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„Homöopathie unwiderlegt?“ Ein neuer Dokumentarfilm im Kino

| 33 Kommentare

Heute Abend feiert in Berlin der Dokumentarfilm

Homöopathie unwiderlegt?

Premiere.

Weitere Vorstellungen stehen in Münster, Leipzig, Tübingen, Stuttgart und Hamburg auf dem Programm.

Regisseur Erik Lemke sieht seinen Film als „ein Debattenstück ohne Gegner“ an:

„Homöopathie unwiderlegt?“ ist ein Safe space für Anhänger der Homöopathie, in dem keine Skeptiker von außen das zarte Pflänzchen erster Zweifel am eigenen Tun zertreten […] Die strenge Konzentration auf Sprache und Ausdrucksweise der Protagonisten soll daran erinnern, dass wir als denkende Wesen Betrug erkennen können, auch wenn ihm unser Bauchgefühl noch so gern erliegen will.

Ein interessantes Interview mit ihm ist bei rbb24 erschienen.

Dr. Norbert Aust vom INH hat den Film vorab gesehen.

Hier sein Bericht:

Gut gemeint ist nicht gut gemacht

Lass doch die Homöopathen einfach mal reden. Wenn sie ihre Lehre selbst vorstellen und beschreiben, dann merkt doch jeder, was das für ein Unfug ist.

Das hört man oft aus Kreisen der Kritiker der Homöopathie. Jetzt hat der Dresdener Filmemacher Erik Lemke genau dies getan und daraus einen Film gedreht, der ab Ende Januar 2022 in ausgewählten Kinos deutscher Großstädte gezeigt wird.

Der Autor, der bislang noch nicht als Kritiker der Alternativmedizin bekannt ist und sich in seinen Filmen auch noch nicht mit wissenschaftlichen Themen auseinandergesetzt hat, möchte nach Möglichkeit bei den Vorführungen anwesend sein, um sich der Diskussion mit dem Publikum zu stellen.

In dem 85 Minuten langen Film kommen ausschließlich Befürworter der Homöopathie zu Worte. Etwa zwanzig Personen, zumeist approbierte Ärzte und Psychologen, aber auch Wissenschaftler anderer Disziplinen, dürfen ihre Sicht auf die Homöopathie darlegen.

Darunter sind einige in Skeptikerkreisen durchaus bekannte Leute – Jens Behnke, Harald Walach, Cornelia Bajic, Heinrich Hümmer und andere –, aber auch bisher eher unbekannte Homöopathen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland. Heilpraktiker treten nicht auf.

Der Autor befragt die Teilnehmer jeweils zu einem sehr weit gespannten Feld und deckt damit den Themenkomplex Homöopathie recht umfassend ab. Das reicht von der Geschichte über die rechtlichen Grundlagen, die Herstellung der Mittel, die Studien, Erklärungsmodelle, die Patientenpräferenzen etc.

Insgesamt sind es 16 Gliederungspunkte, die durch kurze grafische Sequenzen abgegrenzt werden. Man vermisst keinen Aspekt, der in der Diskussion um die Homöopathie eine Rolle spielt.

Zu jedem der Themen kommen mehrere der befragten Personen zu Wort. Der Autor wollte damit ein „Debattenstück ohne Gegner“ schaffen, um zu zeigen, was von der Homöopathie bleibt, „wenn man sie ihrer schönen Bilderwelt beraubt, wenn es plötzlich nicht mehr menschelt in berührend erzählten Schicksalen“.

Dabei soll „… die strenge Konzentration auf Sprache und Ausdrucksweise … daran erinnern, dass wir als denkende Menschen Betrug erkennen können.“ So ist es der Filmankündigung zu entnehmen. Soweit ein durchaus ehrenwertes Anliegen mit einem interessanten neuen darstellerischen Ansatz, mit dem aufgezeigt werden soll, dass „wenn alle Homöopathen unterschiedliche Beobachtungen machen und diese für wahr halten, [dann] braucht es keine Kritiker mehr, um die Diskussion spannend zu machen.“

Und die Protagonisten tun dem Autor den Gefallen und schwurbeln je nach Naturell mehr oder weniger abgehoben los, und es gäbe reichlich Ansatzpunkte, den Widersinn und die Absurdität der homöopathischen Lehre deutlich zu machen – aber hier versagt die Regie total.

Wenn man die Filmankündigung nicht gelesen hat, dann könnte man den Film auch als eine Werbung pro Homöopathie auffassen. Insbesondere, wenn man sich noch nicht mit der Lehre beschäftigt hat – oder gar ein Anhänger Hahnemanns ist.

Die Vertreter der Homöopathie kommen allesamt durchaus sympathisch und auf ihre Weise kompetent rüber. Das sind beileibe keine Dummköpfe, die da auftreten. Vielen kann man ein Charisma nicht absprechen und es ist durchaus verständlich, warum sich kranke Menschen ihnen anvertrauen. Es kann kein Zweifel darin bestehen, dass diese Ärzte sich für ihre Patienten einsetzen und dabei Wärme und Verständnis aufbringen.

Insofern stellen sie Persönlichkeiten dar, wie man sich seinen Arzt wünscht, der unaufgeregt und geduldig spricht und auch die eigene Lehre mit einer gewissen Distanz hinterfragt.

Dabei ist das Spektrum weit gefächert: Da ist die promovierte Medizinerin, die sich selbst als Schamanin bezeichnet, in den homöopathischen Mitteln geistartige Wesen sieht, deren Wirksamkeit sie mit ihrer Intention verstärkt, um die Menschen „von einem Ort des Entweder-Oder zu einem Ort des Sowohl-Als-Auch zu führen.“

Oder die Psychotherapeutin, die den Ansatz ganz faszinierend findet, die Entwicklung der Pflanzen auf den Menschen zu übertragen, um damit die Treffsicherheit ihrer Mittelwahl zu verbessern. Es sind aber auch Ärzte dabei, die ihre Arbeitsgrundlagen kritisch untersuchen, etwa die Durchgängigkeit der Repertorien hinterfragen, oder zugeben, dass viele Informationen darin unzuverlässig sind und folglich die verdächtigen Mittel aussortieren.

Oder auch zugeben, dass man aus der Besserung beim Patienten nicht auf die Wirksamkeit des eingesetzten Mittels schließen kann.

Kurz: Da ist für jeden Zuschauer, der der Homöopathie nahesteht, der passende Typ dabei, der einen anspricht und dessen Aussagen folglich schlüssig klingen. Den Rest versteht man eben nicht oder ignoriert ihn ganz einfach. Spätestens am Ende des Films wird man sich nur an die Passagen erinnern, die die eigene Auffassung bestätigt haben.

Wie die Beispiele von studierten Medizinern ja deutlich zeigen, die der homöopathischen Lehre anhängen, kann man auch als intelligenter und gebildeter Mensch ganz gut gleichzeitig Auffassungen teilen, die sich gegenseitig eigentlich ausschließen.

Der Autor tut auch praktisch nichts, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf die wesentlichen Aspekte zu lenken und beispielsweise die Widersprüche hervorzuheben. Er beschränkt sich darauf, widersprüchliche Aussagen in direkter Folge zu zeigen, aber nichts hebt diese Stellen aus den gleichmäßig dahinplätschernden Statements hervor.

Eine Sprecherin führt aus, dass die Krankheitssymptome nicht das Entscheidende seien, vielmehr wie der Mensch sich fühlt, und welche Themen für ihn relevant seien. Direkt darauf folgt ein anderer Sprecher, der darauf Wert legt, dass die Symptome genau anzeigen würden, welches Mittel der Patient braucht.

Aber: Wer im Publikum kriegt das mit? Wer hat angesichts des fortlaufenden Films die Zeit, dies sacken zu lassen, darüber nachzudenken und sich zu wundern? Einer schwört scheinbar auf Konstitutionstypen, für den anderen ist das Unfug – aber ist das wichtig? Muss man sich das merken?

Hier hätte der Autor gut daran getan, nachzufassen und etwa nachzufragen, was der jeweilige Sprecher von den gegenteiligen Aussagen seiner Kollegen hält. Das hätte die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf diesen Punkt gelenkt. Hier wäre dann auch der Widerspruch deutlich zutage getreten und es hätte Raum zur Reflexion gegeben.

In die gleiche Richtung fällt, dass bis auf eine wohltuende Ausnahme der Autor nicht nachhakt und etwa nachfragt, wie es sein kann, dass in der Homöopathie offensichtlich andere Gesetzmäßigkeiten herrschen als in der restlichen Welt. Warum gilt überall eine Beziehung zwischen der Größe der Dosis und der Stärke der von ihr hervorgerufenen Wirkung, nur in der Homöopathie ist das anders? Oder wie man in der Vorstellung des jeweiligen Sprechers „Magnetischen Südpol“ auf Zuckerkügelchen bekommt?

Nur einmal blitzt so etwas auf: Ein Sprecher erklärt, dass es die Homöopathie nach zweihundert Jahren nicht mehr geben würde, wenn sie Quatsch wäre, worauf der Autor nachhakt:

Genauso wie Tarotkarten legen, Beten oder Astrologie?

Dies blieb übrigens ohne Antwort. Ansonsten konnte jeder den blühendsten Unsinn erzählen, und es bleibt alleine dem Zuschauer überlassen, diesen als solchen zu erkennen.

Erschwerend kommt hinzu, dass Lemke grundsätzlich aus einer gewissen Innensicht der Homöopathie heraus seine Fragen stellt. Etwa Fragen, wie viele Miasmen es gibt, wie man als Patient einen seriösen Homöopathen finden könne oder warum die von den Homöopathen beobachteten starken Phänomene sich so schwer in Studien zeigen lassen. Das alles unterstellt eben unterschwellig auch, dass es diese Miasmen tatsächlich gibt, genauso wie seriöse Homöopathen und starke Effekte homöopathischer Mittel real sein könnten.

Durch keinerlei sprachliche Mittel wird der Zweifel des Autors an der realen Existenz dieser Dinge ersichtlich. Da die Gesprächspartner durchaus eloquent sind, können sie sich zumeist mit ein paar Floskeln herausreden – die dann unhinterfragt bleiben.

Wenn der Autor zeigen wollte, wie widersprüchlich die innere Struktur der Homöopathie ist, dann hat er nicht unbedingt immer die geeigneten dramaturgischen Mittel dazu eingesetzt. Ganz im Gegenteil, oftmals entsteht der Eindruck, dass die Protagonisten sich weitgehend einig sind. So werden die Themenkomplexe des Chinarindenversuchs, des Simileprinzips, des Potenzierens und andere durch kurze Statements mehrerer Sprecher beleuchtet, die durchaus sinnvoll aufeinander folgen.

Wo sind da Unstimmigkeiten? Klar, es gibt Detailfragen, etwa, wie viele Miasmen es gibt, da ist man sich nicht ganz einig – aber sonst? Man möchte meinen, dass bei einem Internisten-Kongress die Differenzen zu bestimmten Themen größer sind. Die Homöopathie sieht da recht geschlossen aus.

Kurz: Lemke überlässt die intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Inhalt voll und ganz seinen Zuschauern, die aber vermutlich in der raschen Folge der Themen dazu gar nicht die Zeit haben und vielleicht auch nicht die Sachkenntnis und Sensibilität eines Homöopathiekritikers, dem bestimmte Reizwörter und Ungereimtheiten sofort auffallen.

Und um das Ganze abzurunden: In der letzten Einstellung darf ein Kinderarzt ausführen, er behandle als Inhaber einer normalen Praxis 80 Prozent seiner Patienten homöopathisch. Wären die Homöopathika nur Placebos, dann schließt er daraus, dass „in normalen Kinderarztpraxen 80 Prozent der Kinder unnötigerweise behandelt werden, überbehandelt werden und gegebenenfalls schädigenden Nebenwirkungen ausgesetzt werden.“

Und mit diesen Worten endet der Film, genau jetzt wird das Bild schwarz und der Abspann folgt.

Das soll ein Film sein, der irgendwie eine kritische Haltung zur Homöopathie fördern soll? Man hat eher den Eindruck, da wird ein Homöopathie-Werbefilm als Kritik getarnt. Vermutlich werden alle Homöopathieanhänger, die den Film sehen, sich bestätigt fühlen. Zwar nicht alle von den gleichen Aussagen, aber der Film gibt jedem Recht.

Insofern ist wohl kaum damit zu rechnen, dass es nach den Vorführungen zu Diskussionen mit dem Publikum kommt, schon gar nicht mit Anhängern der Homöopathie.

Zum Weiterlesen:

  • „In meinem Dokumentarfilm widerlegen sich Homöopathen selbst“, rbb am 26. Januar 2022
  • Abgeordnete fordern ein Ende der Ausnahmeregelungen für die Homöopathie, GWUP-Blog am 21. Januar 2022

33 Kommentare

  1. Kann es sein, daß doch etwas fehlt?
    Nämlich die Homöopathische Arzneimittelprüfung. Hier hätte es tatsächlich sein können, daß der Zuschauer den Schwachsinn erkennt, wenn jemand nach Schlucken von Globoli alles aufschreiben soll was er nach der Einnahme erlebt hat.

    Ein Format, das den Gegner mit seinen eigenen Worten widerlegt lebt natürlich auch von den „richtigen“ Fragen und auch vom Schnitt.

    Felix

  2. Offensichtlich kommt die Arzneimittelprüfung doch vor…

    Felix

  3. Ich habe soeben den Autor des Films auf diese Rezension hingewiesen und stelle mich natürlich einer diesbezüglichen Diskussion.

  4. @ Felix,

    in der Tat, die Arzneimittelprüfung wird auch abgehandelt. Ich wollte in der Rezi nicht jedes einzelne Thema auflisten, habe lediglich ein paar Beispiele genannt und darauf hingewiesen, dass das ganze Thema Homöopathie abgedeckt worden ist. Also auch die Arzneimittelprüfung.

  5. Auch ich habe mal daran geglaubt, dass die Menschen schon Wahrheit von Blödsinn unterscheiden können, wenn man ihnen nur die Fakten vorlegt.

    Dann kamen Flat Earth und QAnon.

    Das beleuchtet aber wohl einen wichtigen Aspekt: Recht haben allein genügt nicht. Viel wichtiger ist die Frage, auf welchem Weg man zum richtigen Ergebnis gekommen ist.

  6. @CVA

    Sind Sie dann nicht, ähnlich der Fakten, mit der Frage konfrontiert, warum Ihr Weg der Richtige ist?

    Überzeugungen wie Homöopathie, Flat Earth und QAnon zeigen meiner bescheidenen Meinung ein Verlust des Vertrauens in Institutionen (Wissenschaft, Politik, Medizin, Religion etc.) und eine Überbetonung individueller Lebenswelten reichlich gepaart mit kognitiven Verzerrungen.

  7. Vielen Dank an Norbert Aust für die Rezension!

    Es ist allerdings zu befürchten, dass sich, allein schon aufgrund des Titels (das Fragezeichen dürften die meisten überlesen), vor allem Anhänger der Homöopathie den Film anschauen werden und ihn in ihren Überzeugungen gestärkt wieder verlassen.

    Ich fürchte, dass ich nicht genug Nervenstärke haben werden, mir diesen Film anzutun.

  8. Der Autor des Films ist wohl in erster Linie Künstler, und mir scheint, ihm war die „reine“ Umsetzung des Konzepts wichtiger als inhaltliche Zugkraft. Damit erreicht er wahrscheinlich nur Menschen, die der Homöopathie ohnehin skeptisch gegenüberstehen /und/ sich mit den Widersprüchen bereits halbwegs auskennen.

    Obwohl dies lt. RBB-Interview gerade nicht seine Intention war.

    Ich bin ebenfalls nicht überzeugt, dass er in erster Linie Homöopathiekritik im Sinn hatte. Man muss abwarten, genau welche und wieviele Menschen für den Film ins Kino gehen und ob es im Anschluss tatsächlich zu kontroversen Diskussionen über den Inhalt kommt.

    Leider muss man befürchten, dass schön passende Ausschnitte im Netz auftauchen und als Quelle der Filmtitel ohne Fragezeichen angegeben wird.

  9. @ 2xhinschauen

    „Leider muss man befürchten, dass schön passende Ausschnitte im Netz auftauchen und als Quelle der Filmtitel ohne Fragezeichen angegeben wird!“

    Genau so wird es kommen.

  10. @Carsten Ramsel

    „Sind Sie dann nicht, ähnlich der Fakten, mit der Frage konfrontiert, warum Ihr Weg der Richtige ist?“

    Ja, genau das meine ich damit. Die wahre Bedeutung liegt darin, die Methode der Wahrheitsfindung aufzeigen zu können.

  11. In der Rez. heißt es zum Ende hin: „Vermutlich werden alle Homöopathieanhänger, die den Film sehen, sich bestätigt fühlen. Zwar nicht alle von den gleichen Aussagen, aber der Film gibt jedem Recht.“

    Nach der guten Darstellung des Filmverlaufs würde ich das auch in dieser Form annehmen.

    Aber es fehlt vielleicht eine Ergänzung: Unabhängig von der Selbstdarstellung des Autors/Regisseurs und seinen „Intentionen“ würde *auch* ein einigermaßen informierter „Skeptiker“ bei Betrachten des Films zu einer Bestätigung seiner Meinungen/Urteile kommen (wie eben auch Herr Aust in seiner Rezension) (Stichwort: „guck mal: die widersprechen einander ja ständig!“).

    Insofern ist das besonders Merkwürdige hier vielleicht der Effekt, dass ALLE Zuschauenden sich „bestätigt fühlen“ werden.

  12. @2xhinschauen

    „Leider muss man befürchten, dass schön passende Ausschnitte im Netz auftauchen und als Quelle der Filmtitel ohne Fragezeichen angegeben wird.“

    Daran hatte ich noch gar nicht gedacht, aber möglich ist das.

    @ajki

    Stimmt, als Skeptiker führlt man sich auch von dem bestätigt, wie sich die Homöopathen widersprechen. Insofern wäre eine Diskussion interessant zu beobachten: Jeder kann seine Position mit Aussagen aus dem Film untermauern.

    Auch ein Kunststück.

  13. Kunststück

    Sag ich doch :-D

  14. @2xhinschauen: Leider muss man befürchten, dass…

    Das glaube ich auch.

    Dabei stellt die im Trailer gebrachte Aussage von Jens Behnke (ab 1:39) ja eine gute Grundlage für ein Fazit über die Homöopathie dar:

    „Ja, wenn ich die Homöopathie jetzt aber mit Unmengen Forschungsgeldern 50 Jahre lang beforsche und es zeigt sich nirgendwo ein Effekt, dann könnte man aus wissenschaftlicher Sicht schon sagen, ja, also, das, da scheint dann nichts dran zu sein.“

    Da fehlt nur noch die Aussage, dass das, was in (nicht nur 50) Jahren Beforschung an Effekt gezeigt werden konnte, eben auf „nirgendwo ein Effekt“ hinausläuft, etwa weil festgestellte Effekte fast immer verschwindend gering sind, sofern sie nicht sowieso auf unsauberem Studiendesign oder Rosinenpickerei beruhen; weil die gefundenen Effekte nicht zusammenpassen und sich damit – sagen wir – gegenseitig nivellieren.

    Damit scheint dann aus wissenschaftlicher Sicht tatsächlich nichts dran zu sein.

    https://youtu.be/flX-gRDnguI?t=72

  15. „Der Autor wollte damit ein „Debattenstück ohne Gegner“ schaffen, um zu zeigen, was von der Homöopathie bleibt, „wenn man sie ihrer schönen Bilderwelt beraubt, wenn es plötzlich nicht mehr menschelt in berührend erzählten Schicksalen“.

    So naiv sollte man nach zwei Jahren erfolgreicher Corona-Nonstop-Nonsens-Narrativen nicht mehr sein.

  16. Mehrere Tierheilpraktikerinnen sind vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Versuch gescheitert, eine neue Regelung zu homöopathischen Mitteln vorläufig zu stoppen.

    https://de.nachrichten.yahoo.com/tierheilpraktikerinnen-scheitern-eilantrag-bundesverfassungsgericht-085414165.html

    https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2022/01/rs20220124_1bvr238021.html

  17. ohne mir den film bisher angesehen zu haben, glaube ich kaum, dass das konzept aufgehen kann.

    ich habe selbst in meinem umfeld mehrere menschen, die sich mit globuli behandeln oder behandeln lassen. das sind menschen, die ich schätze und keineswegs für „dumm“ halte. ein argumentatives annähern ist aber unmöglich und ich habe dies auch aufgegeben, da es erfahrungsgemäß nur zu verletzten empfindungen führt.

    um es gleich klarzustellen: es handelt sich nicht um dogmatiker, die die medizin ablehnen und in „alternativen behandlungsmöglichkeiten“ die einzige wahrheit sehen.

    der weg hin zu den globuli war bei allen sehr ähnlich: anhaltende gesundheitliche beschwerden und endlose, frustrierende besuche aller möglichen ärzte und wirkungslose behandlungen. häufig auch die erfahrung, nicht ernst genommen zu werden. der besuch von heilpraktikern oder homöopathen war da meist ein letzter, verzweifelter versuch, der tatsächlich linderung brachte.

    wie auch hier in der kritik beschrieben, nahmen diese sich sehr viel mehr zeit und haben ein ganz anderes gefühl vermittelt. ich vermute, so kann ein sehr wirksamer placebo-effekt entstehen. mit diesem hintergrund der erfahrenen hilfe und dem langen leidensweg, kann man auch die ganzen emotionalen abwehrmechanismen gut nachvollziehen.

    für mich wird dadurch einfach eine lücke geschlossen, die unsere medizinische handhabe leider häufig lässt. und genau da sollte man das problem auch versuchen zu lösen.

  18. Ich habe den Film gestern abend gesehen und muss der Rezension entschieden widersprechen. Es ist gerade eine der Stärken des Films, auf sokratische Art Fragen zu stellen und dadurch die Befragten zu Aussagen zu bringen, die ihre Grundthese in Frage stellen.

    Der Film ist kein Fernsehjournalismus sondern arbeitet mit filmischen Mitteln. Und er bezieht sehr wohl Stellung, durch die Gegenüberstellung von widersprüchlichen Aussagen zu denselben Themenfeldern, er bezieht Stellung in den Graphiken und der untergelegten Szenenmusik, die die Aussagen kommentiert.

    Die Interviewten sind in der Mehrzahl sympathische, reflektierte Menschen, die die kritische Betrachtung der Homöopathie selber leisten. Und von denen einige die Größe besitzen, den Gedanken, dass Homöopathie nur Placebo ist, vor der Kamera zu Ende zu denken.

    Der Rezensent möchte Eindeutigkeit, den üblichen konfrontativen Hick Hack und unterschätzt sein Publikum. Das ist wieder mal, sorry, very german.

  19. @zazie61:

    Danke – aber ich finde es bisschen schade, dass Sie zu dieser dezidierten Kritik, über die man gut diskutieren könnte, nicht namentlich stehen bzw. etwas zu Ihrer persönlichen Verortung sagen.

  20. @ krm

    Und ich ertrage das Märchen von der angeblichen Linderung von anhaltenden gesundheitlichen Beschwerden, die man irgendwie bei Heilpraktikern und Homöopathen erfahren könne, nicht aber bei Ärzten, nicht mehr.

    Beim Placebo gehts es ja letztendlich um kurzfristige Effekte wie Trost, Hoffnung, Ablenkung, solche Dinge. Eine Heilung oder etwas Ähnliches ist mit Placebo nicht möglich. Das Placebo entscheidet ja nicht über den Weg, den man geht, sondern wie man diesen wahrnimmt.

    Somit steht auch zu vermuten, dass beim näheren Hinsehen die behaupteten anhaltenden gesundheitlichen Beschwerden sich eher Befindlichkeitsstörungen herausstellen.

    Darunter zählt halt auch das altersbedingte Nachlassen der Aufmerksamkeit mit all den positiven Nebeneffekten, die man durch andere Personen erfährt, was die hohe weibliche Affinität zu den schwätzenden und honigschmierenden Scharlatanen erklärt.

  21. @ Bernd Harder

    Danke für Ihre Antwort.

    Zur Verortung: ich bin kein Filmer und weder mit dem Regisseur bekannt noch verwandt. Ich arbeite im künstlerischen Bereich und stehe Homöopathie äußerst kritisch gegenüber.

    Ich bin eher zufällig in den Film gegangen mit der Erwartung auf lustiges Homöopathie-Bashen und ließ mich überraschen von der Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung: dass die Interviewten gerade NICHT vorgeführt wurden oder Michael-Moore-mäßig in die Enge getrieben wurden. dass die Gesprächspartner die kritischen Punkte, die Widersprüche in der Homöopathie quasi (mit Hilfe der Fragen und der Schnitt-Regie) selbst herausarbeiteten ohne das Gesicht zu verlieren.

    Der freundliche Homöopath mit blauem Hemd und Schnurrbart ließ doch eigentlich kein gutes Haar an Hahnemann und seinen Kollegen.

    Und gerade das Schlusswort des Schweizer Arztes hatte es in sich: Wäre es nicht besser, einem Teil seiner Patienten mit einem wirkungslosen Placebo zur Besserung zu verhelfen als ihnen für die Krankheiten die er damit heilen kann, konventionelle Mittel mit all ihren Nebenwirkungen zu verschreiben?

    Die Frage ist gut. Die Antwort weiß ich nicht. Und sie ist bestimmt nicht kurz.

    Der in Ihrer Rezension vertretene kritische Ansatz begegnet mir tatsächlich häufig, auch in internen Diskussionen mit Freunden und Kollegen: Der Wunsch nach expliziten Aussagen, nach wasserdichten Positionsbestimmungen, damit der vermeintlich „dümmere“ Zuschauer nichts, aber auch gar nichts missverstehen kann.

    Ein riesiges Themenfeld. Ich plädiere dafür, den Zuschauer nicht zu unterfordern, sondern eine Aussage auch mal schillern zu lassen, ihn selber urteilen zu lassen oder wie hier im Film eine Debatte ohne Gegenposition zu führen.

    Scheinbar ohne Gegenposition, denn die Gegenposition sind die künstlerischen Mittel.

    Ich bin der Meinung, dass dieser Film auch Homöopathiebefürworter erreichen kann, weil er keine Frontlinie aufmacht, sondern einfach die richtigen Fragen stellt. Bin gespannt, wie er in der Öffentlichkeit aufgenommen wird.

  22. @zazie61:

    Ich danke Ihnen.

    Ich selbst habe den Film noch nicht gesehen, erwäge aber den Besuch der Vorstellung nächsten Samstag in Stuttgart.

  23. @zazie61:

    Wäre es nicht besser, einem Teil seiner Patienten mit einem wirkungslosen Placebo zur Besserung zu verhelfen als ihnen für die Krankheiten die er damit heilen kann, konventionelle Mittel mit all ihren Nebenwirkungen zu verschreiben? Die Frage ist gut. Die Antwort weiß ich nicht. Und sie ist bestimmt nicht kurz.

    Im konkreten Fall finde ich die Antwort eigentlich nicht so schwierig.

    In einem unserer ganz alten GWUP-Texte zur Homöopathie heißt es:

    Frage: „Was haben Sie eigentlich gegen Homöopathie?“

    Antwort: Als Placebo-Behandlung, von einem erfahrenen Arzt eingesetzt: nichts. Als hochspezifische Behandlungsmethode, für die sie sich ausgibt, halte ich sie für Unsinn, so lange eine Wirkung über Placebo-Effekte hinaus ist nicht glaubhaft nachgewiesen ist.

    Heißt: Wenn ein Arzt in vollem Wissen, dass es sich um eine reine Placebo-Therapie handelt, und in genauer Kenntnis der Beschwerden seines Patienten Globuli als Schein-Therapie verordnet – dann möglicherweise.

    Das entspricht aber nicht ganz der Realität. Homöopathen sind ja deswegen Homöopathen, weil sie von einer spezifischen Wirkung dieser Methode selbst überzeugt sind – und nicht, weil sie eine gefahrlose Placebo-Behandlung suchen.

    Davon unbenommen (und hier haben Sie natürlich recht, dass die Antwort nicht kurz ist) bleibt die generelle Frage, ob eine bewusste Patienten-Täuschung im Sinne einer Placebo-Behandlung überhaupt ethisch vertretbar ist – ganz egal mit welcher Methode und welchen Mitteln.

    Das betrifft aber die Medizin als Ganzes und nicht nur die Homöopathie.

    https://www.thieme.de/de/presse/placebos-32873.htm

  24. @ zazie61

    Es geht mir weder um die Absichten des Autors noch um eine qualitative Bewertung der filmischen Arbeit.

    Ich zweifle allerdings daran, dass der Film, so wie er jetzt ist, das Ziel erreichen kann, dass die Zuschauer weiter über die Homöopathie nachdenken. Insbesondere, wenn es sich um Menschen mit einer gewissen Affinität zur Homöopathie handelt.

    Hand aufs Herz:

    Wenn Sie der Homöopathie nicht schon äußerst skeptisch gegenüber stünden, hätte der Film Sie dazu gebracht, sich kritisch mit der Lehre auseinanderzusetzen? Hätten Sie die Unstimmigkeiten mitbekommen?

    Ist die Uneinigkeit über die Zahl der Miasmen eine Bagatelle oder rüttelt das an den Grundfesten der Lehre?

    Ist der Unterschied in den Aussagen zu den Konstitutionstypen ein schwerwiegender Dissens oder eher vergleichbar damit, dass es auch in der wissenschaftlich orientierten Medizin bei einzelnen Beschwerden unterschiedliche Behandlungsansätze gibt?

    Wie würde die Abschlussfrage auf Sie wirken, wie würden Sie darauf reagieren, wenn Sie ein Homöopathieanhänger wären und der wissenschaftlich orientierten Medizin kritisch gegenüberstünden?

    Reichen Szenenmusik und Überleitungsgrafiken wirklich aus, um auf die Differenzen hinzuweisen?

    Nein, ich habe in keinem Wort erwähnt, dass ich einen „konfrontativen Hickhack“ wollte. Ganz im Gegenteil finde ich den Ansatz durchaus interessant, die Homöopathen reden zu lassen.

    Aber, ehrlich, die Art, wie der Autor gefragt und auf die Antwort reagiert hat, hat mit einem sokratischen Dialog nicht viel zu tun.

    Dort ist nämlich das Hauptelement, auf die erhaltene Antwort zu reagieren, den Sprecher durch weitere Fragen immanente Widersprüche und mangelnde Stichhaltigkeit herausarbeiten zu lassen.

    Schauen Sie einfach mal in der Wikipedia nach, wie sokratische Dialoge aufgebaut sind. Sie werden dann möglicherweise feststellen, dass ich in meiner Rezension in gewisser Weise in diese Richtung gehen, dass der Autor genau dies hätte tun sollen.

    Zum Abschluss: Ich halte den Zuschauer nicht für „dumm“. Aber der Film gibt ihm zu wenig Anhaltspunkte, um die schillernden Aussagen als solche zu erkennen, und zu wenig Zeit, um zu einem Urteil zu kommen, das auf mehr basiert als einem schnellen Bauchgefühl und/oder einer Sympathie mit dem Sprecher.

    Eins würde mich interessieren: Was ist schlecht am „Wunsch nach expliziten Aussagen, nach wasserdichten Positionsbestimmungen“?

  25. @Norbert Aust

    Vielen Dank für Ihre Antwort. Über das Thema Homöopathie sind wir ja einer Meinung.

    Zur Ihrer letzten Frage: Ich habe überhaupt nichts gegen explizite Aussagen, eindeutige Positionsbestimmungen, auch nichts gegen konfrontative Diskussionen und schon gar nichts gegen Satire. Ich empfehle ausdrücklich die Beiträge der Youtuberin MaiLab (Gesetzgebung!!) oder Jan Böhmermann (Abmahnungspraxis und Gospel-Song) zum Thema Homöopathie.

    Ich habe aber ein Problem damit, wenn die explizite Aussage, die inhaltliche Positionierung auf der ersten Erzähl-Ebene zum Daumen-hoch- oder Daumen-runter-Kriterium bei der Beurteilung von Kunstwerken oder Beiträgen wird, die dieses Kriterium gar nicht erfüllen wollen, sondern einen anderen, einen ungewöhnlichen oder subtileren Ansatz verfolgen.

    Zu Ihrer Frage, ob der Film von Homöopathieanhängern als Bestätigung aufgefasst werden könnte ein Gedanke:

    Wenn man mit Gläubigen diskutiert, kann man seine Kritik extern anlegen und mit Fakten und Logik argumentieren. (wie der alte GWUP Text oder MaiLab u.v.a.m.).

    Oder man kann sie intern anlegen, indem man sich auf deren Argumentationssystem einlässt, (auch wenn man nicht daran glaubt), und versuchen, dessen innere Widersprüche aufzuzeigen. Also z.B. christliche Thesen mit Bibelzitaten zu widerlegen.

    Gläubige, wie z.B. Homöopathieanhängerinnen, werden Sie weder mit einer internen noch einer externen Kritik „überzeugen“ können. Aber unterschätzen Sie nicht deren Auffassungsgabe und deren Bemühen um Aufrichtigkeit. Meiner Ansicht nach ist der Film bestens dazu geeignet Zweifel zu säen und zwar deswegen weil er sie erreichen kann.

    Subversive Kritik im besten Sinne.

    Und vergessen Sie bitte nicht, den Teil der Zuschauer, die (wie ich) mit der Materie nicht weiter befasst sind und aus erster Hand einen tieferen Einblick (Miasmen, Konstitutionstypen) in dieses schrullige Denksystem bekommen.

    Was das sokratische Prinzip betrifft: Ich ging ohne äußeren Anlass in den Film und habe keine Notizen gemacht, aber ich hatte mehr als einmal den Eindruck, dass der Regisseur sehr präzise nachgefragt hat.

    Und bei mir verfing der Eindruck, dass er sowohl schlagfertig, als auch gut vorbereitet war. Mir fallen leider die Beispiele nicht ein.

    Ich denke, lassen wir es dabei an diesem stürmischen Sonntagabend und beobachten die Netz-Reaktionen und die Rezensionen Ihrer Kolleg*innen.

    Bestens Ihre
    zazie

  26. @ zazie61

    Genau, lassen wir es gut sein.

    Ich bin lose im Kontakt mit dem Autor, habe ihm sogar eine Kiste Badischen Weins als Kompensation für den Ärger versprochen, sollte sich herausstellen, dass ich mich geirrt habe. (Was er als offensichtlicher Nicht-Weintrinker aber abgelehnt hat.)

    Nur zwei Kleinigkeiten:

    Ich sehe mich nicht qualifiziert, den künstlerischen Rang eines Werkes, auch nicht eines Films, zu beurteilen. Ich weiß einfach nicht, welche Kriterien man hierfür anwendet.

    „Mir fallen leider die Beispiele nicht ein.“

    Genau das ist der Punkt. Außer einem diffusen Gefühl bleibt nicht viel hängen, was als Ansatzpunkt für die weitere Auseinandersetzung mit der Materie dienen könnte.

    Aber bleiben wir dabei: Warten wir mal ab, wie die Welt auf den Film reagiert.

  27. @ zazie61, Norbert Aust & Bernd Harder:

    Es geht also, dass man im Internet unterschiedlicher Meinung ist und darüber sachlich, respektvoll und freundlich diskutiert. Viel zu schnell kippt sowas ins Garstige (und da will ich mich überhaupt nicht ausnehmen, ich kann auch ganz gut rumzicken).

    Umso schöner, wenn’s mal klappt – da haben alle was von.

  28. Interview der taz mit dem Filmemacher Erik Lemke:

    „Eine Pseudowissenschaft“

    https://taz.de/Filmemacher-ueber-Homoeopathie/!5830679/

  29. Warum zitiert man eigentlich nicht Hahnemann, wenn er feststellt wann Homöopathie nicht wirkt?

    Steht alles im Organon § 260:

    Für chronisch Kranke ist daher die sorgfältige Aufsuchung solcher Hindernisse der Heilung um so nöthiger, da ihre Krankheit durch dergleichen Schädlichkeiten und andere krankhaft wirkende, oft unerkannte Fehler in der Lebensordnung gewöhnlich verschlimmert worden war 2).

    2) Kaffee, feiner chinesischer und anderer Kräuterthee; Biere mit arzneilichen, für den Zustand des Kranken unangemessenen Gewächssubstanzen angemacht, sogenannte feine, mit arzneilichen Gewürzen bereitete Liqueure, alle Arten Punsch, gewürzte Schokolade, Riechwasser und Parfümerieen mancher Art, stark duftende Blumen im Zimmer, aus Arzneien zusammengesetzte Zahnpulver und Zahnspiritus. Riechkißchen, hochgewürzte Speisen und Saucen, gewürztes Backwerk und Gefrornes mit arzneilichen Stoffen, z. B. Kaffee, Vanille u.s.w. bereitet, rohe, arzneiliche Kräuter auf Suppen, Gemüße von Kräutern, Wurzeln und Keim-Stengeln (wie Spargel mit langen, grünen Spitzen), Hopfenkeime und alle Vegetabilien, welche Arzneikraft besitzen, Selerie, Petersilie, Sauerampfer, Dragun, alle Zwiebel-Arten, u.s.w.; alter Käse und Thierspeisen, welche faulicht sind, (Fleisch und Fett von Schweinen, Enten und Gänsen, oder allzu junges Kalbfleisch und saure Speisen; Salate aller Art), welche arzneiliche Nebenwirkungen haben, sind eben so sehr von Kranken dieser Art zu entfernen als jedes Uebermaß, selbst das des Zuckers und Kochsalzes, so wie geistige, nicht mit viel Wasser verdünnte Getränke;

    Stubenhitze, schafwollene Haut-Bekleidung, sitzende Lebensart in eingesperrter Stuben-Luft, oder öftere, bloß negative Bewegung (durch Reiten, Fahren, Schaukeln), übermäßiges Kind-Säugen, langer Mittagsschlaf im Liegen (in Betten), Lesen in wagerechter Lage, Nachtleben, Unreinlichkeit, unnatürliche Wohllust, Entnervung durch Lesen schlüpfriger Schriften, Onanism oder, sei es aus Aberglauben, sei es um Kinder-Erzeugung in der Ehe zu verhüten, unvollkommner, oder ganz unterdrückter Beischlaf;

    Gegenstände des Zornes, des Grames, des Aergernisses, leidenschaftliches Spiel, übertriebene Anstrengung des Geistes und Körpers, vorzüglich gleich nach der Mahlzeit; sumpfige Wohngegend und dumpfige Zimmer; karges Darben~ u.s.w. Alle diese Dinge müssen möglichst vermieden oder entfernt werden, wenn die Heilung nicht gehindert oder gar unmöglich gemacht werden soll. Einige meiner Nachahmer scheinen durch Verbieten noch weit mehrer, ziemlich gleichgültiger Dinge die Diät des Kranken unnöthig zu erschweren, was nicht zu billigen ist

  30. Die Homöopathie ist das Flaggschiff der medizinischen Esoterik.

    In unserem neuen Buch „Geschäfte mit dem Nichts: Risiko Scheinmedizin“ (Berndt / Ernst / Much) besprechen wir genau dieses Phänomen. Dabei zitiere ich den bekannten österreichischen Homöoapthen Dr. Clemens Fischmeister, der im Feb. 2002 in seinem Artikel:

    „Wie denkt ein klassischer Homöopath“, erschienen in der Ärztezeitung „Der Facharzt“ folgendes schreibt:

    „Die Heilung verläuft von oben nach unten (siehe: senkrechtes Weltbild des Hermes Trismegistos), vom wichtigsten zum weniger wichtigen Organ“.

    Dabei nennt er die Haut „das unwichtigste Organ des Menschen“ (was für ein Unsinn). Die Homöopathin Barbara Stelzer (siehe Salzburger Nachrichten) verordnet bei wilden, entzündlichen, fieberigen Erkrankungen (wie Gehörgangsentzündung bei Kindern), die mit rotem Kopf und weiten Pupillen einhergehen natürlich Belladona.

    Was nicht alle wissen: Belladona gilt als „Marspflanze“, wie auch Allium und Aconitum. Das entspricht den Eigenschaften des Kriegsgott Mars (Blut, rote Farbe, Schweiss, Hitze, weite Pupillen etc). So denken auch Astromediziner. Auf die klaren Verbindungen der Homöopathie zur Astrologie / Astromedizin sollte bei Diskussionen viel mehr eingegangen werden.

    Auch die Achillesferse der Homöopathie, nämlich das Problem der Verschmutzungen, die in jedem Homöopathikum zu finden sind und die mitpotenziert werden, doch selbst in Hochpotenzen keinerlei Reaktionen bei Gesunden auslösen (siehe auch öffentliche Auftritte der Skeptiker, die dort Globuli in Hochpotenzen schlucken), sollte vermehrt hingewiesen werden.

    Im Übrigen konnte das Chinarindenexeriment seit Hahnemann nie erfolgreich wiederholt werden. Sowohl durch Studien als auch durch Deduktion kann gezeigt werden: Homöopathie ist Placebo,

  31. Das mit der Verschmutzung ist ja schon fast amüsant. Jeder Schluck einer Flüssigkeit ist „homöopathisch“, gerade auch das Feierabendbier (das entspannt ganz echt zusätzlich).

    HP als Flaggschiff ist auch der (unschuldige) Antagonist zu kalten Medizin, der raffgierigen Pharmaindustrie.

    Das ist auch eine Art Verschiebung: Es geht um eine moderne Pharmakologie, an der, wie Corona in Echtzeit vorführte die ganze Welt mitarbeitet.

    Nicht, dass es vielerlei Gründe zur sachbezogenen Kritik gäbe, aber David gegen Goliath sind fehl am Platz.

    Sie taugen nur, um sich auf der Seite der eigentlich Schwachen, aber doch heldenhaften WasAuchImmer zu wähnen.

    Das scheint auch eine Art Grundmuster der Querdenker zu sein.

  32. Der Dokumentarfilmer Erik Lemke hat mit „Homöopathie unwiderlegt“ einen bemerkenswerten Interview-Film gedreht, in dem nicht Kritiker sondern ausschließlich Befürworter der umstrittenen Heilmethode zu Wort kommen. Hier spricht Lemke über die Idee dahinter, fehlende Wirksamkeitsbelege, „Erstverschlimmerung“ und warum er keine Patienten interviewt hat.

    https://www.planet-interview.de/interviews/erik-lemke/52717/

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