„Zeit der Zweifler“ ist die aktuelle Titelgeschichte des National Geographic überschrieben.
Autor Joel Achenbach geht der Frage nach,
… was vernünftige Menschen dazu bewegt, der Vernunft zu misstrauen?“
Sein Artikel befasst sich mit Verschwörungsphantasten, Kreationisten, Klimaleugnern, Impfgegnern und anderen Feinden der Wissenschaft.
Achenbach kommt zu dem Schluss:
In unserer verwirrenden Zeit müssen wir entscheiden, was wir glauben wollen. Dazu haben wir die Wissenschaft.
Wissenschaft ist eine Methode herauszufinden, ob das, wovon wir überzeugt sind, den Naturgesetzen entspricht oder nicht. Aber für die meisten von uns ist diese Vorgehensweise nicht selbstverständlich.
Und darum geraten wir immer wieder in Schwierigkeiten […]
Selbst wenn wir wissenschaftliche Erkenntnisse auf rationaler Ebene akzeptieren: Unbewusst halten wir an unseren Intuitionen fest – an unserem kindlichen Denken, den sogenannten Naiven Theorien. Je besser unsere naturwissenschaftliche Bildung ist, desto mehr unterdrücken wir unsere intuitiv erworbenen Ansichten.
Doch sie spuken weiter in unserem Kopf herum und funken manchmal dazwischen, wenn wir versuchen, die Welt zu verstehen.“
Daneben gibt es ein Interview mit Dr. Martin Mahner, GWUP-Gründungsmitglied und Leiter unseres Zentrums für Wissenschaft und kritisches Denken in Roßdorf.
Auch er sagt, dass …
… der Mensch seine Intuition nur schwer ausschalten kann, und Wissenschaft ist oft kontraintuitiv.“
Darüber hinaus kritisiert Mahner immanente Tendenzen im Wissenschaftsbetrieb, die „zu Verdrossenheit und Misstrauen führen“, sowie die Bologna-Reform mit ihren verschulten Bachelor- und Masterstudiengängen:
Man bimst sich den Lehrstoff schnell ein, damit man die Prüfungen schafft, und imitiert hinterher, was man gelernt hat. Man kann dann vielleicht wissenschaftlich arbeiten, aber man weiß oft nicht wirklich, wie und warum Wissenschaft funktioniert.“
Eine leicht gekürzte Fassung von „Zeit der Zweifler“ gibt es auf der englischsprachigen National-Geographic-Homeage:
Why Do Many Reasonable People Doubt Science?“
Auf der deutschen Webseite findet sich zusätzlich ein 16-minütiges TED-Video mit Michael Specter zu den Gefahren der Wissenschafts-Leugnung (mit deutschen Untertiteln):
Behauptungen über Impfungen und Autismus, „Frankenfood“-Verbote, der Heilkräuter-Wahn: All das deutet auf die wachsende Angst der Öffentlichkeit vor Wissenschaft und Vernunft hin, sagt Michael Specter. Er warnt, dass dieser Trend Unheil für den menschlichen Fortschritt bedeutet.“
Auch das Magazin Cicero beschäftigt sich aktuell mit dem Thema Wissenschaftsfeindlichkeit:
Da schwingt die Lehrerin das Pendel, der Manager rennt zu seinem Guru, der IT-Fachmann liest Bücher über morphologische Felder und der Ingenieur bekämpft seine Krebserkrankung mit einer Misteltherapie.
Woher die verbreitete Skepsis, ja Feindschaft gegenüber den Wissenschaften?
Eine nahe liegende Erklärung: Sehnsucht nach Wärme und Geborgenheit. Die Realität, so wie sie die Wissenschaften zeichnet, ist kühl, seelenlos und abweisend.
Wie viel wärmer hingegen ist da die re-spiritualisierte Welt der Esoterik, mit ihren Energien, Strömen und Kräutern, dem „alten Wissen,“ das so viel Geborgenheit verspricht.“
Zum Weiterlesen:
- Prinzip Skepsis: Interview mit Dr. Martin Mahner, National Geographic 3/2015
- Why Do Many Reasonable People Doubt Science? National Geographic 3/2105
- GWUP im „National Geographic“, GWUP-News am 28. Februar 2015
- Wissenschaftsfeindlichkeit: Galileo gestern und heute, GWUP-Blog am 15. Februar 2014
- Vince Ebert zu Kreationismus und Wissenschaftsfeindlichkeit, GWUP-Blog am 6. April 2014
- Die Dummheit der Wissenschaftsignoranz, Der Nesselsetzer am 6. April 2014
- Droht uns eine Rückkehr ins Mittelalter? Welt-Online am 1. Dezember 2011
- Wie ein Bauer aus dem 17. Jahrhundert die Welt sehen würde, Astrodicticum simplex am 27. Oktober 2012
- Warum die Wissenschaft viel besser ist als ihr Ruf, Focus-Online am 17. August 2014
- Sind Verschwörungstheoretiker “vernünftiger”? Natürlich nicht, GWUP-Blog am 18. Januar 2015
- Immun gegen die Wissenschaft, Cicero am 28. Februar 2015