gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

1. März 2024
von Bernd Harder
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Jonas im Kaninchenbau: „Der Entstörer“ – ein Theaterstück über Verschwörungstheorien

Jonas, ein junger Mann, taucht plötzlich in der Klasse auf. Er ist gehetzt und scheint verfolgt. Er erzählt der Klasse, er werde verfolgt. Von wem, lässt er im Nebel, spricht nur von „denen“ und „die“.

Er sieht sich als gejagt, weil er die Wahrheit über 5G, Bill Gates, Impfungen und Aliens kenne und sie allen erzählen, alle aufwecken will.

Als er sein Handy dann in Alufolie wickelt – um abgeschirmt zu sein – und zeigt, dass er selbst Alufolie am Körper trägt, wird sein Auftritt zusehends verstörend.

Der Verschwörungstheoretiker „Jonas“. Foto: Birgit Hupfeld

So beschreibt der Drei Masken Verlag das Theaterstück „Der Entstörer“ von Ursula Kohlert, das derzeit unter anderem vom Theater Dortmund gespielt wird.

Im März gibt es dort zwei Aufführungen (14.3. und 18.3.), das Ensemble tritt damit aber auch an Schulen im Stadtgebiet von Dortmund auf. Grundsätzlich kann jedes Theater die Aufführungsrechte erwerben und den einstündigen Klassenzimmermonolog auf die Bühne bringen

So feierte „Der Entstörer“ bereits in Chemnitz, Neuss, Neustrelitz, Eggenfelden und anderen Städten Premiere.

Jonas erzählt der Klasse von seinem Leben zwischen Alufolie, Verfolgungsangst und Einsamkeit. Ursula Kohlert stellt dabei heraus, wie anstrengend ein solches Leben ist: Einkaufen wird zum strategischen Krieg, die Wohnung wird zur Silber-Festung, Familie weicht dem gerichtlichen Kontaktverbot und die schöne Nachbarin wird stundenlang heimlich gestalked.

Kohlert zeichnet empathisch nach, wie Jonas nach dem frühen Krebstod seiner Mutter immer radikaler und tiefer in Verschwörungstheorien eintaucht – und wie sehnlichst er sich einen Ausweg und ein sorgenfreies Leben wünscht. Sie zeigt Jonas Weg bis zur äußersten Zuspitzung seines Wahns: In einen Reptiloiden verwandelt, wird er unantastbar, allwissend und unnahbar.

„Jonas“ alias Jan Westphal. Foto: Birgit Hupfeld

Am Theater Dortmund wird Jonas von dem Schauspieler Jan Westphal verkörpert. Ihn reizte an der Inszenierung vor allem die Frage, was machen Verschwörungstheorien mit den Menschen, die daran glauben, sagte Westphal dem GWUP-Blog:

Die Figur des Jonas zeigt sehr eindrucksvoll, dass ihm diese verfestigte Antihaltung nicht guttut, dass er sich mehr und mehr isoliert, dass seine vermeintlichen Erkenntnisse sein Leben nicht wirklich bereichern. In den Nachgesprächen geht es denn auch gar nicht so sehr darum, jede einzelne Verschwörungstheorie zu widerlegen – sondern mehr um Gefühle und Befindlichkeiten.

Jan Westphal mit der Theaterpädagogin Erika Schmidt-Sulaimon

Zu dem Klassenzimmerstück gehört eine Nachbereitung mit der Theaterpädagogin Erika Schmidt-Sulaimon, „damit diese Horrorstorys aus dem Verschwörungsuniversum“ nicht in der Luft hängenbleiben.

Häufig, berichtet Westphal

… erzählen die Schülerinnen und Schüler von ihren eigenen Erfahrungen. Da gibt es die Tante, die an Chemtrails glaubt, oder den WhatsApp-Kumpel, der Antisemitismus teilt. Die meisten sind in irgendeiner Form von dem Thema betroffen.

Am Theater Dortmund kann das Stück hier gebucht werden. Im Juli spielt das Ensemble den „Entstörer“ beim Kinder- und Jugendtheaterfestival „Penguin’s Days“ in Moers.

Ein Interview mit dem Solodarsteller Jan Westphal, dem Regisseur Peter Kirschke und der Dramaturgin Jacqueline Rausch gibt’s im nächsten Skeptiker (1/2024), der Mitte dieses Monats erscheint.

Zum Weiterlesen:

  • „Der Entstörer“: Im Sog der Verschwörung, rheinische post am 5. März 2023
  • Theater an der Rott mit dem Klassenzimmerstück „Der Entstörer“ am Comenius, comenius-deg am 6. Mai 2023
  • Theater an der Rott bringt Klassenzimmerstück über Verschwörungen in Eggenfeldener Schule, pnp am 2. März 2023
  • „Von Lügen und Leiden“: Verschwörungstheorien als Filmthema im P-Seminar an Ingolstädter Gymnasium, GWUP-Blog am 8. Februar 2024
  • Verschwörungstheorien: Aussteigerprogramm „ent-täuscht“ hilft, ndr am 27. Februar 2024

1. März 2024
von Bernd Harder
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„Zeigt uns einfach das Ufo!“ Interview mit Christian Schiffer zu seinem Buch „Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen“

Ufos als Titelthema bei Bild der Wissenschaft – wann hat es das zuletzt gegeben?

Klar kann man die Frage „Was wäre, wenn …?“ stellen, etwa in einem Gespräch mit dem deutschen Rechtswissenschaftler Michael Bohlander von der Universität Durham, der das juristische Lehrbuch „Contact with Extraterrestrial Intelligence and Human Law“ herausgebracht hat.

Offenbar sucht BdW einen halbwegs seriösen Dreh, um beim aktuellen Ufo-Boom mitzumischen.

Trotzdem ist es keineswegs sicher, dass wir „2024 endlich die ganze Wahrheit über Ufos erfahren“, wie Bild in altbewährter Manier blurbt – allen „Whistleblowern“ à la David Grusch zum Trotz:

Man möchte David Grusch und allen anderen Whistleblowern und Gewährsleuten zurufen: Spart euch das ganze Getue – zeigt uns einfach das Ufo!

erklärt der BR-Journalist Christian Schiffer gegenüber dem Skeptiker.

Zusammen mit seinem Kollegen Christian Alt hat Schiffer das Buch

Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen

geschrieben.

Zu Gruschs Auftritt bei einem Ufo-Hearing im Juli 2023 in Washington, vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses, sagt Schiffer:

Ich sehe eine erhebliche Fallhöhe zwischen dem offiziösen Anstrich dieser Veranstaltung, Gruschs Vereidigung, dem Medienrummel und dem, was er eigentlich ausgesagt hat.

Letztendlich hatte er keinerlei Belege, er selbst hat weder Raumschiffe noch Aliens gesehen, sondern nur mit Leuten gesprochen, die das behaupten. Und so ist es mit den angeblich spektakulären Enthüllungen immer schon gewesen.

Für ihr Buch besuchten die Autoren auch den Computerspielentwickler und Skeptiker Mick West:

Schiffers Eindruck:

Das war superspannend. Von gläubigen Ufologen wird Mick West gerne als Game Developer abqualifiziert, der sich anmaßt, die Sichtungen von Top-Zeugen wie Air-Force-Piloten infrage zu stellen.

Bei mir ist es genau umgekehrt. Da ich mich sehr für Videospiele interessiere, weiß ich, dass Computerspielprogrammierer sich hervorragend mit sämtlichen Aspekten der visuellen Wahrnehmung auskennen. Deshalb überrascht mich überhaupt nicht, dass West zum wichtigsten Ufo-Aufklärer in den USA geworden ist.

Er spielte uns zum Beispiel ein Video vor, bei dem sich das Ufo als Papiertüte entpuppt, wenn man die Aufnahme nur etwas länger laufen lässt, als sie im Netz kursiert. Ich war aber durchaus nicht enttäuscht, sondern eigentlich noch faszinierter, weil das zeigt, wie leicht wir uns täuschen lassen.

Auch Piloten bilden da keine Ausnahme.

Zum Schluss gab Mick uns noch einen Tipp mit, wie man eine Ufo-Sichtung so filmt oder fotografiert, dass etwas Brauchbares dabei herauskommt.

Die meisten Menschen machen, wenn sie ein seltsames bewegliches Licht am Nachthimmel sehen, den Fehler, den optischen Zoom ihrer Handykamera zu aktivieren, um das Objekt nah heranzuholen. Um aber beurteilen zu können, was da los ist, benötigt man Kontext – also die Lichtquellen, Sterne, Wolken, Gebäude drumherum.

Deshalb sollte man immer einen möglichst großen Bildausschnitt wählen.

Auch beim Urgestein Erich von Däniken wurden die beiden vorstellig. Frage an Christian Schiffer: Glaubt der Mann das wirklich alles selbst, was er schreibt?

Davon bin ich absolut überzeugt. Es gibt ja so Fälle von Verschwörungsunternehmern, wo man kaum dahinter schaut, inwieweit das Geschäft oder echte Denkart ist. Bei Erich von Däniken ist aus meiner Sicht eindeutig, dass er jeden Anflug von kognitiver Dissonanz vermeidet und alles ausblendet, was nicht zu seiner festen Anschauung passt.

Das vollständige Interview mit Christian Schiffer gibt’s im nächsten Skeptiker (1/2024), der Mitte dieses Monats erscheint.

Zum Weiterlesen:

  • Christian Alt/Christian Schiffer: Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen – Was der neue Ufo-Hype über uns Menschen verrät. Goldmann 2023, 240 Seiten, 18 €
  • Ufos – zwischen Gedankenspielen und Verschwörungstheorien, spektrum am 27. Februar 2024
  • Ein Gespräch über mehr als Ufos, die-zukunft am 8. Oktober 2023
  • Hoaxilla #326: „Ist die Wahrheit irgendwo da draußen?“ vom 28. Oktober 2023
  • Besuch aus dem All, wissenschaft.de am 23. Februar 2024
  • Die neuen Ufo-Influencer, Skeptiker 3/2023
  • Alien-Mumien, UAPs und die NASA: der neue Ufo-Hype, GWUP-Blog am 17. September 2023
  • Wieder ein Ufo-Whistleblower, Raumschiffe und tote Aliens, GWUP-Blog am 5. Juli 2023
  • „Ufos – die Fakten“ im ZDF, GWUP-Blog am 12. April 2022
  • Das UFO/UAP-Thema im EU-Parlament, ufo-info am 29. Februar 2024
  • Neues Buch von Metabunk- Betreiber Mick West: „How to Debunk Conspiracy Theories“, GWUP-Blog am 26. März 2019

1. März 2024
von Bernd Harder
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Coaching: „Das Geschäft mit Reichtum und Glück“

Auch mal originell: vor unseriösem „Hochpreis-Coaching“ warnen und dabei selbst für ein Coaching werben:

Ob die Welt-Redakteurin Cornelia Karin Hendrich das gesehen hat, bevor sie das Buch bei Welt+ empfahl?

Die beiden Autorinnen von „Tatort Hochpreis-Coaching: Selfmade Millionäre und Insolvenzopfer“ berichten Hendrich gegenüber opportun von „teils haarsträubendem Nonsens“, der den Teilnehmern bei solchen Veranstaltungen erzählt werde – „bis hin zu satanischen Ritualen und hoch sexualisierten Inhalten bei vermeintlichen Business-Coachings“.

„Satanische Rituale“? Darüber hätten wir jetzt doch gerne mehr erfahren.

Stattdessen reportiert Hendrich die nicht unübliche Story einer 48-jährigen Frau, die bei einem „Business-Coach“ mehrere zehntausend Euro loswurde, ohne nennenswerte Gegenleistung.

Immerhin kommt auch SkepKon-Referent Uwe Kanning zu Wort:

„Schätzungen gehen davon aus, dass es in Deutschland inzwischen mehr als 35.000 Menschen gibt, die sich als ‚Coach´ vermarkten“, sagt der Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück […]

Das Problem dabei: Keiner kontrolliert, was die Trainer so treiben. „Jeder, der es will, kann sich Coach nennen, ohne irgendeine fachliche Qualifikation nachweisen zu müssen.“ Auch eine zentrale Qualitätssicherung gebe es nicht. Nicht wenige nutzen diese Lücke.

„Die Anzahl der seriösen Anbieter dürfte deutlich unter 30 Prozent liegen“, vermutet deshalb Kanning.

Eine Anwältin rät dazu, juristisch gegen unseriöse Coaches vorzugehen:

Man sieht an der aktuellen Rechtsprechung, dass die deutschen Gerichte sich immer besser mit solchen Coaching-Fällen auskennen und etwa in Einzelfällen bereit sind, Coachingverträge als sittenwidrig anzusehen.

Einen Videobeitrag „Coaching – Glück gegen Cash?“ vom WDR gibt’s bei Youtube und in der Mediathek.

Zum Weiterlesen:

  • Coaching: Das Geschäft mit Reichtum und Glück, welt+ am 29. Februar 2024
  • SkepKon-Video: „Coaching auf Abwegen“ mit Uwe Kanning, GWUP-Blog am 5. Juli 2023
  • Erleuchtet oder abgezockt?“ – ZDF-Doku zum Thema Coaching, GWUP-Blog am 27. April 2023
  • Geburtsdatenalgorithmen und Lichtsprache: Coaching-Methoden unter der Lupe, GWUP-Blog am 15. März 2023

1. März 2024
von Bernd Harder
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Reichstagsbrand vor 91 Jahren: Akten jetzt digital verfügbar

Möglicherweise interessant für Hobbyhistoriker und Verschwörungsforscher:

Das Bundesarchiv hat mittlerweile einen Großteil der Aktenbestände zum Reichstagsbrand vor 91 Jahren digitalisiert.

Man stößt darauf, wenn man in die Suche den Begriff „Strafsache gegen Marinus van der Lubbe und Genossen“ eingibt.

Nach dem Ereignis am 27. Februar 1933 sprachen die Nationalsozialisten von einer kommunistischen Verschwörung, die politische Linke von einem Nazi-Komplott.

Dem Historiker und Welt-Redakteur Sven-Felix Kellerhoff zufolge belegen die Akten die Einzeltäterschaft des Niederländers Marinus van der Lubbe. Laut Zeit gibt es an der Alleintäter-These nach wie vor Zweifel.

Die Debatte und Forschung sind noch nicht abgeschlossen,

heißt es bei Wikipedia.

Zum Weiterlesen:

  • Deutsches Historisches Museum: „Der Reichstagsbrand“
  • Reichstagsbrand: Wer legte das Feuer? zeit.de am 19. Februar 2023
  • Der Reichstagsbrand braucht keine Verschwörung, welt.de am 14. Dezember 2011
  • Reichstagsbrand: Mit gescannten Akten gegen die vielen Verschwörungstheorien, welt.de am 27. Februar 2024

26. Februar 2024
von Bernd Harder
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Video-Rückblick: „The Next Uri Geller“ – 16 Jahre danach

Was ich vorgefunden habe, hat mich sprachlos gemacht.

16 Jahre danach kommentiert der Zauberkünstler Matthias Berger die ProSieben-Show

The next Uri Geller – Unglaubliche Phänomene Live

von 2008.

Ein Jahr später gab es eine zweite Staffel, welche aber nicht ansatzweise an die Einschaltquoten der ersten Staffel rankam. Das Format wurde deshalb eingestampft. Das Publikum zuhause hatte einfach keine Lust mehr, sich weiter verarschen zu lassen. Ich meine, jedem logisch denkenden Menschen war klar, dass das alles halt absoluter Humbug ist und dass das eigentlich einfache Zaubertricks sind.

Die GWUP widmete dem Spektakel eine Skeptiker-Ausgabe (2/2008).

Zum Weiterlesen:

  • Video: „Die Zerstörung von Uri Geller“ – Geller vs. Randi, GWUP-Blog am 25. Dezember 2022
  • Next Uri Geller: Fauler Zauber 2.0, GWUP-Blog am 13. Januar 2009
  • Video: „The Next Uri Geller“ – Erste Folge

26. Februar 2024
von Bernd Harder
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Video: Das „grüne Paradies“ für Impfgegner in Paraguay

Eine weitere Reportage über „El Paraiso Verde“, das grüne Paradies für „Coronaflüchtlinge“ in Paraguay, ist bei ARTE erschienen:

2016 gründete der Ex-Scientologe Erwin Annau das El Paraiso Verde, das grüne Paradies. Corona-Geimpfte sind dort unerwünscht. Er und seine Frau Sylvia verwandelten ein Feuchtgebiet von 16 Quadratkilometern im Süden von Paraguay in eine gigantische Gated Community mit bewaffneten Aufpassern.

Die Maskenbildnerin Irina aus Dresden glaubte anfangs an die Versprechungen von einem sorgenfreien Leben bei sonnigem Wetter in einer fröhlichen Gemeinschaft. Sie zahlte für ein Haus im „grünen Paradies“ Geld an.

Heute ist sie ernüchtert und kämpft um die Rückkehr ihrer Tochter, die im El Paraiso Verde geblieben ist. Auch andere deutsche Siedler sind enttäuscht. Sie sehen sich durch das undurchsichtige Geschäftsmodell des grünen Paradieses um ihre Ersparnisse gebracht. Viele gehen jetzt gerichtlich gegen die Betreiber vor.

Ein Reaction-Video dazu von El Paraiso Verde gibt’s bei Youtube.

Zum Weiterlesen:

  • Das vermeintliche Paradies der Corona-Freiheit: „Heilpraktiker, Wunderheiler und rechte Impfgegner“ in Paraguay, GWUP-Blog am 26. Dezember 2021
  • Video: Impfgegner in Paraguay, GWUP-Blog am 18. August 2022
  • „Präpotente Quadratschädel“: Deutsche Coronaflüchtlinge in Colonia Independencia, GWUP-Blog am 6. August 2023

24. Februar 2024
von Bernd Harder
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„Was Esoterik Macht“: Neue Download-Broschüre

Eine weitere Esoterik-Broschüre:

Was Esoterik Macht

Themen sind unter anderem Anthroposophie (Ansgar Martins), „Esoterik in sogenannten Alternativmedien“, die Anastasia-Bewegung sowie „Esoterik und alternative Heilmethoden als Zugangspunkt zu Verschwörungsideologien“ (Nora Pösl).

Herausgeber ist das Zentrum Liberale Moderne.

Die Publikation steht hier zum kostenlosen Download bereit, die einzelnen Beiträge sind auch online verfügbar.

Zum Weiterlesen:

  • FAQ Verschwörungsideologien und Esoterik: neue Broschüre, GWUP-Blog am 22. Februar 2024
  • Neue Broschüre: „Mystische Menschenfeindlichkeit“ und der Umgang mit rechter Esoterik, GWUP-Blog am 6. Februar 2024

23. Februar 2024
von Bernd Harder
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Satan Wants You: Eine Doku über „Michelle Remembers“ und den Beginn der Satanic Panic

Ein Buch, das Familien zerstörte (einschließlich die des Autoren-Duos), Menschen unschuldig ins Gefängnis brachte und eine „höllische Hysterie“ lostrat:

Die Rede ist von „Michelle Remembers“, das 1980 erschienen ist.

Darin schildert die damals 31-jährige Michelle Smith ihre wiederhergestellten Erinnerungen an „rituellen Missbrauch“ in einer Satanssekte, die während einer Therapie bei ihrem Psychiater Lawrence Pazder nach und nach zum Vorschein gekommen seien.

Das Buch und die Reaktionen darauf prägten zwei berüchtigte Begriffe:

Ritual Sexual Abuse

und

Satanic Panic

Die ganze bizarre Geschichte zeichnet die 90-minütige kanadische Doku „Satan Wants You“ nach, die jetzt bei der amerikanischen Streaming-Plattform Tubi TV verfügbar ist. Allerdings benötigt man dafür in Deutschland einen Anonymisierungsdienst wie anonymoX oder CyberGhost, um das Geoblocking zu umgehen. Außerdem ist „Satan Wants You“ im Video-on-Demand-Bereich von Vimeo für 9,99 CA$ verfügbar. Dort ist er von Game Theory Films veröffentlicht worden.

1979 ließ sich der gläubige Katholik Pazder von seiner Ehefrau scheiden und heiratete seine Patientin und Mitverfasserin Michelle Smith, die sich ihrerseits von ihrem Partner Doug Smith trennte. In dem Film wird deutlich, dass Michelle Smith von Pazder regelrecht besessen war. Der angesehene Psychiater wiederum war von dem Fall „Sybil“ fasziniert, der sich in den frühen 1970ern um eine Frau mit einer angeblichen Dissoziativen Identitätsstörung drehte.

Obwohl die Story von den 16 Persönlichkeitsabspaltungen wohl weitgehend erfunden war, machte er die Patientin, ihre Therapeutin und eine clevere Buchautorin bekannt und reich.

In „Satan wants you“ sagt Pazders Exfrau Marylyn aus, ihr Mann habe es ihnen gleichtun wollen:

He said, „I don’t want to be just an ordinary psychic; I want to be famous“, and he said, „I’ve got a patient just like that“, and that’s when he phoned her.

Michelle Smith und Lawrence Pazder in „Satan Wants You“

Nachdem das Buch „Michelle Remembers“ erschienen war, reisten die beiden wie Popstars von Interview zu Interview durch die USA. Sogar der Vatikan interessierte sich für die „Braut des Satans“, wie Michelle von Boulevardmedien genannt wurde. Für die Podcasterin Sarah Marshall ist Smith „the Patient Zero of the Satanic Panic“.

Pazders Exfrau und Michelles Geschwistern war dagegen schnell klar, dass die „Recovered Memories“ keinerlei reale Entsprechung in der Familiengeschichte hatten. In „Satan Wants You“ kommen sie nun ausführlich zu Wort. Pazder starb 2004 an einem Herzinfarkt. Smith weigerte sich, vor die Kamera zu treten.

Mit dabei sind Elizabeth Loftus, der Soziologe Jeffrey S. Victor, Blanche Barton und der ehemalige FBI-Agent Kenneth Lanning, der das Duo Pazder/Smith 1987 bei einer Konferenz in Virginia traf – und bei ihren Erzählungen sofort misstrauisch wurde.

Kenneth Lanning in „Satan Wants You“

Bei umfangreichen Ermittlungen fand Lanning keine Spur von „satanistisch-rituellem Missbrauch“.

Lanning ist es auch, der in „Satan Wants You“ den vielleicht wichtigsten Kommentar abgibt:

I came to realize this story is one of the most relevant topics that you could ever talk about in today’s world. It’s just not about Satanic Ritual Abuse of children, but this problem of what people believe when there is no real objective professional evidence of it – is an amazing thing to behold.

Die beiden Regisseure der Doku, Steve J. Adams and Sean Horlor, sagten dem Independent:

General consensus …is: „Oh no, here we go again.“ And it’s like, 40 years on from Michelle Remembers and the Satanic Panic, and yet here we are, in the present day with the same rumors happening, the same people using satanic conspiracies to accuse people of crimes they never committed.

Trotzdem werden die aktuellen Protagonisten der „Satanic Panic“ in Deutschland auch vor diesem detailreichen Aufklärungswerk ganz fest Augen und Verstand verschließen.

Zum Weiterlesen:

  • Michelle erinnert sich falsch: Wie ein Psychiater im Jahr 1980 die „Satanic Panic“ lostrat, GWUP-Blog am 25. Dezember 2023
  • Jeffrey S. Victor: Satanic Panic – The Creation of a Contemporary Legend. Open Court 1993
  • Kenneth Lanning: FBI Report on Satanic Ritual Abuse
  • Satanic panic: Documentary takes a new look at Michelle Remembers book, timescolonist am 8. August 2023
  • A doctor helped his patient recall childhood torture by a cult. Their story sparked a global „Satanic Panic“, The Independent am 24. März 2023
  • This book plunged the world into a terrifying obsession with satanic cults in the 1980s, CBC am 5. Januar 2024
  • Satanic Panic: Wie Familien an Falscherinnerungen zerbrechen, GWUP-Blog am 21. Oktober 2022
  • Erschreckend: Die Wiederkehr der „Satanic Panic“ in den USA, GWUP-Blog am 17. September 2022
  • Chris French: Satanic child abuse claims are almost certainly based on false memories, The Guardian am 18. November 2014
  • Die „Satanic Panic“, ihre Opfer und die Aufklärung, GWUP-Blog am 3. September 2018
  • The Last Victim, National Review am 23. August 2018
  • Texas pair released after serving 21 years for ’satanic abuse‘, The Guardian am 5. Dezember 2013
  • The history of Satanic Panic in the US — and why it’s not over yet, vox am 30. Oktober 2016
  • The Real Victims of Satanic Ritual Abuse, slade am 7. Januar 2014

22. Februar 2024
von Bernd Harder
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Ufos und was man dafür hält

Der ZDF-Backgroundcheck widmet sich dem aktuellen Ufo-Hype in den USA.

Es geht um Unsinn wie die „Alien-Mumien“ von Mexiko, um Fragwürdiges wie die Behauptungen von David Grusch (in dieser Szene vom Ufo-Hearing am 26. Juli 2023 in Washington sind in der ersten Reihe, direkt hinter Grusch, schön deutlich die beiden bekannten Ufo-Aktivisten und Influencer George Knapp, dritter von links, und Jeremy Corbell, rechts, zu sehen) …

… sowie um seriöse Forschung à la AARO und NASA.

Fazit:

Die Show geht […] weiter. Wie sich das Ganze entwickelt, müssen wir wohl abwarten. Um mehr Antworten zu finden, müssen wir vor allem eins sein: geduldig.

Auch das Kinder- und Jugendmagzin PUR+ begibt sich auf „die Spuren der Aliens“.

Mit dabei ist Hans-Werner Peiniger von der GEP. Es geht um die belgische Ufo-Welle Ende der 1980er, die Tic-Tac-Sichtung 2004, den Fehrenbach-Fall 1994 und natürlich um Roswell.

Außerdem gibt’s in der ARD-Mediathek die französische Serie „Ufos“ von 2021.

Zum Weiterlesen:

  • Why Weird Stuff Matters: An Expanded Interview with Chris French on The Science of Weird Shit, skeptical-inquirer am 21. Februar 2024
  • Independent-Doku „The UFO Movie THEY Don’t Want You to See“ von Brian Dunning, GWUP-Blog am 1. Januar 2024
  • Die neuen Ufo-Influencer, Skeptiker 3/2023
  • Alien-Mumien, UAPs und die NASA: der neue Ufo-Hype, GWUP-Blog am 17. September 2023
  • „Das habe ich als Ufo-Jäger der US-Regierung gelernt“, ufo-info am 22. Januar 2024
  • Hat das Pentagon beim Thema UAP versagt? ufo-info am 26. Januar 2024
  • Statistiken zu UFO-Sichtungen in Deutschland: GEP gibt erweitertes Datenmaterial frei, grenzwissenschaft-aktuell am 25. Januar 2024

22. Februar 2024
von Bernd Harder
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FAQ Verschwörungsideologien und Esoterik: neue Broschüre

Zwei von 22 Fragen haben etwas mit Verschwörungstheorien zu tun – insofern ist der Titel etwas irreführend:

FAQ Verschwörungsideologien und Esoterik

heißt eine neue Publikation der Amadeu Antonio Stiftung:

Esoterik ist längst Mainstream: Ob Yogastudio, Globuli, heilenden Kristallen im Wasser, Achtsamkeitsseminaren oder in den Aushängen im lokalen Bio-Markt.

Es ist stets wichtig zu betonen, dass Esoterik, ebenso wie esoterisch interessierte Menschen, nicht grundsätzlich antidemokratisch sind. Eine kritische Auseinandersetzung ist dennoch wichtig. Denn Esoterik kann eine Verbindung zwischen vermeintlich harmloser Spiritualität und antidemokratischen Ideologien darstellen.

Gleichzeitig gibt es Überschneidungen zwischen Esoterik und gefährlichen Praktiken wie der wissenschaftsleugnenden Neuen Germanischen Medizin, Sekten und völkischen Siedlungsbewegungen sowie teuren Produkten ohne medizinischen Nutzen, welche professionell und für viel Profit vermarktet werden.

Die 28-seitige Broschüre steht hier zum kostenlosen Download bereit.

Zum Weiterlesen:

  • Wie sich Verschwörungstheorien und Esoterik überlappen, Deutschlandfunk am 29. Mai 2020
  • Der gemeinsame Nenner von Homöopathie, Esoterik und Verschwörungstheorien, GWUP-Blog am 17. Oktober 2020
  • Esoterik und Verschwörungstheorien: „Gerade die bürgerliche Mittelschicht ist anfällig“, Zeit-Online am 25. Januar 2022
  • Konspiritualität: Die Schnittmenge von Esoterik und Verschwörungstheorien, Deutschlandfunk am 26. Januar 2023
  • Esoterik als Türöffner für Verschwörungstheorien, DW am 30. Dezember 2021
  • Video: „Keine Liebe für Schwurbler*innen | Esoterik, alternative Lebensstile und Verschwörungstheorien“ vom 6. April 2022