wie werden Forschungsergebnisse zu Wissenschaftsnews?

Ein Best Practise-Beispiel für Science Communication aus Portugal zeigt die ÖAW in diesem Video (zirka 30 Minuten).

Zum Weiterlesen:

  • Elke Ziegler erhält Staatspreis für Wissenschaftspublizistik, apa am 16. September 2022

5. Juni 2023
von Bernd Harder
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„Kryptografie“ im WTF-Talk

Heute Abend (5. Juni) ist im WTF-Talk der Science-Blogger und Kryptologe Klaus Schmeh zu Gast:

Kryptografie – Alles auf Nummer sicher?

Los geht’s um 20 Uhr. Infos dazu gibt es wie immer bei den Zeugen Kühlwaldis.

Zum Weiterlesen:

  • Klaus Schmeh zur Dechiffrierung der Briefe Maria Stuarts u. Voynich-Manuskript, Deutschlandfunk am 8. Februar 2023
  • Neue kommentierte Ausgabe des Voynich-Manuskripts veröffentlicht, cipherbrain am 22. September 2022
  • Skurriles Experiment: Verraten Tote Geheimwörter? telepolis am 20. Mai 2013
  • Verraten Tote Geheimwörter? Video-Vortrag mit Klaus Schmeh bei der Dragon Con 2020, GWUP-Blog am 3. September 2020
  • Klaus Schmeh: Codeknacker gegen Codemacher – Die faszinierende Geschichte der Verschlüsselung. Springer 2022, 463 Seiten, 32,99 €
  • Kryptologie, Kryptografie und Kryptoanalyse: Wo liegen die Unterschiede? isits am 23. August 2022

4. Juni 2023
von Bernd Harder
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„Ufo 1665 – Die Luftschlacht von Stralsund“ und andere historische Rätsel um Alien-Besuche

8. April 1665, gegen zwei Uhr nachmittags:

Sechs Fischer aus Stralsund liegen bei Barhöft vor Anker, als am Himmel ein großer Vogelschwarm vorüberzieht. Plötzlich verwandelt sich der Pulk in Kriegsschiffe, die unter Rauch, Feuer und gewaltigem Getöse mehrere Stunden lang miteinander kämpfen. Gegen Abend erscheint „mitten aus dem Himmel“ eine „runde, platte Form wie ein Teller“ über der Nikolaikirche.

Eine Ufo-Schlacht im 17. Jahrhundert?

14. April 1561, bei Tagesanbruch:

Über der Stadt Nürnberg formieren sich vor der aufgehenden Sonne kugel-, kreuz- und zylinderförmige Objekte, die „gut eine Stunde lang“ heftig streiten und kämpfen, ehe sie „mit viel Dampf vom Himmel herab auf die Erde“ sinken und sich auflösen. Der Briefmaler und Drucker Hans Wolff Glaser hält das Spektakel auf einem Flugblatt fest.

Ein Luftkampf zwischen außerirdischen Besuchern?

7. August 1566, kurz nach Sonnenaufgang:

Über Basel tauchen am Himmel „große, schwarze Kugeln“ auf, die „mit großer Schnelle und Geschwindigkeit“ vor der Sonne umherfliegen und gegeneinander prallen, „als ob sie einen Streit führten: Etliche davon wurden feurig und rot, zerfielen alsbald und verloschen dann.“

Ein glaubwürdiger Ufo-Bericht?

War der Luftraum über Deutschland und der Schweiz in der Frühen Neuzeit Schauplatz fortwährender Sternenkriege? Dieser Frage geht die Ausstellung

Ufo 1665 – Die Luftschlacht von Stralsund

in der Berliner Kunstbibliothek nach.

Zu sehen sind dort unter anderem Illustrationen der Ereignisse vom 8. April 1665, wie sie die Fischersleute Aßmus Barfoldt, Steffen Rode, Claus Sünnemann, Michel Rohde, Joachim Hasse und Hans Trebuss bezeugten. Inspiriert wurde der Direktor der Kunstbibliothek und Ausstellungskurator Moritz Wullen von dem Buch „Wonders in the Sky“ des französischen Ufologen Jacques Vallée.

Doch Wullens Erklärung für die seltsamen Himmelsphänome ist keine paranormale:

Im 17. Jahrhundert dachte niemand an ein Naturphänomen, sondern von vornherein immer an ein göttliches Wunderzeichen. Man lebte einfach in der Auffassung, dass der Himmel so eine Art Stadion-Screen ist, über den Gott mit der Menschheit kommuniziert, nur eben nicht über Fußballergebnisse, sondern über bevorstehende Strafgerichte und Apokalypsen.

„Wunderzeichen“ oder Prodigien wurden schon in der römischen Antike gesammelt, etwa von dem Schriftsteller Iulius Obsequens. In seinem Buch „Liber de prodigiis“ verzeichnete er

… die außernatürlichen Begebenheiten in der Natur […], alle Vorgänge gleichnishafter Art, durch die ein in der Zukunft liegendes Geschehnis angezeigt und sein Ablauf vorgedeutet wird.

Dazu zählten zum Beispiel „Blutregen, Kometen, Himmelszeichen und Fehlbildungen bei Menschen und Tieren“, schreibt die Volkskundlerin Michaela Schwegler.

Mit dem Beginn der Neuzeit nahm die Vorzeichendeutung einen neuen Aufschwung, maßgeblich beeinflusst von den Prodigiensammlungen des Humanisten und Universalgelehrten Conrad Lycosthenes:

Die Zeitumstände des 16. Jahrhunderts waren besonders geeignet, die Menschen an Furcht erregende Prophezeiungen glauben zu lassen.

Die Bauernkriege in Deutschland, die Kriege der protestantischen und katholischen Landesherren als Folgen der Schriften des Reformators Martin Luther, die Verunsicherung in Glaubensfragen, die Unterdrückung der Untertanen und die Zerstörung der Landschaften in diesen Glaubenskriegen ließen die Menschen erschaudern.

Man glaubte, dass alle diese Missstände auf dem Zorn Gottes beruhten, der Zeichen am Himmel erscheinen ließ, um die Menschen zur Umkehr zu mahnen.

In der Tat „ist in keiner Quelle des 17. Jahrhunderts im Zusammenhang mit unerklärlichen Himmelserscheinungen von Außerirdischen die Rede“, heißt es in einem Begleittext zur Berliner „Ufo 1665“-Ausstellung.

Stattdessen entnehmen wir einer zeitgenössischen Beschreibung der „wunderbarlichen Stralsundischen Lufft-Kriege und Schiffstreite“, dass

… viel gelahrte und verständige Leute / sich allerhand Gedancken zwar gemachet; aber die rechte Außdeutung dennoch dem lieben GOtte gelassen haben / und auch wohl lassen werden; bis es die reiffe Zeit ausweisen wird / was der erzürnete GOtt auffs neue über jene Nordische Refier / für eine Vnglücks-Schale außzugiessen beschlossen habe.

Auch die Erläuterungen des Nürnberger Druckers Hans Wolff Glaser zu seinem Flugblatt von 1561 lassen kaum an ein hochtechnisiertes Luftgefecht denken, sondern bringen eine religiöse Botschaft unters Volk:

Was aber solche Zeichen bedeuten, weiß allein Gott.

Da wir aber kurz aufeinander so viele und verschiedene Zeichen am Himmel haben, die der allmächtige Gott – als wollte er uns ob unseres sündigen Lebens zu Buße reizen und locken – erscheinen lässt, so sind wir leider so undankbar, dass wir solche Zeichen und Wunderwerke Gottes verachten, spöttisch darüber reden und in den Wind schlagen.

Zu befürchten steht, dass Gott uns unserer Undankbarkeit willen eine schreckliche Strafe schicken wird.

Aber konkret welche „verschiedenen Zeichen“ machen das „Nürnberger Himmelsspektakel“ aus, dessen Darstellung in der Zentralbibliothek Zürich aufbewahrt wird?

Realer Stimulus in der frühen Morgendämmerung war möglicherweise eine Halo-Erscheinung, die sich als Nebensonnen, Bögen, Kreise und ähnliche Lichtbrechungs- und Spiegelungseffekte manifestieren kann – und zum Beispiel auch im Augsburger Wunderzeichenbuch (Mitte 16. Jahrhundert) mehrfach abgebildet ist:

Bei den länglichen Zylindern handelt es sich um Kanonenrohre (nebst umherfliegenden Kugeln), wie sie auch auf anderen Flugblättern zu sehen sind:

Und der „große, schwarze Pfeil“ ist kein „Mutterschiff“, wie die Jungs vom „Ufo- und Mysterien-Kanal“ Hangar 18b bei Youtube mutmaßen, sondern ein Komet, der als „Zornrute Gottes“ galt und dementsprechend kriegerisch ausgemalt wurde:

Auch das Motiv der „Himmelsschlacht“ findet sich im Nürnberger Flugblatt von 1561 wieder, das aus Wolkenformationen oder Nordlichtern herausgelesen und als göttliche Warnung gedeutet wurde, dass die Menschen ihre Kriege beenden sollen:

Bleibt indes noch das „Rätsel“, das die Münchner Abendzeitung entdeckt haben will:

Derartige Naturphänomene treten selten zugleich auf …

Natürlich nicht.

Das berühmte Flugblatt von Hans Wolff Glaser ist allerdings auch ist keine Momentaufnahme, sondern eine Kompilation:

Autoren, Zeichner und Stecher haben damals sprichwörtlich abgekupfert, haben Motive gesamplet und neu zusammengesetzt.

Von einer „Recyclingmaschine“ spricht der Kurator der Berliner Ausstellung, Moritz Wullen, bei Welt-Online. Aus dem unerklärlichen Ereignis wurde eine fortgesetzte mediale Inszenierung, zumal Flugblätter im 17. Jahrhundert als „Sensationslektüre“ galten:

Für den Druckerverleger waren Flugblätter in erster Linie Mittel zum Zweck und dieser Zweck war das Verdienen von Geld. Er bestimmte den Inhalt nach wirtschaftlichen Erfordernissen. Schriften mit Berichten über Wunderzeichen und anderem sensationellen Inhalt verkauften sich besonders in den ländlichen Gegenden, die allgemein von einem ereignislosen Alltagsleben geprägt waren, gut.

Weder die Luftschlacht von Stralsund 1665 noch das Nürnberger Himmelsspektakel 1561 noch das Basler Flugblatt von 1566 belegen Besuche durch Außerirdische in früherer Zeit.

Dafür begegnen wir darin „den mentalen Wirklichkeiten des 17. Jahrhunderts, den Mythen, den Ängsten, den kosmologischen und technologischen Vorstellungen“, erklärt Wullen.

„Ufo 1665“ hat nichts mit Erich von Däniken-Stories zu tun, es ist eine kritische Bildgeschichte mit einem Schuss Spekulation.

Zum Weiterlesen:

  • Das Ufo von Stralsund, welt+ am 6. Mai 2023
  • Michaela Schwegler: Erschröckliches Wunderzeichen oder natürliches Phänomen? Frühneuzeitliche Wunderzeichenberichte aus der Sicht der Wissenschaft. Kommission für bayerische Landesgeschichte, Institut für Volkskunde, München 2002

3. Juni 2023
von Bernd Harder
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Video: Dr. Janos Hegedüs debunked die „Pfizer-Files“

Neu bei Dr. Hegedüs:

Debunked: Die Pfizer-Files

Die Pfizer-Files – ein hochkontroverses Thema, zu dem ich mich, wenn auch mit etwas Verspätung, äußern möchte.

Auf dem Kanal Aktien mit Kopf wurde ein Video mit einem dramatischen Titel veröffentlicht, der eine bedeutsame Enthüllung in Aussicht stellte: die Offenlegung der sogenannten Pfizer-Dateien. Bei diesen handelt es sich um Dokumente, die Pfizer während der Entwicklung und Erprobung des mRNA-Impfstoffs „Comirnaty“ zusammengestellt hat.

Die Ergebnisse der Zulassungsstudie liegen vor, doch für die selbsternannten Vertreter des „kritischen Denkens“, die eher querdenkerisch agieren, reicht dies natürlich nicht aus. Sie beabsichtigen, die Rohdaten zu analysieren und die Studienergebnisse neu zu bewerten.

Sie sind weiterhin auf der Suche nach Beweisen, wobei ihre Bemühungen immer verzweifelter erscheinen. Bücher und Videos über die ‚Pfizer-Files‘ unterstreichen den enormen Aufwand, den einige betreiben, um ihre persönliche Wahrheit zu schützen und ihre schrumpfenden Echokammern vor dem Kollaps zu bewahren.

Zum Weiterlesen:

  • SkepKon und Panda: Ein Video von Janos Hegedüs, GWUP-Blog am 21. Mai 2023
  • Video mit Janos Hegedüs: „Electro-Quantum Harmonics Healing“ – Die dunkle Seite der KI als Warnung und Weckruf, GWUP-Blog am 29. Mai 2023