gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Lucadou im „Playboy“ – wieder mal mit der GWUP als Nemesis

| 17 Kommentare

Im aktuellen Playboy (3/2023) wird die GWUP mal wieder als Nemesis des Dr. Dr. von Lucadou bemüht:

Es ist eine These, die für einen Laien kaum zu begreifen und schon gar nicht zu bewerten ist.

Einige Experten, beispielsweise von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), kritisieren sie heftig. Ihrer Ansicht nach gibt es für viele der Phänomene, die Lucadou mit der Verschränkung erklärt, sozialpsychologische Erklärungen.

Lucadou aber bleibt bei seiner Überzeugung.

Mehr noch: Lucadou ist überzeugt davon, dass sein „Verschränkungseffekt“ in vielleicht 30 Jahren „in jedem Lehrbuch“ stehen wird.

Das sei ihm ja von Herzen gegönnt – trotzdem bleibt nach jedem solcher Artikel die Frage offen, wie der 77 Jahre alte Physiker und Psychologe das durchzusetzen gedenkt?

Auch der Playboy-Reporter schreibt am Ende:

Fokuspersonen, Verschränkungskorrelation, externalisierte psychosomatische Reaktionen. Es ist wohl so: Wer mit einem Haufen Fragen im Gepäck zu Deutschlands bekanntestem Spuk-Forscher reist, fährt mit noch mehr Fragen im Gepäck wieder heim.

Ähnlich im vergangenen Jahr der Focus:

Er gehört zu den Wissenschaftlern, die viel und gut reden können, aber auch zu denen, die ihr Publikum hinterher mit mehr Fragen zurücklassen als mit Antworten. Seine Sätze sind so vollgepackt mit Theorien, Axiomen, mit Anglizismen und Dingen, „die jetzt sowieso viel zu kompliziert zu erklären wären“, dass Nachfragen erst mal ins Leere führen.

Es mag ja sein, dass Lucadou sich „seiner Zeit voraus“ wähnt (Focus). Das Problem ist nur, dass er offenbar eine Holschuld sowohl bei seinen Kritikern als auch bei aufrichtig Interessierten sieht – anstatt seine Thesen mal allgemeinverständlich auf Deutsch zusammenzufassen, auf Fragen einzugehen und das alles barrierefrei zugänglich zu machen.

Stattdessen verweist er „für den Anfang“ gerne auf verstreute, zum Teil uralte und unzugängliche Aufsätze wie hier, hier oder hier.

Ein Beispiel aus dem Playboy-Artikel:

Es gibt auch ganz viele Berichte von Krankenschwestern, die plötzlich während ihrer Freizeit ins Krankenhaus eilen, weil sie spüren, dass es ihrem Patienten schlecht geht. Und dort stellen sie fest: Sie hatten recht.

Selbst wenn wir mal den anekdotischen Charakter solcher Geschichten beiseite und uns auf Lucadous Erklärung „einer Verschränkung, die durch die therapeutische Beziehung zustande kommt“ einlassen:

Wieso braucht man dann überhaupt noch Pager oder andere Alarmierungssysteme? Warum kommen solche Begebenheiten dann nicht öfter oder gar regelhaft vor?

Dazu schreibt Ludacou in einem der besagten Fachartikel:

Außerdem sind noch „Verschiebungseffekte“ (Displacement) zu berücksichtigen, weil Verschränkungskorrelationen „auf Dauer“ nicht stabil sein können (vgl. Lucadou, 2006). Auf die „Verwertung“ von ASW und PK angewendet, heißt das allerdings klipp und klar: In dem Moment, wo man sich darauf verlassen will, funktioniert es nicht, oder etwas anderes geschieht als man erwartet (NT-Axiom). Das heißt nicht, dass es keine „paranormalen Phänomene“ geben kann, nur kann man sich nicht auf sie verlassen, man kann sie nicht „verzwecken“.

Aha.

Solche Sätze spiegeln wohl das wider, was die beiden Journalisten meinen.

Natürlich dürfen weder in dem Focus– noch im Playboy-Artikel die „fliegenden Steine“ fehlen, die Lucadou bei seinen spektakulärsten Spukfällen gesehen haben will.

Nehmen wir auch das einfach mal als gegeben hin.

Der 2020 verstorbene Physikprofessor Martin Lambeck sagte dazu:

Man müsste, sofern Lucadou Recht hätte, geringere Abweichungen vom thermodynamischen Gleichgewicht viel öfter beobachten. Will sagen: Wenn es möglich ist, dass ein Hund durchs Zimmer fliegt, dann sollten viel kleinere Gegenstände wie etwa Büroklammern alle Nase lang durch die Gegend hüpfen, was augenscheinlich nicht geschieht. Ansonsten wäre die gesamte moderne Physik hinfällig.

Zumal Lucadou ja offenbar davon ausgeht, dass im Sport, bei erfolgreichen Mannschaften, oder auch bei Pferd und Reiter, „Verschränkung“ praktisch immer funktioniert.

Wir sind gespannt, ob es auf solche Widersprüche und Fragen in „vielleicht 30 Jahren“ tatsächlich eine Antwort gibt.

Zum Weiterlesen:

  • Der Geisterwissenschaftler: Ein Besuch bei Dr. Dr. Walter von Lucadou, Deutschlands bekanntestem Spuk-Forscher, Playboy 3/2023
  • Spuk und Paranormales: GWUP bei Spiegel-Online, GWUP-Blog am 27. Dezember 2022
  • Baden-Württemberg streicht Förderung für die Parapsychologische Beratungsstelle in Freiburg, GWUP-Blog am 9. Januar 2020
  • Baden-Württembergs Landtag weist Online-Petition „Für den Erhalt der Parapsychologischen Beratungsstelle in Freiburg“ zurück, grenzwissenschaft-aktuell am 18. Januar 2022
  • Walter von Lucadou: Parapsychologie – Ein Tabuthema für Psychologen? PIOe 4/2014
  • Quantenquark in der FAZ: Walter von Lucadou verschränkt den Bundestrainer, Relativer Quantenquark am 27. Dezember 2015
  • Sozialpsychologie versus „Verschränkung“: Lydia Benecke über Walter von Lucadou, GWUP-Blog am 24. März 2016
  • GWUP-Thema: Können Paraphänomene durch die Quantentheorie erklärt werden?
  • Die „schwache Quantentheorie“ und die Homöopathie, Skeptiker 3/2006
  • Naturforschung in der Geisterwelt, nd am 30. November 2002
  • Wenn der Geisterjäger zum Gejagten wird, focus-online am 27. Mai 2022
  • Spuk, Nahtod, Ouija-Brett, Blicke, Telekinese: „13 unheimliche Phänomene“ – wirklich? GWUP-Blog am 30. Dezember 2021

17 Kommentare

  1. Wie formulierte es seinerzeit Dr. Peter Venkmann in der legendären Dokureihe „Ghostbusters“:

    „Nicht einmischen, ich bin Wissenschaftler!“

  2. Der Playboy ist auch DIE internationale Fachzeitschrift für Quantenmechanik.

  3. @Thomas Roth:

    Es wird seinen Grund haben, warum Herrn von Lucadous Theorien nicht in internationalen Fachzeitschriften erscheinen, sondern in Laienmedien. Und selbst dort werden die Journalisten offenbar immer kritischer diesen Ausführungen gegenüber.

  4. Nach einer frühen Phase eines gewissen Interesses an Lucadou, gefolgt von Befremden (vor allem zu seinen Verschränkungsthesen auf Makroebene), finde ich ihn irgendwie nur noch – belustigend.

    Nicht dass ich die Verbreitung von Unsinn verniedlichen würde, aber sein nach wie vor missionarischer Eifer, der inzwischen sogar dem sensationsgeneigten Journalismus dubios wird, hat schon irgendwie etwas Putziges.

    Ich kenne übrigens einige Menschen, die parapsychologischen Phänomenen, sagen wir mal, recht aufgeschlossen gegenüberstehen. Selbst die wollen mit Lucadou nichts zu tun haben, weil er (Originalzitat) „pseudowissenschaftlich argumentiert“.

    Word!

  5. @Udo Endruscheit:

    aber sein nach wie vor missionarischer Eifer,

    … der leider nicht mit adäquaten Mitteln und Kommunikationsfähigkeiten einhergeht.

    So sieht z.B. die Webseite seiner Beratungsstelle zum Thema „Literatur/Links/Materialien“ aus:

    https://www.parapsychologische-beratungsstelle.de/Literatur/

    Man möchte fast Loriot zitieren (2:52):

    „Man glaubt es einfach nicht, wenn man es nicht gesehen hat.“

  6. ф = 1/√2 * | Katze ist tot > +
    1/√2 * | Katze lebt >

    Schrödinger hat gerechnet. Loucadou benutzt Begriffe, wo sie nicht hingehören.

  7. @Thomas Roth:

    Das ist das, was ich nicht verstehe.

    Wenn Herr Dr. Lucadou wirklich davon überzeugt ist, eine „Allmachtstheorie“ (Focus) entdeckt zu haben, die praktisch alles erklärt – von Spukphänomenen über Champions-League-Siege bis hin zum Placebo-Effekt -, dann würde ich doch alles dafür tun, das in der Wissenschaft durchzusetzen und zu etablieren.

    Aber das sehe ich nicht. Ich sehe nur einen distinguierten älteren Herrn, der sich vom „Playboy“ interviewen lässt und irgendwie darauf zu warten scheint, dass er von der Fachwelt endlich „entdeckt“ wird.

  8. @Bernd Harder

    Dem ist wenig hinzuzufügen. L. sollte rechnen, statt unpassende Analogien zu bemühen.

  9. Durch Professor Lucadou weiß ich, dass bei psychischem Stress die Vorhänge anfangen zu brennen.

    Seitdem richte ich bei Stress meine Gedanken von den Vorhängen weg hin zu den Autos meiner Widersacher.

  10. Wenn eine Krankenschwester ins Krankenhaus eilt, weil sie das Gefühl hat, einem Patienten geht es schlecht, dann, weil sie etwas, unbewusst, wahrgenommen hat, was ihr Unterbewusstsein beschäftigt.

    Wenn wir wegfahren, beschäftigt sich ja unser Unterbewusstsein auch mit dem Herd, dem Bügeleisen, usw. und wir entwickeln das Bedürfnis, nachzusehen.

    Mit „Verschränkung“ hat das wohl wenig zu tun.

  11. Ich bin oft besorgt, daß Verwandtschaft und Freunden was passieren kann, wenn sie eine Reise durch Sachsen machen, mit dem MTB bergab durch Wälder rasen oder nachts betrunken heimwanken. Und dann passiert es doch äusserst selten, daß tatsächlich was passiert. ;-)

  12. Meine erste Reaktion auf den Beitrag hier: Wie bitte, den Lucadou gibt es WIRKLICH noch?!

  13. @Bernd Harder:

    „So sieht z.B. die Webseite seiner Beratungsstelle zum Thema „Literatur/Links/Materialien“ aus“

    Ein Joomla-Oldie aus dem Jahre 2007, wie der Quelltext der Seite verrät, zudem auch noch mit dem falschen Zeichensatz codiert.

    Vermutlich wartet Lucadou darauf, dass sich die Seite mit der neuesten Joomla-Version verschränkt.

  14. @Udo Endruscheit:

    Auch inhaltlich.

    Nehmen wir nur mal den ersten Eintrag „Alternative Heilmethoden“:

    Zwei Artikel aus den 90ern in der „Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie“, einer von 2002 aus dem „Bibliotheks- und Informationssystem der Universität Oldenburg“.

    Wo soll man das herbekommen? Jeder ist offenbar in der besagten Holschuld.

  15. So eine Koryphäe (Lucadou) wirkt in nächster Nähe meiner Lebensumgebung seit Jahrzehnten und ich wusste nichts davon – er hätte vielleicht mein Leben verändern können! Wie kann es sein, dass dieses Para-Quanten-pseudo-verschränkungs-Psychologie-Dings vom Entdecker (Lucadou) nicht an wissbegierige bzw. spirituelle Menschen übermittelt werden kann? (also quasi via Verschränkung- ohne dass diese den Playboy lesen müssen)

  16. Ich danke allen verfügbaren Anrufungsentitäten jedenfalls dafür, dass Herr Lucadou bekleidet blieb. Alles andere hätte mich zu sehr erschüttert.

    (Bin immer noch fasziniert davon, dass in dem Heft Artikel sind. Sachen gibt’s….)

  17. „Nachdem das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport von Baden-Württemberg die Projektförderung der „Parapsychologischen Beratungsstelle“ mit Ablauf des Jahres 2019 eingestellt hat, wurden danach auch noch die Zuwendungen seit 2013 in einem Gesamtvolumen von ca. 247.600 Euro vom Ministerium zurückgefordert.“

    Das wären ja pro Jahr 41.266 Euro. Wie viele Leute arbeiten denn da? Zahlen die Miete?

    Ah Moment. Die kriegen noch Geld aus anderen Quellen:

    „Förderung

    Sie ist einzigartig in der Bundesrepublik Deutschland und wird von der WGFP (Wissenschaftliche Gesellschaft zur Förderung der Parapsychologie) getragen.“

    Jetzt rufen sie zu Spenden auf.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.