von Amardeo Sarma
Die Realitätsleugnung in Sachen globaler Erwärmung sind wir ja leidvoll gewohnt. Doch leider verschließen auch einige Klimakämpfer und „Klimaretter“ die Augen vor Fakten.
In der aktuellen Ausgabe von Correctiv Spotlight wird im Endspurt des Wahlkampfes gegen „Klimaverschmutzer“ hyperventiliert. Dazu gehört nicht nur die böse Industrie, sondern auch Landwirte, Gewerkschaften und Entscheider in der Politik. Die Feindbilder sind ausgemacht und sie müssen an den Pranger gestellt werden.
Es steht außer Zweifel, dass der Klimawandel ein erhebliches Problem darstellt. Und es ist auch klar, dass es hierfür Lösungsansätze gibt. Einige, wie der Ausbau der erneuerbaren Energien, sind vorangekommen. Deutschland liegt hier sogar vorn.
Das Correctiv-Autorenteam weist zu Recht auf die Empfehlungen des Weltklimarates IPCC hin.
Nur: Die Autoren verschweigen einen Teil der IPCC-Vorschläge. Dieser Teil betrifft auch Deutschland. Im Papier wird ausdrücklich die Kernkraft als eine von fünf breiten Option genannt.
Der IPCC empfiehlt in seinem dritten Bericht von 2001 (TAR/AR3):
Increasing the use of nuclear power. Nuclear energy could replace baseload fossil fuel electricity generation in many parts of the world if acceptable responses can be found to concerns over reactor safety, radioactive waste transport, waste disposal, and proliferation.“
Übersetzung:
… die Nutzung von Kernenergie zu vergrößern. Kernenergie könnte die Basislast der zurzeit durch fossile Träger getragenen Stromversorgung ersetzen, wenn akzeptable Antworten zu den Befürchtungen über Reaktorsicherheit, Transport und Lagerung von radioaktivem Abfall und Proliferation (von Kernwaffen) gefunden werden.“
Und das hat was mit Deutschland zu tun?
Alle bisherigen Fortschritte bei dem Ausbau der erneuerbaren Energien wurden nicht dazu genutzt, Kohlekraftwerke abzuschalten. Es wurden Kernkraftwerke stillgelegt. Damit wird eine angeblich umweltschützerische Priorität deutlich: Der Klimawandel ist nicht so schlimm wie die Gefahren der Atomkraft.
Die Umstellung von Kohle auf Gas – ebenfalls vom IPCC empfohlen – würde erhebliche Verbesserungen in Sachen Klima bewirken. Neben dieser Maßnahme und der Kernenergie ist der Einsatz von erneuerbaren Energien eine der genannen fünf Maßnahmen.
Im neuesten, fünften IPCC Bericht (AR5) heißt es in Kapitel 7:
Multiple options exist to reduce energy supply sector GHG emissions (robust evidence, high agreement). These include energy efficiency improvements and fugitive emission reductions in fuel extraction as well as in energy conversion, transmission, and distribution systems; fossil fuel switching; and low-GHG energy supply technologies such as renewable energy (RE), nuclear power, and carbon dioxide capture and storage (CCS). [7.5, 7.8.1, 7.11]
Kurz übersetzt: Es gibt mehrere Optionen, um im Energiesektor Treibhausgase zu reduzieren, nicht nur erneuerbare Energien und Kernkraft. Gas wird in einem späteren Absatz ebenfalls erwähnt.
In Deutschland hingegen gilt dogmatisch: Alles andere als erneuerbare Energien ist ein Sakrileg! Man sucht sich aus den IPCC-Berichten einfach heraus, was einem in den Kram passt, und ignoriert den Rest.
Die Veröffentlichung von Friedrich Wagner, Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Greifswald, illustriert eindrucksvoll (Eur. Phys. J. Plus (2016) 131: 445), was ein Nichtausstieg aus der Kernenergie und die Umstellung von Kohle auf Gas auf die Stromerzeugung bewirken würde:
Die roten Punkte zeigen, wo wir ohne Abschaltung der Kernkraftwerke wären. Die weißen zeigen, wo wir ohne Abschaltung der Kernkraftwerke und mit dem Umstieg von Kohle auf Gas wären. Die Emissionen 2022 wären nur halb so groß. Wäre das nicht ein Grund, mal über den eigenen Schatten zu springen?
Die Welt ist nicht einfach, und es gibt keine Patentlösung für komplexe Probleme. Deshalb geht es mir auch nicht darum, zu behaupten, dass etwa Kernkraft und Gas allein die Lösung wären. In einer komplexen Welt brauchen wir eine differenzierte Antwort auf die Herausforderung Klima und dürfen dabei die ebenso wichtige Herausforderung Ernährung nicht vergessen.
Wir leben jedoch offenbar in einer Zeit des Schwarz-Weiß-Denkens und der Puristen. Seine Vertreter kennen nicht nur das Problem, sondern haben auch die einzige Lösung, die wir alle unter hohem moralischen Druck akzeptieren sollen, ohne die Tauglichkeit der Rezepte zu hinterfragen.
In diesem Zusammenhang steht auch meine Kritik am Buch von Harald Lesch und Klaus Kamphausen „Die Menschheit schafft sich ab“ im aktuellen SKEPTIKER 3/2017.
Und noch etwas sollten wir bei der Behandlung der Gefahren nicht vergessen: den Nutzen. Die Entwicklung in der Welt hat uns in den letzten 200 Jahren sehr große Fortschritte gebracht, wie die folgende Grafik zeigt.
Wir haben einiges erreicht. Dazu haben Kohle und fossile Energien beigetragen.
Gleichzeitig wissen wir inzwischen, dass die Nutzung fossiler Energien erhebliche Nachteile mit sich bringt, die die Vorteile überwiegen. Deshalb müssen wir aus der Kohleverbrennung aussteigen. Und heute verfügen wir über Alternativen.
Dennoch habe ich volles Verständnis für die Bergarbeiter, die sich um ihre Zukunft sorgen. Sie haben viel für uns alle geleistet und ihnen gebührt Respekt.
Es sollte selbstverständlich sein, dass Politiker bei ihren Entscheidungen die Angst von Bürgern um ihre berufliche Zukunft berücksichtigen. Gleichwohl kann man sich angesichts der Lösungen die Augen reiben. Der Weiterbetrieb von Braunkohlekraftwerken ist von allen denkbaren Möglichkeiten die schlechteste.
Was wir wirklich benötigen, ist die Kombination von gesellschaftlich sinnvollen Projekten, wie dem Kohleausstieg, mit der Wertschätzung gegenüber den vielen Beschäftigten, die zum Nutzen aller im Bergbau tätig waren und heute noch sind. Sie sollten nicht die Zeche dafür bezahlen müssen, dass wir alle jetzt zu neuen Erkenntnissen gekommen sind.
Wir brauchen aber auch eine Abkehr vom blinden Wutbürgertum gegen die Kernkraft. Beides sind Herausforderungen für die Politik.
Zum Weiterlesen:
- IPCC WG3 TAR (AR3), Kap. 3.8: Energy Supply, Including Non-Renewable and Renewable Resources and Physical CO2 Removal.
- IPCC WG3 AR5: Working Group III Report „Climate Change 2014: Mitigation of Climate Change“, darunter vor allem Kapitel 7: Energy Systems
- Joeres, A.; von Brackel, B.; Götze, S.: Der Klimaschutzplan. Warum die Bundesregierung ihre Klimaziele verfehlt. Correctiv, 11. September 2017.
- Wagner, F.: Surplus from and storage of electricity generated by intermittent sources, Eur. Phys. J. Plus (2016) 131: 445. doi:10.1140/epjp/i2016-16445-3.
- Sarma. A.: Bärendienst für die Wissenschaft. Rezension des Buchen „Die Menschheit schafft sich ab“ von Harald Lesch und Harald Kamphausen. 156 – 160. Skeptiker 3/2017.
- Reaktorkatastrophen: Zwischen Angstmache und Verharmlosung, GWUP-Blog am 17. März 2016.
- Fukushima: Realitätsverlust in Deutschland und Österreich, GWUP-Blog am 12. März 2016.
- Schwarzer Monat fürs Klima, GWUP-Blog am 27. Juni 2015.
- Hört auf mit dem Angstmachen, futurezone am 8. September 2015.
- Das ist pfui! futurezone am 16. Mai 2015.
- Rede von Amardeo Sarma an der HU Berlin, March for Science, GWUP-News am 25. April 2017.
- Coal and Gas are far more harmful than Nuclear Power, NASA Science Briefs, April 2013.
18. September 2017 um 09:28
Ein sehr guter Beitrag. Deutschland ist im Moment meiner Einschätzung nach nicht auf einem guten Weg, die Klimaziele in den nächsten Jahren zu erreichen.
„Deshalb geht es mir auch nicht darum zu behaupten, dass etwa Kernkraft und Gas allein die Lösung wären. In einer komplexen Welt brauchen wir eine differenzierte Antwort auf die Herausforderung Klima“
Im Ausbau möglicher Gaskraftwerke dürfen allerdings zwei Punkte nicht vergessen werden. Der erste ist, das Gaskraftwerke nicht zu einem späteren Punkt einer weiteren Reduzierung im Weg stehen dürfen. (Es könnte allerdings auch bei Null-Emissionen eine Nutzen für diese Kraftwerke geben durch Power-to-gas).
Zweitens könnte die gestiegene Nachfrage nach Gas durch Deutschland einfach dazu führen, dass andere Ländern dann auf Kohle zurückgreifen.
Beim zweiten Punkt bin ich mit aber nicht sicher, wie gravierend der sein würde.
18. September 2017 um 09:43
Eine kleine formale Anmerkung: Du zitierst hier den Third Assessment Report von 2001, es sind aber mittlerweile bereits zwei weitere Reports erschienen. Aktuell ist der 5. Report von 2013. Das ist – ganz unabhängig vom Inhalt der Reports – eine unsaubere Argumentationsweise.
18. September 2017 um 11:22
Ich sage schon seit Jahren, dass der Atomausstieg zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Riesenfehler ist, man stattdessen lieber die Kernkraft weiter erforschen und verbessern sollte. Und regelmässig wurde ich für diese Äusserung entweder ausgelacht oder beschimpft.
18. September 2017 um 13:50
@noch’n Flo: Ich denke, beim derzeitigen Trend der Emissionen dürfen wir diese Option nicht verschweigen.
@Walter: danke für die kritische Anmerkung. Ich werde im Text klarstellen, dass es sich hier um AR3 handelt und auch ein AR5-Zitat mit einbauen. Die Optionen Kernkraft und Gas sind geblieben.
18. September 2017 um 14:50
„wenn akzeptable Antworten zu den Befürchtungen über Reaktorsicherheit, Transport und Lagerung von radioaktivem Abfall und Proliferation (von Kernwaffen) gefunden werden.“
Seit 50 Jahren hat kein Verantwortlicher irgendeine akzeptable Antwort liefern können. Es gibt kein Endlager und keine brauchbare Recycling-Methode. Die Sicherheit der Reaktoren steht momentan auch in keinem so guten Licht da. Es gibt keinen Versicherer auf dem Planeten der bereit wäre einen GAU zu versichern.
Ich verstehe nicht, was es mit blindem Wutbürgertum zu tun hat, wenn man unter solchen Voraussetzungen keine kommerzielle Atomkraft haben möchte.
PS: Es gruselt mich immer wieder, wenn Arbeitsplätze herangezogen werden um sich gegen Veränderung zu wehren.
18. September 2017 um 16:27
@ Armes Bubu:
Hätte Deutschland nicht 1986 nach Tschernobyl praktisch jede Forschung zur Atomkraft aufgegeben, hätten wir das Problem jetzt gar nicht. Die Chinesen werden in nur wenigen Jahren die ersten Leichtwasser-Reaktoren in Betrieb nehmen, für deren Abfall brauchst Du gar kein Endlager mehr, da der nur 50-100 Jahre weiter strahlt, dann ist er ungefährlich. Und Du kannst den grössten Teil von dem, was wir heute radioaktiven Müll nennen, weiterverarbeiten, damit er in den LWRen nochmal verwendet werden kann.
Der Abfall von heute ist also der Brennstoff von morgen.
Und was ist denn beim letzten GAU passiert? Wieviele Menschen sind noch gleich infolge des Zwischenfalls in Fukushima gestorben? Könnte es sein, dass die Antwort „Null“ lautet?
Zum Vergleich: beim Aufbau und der Wartung von Windkraftanlagen sterben alleine in Deutschland jedes Jahr 5-15 Menschen. Welche Energiequelle hat also mehr Menschenleben auf dem Kerbholz?
18. September 2017 um 17:32
@Armes Bubu:
„Seit 50 Jahren hat kein Verantwortlicher irgendeine akzeptable Antwort liefern können.“
Natürlich gibt es Antworten – aber keinen politischen Willen dazu.
Z.B.:
http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/06/20/den-atommull-einfach-wegstrahlen-sciencebusters-uber-spallation/
18. September 2017 um 18:44
Die deutsche Antiatompolitik ist keine Energiepolitik, sondern ein quasireligiöses Wahnsystem.
Niemand außer Deutschland glaubt den Unsinn, den hiesige Antiatomiten verbreiten. So gab es kürzlich zum belgischen Kernkraftwerk Tihange in Deutschland nur verbreiteten Blödsinn über angebliche „Risse“, auch in den sogenannten seriösen Medien. Die Panikmacher begreifen nicht, daß Mikrorisse in allen metallischen Gegenständen existieren.
Tatsächlich herrscht unter Antiatomiten – und auch unter den sogenannten „Experten“ dieser Kirche – gähnende Ahnungslosigkeit über die Realitäten der Kernphysik und Kernenergienutzung.
Leider braucht man zur Erklärung und zur Widerlegung all der abstrusen Wahnideen viel Platz und eine Einführung in physikalische und technische Grundlagen. Dann könnte man verstehen, warum unsere Kernkraftwerke aus physikalischen Gründen niemals wie Tschernobyl zerstört werden können. Dann wäre auch sofort klar, daß die Unterschiede von Fukushima zu unseren europäischen Reaktoranlagen exakt zeigen, warum das, was dort passierte, bei uns eben nicht passieren kann.
Das sind keine Glaubenssätze, sondern beweisbare Fakten.
Aber in Deutschland ist es inzwischen unmöglich, diese Fakten zu verbreiten, der politisch-mediale Komplex hat eine Zensur verhängt. Wäre das nicht so, dann wüßten die Deutschen auch, daß in Japan wegen der letztlich unsinnigen Evakuierung über 400 Menschen durch Herzinfarkt nach Streß gestorben sind. Durch den Reaktorunfall kein einziger (die 5 Toten in der Kraftwerksanlage waren beim vorausgehenden Erdbeben und dem folgenden Tsunami erschlagen oder ersäuft worden).
Im Gegensatz zu den antiatomitischen Propheten weiß ich als Kern- und Reaktorphysiker sehr detailliert, was Sache ist. Ich habe 37 Jahre in verschiedenen Bereichen der Kerntechnik gearbeitet, meine Arbeit wurde von Behörden und ihren Sachverständigen akribisch geprüft, dem Fukushima-Betreiber Tepco hatte ich seinerzeit Geräte zur Wasserstoff-Abscheidung aus der Raumluft angeboten – man lehnte ab, so etwas benötige man nicht. Weshalb die Reaktorgebäude durch Wasserstoffexplosionen gesprengt wurden …
Aber auch über Erdgas werden Märchen erzählt.
Es ist nämlich durchaus nicht weniger klimaschädlich wie Kohle. Man verschweigt nämlich immer, daß für den Betrieb eines Gaskraftwerkes auch die Förderung und Lieferung von Erdgas benötigt wird. Und dieses besteht hauptsächlich aus Methan. Die Klimawirksamkeit eines Methanmoleküls beträgt das 26-fache der eines CO2-Moleküls.
Das Kraftwerk emittiert zwar pro Kilowattstunde weniger CO2 als das Kohlekraftwerk – aber die im Förder- und Transportprozeß unvermeidlichen Leckagen bewirken, daß zwischen 2 und 7 % (je nach Quelle) der geförderten Methanmenge in die Atmosphäre entweichen.
Der gesamte Treibhauseffekt des Gaskraftwerkes von CO2 und Methanleckage ist vermutlich größer als der eines gleich großen Kohlekraftwerkes.
Aber alle Energieplappermäuler der Republik wiederholen immer wieder das Lügenmärchen von den klimaschonenden Gaskraftwerken.
18. September 2017 um 20:31
Wieder einmal ein Beitrag über Kerkraft. Schön. Beim ersten Beitrag den ich hier gelesen habe wollte ich noch etwas zum Thema sagen. Bei Gläubigen hat das aber wohl keinen Sinn. So lang die Endlagerproblematik nicht gelöst ist habe ich keine Lust über Kernkraft zu diskutieren. Kernkraftwerke sind sicher. So ein Blödsinn. Im Laufe meines Lebens hat die Statistik, beim Thema Atomkraft, gezeigt, dass ihr die Zeit wann ein Ereignis eintritt völlig egal ist und sei es noch so unwahrscheinlich.
Grüße
Harald
18. September 2017 um 20:40
@noch’n Flo:
Es ist natürlich schade, dass die Forschung generell in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das scheint ein grundsätzliches Problem zu sein. Sobald bei einem Thema etwas schlimmes passiert wird es grundsätzlich verteufelt.
Was die Opfer von Fukushima angeht, so ist noch nicht geklärt ob und wie viele Menschen nachträglich durch die aufgetretene Strahlung beeinträchtigt werden. Ich vermute mal, dass das einer der Punkte ist, der den Menschen Angst macht.
@Bernd Harder: Dass es technische Lösungsansätze gibt ist mir durchaus klar. Ich habe aber ausdrücklich von den Verantwortlichen gesprochen und das sind in der Regel nicht die Leute mit den guten Lösungen/Antworten sondern Konzernchefs und Politiker. Erstere sind mehr ihren Aktionären verpflichtet als allem anderen. Letztere schauen eher auf die nächste Wahl als auf die Zukunft. Das hat das die Suche nach einem potenziellen Endlager deutlich gezeigt, wo durchaus potenzielle Kandidaten auf Druck der Wählerschaft entgegen der wissenschaftlichen Ergebnisse verworfen wurden.
Unter diesen Bedingungen halte ich es nicht für zielführend Atomgegner als Wutbürger zu bezeichnen. Das hat ansonsten durchaus Potenzial die Fronten zu verhärten womit keinem geholfen wäre.
18. September 2017 um 22:31
@ Harald Breisgauer:
Hast Du auch noch Argumente oberhalb des Stammtischniveaus zu bieten? Vielleicht mal zur Abwechslung eine wissenschaftliche Auseinandersetzung?
18. September 2017 um 23:00
@Harald Breisgauer
Ja, das „Endlager-Problem“ ist schon wichtig, aber vielleicht kann man es in späteren Jahren lösen…aber wenn wir nicht eine Bremse in Sachen Klimaschutz ‚reinhauen, werden nachfolgende Generationen nicht mehr die Möglichkeiten haben das „Endlager-Problem“ zu lösen.
Die Klimaveränderung wird vielleicht Millionen von Opfer kosten, mehr als die friedliche Nutzung der Kernenergie jemals gekostet hat und auch jemals kosten wird – da können Sie sicher sein…
19. September 2017 um 00:14
Den Widerspruch zwischen „potenzielle Tote“ durch Kernkraftwerke,Unglücke oder Endlagerung und den Toten durch Klimaveränderungen kann mir auch niemand vernünftig auflösen. Ich hab auch keine Lust neben einem Kernkraftwerk zu wohnen, aber das ist sicherlich ne subjektives Empfinden. Aber wenn wir den Klimawandel nicht managen, werden Millionen sterben, den Gedanken finde ich schon beängstigend. Wie immer scheinen wir vor den falschen Dingen Angst zu haben, so ist der Mensch ;-( Das erinnert mich bisschen an die GOLDENE REIS Debatte. Gentechnik ist pfui und okay, wenn Menschen sterben, obwohl Gentechnik helfen könnte…naja, wo gehobelt wird da fallen……
19. September 2017 um 10:02
Ich bin wahrlich kein Fan von Kernkraftwerken, aber wenn die globale Erwärmung in dem Tempo weiter galoppiert, wird es die menschliche Zivilisation in 200 Jahren nicht mehr geben.
Ob radioaktive Abfälle im Erdboden noch Hunderttausende von Jahren vor sich hinstrahlen, wird der nur noch in verstreuten Restpopulationen existierenden Menschheit dann ziemlich egal sein.
20. September 2017 um 12:57
@ Amardeo Sarma
Atomkraft ist in Deutschland nicht mehr politisch durchsetzbar – das muss Ihnen doch niemand erklären, oder?
Anders gesagt: es ist mir völlig unverständlich, wie sie nach wie vor mit der gwup Atomkraft propagieren: wollen Sie sich den Ruf einer „Sekte“ erarbeiten?
20. September 2017 um 13:25
Wir haben eh noch ein bisschen länger Zeit:
1. Die IPCC-Modelle haben die Erderwärmung überschätzt:
http://www.nature.com/ngeo/journal/v10/n7/full/ngeo2973.html?foxtrotcallback=true
https://www.nature.com/ngeo/journal/vaop/ncurrent/full/ngeo3031.html
2. Pflanzen spielen eine deutlich grössere Rolle als Carbon-Sink als noch vor 20 Jahren modelliert.
https://www.nature.com/articles/ncomms13428
Nichts von dem wird uns retten, aber wir haben noch ein paar Dekaden mehr Zeit.
20. September 2017 um 14:13
Ich bin weiterhin gegen die Nutzung der Kernspaltung, setze mich aber sehr für eine massive Förderung zur Umsetzung der Kernfusion ein, weil es dort die relevanten Probleme der Kernspaltung (Kettenreaktion, langlebige Spaltprodukte, Kosten) nicht gibt.
Mein Konzept: Kernfusion überall da, wo viel Energie an einem
Ort gebraucht wird: Großstädte, Industrie, Neuartige Recyclinganlagen zur Rohstoffwiedergewinnung, Meerwasserentsalzungsanlagen zur Wüstenbewässerung und Wasserversorgung in südlichen Ländern. In der Fläche für den Rest 100% EE, vorwiegend Solar, Wind + Speicher.
Für dieses Konzept werde ich jetzt regelmäßig von den Verzichtsgrünen verteufelt, gehauen und auf FB geblockt. Ideologen eben.
20. September 2017 um 14:58
@Frank:
Wir sollen uns also nur an „Mehrheiten“ orientieren und an dem, was derzeit politisch opportun ist/erscheint?
Dann sperren wir die GWUP doch einfach heute noch zu, denn das gilt so ziemlich für jedes unserer Themen.
20. September 2017 um 15:32
@Frank
„Atomkraft ist in Deutschland nicht mehr politisch durchsetzbar – das muss Ihnen doch niemand erklären, oder?“
Gentechnisch modifizierte Nutzpflanzen sind in Deutschland ebenfalls nicht politisch durchsetzbar, um ein Beispiel zu nennen. Und das, ohne dass es nur einen noch so kleinen Beleg gäbe, der diese Blockade rechtfertigen würde.
Das ist einfach Ideologie und Propaganda. Und die GWUP setzt sich u.a. für die Aufklärung in Sachen Ideologie und Propaganda ein.
Kernkraft hat natürlich erkennbare, schwerwiegende Nachteile. Und es gibt sogar eine Lösung, mit der man auf Kernkraft verzichten könnte: Nur so viel Strom verbrauchen und ihn nur dann verbrauchen, wie und wann sich selbiger mit Solar- und Windkraft oder Biomasse erzeugen lässt. Ganz einfach eigentlich.
Aber auch das scheint mir nicht politisch durchsetzbar. Denn auf den Luxus einer 24/7-Stromversorgung möchte niemand verzichten.
20. September 2017 um 15:40
hier wird ja richtig diskutiert!
finde ich super. mal wieder ein gwup-thema, das kontrovers behandelt wird und wo nicht alle ins gleiche, längst jedem bekannte horn blasen, wie zB bei der homöopathie, von der ich jetzt bald echt nix mehr hören kann (es gibt doch noch andere wichtige themen).
weiter so. nur so kann einer wie ich, der zwar zu einer seite mehr tendiert, aber keine ganz so klare meinung zu diesem thema hat, etwas lernen und daraus eventuell schlüsse ziehen.
20. September 2017 um 16:08
aber eine sache mal ehrlich. nicht jeder, der ne andere meinung hat, ist ein „blinder wutbürger“. es gibt, glaube ich, genügend argumente für beide seiten, wie man ja hier in der diskussion sehen kann. die verwendung solcher schlagwörter halte ich für unangebracht.
20. September 2017 um 16:31
@jan willem schaap: Nein, natürlich ist keiner mit einer anderen Meinung ein „Wutbürger“, im Gegenteil. Ich wollte damit nur darauf hinweisen, dass es sehr wohl viele gibt, die durch Wut getrieben werden, weil sie in der gegenwärtigen Diskussion die Anti-Kernkraft Folklore nachbeten und alle, die eine differenziertere Sicht haben als Handlanger der „Atomindustrie“ verunglimpfen.
Ich fordere daher eine eine Abkehr vom blinden Wutbürgertum gegen die Kernkraft und eine differernziertere Sicht unter Berücksichtigung der Vor- und Nachteile ALLER CO2-arme Alternativen.
Wie ich bereits in meiner Rezension zu Harald Lesch und Klaus Kamphausen „Die Menschheit schafft sich ab” schrieb hat die Kernkraft nicht nur Nachteile und zum Beispiel die Solarenergie nicht nur Vorteile.
Auch das Endlagerproblem ist nicht so, wie oft dargestellt. Ich zitiere wieder mal den IPCC AR5 Kapitel 7: „In Finland, construction of the geologic disposal facility is in progress and final disposal of spent fuel is to begin in early 2020 (Posiva Oy, 2012).“ Und es wird an Verfahren geforscht, mit denen die resultierenden radioaktiven Abfälle bereits nach 300 Jahren nicht über denen der ursprünglichen Uranvorkommen liegen.
Ganz abgesehen davon sollte man auch sehen, dass die neuesten Kernkraftwerke der Generationen III+ und IV nicht mehr mit den heutigen vergleichbar sind.
20. September 2017 um 18:08
@ Tesladriver:
Dir ist aber schon klar, dass es bei der Nutzbarmachung der Kernfusion massive Probleme gibt, die voraussichtlich in den nächsten 50 Jahren nicht zu lösen sein werden? Solange wir nichts anderes haben, müssen wir erstmal mit dem auskommen, was wir haben. Und da ist die Kernkraft nun einmal die beste Option.
20. September 2017 um 19:13
Die Energiewende, wie sie derzeit durchgezogen wird, ist kontraproduktiv im Bezug auf das wichtigste Ziel, die CO2-Einsparung. Kein Windrad und keine PV-Zelle kommt ohne Backup-Kraftwerke aus, welche derzeit meist mit dem Wort „Kohle“ beginnen.
Speicher als Backup ist auf Jahrzehnte hinaus noch nicht in genügender Größe verfügbar. Bei der Akkuherstellung wird bereits soviel CO2 erzeugt, dass es fraglich ist, ob das im Betrieb je wieder ausgeglichen wird. Ausserdem werden die benötigten Rohstoffe teilweise mit größten Umweltschäden oder durch Kinderarbeit (Kobalt) gefördert. Die prognostizierte Preissenkung für Akkus in den nächsten Jahren ist äußerst fraglich, der Lithiumpreis hat sich bereits verdreifacht.
P2G hat einen solch schlechten Wirkungsgrad, dass man die installierte Leistung von PV/Wind mindestens verdoppeln müsste, um genügend „Backupstrom“ erzeugen zu können.
Biomassekraftwerke verwandeln unsere Landschaft in Monokulturen, die behauptete CO2-Neutralität ist äußerst fraglich. Windräder in der benötigten Anzahl würden den Rest des Landes in eine riesige Industrieanlage verwandeln, alle 500m ein Windrad.
Und das alles ohne erkennbaren CO2-Einsparungseffekt.
Es ist daher umso unverständlicher, dass 2011 die einzige wirkliche CO2-arme Alternative, die Kernkraft, von einer Kommission, bestehend aus Theologen, Soziologen, Philosophen und anderen besorgten Gruppen, ausgezählt wurde.
Wie bei der gesamten Energiewende haben Nichtexperten, angeführt von solchen Leuten wie Claudia Kemfert, über die Zukunft unserer Energieversorgung entschieden. Über eine Energieversorgung, die für den Wohlstand unserer Gesellschaft verantwortlich war und die vollkommen nutzlos einer unreflektierten Ideologie geopfert wird.
20. September 2017 um 20:58
Die spektakulär gescheiterte „Energiewende“ läuft nur deswegen weiter, weil es sich Deutschland (noch) leisten kann, Geld zu verbrennen.
Mal schauen, wie es in vielleicht 10 Jahren aussieht, wenn die nicht so kurzsichtigen Staaten, die an modernen Reaktoren forschen und diese auch bauen, zum Überholvorgang ansetzen (oder das schon getan haben).
Produkten aus Deutschland hängen dann nicht nur die hohen Lohnstückkosten, sondern auch noch die massiv gestiegenen Energiepreise an. Wenn dann überhaupt noch in relevanter Größe energieintensive Industrie in Deutschland tätig ist.
21. September 2017 um 10:06
@Werner
Noch mal zum Verständnis, Sie stellen da ja viele Behauptungen auf.
Sie meinen, wenn wir unseren GESAMTEN Energiebedarf aus Biomassekraftwerken erzeugen wollen, verwandelt sich unsere Landschaft in Monokulturen?
Gibt es dazu belastbare Berechnungen?
Wenn wir den GESAMTEN Energiebedarf aus Windkraft erzeugen wollen, stünde alle 500m ein Windrad?
Gibt es dazu belastbare Berechnungen?
Und Speicher als Backup ist genau wieviel Jahrzenhnte noch nicht in genügender Größe verfügbar?
Gibt es dazu belastbare Berechnungen?
Der Lithiumpreis hat sich verdreifacht – in welchem Zeitraum?
21. September 2017 um 11:19
@nouse123: Das hier: „Wir haben eh noch ein bisschen länger Zeit:
1. Die IPCC-Modelle haben die Erderwärmung überschätzt“ kapiere ich nicht ganz:
– Wofür haben wir noch länger Zeit und wieso?
Der Artikel bezieht sich auf die Erwärmung der gesamten Troposphäre, wenn ich das richtig sehe.
Das ist vermutlich wichtig in Bezug auf die Windsysteme, aber in erster Linie relevant für uns sind doch die bodennahen Temperaturen!?
21. September 2017 um 12:33
@ ReinerO:
„Produkten aus Deutschland hängen dann nicht nur die hohen Lohnstückkosten, sondern auch noch die massiv gestiegenen Energiepreise an. Wenn dann überhaupt noch in relevanter Größe energieintensive Industrie in Deutschland tätig ist.“
Das wird dann so laufen wie immer: die extrem energieintensiven Industrien werden staatlich bis zum Gehtnichtmehr subventioniert, der Rest der Stromverbraucher muss es finanzieren.
21. September 2017 um 16:44
@vincent
Ein paar kurze Antworten auf Ihre Fragen.
1. Monokultur durch Biomasse-KW:
2014: 1,4 Mio. Hektar für Biomasse = 12% Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche.
Anteil an Stromerzeugung 7,9%. Für einen 40%-Anteil müsste man die Anbaufläche verfünffachen = 60%.
2. Anzahl der Windräder:
2016: Windkraftanteil 12,3% an Stromerzeugung, 2,1%-Anteil an Primärenergieerzeugung.
Ziel bis 2050: 30%-Windkraft-Anteil an Primärenergieerzeugung, wobei der Primärenergieverbrauch um 50% gesenkt werden soll. Nach heutigen Maßstäben wäre das ein Anteil von 15% an der PE.
Das bedeutet eine Versiebenfachung der installierten WKA-Leistung. 2016 waren 27.000 Windräder installiert, 2050 wären wir bei ca. 180.000. Geeignet für Windräder sind von den 300.000 qkm ca. 100.000qkm, das wären dann 1,8 Windräder pro qkm.
Da die besten (winhöffigsten) Gebiete bereits weitgehend belegt sind, müssen für die restlichen Gebiete neuere Techniken (Schwachwindanlagen) installiert werden. Insgesamt dürfte dadurch die Windradanzahl proportional zum Leistungszuwachs bleiben. Neuere Technik gleicht schwächeren Wind aus.
3. Zum Speicher:
Bisher dienen die regelbaren konventionellen Kraftwerke als Speicher. Da einzig die Gaskraftwerke übrig bleiben sollen, muss die Kapazität der Kohle- und Kernkraftwerke ersetzt werden.
Im Zuge der Sektorenkopplung (Ersatz aller fossilen Energieträger im Heizungs-, Prozesswärme und Verkehrsbereich durch „erneuerbare“, vor allem elektrische Energie) kann man den Bedarf an E-Energie abschätzen. Die zu erzeugende elektrische Energiemenge, die bisher bei 20% der Primärenergie liegt, soll dann ca. 80% der PE betragen.
Wegen der geplanten Einsparung von 50% PE wären das nach heutigen Zahlen 40%, also eine Verdoppelung der benötigten elektrischen Energiemenge. Davon sollen ca. 40% Windenergie und ca. 20% PV sein, der Rest Biomasse und Wasser sowie Blockheizkraftwerke und Gas.
Durch die Volatilität von Wind und PV ergibt sich für eine 10tägige Dunkelflaute wie im Januar 2017 eine abzusichernde Energiemenge von ca. 12 TWh nach Abzug der Kapazitäten der Gasturbinen.
Wollten wir dies mit Akkus machen, bräuchten wir 12.000.000.000 KWh (12 Milliarden KWh) an Speicher. Rechnen wir optimistisch mit Speicherpreisen von 100€/KWh, wären das 1,2 Billonen! € allein für einen Akkusatz für 10 Jahre.
Da käme dann als Ersatz Power to Gas ins Spiel, welches aber einen Wirkungsgrad von 30% hat, was einen weiteren Zubau von erneuerbaren bedeuten würde.
Insgesamt also ein Wahnsinnsspiel.
21. September 2017 um 18:26
@ Werner, 21. September 2017 um 16:44 :
(…) 10tägige Dunkelflaute(…)
Im Winter ’94 waren über einen deutlich längeren Zeitraum alle vier großen Norddeutschen AKW gleichzetig vom Netz.
(Brunsbüttel, Stade, Brockdorf, Krümmel)
Wundersamerweise war damals nicht ein einziges Kontrollbirnchen, und schon gar nicht „alle Lichter“ ausgegangen.
Anders als von den Atomgläubigen und den Profiteuren der Atomkernnergie gerne dargestellt, muss nämlich für jedes Atomkraftwerk die vergleichbare elektrische Leistung ständig in Reserve vorgehalten werden, wenn man die Sicherheitsbekundungen wirklich ernst meint.
Denn beim Betrieb von AKW kann es ja jederzeit zu einer unvorhergesehenen Reaktor-Schnellabschaltung kommmen.
Und Niemand kann ausschließen, dass dieses bei mehreren Anlagen zeitgleich passiert.
Ein derartiger -unvorhersehbarer und extrem kurzfristiger- Ausfall so großer elektrischer Leistungen ist demgegenüber bei einer Versorgung durch ein Cluster von tausenden Windkraftanlagen nicht möglich.
Die Leistungsschwankungen sind dort vielmehr immer im Vorraus sehr sicher zu prognostizieren.
Gruß
Karsten
21. September 2017 um 19:22
@ Karsten:
„Im Winter ’94 waren über einen deutlich längeren Zeitraum alle vier großen Norddeutschen AKW gleichzetig vom Netz.“
Wo kann ich das nachlesen?
„muss nämlich für jedes Atomkraftwerk die vergleichbare elektrische Leistung ständig in Reserve vorgehalten werden“
Und wie sieht diese Reserve aus? Kohlekraft? Gas? Oder doch eingekaufter Strom aus dem benachbarten Ausland?
21. September 2017 um 21:34
@Karsten
1994 war es kein Problem, 4GW Leistung zusätzlich abzurufen, da verlässliche, abrufbare Kraftwerke in Reserve standen.
Diese stehen bis heute noch zur Verfügung, aber nicht, um geplante Abschaltungen auszugleichen, sondern sie müssen minütlich rauf- und runtergefahren werden, um die Leistungsschwankungen der Windräder abzufangen. Nennt sich Redispatch, hat den Stromkunden in 2015 eine Milliarde gekostet.
Während der Dunkelflaute im Januar stand die Stromversorgung auf der Kippe, die gesamte Reservekapazität musste hochgefahren werden, Frankreich wurde gebeten, die Revision für ein KKW zu verschieben, um uns zu beliefern. Nach diesem Erlebnis hat die Bundesnetzagentur eine starke Erhöhung der Reservekapazität für 2017/18 angefordert, um buindesweite Netzausfälle zu verhindern.
Dies liest sich wie ein Krimi:
https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/Versorgungssicherheit/Berichte_Fallanalysen/Feststellung_Reservekraftwerksbedarf_2017.pdf;jsessionid=25E574754418A61C73CB5F2EA264AB80?__blob=publicationFile&v=3
Dass große Wind/Sonnencluster eine Leistungsglättung bewirken, wie dsa Fraunhofer ISE 2014 behauptet hat, ist reines Wunschdenken!
https://www.vgb.org/studie_windenergie_deutschland_europa_teil1.html?dfid=84459
Zusammenfassung auf Seite 72 lesen!
22. September 2017 um 09:16
@ Amardeo Sarma
Sie schreiben: “ …es sehr wohl viele gibt, die durch Wut getrieben werden, weil sie in der gegenwärtigen Diskussion die Anti-Kernkraft Folklore nachbeten und alle, die eine differenziertere Sicht haben als Handlanger der “Atomindustrie” verunglimpfen.“
Wie schon gesagt: Atomkraft ist in Deutschland nicht mehr politisch durchsetzbar (siehe meinen Kommentar, oben, auf den Sie nicht geantwortet haben)
Irritierend ist, dass Sie versuchen, Ihre Einflussnahme pro Kernenergie als „differenziertere Sicht“ darzustellen, als Wissenschaft. Was soll das alles? Kämpfen Sie um längere Restlaufzeiten? Um mehr Geld für den Export von Atom-Technologie in die Dritte Welt? Andere Gründe?
22. September 2017 um 10:35
@ Frank:
„Irritierend ist, dass Sie versuchen, Ihre Einflussnahme pro Kernenergie als “differenziertere Sicht” darzustellen, als Wissenschaft.“
Falsch. Es geht nur darum, Atomenergie nicht mit Bausch und Bogen zu verteufeln, sondern sich auch mal genauer anzuschauen, welche Probleme es mit anderen Energiequellen gibt. Und genau das hat die Politik bei ihrer ausstiegsentscheidung nicht getan.
„Was soll das alles? Kämpfen Sie um längere Restlaufzeiten? Um mehr Geld für den Export von Atom-Technologie in die Dritte Welt? Andere Gründe?“
Oh, und gleich noch eine Verschwörungstheorie hinterher?
Fällt es Dir so schwer, mal den Gedanken zuzulassen, dass die Kernkraft-Befürworter vielleicht auch Recht haben könnten, dass Du einfach nur auf dumpfe Propaganda von Umweltverbänden, in denen die meisten Leute nichts weiter als Selbstdarstellung betreiben, hereingefallen bist?
22. September 2017 um 11:01
@Frank:
Im aktuellen Artikel auf KlimaLounge (https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/uralte-exxon-propaganda-neu-aufgelegt-im-deutschen-wahlkampf/) wird zum Schluss ein kleines Video präsentiert, welches den Kommentator ralph zu der Feststellung veranlasste: „Mit Erstaunen entnahm ich dem Video, dass Frankreich nichtmal halb soviel CO2 ausstösst wie Deutschland. Die Laufzeitverkürzung der Aomkraftwerke hat eine Verlängerung der Laufzeit und Dominanz der Kohlekraftwerke in Deutschland bewirkt.“
22. September 2017 um 13:56
@Frank:
Herr Sarma ist nicht 24/7 online und kann nur zeitweise Kommentare beantworten.
Zu Ihrer Frage:
Es geht nicht um „Einflussnahme pro Kernenergie“, sondern um einen pragmatischen Energiemix:
„Kurz: Die Lage ist zu ernst, um eine Option auszuschließen. Es ist Zeit, alle Möglichkeiten zum Stopp der Erderwärmung zu nutzen.
Dabei geht es bei der Elektrizitätserzeugung – auch wenn die Diskussion oben vornehmlich darum ging – nicht nur um Solar-, Wind- und Kernenergie. Auch andere Alternativen müssen in Betracht gezogen werden. Darunter fallen Carbon Capture and Storage (CCS) bzw. CO2-Abscheidung und -Speicherung sowie neue Vorschläge zur Erzeugung von Brennstoffen, ohne landwirtschaftliche Flächen von ihrem Zweck zu entfremden.“
https://blog.gwup.net/2017/06/12/unser-klima-am-scheideweg/
22. September 2017 um 16:08
@ Werner
21. September 2017 um 21:34
@Karsten
1994 war es kein Problem, 4GW Leistung zusätzlich abzurufen, da verlässliche, abrufbare Kraftwerke in Reserve standen.
—————————————————————–
Eben!
Das wurde aber damals u.a. von der von Dir verlinkten Quelle (Interessenvereinigung der Großkraftwerkbetreiber) ganz anders dargestellt:
Da hieß es in allen Veröffentlichungen, daß ohne Atomkraft „die Lichter ausgehen“ und Deutschland wieder „in der Steinzeit“ landen würde.
Und mit der angeblichen Klimafreundlichkeit der AKW hatte da übrigens noch niemand argumentiert.
„Diese stehen bis heute noch zur Verfügung, aber nicht, um geplante Abschaltungen auszugleichen, sondern sie müssen minütlich rauf- und runtergefahren werden, um die Leistungsschwankungen der Windräder abzufangen. Nennt sich Redispatch, hat den Stromkunden in 2015 eine Milliarde gekostet.“
——————————————————————–
Das ist die Darstellung jener Interessenvertreter.
Nach anderen Darstellungen sind die Zusammenhänge wesentlich komplizierter.
Z.b. gibt Deine Quelle nur die tatsächlich eingespeisten Windkraftleistungen an.
Und unterschlägt, dass vielfach wesentlich größere Leistungen verfügbar waren, die nicht eingespeist werden konnten.
Das wiederum ist eine Frage der Gestaltung des Stromnetzes.
„Während der Dunkelflaute im Januar stand die Stromversorgung auf der Kippe, die gesamte Reservekapazität musste hochgefahren werden, Frankreich wurde gebeten, die Revision für ein KKW zu verschieben, um uns zu beliefern. Nach diesem Erlebnis hat die Bundesnetzagentur eine starke Erhöhung der Reservekapazität für 2017/18 angefordert, um buindesweite Netzausfälle zu verhindern.
Dies liest sich wie ein Krimi:
https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/Versorgungssicherheit/Berichte_Fallanalysen/Feststellung_Reservekraftwerksbedarf_2017.pdf;jsessionid=25E574754418A61C73CB5F2EA264AB80?__blob=publicationFile&v=3
Dass große Wind/Sonnencluster eine Leistungsglättung bewirken, wie dsa Fraunhofer ISE 2014 behauptet hat, ist reines Wunschdenken!
https://www.vgb.org/studie_windenergie_deutschland_europa_teil1.html?dfid=84459
Zusammenfassung auf Seite 72 lesen!
——————————————————————-
Äh, das bestätigt meine Aussage, dass die Schwankungen der Windnergieleistungen jeweils im Vorraus gut zu prognostizieren sind.
Demgegenüber können – und sind auch schon!- bei einer AKW-basierten Versorgung große Lestungen unvohersehbar innerhalb von Minuten ausfallen.
Die Angaben zur Minimalen Verfügbaren Windleistung kann ich gerade nicht überprüfen, bin aber wegen der offensichtlichen Interessenlage der Großkaftwerkbetreiber, und weil aus dieser Seite in der Vergangenheit gelogen wurde, dass sich alle Hochspannungsmasten hätten verbiegen müssen skeptisch.
Gruß Karsten
22. September 2017 um 16:36
Noch mal allgemein zum Thema:
1. Das Thema hat nicht im entferntesten mit „Parawsssenschaft“ zu tun, sondern ist vielmehr eine Frage der Auseinandersetzung auf sachlich rationaler Ebene.
(Hier also Themenfremd)
2. Die Auswirkungen der deutschen Energiewende sind sehr komplex und die weltweiten Auswirkungen beginnen sich gerade erst abzuzeichnen.
Ich möchte da z.b. auf einen Artikel über die Indische Stromversorgung verweisen:
https://www.nytimes.com/2017/06/02/world/asia/india-coal-green-energy-climate.html
Demnach hat die Indische Regierung das geplante Ausbauprogramm für Kohlekraftwerke drastssch gekürzt, weil regenerative Stromerzeugung absehbar wesentlich billiger sein wird.
Das wiederum wurde eindeutig durch den Impuls angestoßen, der von der deutschen Energiewende ausging.
22. September 2017 um 19:38
@Karsten
Sie sagen „Die Angaben zur Minimalen Verfügbaren Windleistung kann ich gerade nicht überprüfen, bin aber wegen der offensichtlichen Interessenlage der Großkaftwerkbetreiber, und weil aus dieser Seite in der Vergangenheit gelogen wurde, dass sich alle Hochspannungsmasten hätten verbiegen müssen skeptisch.“
Hier ein Link zum unverdächtigen Fraunhofer ISE mit offiziellen Charts:
https://www.energy-charts.de/power_de.htm?source=solar-wind&month=9&year=2017
September auswählen. Innerhalb von ein paar Stunden fällt die kummulierte Leistung von Wind/Sonne von 37 Gigawatt auf 0,4 – 2,5 Gigawatt, entsprechend dem Ausfall von 30 Kernkraftwerken!
Schaltet man auf „alle Quellen“ um, dann erkennt man, dass ab dem 15.9.17 ca. 22GW an Steinkohle und Gas zugeschaltet wurden.
Wie man das nach dem Wegfall von weiteren 25GW an Kernkraft und Braunkohle mit Speichern auffangen will, das entzieht sich meinem Vorstellungsvermögen.
Schwerstarbeit für die Bundesnetzagentur. Man stelle sich jetzt vor (oder besser nicht), dass in den nächsten 5 Jahren 10GW an Kernkraft verloren gehen.
Die Lichter nach dem Ausschalten der KKWs gingen auch deshalb nicht aus, weil von 2011 bis 2016 10% mehr Leistung an Kohlekraftwerken! installiert wurde sowie 7GW Biomasse.
22. September 2017 um 20:28
@ noch’n Flo
die „Verschwörungstheorie“ hätten Sie sich sparen können, und auch noch folgendes: „… dass Du einfach nur auf dumpfe Propaganda von Umweltverbänden, in denen die meisten Leute nichts weiter als Selbstdarstellung betreiben, hereingefallen bist?“
Kennen wir uns? Oder woher wissen Sie, was ich weiss, was ich denke?
@ Bernd Harder
Vielen Dank für Ihre Antwort! Vielleicht kommt Herr Sarma aber auch noch einmal selber dazu, seine Beweggründe für die Verteidigung der Atomkraft darzustellen, wohlgemerkt vor dem Hintergrund, dass diese in Deutschland politisch erfolglos bleiben wird (siehe Kommentare oben).
23. September 2017 um 02:21
@Werner, 22. September 2017 um 19:38:
Ganz kurz:
Ich bin leicht irritiert, „gesiezt“ zu werden.
Nichts gegen ein förmliches „Sie“, nur ist das irritierend von jemandem, der sich nur mit einem Vornahmen vorstellt.
Das verstehe ich seit etwa einem halben Jahrhundert als ein klares Angebot einses „Du“.
Desweiteren einstweilen Dank für den weiteren Link.
Gruß Karsten
23. September 2017 um 14:50
@ Frank:
„Oder woher wissen Sie, was ich weiss, was ich denke?“
Durch Deinen Kommentar?
24. September 2017 um 10:23
@Frank: Ich zeige auf, dass der Atomausstieg der wichtigste Grund ist, warum Deutschland seine Klimaziele verfehlt. Das zu unterschlagen gehört zwar zur Folklore, sollte aber nicht die Vorgehensweise von Organisationen sein, die sich auf Wissenschaft oder Rationalität berufen. Das war der Kern meiner Kritik an CORRECTIV.
Es gibt keine Art der Stromversorgung, die ohne Nebenwirkung und Umweltprobleme auskommt. Die internationale umd massive Empfehlungen durch den IPCC bezüglich Klima stellt aber klar, dass die fossile Verbrennung und Treibhausgase eine existentielle Gefahr für Mensch und Umwelt darstellt, vergleichbar mit den Warnungungen über das Ozonloch, das im Montreal Protokoll geregelt wurde.
Wir müssen also die Nutzung aller Arten der Stromversorgung mit geringen Emissionen maximieren, und dazu gehören neben Wasser, Wind und Solar auch die Kernkraft. Wenn man aber emissionsarme Kraftwerke abschaltet oder nicht nutzt schadet man der Umwelt.
Kurz: Wer Kernkraftwerke abschaltet kann sich nicht auf den Klimaschutz berufen – er (oder sie) handelt dem Klimaschutz und der Gesundheit der Menschen bereits jetzt zuwider.
Das gilt erweitert genauso auch für den Umweltschutz insgesamt. Denn es ist alles andere als belegt, dass Solar oder Wind insgesamt viel weniger Nebenwirkungen inklusive der Menge und Gefährlichkeit der Abfallrodukte auf die Umwelt, als Kernkraft haben. Dazu schreibe ich gern mal separat. Diese Diskussion ist nämlich bisher nicht objektiv geführt worden.
Und ob das durchsetzbar ist? Das werden wir sehen. Nur: Zu schweigen wenn Fakten ignoriert werden nur damit man nirgendswo aneckt mögen manche Wissenschaftler tun. Die GWUP und ihre Vertreter jedenfalls nicht.
24. September 2017 um 12:06
@ Amardeo Sarma
Danke für die ausführliche Darlegung Ihres Standpunktes!
Sie versprechen für die Zukunft: „Denn es ist alles andere als belegt, dass Solar oder Wind insgesamt viel weniger Nebenwirkungen inklusive der Menge und Gefährlichkeit der Abfallrodukte auf die Umwelt, als Kernkraft haben. Dazu schreibe ich gern mal separat. Diese Diskussion ist nämlich bisher nicht objektiv geführt worden.“
Die Werbung für die Kernkraft läuft ja schon lange, bei der gwup.
24. September 2017 um 13:27
@Armadeo Sarma:
Wenn, dann „wegen des ZU SPÄTEN Atomausstieges.
Und wenn man dann mal etwas weiter zurückschaut, wird man feststellen, dass Deutschland in Punkto Klimaschutz heutzutage wesentlich besser dastehen würde, wenn es niemals in die Atomkernenergienutzung eingestiegen wäre, sondern die dafür eingesetzten Milliarden an Subventionen schon in den 70er Jahren in die Förderung von regenerativen Energien investiert hätte.
(Wie Wir Atomkraftkritiker es schon damals forderten)
Denn die Verhältnisse, in Punkto regenerative Energien wie sie sich jetzt erst entwickln,(siehe meinen Hinweis auf Indien) sind ja UNSERE Visionen und Vorschläge von Damals, die von den Betreibern, besser: Profiteuren, der Atomkernenergie einerseits verlacht und andererseits nach Kräften bekämpft wurden.
Wenn es nach den Vorstellungen der Atomkraftbetreiber gegangen wäre, dann hätten wir heute ca ein Dutzend KOHLE-Kraftwerke der „Hmburg-Moorburg-Kategorie“ zusätzlich in Deutschland.
Gruß Karsten
24. September 2017 um 13:27
Und genau da zeigt sich wieder warum beim Thema Kernkraft die
Argumentation so schwierig ist:
Warum bedarf es immer dieser – hier zum glück noch milden – Polemik wenn es doch genug gute Argumente gegen die Nutzung der Kernkraft gibt?
Das scheint mir mittlerweile, gerade bei Contra-Kernkraft Positionen, ein zentrales Problem in der Argumentation zu sein. Die konsequente und energische Ablehnung dieser Technologie ist Mainstream in Deutschland. Eine echte Auseinandersetzung mit den daraus resultierenden Konseqenzen findet bestenfalls zu selten statt.
Ich persönlich war jahrelang explizit und absolut gegen Kernkraft. Mein Weg aus der schwarz-weiß sicht der Welt war lang und Mühevoll. Argumente, wie sie hier von Herrn Sarma präsentiert werden, haben einen wesentlichen Anteil daran dass ich nicht mehr einfach glauben kann, dass Kernkraft böse ist.
Es ist mir, hier und anderswo, sehr wichtig die Welt differenziert und, nach bestem Gewissen, ehrlich anzuschauen und meine Meinungen und Überzeugungen nicht gegen rationale Argumente zu zementieren.
Meine Achtung gilt der GWUP und allen die zur rationalen und konstruktiven Diskussion beitragen.
24. September 2017 um 13:45
@ Frank:
„Die Werbung für die Kernkraft läuft ja schon lange, bei der gwup.“
Du solltest Deine Paranoia dringend mal von einem Psychiater behandeln lassen.
24. September 2017 um 15:36
Zugegebenermaßern ist auch mir nicht klar, wie man aus solchen Passagen
„Wir müssen also die Nutzung aller Arten der Stromversorgung mit geringen Emissionen maximieren, und dazu gehören neben Wasser, Wind und Solar auch die Kernkraft.“
auf eine „Werbung“ für bzw. „Verteidigung“ der Kernkraft kommt.
Ich denke, wenn manche Kommentatoren fest entschlossen sind, aus jeder Antwort – egal wie differenziert diese ist – eine „Werbung für Kernkraft“ herauslesen, ist eine Diskussion wohl weitgehend sinnlos.
Objektiv geht es indes nicht um ein „pro Kernkraft“, ebensowenig wie die GWUP *gegen* Homöopathie ist, sondern insgesamt *für* eine bessere Medizin.
Die Analogie zum Klimaschutz kann sicher jeder selbst ziehen.
24. September 2017 um 15:41
@Karsten:
Ich verstehe Ihren Standpunkt – aber was bringt uns heute ein „würde“ und „hätte“?
Es geht doch darum, die aktuellen Probleme pragmatisch zu lösen.
24. September 2017 um 16:41
Drei aktuelle Links dazu:
„The Real Unknown of Climate Change: Our Behavior“:
https://www.nytimes.com/2017/09/18/climate/climate-change-denial.html
„New climate change calculations could buy the Earth some time — if they’re right“:
https://www.washingtonpost.com/news/energy-environment/wp/2017/09/18/new-climate-calculations-could-buy-the-earth-some-time-if-theyre-right/?utm_term=.bea8cc5967ca
„Climate Change Is Complex. We’ve Got Answers to Your Questions.“
https://www.nytimes.com/interactive/2017/climate/what-is-climate-change.html?sf115321812=1
24. September 2017 um 22:30
Nach der Wahl: Und nun zum Wetter …
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-09/klimawandel-wahlprogramm-union-gruene-fdp-bundestagswahl
24. September 2017 um 22:58
@ Frank (24. September 2017 um 12:06): Das ist hier nicht „Werbung für die Kernkraft“. Hier werden nur relevante Fakten vorgestellt, die in der oft sehr emotional und faktenarm geführten Debatte um die zivile Nutzung der Kernkraft viel zu oft ignoriert oder unterschlagen werden.
Eine informierte Entscheidung kann aber nur auf der Grundlage möglichst aller relevanten Fakten getroffen werden.
Die Kernkraft ist riskant, man hat früher munter drauflosgebaut, ohne eine Ahnung zu haben, was man mit dem hochgefährlichen Müll mal anstellen will. Das war leichtfertig (und man hätte damit nach damaligem Wissensstand nie anfangen dürfen).
Aber nun sind die Kraftwerke einmal in Betrieb, und ob wir noch 10 oder 15 Jahre weiter Atommüll produzieren fällt angesichts der schon vorhandenen Mengen kaum ins Gewicht. Wenn die Atommüllentsorgung gelingt, ist alles gut. Wenn sie nicht gelingt, haben wir schon mehr als genug, um den Planeten unbewohnbar zu machen, da machen ein paar Tonnen mehr den Kohl auch nicht mehr fett.
(Auf die neuen Reaktortypen, die den alten Atommüll verarbeiten und unschädlich machen könnten, ist schon hingewiesen worden.)
Tatsache ist, dass die Ereignisse in Fukushima genau Null Relevanz für die Risikobewertung der Kernkraftwerke in Deutschland haben. Der überstürzte Ausstieg sieht nach Panikreaktion und war nicht zu rechtfertigen.
Die Kernkraftwerke hätte man noch ein, zwei Jahrzehnte laufen lassen können, ohne irgendwelche Umweltschäden zu verschlimmern oder Risiken zu steigern.
Mit der überstürzten Abschaltung musste man dann aber mehr Kohle verstromen, was zu mehr CO2-Ausstoß führt. Für eine Lösung des Atommüllproblems hätte man noch Zeit gehabt. In Sachen CO2 und Erderwärmung läuft uns die Zeit davon, da muss jetzt ziemlich schnell was passieren, damit – überspitzt gesagt – Köln nicht demnächst Küstenstadt wird.
Da ist ein Ausstieg aus der etablierten abgasarmen Kernkraft zugunsten der CO2-intensiven Kohlekraft natürlich nicht so toll.
25. September 2017 um 09:24
@ gnaddrig:
Sehr schön erklärt, das müsste doch jetzt wirklich mal dem letzten Atomkraft-Hasser klar werden. Aber die sog. „Umweltschutzorganisationen“ haben es ja schon immer am allerbesten verstanden, die Menschen ideologisch zu verblenden, von daher war wohl auch Deine Bemühung wieder mal Perlen vor die Säue.
25. September 2017 um 09:28
@ noch’n Flo
Sie sollten sich einmal von jemand erklären lassen, den Sie für kompetent genug halten (also nicht mich), was ein typisches „in group“-Verhalten ist …
@ Bernd Harder
warten wir doch einfach ab, wie Herr Sarma uns erklären wird, dass die Kernkraft weniger Nebenwirkungen auf die Umwelt hat, als Solar oder Wind-Energie:
spätestens dann wird der letzte wissen, ob es „Werbung“ für Kernkraft ist, die bei der gwup läuft
25. September 2017 um 10:21
@Frank:
Wenn Herr Sarma belegbar und faktenbasiert erklären sollte, dass es so ist – dann wäre auch das keine „Werbung“ für Kernkraft.
25. September 2017 um 16:39
@gnaddrig
Guter Beitrag.
ich verstehe allerdings nicht, wie man immer denken kann, man hat alle Gefahren im Auge und kann sie kontrollieren.
Wenn bei uns ein Terrorist per Flugzeug in ein KKW geflogen wäre und einen GAU ausgelöst hätte, – ich glaube die Japaner hätten sich weiter in Sicherheit gewiegt: diese Art von Terrorismus gibt es bei uns nicht.
Trotzdem installieren wir Flugabwehrraketen und Nebelwerfer, und ausserdem sind unsere Reaktortypen sowieso die sichersten.
Und dann wackelt am nächsten Tag die Erde.
25. September 2017 um 19:33
@Frank, der wissen möchte, ob es um „mehr Geld für den Export von Atom-Technologie in die Dritte Welt? Andere Gründe?“
Ich dachte, ich habe meine Gründe ziemlich klar erläutert: Das Ziel ist, so schnell wie möglich unsere Treibhausgase abzubauen. Der ganze Artikel dreht sich darum und ich habe Schwierigkeiten zu verstehen, dass das nicht kristallklar ist.
Aber die Einwände haben offenbar einen anderen Zweck: Andere böse Motive zu unterstellen und damit zu punkten. Nun meine Frage: Wollen wir uns auf die Inhalte konzentrieren oder über Motive spekulieren?
Um es nochmals klarzustellen: Es geht nicht um „pro-Kernkraft“, sondern um pro-Umwelt ohne Scheuklappen. Es sind diese Scheuklappen, die nachweislich dazu führen, dass die Emissionen in Deutschland steigen. Das ist ein Faktum.
Und gerade „Grüne“ sollten mal in sich gehen und sich fragen, ob sie mit der Politik von vor 35 Jahren unser Klima schützen können, wie sie auch jetzt wieder behaupten. Die Welt hat sich geändert.
Und ja, da gibt es noch den Punkt, mit dem man meine „Lobbyarbeit“ für die Kernkraft belegen will.
Ich schrieb: „Denn es ist alles andere als belegt, dass Solar oder Wind insgesamt viel weniger Nebenwirkungen inklusive der Menge und Gefährlichkeit der Abfallprodukte auf die Umwelt, als Kernkraft haben.“
Daraus kommt (man merke die Verschiebung der Beweislast und ein Strohmann, den ich nicht geschrieben habe): Ich solle erklären (oder ist beweisen gemeint?), „dass die Kernkraft weniger Nebenwirkungen auf die Umwelt hat, als Solar oder Wind-Energie.“
Was ich gefordert habe, ist eine nüchterne Analyse des Nutzens und der Nebenwirkungen aller emissionsarmen Optionen, damit dann die Politik eine vernünftige Politik daraus zu machen. Eine Politik, die auf Fachleute mit dem jeweilig notwendigen Wissen hört. Und eine Politik, das auf der Grundlage neuester und wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse gestaltet wird.
Und wogegen ich mich wende ist, dass man auf der Grundlage einer seit den 70er- und 80er Jahren verinnerlichten „Antiatom“-Folklore seine heutigen Entscheidungen fällt.
Da ich mich stets immer auch für die Nutzung von Solar und Wind geäußert habe, wundert es mich, warum niemand auf die Idee kommt, ich würde „Werbung für die Solar- und Windindustrie“ machen.
Aber das alles hat ja auch Bernd Harder schon geschrieben, aber offenbar brauchen manche ihre Feindbilder, wenn die Argumente ausgehen. Das finde ich schade.
25. September 2017 um 21:26
Zur Umweltverträglichkeit der Erneuerbaren:
Windräder der neuen Generation (230m) wiegen ca. 10.000 Tonnen, allein das Fundament besteht aus 5000t Stahlbeton, 20m in den Waldboden versenkt, 30m Duchmesser. Bei einem Windpark von 10 Rädern ist der Wasserhaushalt von einigen qkm Wald zerstört.
Um ein KKW von 1,5GW zu ersetzen, sind ca. 1800 Windräder der 4GW-Klasse nötig (bei 2000 Volllaststunden). Bei rechnerisch 4 Rädern/qkm werden also ca. 450qkm Land verbraucht, das KKW benötigt ca. 1/4 qkm sowie einen Bruchteil der Baumaterialien, Unmengen an Cu für die Turbinen und die Zuleitungen zu den extern stehenden Windrädern sowie natürlich für die Nord-Süd-Links.
Seltene Erden für die Magnete, enorme Mengen an Cobalt für die Akkus, die zum großen Teil im Kongo mit Hilfe von Kinderarbeit gefördert werden, Lithium wird unter großem Wasserverbrauch in wasserarmen Gebieten in Südamerika abgebaut. Das Recycling von hunderten qkm PV ist ungeklärt.
PSW und Wasserkraftwerke bedeuten auch Eingriffe ins Ökosystem, wobei ich hier die geringsten Probleme sehe.
Das sind nur einige schnelle Beispiele für „Nebenwirkungen auf die Umwelt“ durch Öko-Energien.
27. September 2017 um 13:55
Heute um 22.00 auf BR Alpha: Schwerer Ausstieg – Das Erbe der Atomkraft.
Eine m.M. nach sehr differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema – sollte man (auch Frank!) sich ansehen.
29. September 2017 um 17:13
@Werner Beinhart
Entscheidend ist der Vergleich:
„Bei den positiven Effekten der Windenergie weist die DIW-Zusammenstellung auch auf Studien hin, nach denen eine mit Wind an Land erzeugte Megawattstunde die CO2-Emissionen in Deutschland um 0,7 Tonnen verringert. Umgerechnet seien das externe, mit dem Klimawandel zusammenhängende Kosten von 83 Euro, die vermieden werden.
Über die gesamte Lebensdauer der jeweiligen Erzeugungstechnologie werden die gesamten externen Kosten, die über die klimatischen Wirkungen hinausgehen, pro Megawattstunde bei Kohle auf 8 bis 14 Euro, bei Erdgas auf 3,50 bis fünf Euro, jedoch nur auf einen Euro für Land-Windkraft geschätzt.
Die Megawattstunde Atomstrom kommt auf 32 bis 340 Euro, wenn auch nicht versicherbare Schäden von Atomunfällen eingerechnet werden.“
http://www.klimaretter.info/forschung/nachricht/23043-windkraft-ist-guenstiger
„Fazit: Trotz 21 Prozent Wirtschaftswachstum konnte die Atomstromproduktion halbiert und die Kohlestromproduktion um ein Zehntel verringert werden. Allerdings stieg auch die Erdgasstromproduktion um zwei Drittel.
Zugleich wuchs der Stromexportüberschuss, der in unseren Nachbarländern überwiegend Gasstrom verdrängt, auf einen Rekordwert. Der CO2-Ausstoß konnte verringert werden, weil viel Strom aus Biomasse, Sonne und Wind hinzugekommen ist.
Für den Umweltschutz sind die Verringerungen des CO2-Ausstoßes allerdings viel zu gering. Insofern müssen gerade Photovoltaik und Windkraft viel konsequenter ausgebaut werden.“
http://www.klimaretter.info/meinungen/standpunkte/23606-ist-die-energiewende-gescheitert
29. September 2017 um 21:06
@Externe Kosten
Klimaretter.info ist natürlich die absolut neutrale Institution für solche Fragestellungen.
Das ist so, wie wenn die Metzgerinnung eine Studie zum Veganismus abliefert.
Bei Windrädern werden z.B. nicht oder kaum die Kosten/Umweltbelastungen für die notwendigen Backupsysteme (Kohle, Gas, Akkus, PSW) sowie die zusätzlichen Stromleitungen im enormen Umfang berücksichtigt.
Die sogenannte Dezentralisierung hat nämlich die Auswirkung, dass der Strom nicht mehr da erzeugt wird, wo er gebraucht wird, z.B. in Industriezentren, sondern auf dem Land und in Wäldern mit geringer Bevölkerungsdichte.
Da müssen Unmengen Leitungen von den einzelnen Windrädern zu den Ballungszentren neu verlegt werden. Die Netzkosten liegen inzwischen höher wie der EEG-Beitrag.
6. Oktober 2017 um 09:27
Bei seiner obsessiven Werbung für die Nutzung der Atomenergie betreibt Amardeo Sarma intensives „Rosinenpicking“ was die vermeintlichen Vorteile betrifft, und gleichzeitig ignoriert er die vielen Aspekte, welche die absolut überwiegende Mehrheit der Deutschen in einem viele Jahre dauernden Prozess des öffentlichen Diskurses zur entschiedenen Ablehnung dieser Art der Energiegewinnung überzeugt hat.
Herr Sarma ignoriert z.b. geflissentlich die immensen Gefahren der vielen Transporte von großen Mengen radioaktiver Gefahrenstoffe, die ständig für den Betrieb der AKW rollen müssen.
Herr Sarma verliert kein Wort über die Umweltschäden bei dem Abbau des Rohstoffes Uran.
Herr Sarma verliert kein Wort über die Unvereinbarkeit der Atomenergienutzung mit grundlegenden demokratischen Prinzipien.
6. Oktober 2017 um 09:37
@Karsten:
Es ist anscheinend weitestgehend sinnlos, Ihnen und einigen wenigen anderen Kommentatoren hier den Unterschied zwischen „Werbung“ und pragmatischer Akzeptanz zu erklären.
18. Oktober 2017 um 03:38
Wohlwissend, dass jede halbwegs umfängliche Beschreibung von konkreten Gefahren den Rahmen dieser Kommentarfunktion sprengen muss, möchte aus aktuellem Anlass einmal auf konkrete Gefahren durch die Transporte der radioaktiven Stoffe hinweisen, ohne welche die Nutzung der Atomenergie im großtechnischen Maßstab, also in dem, der überhaupt irgendeinen Einfluß auf das Klima haben kann.
Alleine über den Hamburger Hafen werden jährlich mehrere tausend Tonnen Uranerzkonzentrat („yello Cake“) und Uranhexafluorid (UF6) umgeschlagen.
Diese Stoffe werden aus ökonomischen Gründen mit der verbreiteten Container-Logistik also mit völlig handelsüblichen Großcontainerschiffen und von da auf LKW in handelsblichen See-Containern, bzw „container-Flats“ und mit den völlig üblichen „Regelgüterzügen“ weiterbefördert.
Ist es auf den Containerschiffen grundsätzlich noch möglich, beim Transport einen gewissen räumlichen Abstand zu anderen transportierten Gefahrengütern einzuhalten, so ändert sich das gerade beim Weitertransport mit der Bahn dramatisch.
Hier kommt es regelmäßig zu einer Akkumulierung mit großen Mengen von ALLEN Arten anderer Gefahrenstoffen schon in den sog. gemischten Güterzügen, in denen die radioaktiven Rohstoffe für die Atomindustrie routinemäßig befördert werden.
So lagern und rollen regelmäßig große Mengen/ Massen/ Volumina besagter radioaktiver Stoffe Tage- und Wochenlang in unmittelbarer Nähe mit großer Mengen/ Massen/ Volumina von anderen höchst(Superlativ) gefährlicher Stoffe.
Das hängt damit zusammen, dass in Hamburg auch große Erdölraffinerien und Chemische Fabriken ansässig sind, die große Mengen ihrer hochentzündlichen Produkte ebenfalls mit der Bahn abtransportieren.
Konkret: In den Hafenbahnhöfen „Hamburg Süd“, „Alte Süderelbe“ und in Europas größtem Güterbahnhof „Maschen“ stehen regelmäßig z.b. Tausend Tonnen Uranerzkonzentrat regelrecht eingekeilt zwischen Ganzzügen oder gemischten Güterzügen mit mehreren tausend Tonnen Benzin, Heizöl, Propangas, und hunderten Tonnen aller Arten von Säuren und anderen hochgiftigen,hochreaktiven chemischen Rohstoffen.(Chlor, Natriumchlorat, … wirklich ALLE Arten von Chemkalien).
Alle Züge sind auf besagten Güterbahnhöfen dabei völlig frei zugänglich.
Muß ich noch deutlicher werden,um aufzuzeigen, welches Gefahrenpotential in Zeiten von real schon stattgefundenen, und weithin ganz offiziell von Sicherheitsbehörden schon befürchteten Terrorakten dort vorhanden ist?
Ich halte alleine /diese/ Gefahren für mich und meine Mitmenschen nicht für hinnehmbar, wenn und weil sie absolut vermeidbar sind.
Gruß Karsten
18. Oktober 2017 um 14:41
@ Karsten
Also zusammengefasst: WWAS!
18. Oktober 2017 um 19:18
Hallo Karsten,
wenn ich mir Sorgen um die Gefährlichkeit von Uran in welcher Form oder in welcher chemischen Verbindung auch immer machen würde, dann allenfalls wegen der chemischen Eigenschaften der jeweiligen Verbindung oder aufgrund der schlichten Tatsache, daß Uran ein Schwermetall ist.
Wegen der Radioaktivität des Urans braucht sich aber niemand zu ängstigen. Uran-238 hat eine Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren, eine entsprechend geringe Zerfallsrate (Aktivität) und gibt folglich sehr wenig Strahlung ab. Die ist viel zu gering, um irgendwelche Schäden zu verursachen.
In der indischen Provinz Kerala liegt die Umgebungsstrahlung bei bis zu 70 mSv/a. Das ist ganz grob über den Daumen gepeilt das 50- bis 65-fache des in Deutschland geltenden Grenzwerts für die allgemeine Bevölkerung.
Wer meint, Menschen vor Strahlung schützen zu müssen, kann ja dort anfangen. Allerdings wird das schwierig, denn dort leben 33 Millionen Menschen, und sie haben mit 74 Jahren die höchste Lebenserwartung in ganz Indien. Das sollte zu denken geben.
Also bitte mal schnell in den Güterbahnhof und nachmessen, welche Dosisleistung jemand erfährt, der direkt neben einem Uran-Waggon steht! Laut Bundesumweltministerium erreichen »die Körperdosen beruflich exponierter Personen auch bei hohem Beförderungsaufkommen allenfalls Werte bis zu einigen mSv/a«.
Falls dies durch welche Ereignisse auch immer in die Nähe einer Jahresdosis von 100 mSv ansteigen sollte – was ein vernünftiger Grenzwert wäre –, dann können wir ja noch einmal reden. ;-)
Rainer Klute
Nuklearia e. V. (Vorsitzender)
18. Oktober 2017 um 19:27
@RainerO:
Ich übersetze mal:
Wir Werden Alle Sterben.
19. November 2017 um 23:26
„Kanada macht ersten Schritt zur Zulassung von Kernreaktoren der vierten Generation“
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Kanada-macht-ersten-Schritt-zur-Zulassung-von-Kernreaktoren-der-vierten-Generation-3889820.html
8. April 2019 um 22:45
https://www.nytimes.com/2019/04/06/opinion/sunday/climate-change-nuclear-power.html
Nuclear Power Can Save the World
Expanding the technology is the fastest way to slash greenhouse gas emissions and decarbonize the economy.