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Professor Martin Lambeck ist tot

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Sein „psycho-physikalischer Hauptsatz“, den er als Replik auf Dr. Dr. Walter von Lucadou formulierte, blieb zeit seines Lebens unwiderlegt:

Kein Mensch kann allein durch Denken (mental) Wirkungen außerhalb des eigenen Körpers hervorbringen oder Informationen aus der Umwelt aufnehmen.

Auch keiner der 75 Nobelpreise, die Martin Lambeck vom Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften – kurz IntraG – an der Universität Viadrina in Frankfurt/Oder erwartete („wenn sich all das, was dort behauptet wird, als wissenschaftlich haltbar erweist“), wurde je verliehen.

Und auch ein selbst ernannter „Alternativheiler“, der sich auf Lambecks Herausforderung in einem Zeit-Essay („Harter Test für sanfte Heiler“) meldete, konnte ihn im Blindversuch nicht überzeugen.

Der Physiker Martin Lambeck (Jahrgang 1934, bis 1997 Professor an der TU Berlin) verkörperte den modernen Skeptizismus der Skeptikerbewegung in geradezu idealtypischer Weise: nichts vorschnell verwerfen, alles prüfen. Nach diesem Grundsatz führte er seine Debatten mit Parapsychologen, Heilern und Homöopathen:

Meine These ist eine „Unmöglichkeitsaussage“ und damit die wissenschaftlichste Form einer Behauptung, weil man sie durch ein einziges Gegenbeispiel widerlegen kann.

Falls meine These falsch wäre, würde diese Einsicht radikale Erweiterungen der Physik und Medizin erzwingen. Kurzum, sie wäre die Grundlage für mehrere Nobelpreise.

Wenn meine These richtig ist, sollte man die Anhänger der esoterischen Medizin deshalb nicht lächerlich machen. Die Schulmedizin sollte ernsthaft erforschen, woher ihre scheinbaren und tatsächlichen Erfolge stammen,

schrieb er 2006 in der Zeit.

Gleichwohl Lambeck sich erklärtermaßen als „Vertreter der Lehrbuchphysik“ sah, schlug er auch der Parapsychologie verschiedene Experimente „im Sinne einer konstruktiven Kritik“ vor. Sein Buch

Irrt die Physik? Über alternative Medizin und Esoterik

ist ein Standardwerk des heutigen Skeptizismus.

Sein trockener Berliner Humor brach auch heftigen Auseinandersetzungen die Spitze. So erklärte er einer Zeitung die Widersprüche in Lucadous Modell für parapsychologische Effekte:

Wenn es möglich ist, dass ein Hund durchs Zimmer fliegt, dann sollten viel kleinere Gegenstände wie etwa Büroklammern alle Nase lang durch die Gegend hüpfen, was augenscheinlich nicht geschieht. Ansonsten wäre die gesamte moderne Physik hinfällig.

Unaufgeregt, pragmatisch und gesprächsbereit war Lambeck auch gern gesehener Gast in zahlreichen TV-Produktionen wie „Maischberger“ oder „Dimension PSI“.

Martin Lambeck starb am 4. Februar und wurde in aller Stille und im kleinsten Kreis beigesetzt. Dr. Rainer Rosenzweig, Koordinator des GWUP-Wissenschaftsrats, schreibt:

Ich erinnere mich an Martin Lambeck als einen der Männer der ersten Stunde in der GWUP. Unvergesslich bleiben für mich seine Vorträge und Skeptiker-Beiträge, in denen er diverse Fehldeutungen in der Physik durch Parawissenschaftler anschaulich machte. Ein engagierter Physiker, ein kluger Wissenschaftler, der es verstand, seine und unsere Themen mit Geist und Witz zu vermitteln. Er wird uns sehr fehlen.

Zum Weiterlesen:

  • „Dimension PSI“: Total paranormal? Ein Gespräch mit Martin Lambeck und Andreas Hergovich, Skeptiker 1/2004
  • GWUP-Thema: „Irrt die Physik?“
  • Harter Test für sanfte Heiler, Zeit-Online am 11. Januar 2006
  • Der Heiler mit dem sechsten Sinn, Zeit-Online am 13. Juni 2006
  • GWUP-Thema: Können Paraphänomene durch die Quantenphysik erklärt werden?
  • Naturforschung in der Geisterwelt, neues deutschland am 30. November 2002
  • „Wir irren uns empor“: Interview mit Martin Lambeck in der NZZ am Sonntag vom 27. März 2005

3 Kommentare

  1. Mein herzliches Beileid. Ich hab seine Artikel im Skeptiker stets sehr genossen. Ihm ist es sehr gut gelungen, komplexe Sachverhalte einfach zu erklären, gerade an der Schnittstelle Physik und Medizin sowie Esoterik und Quantenphysik. Bei seinen Vorträgen, hat er meist einen schwarzen Aktenkoffer dabei, aus dem er immer noch etwas herausgeholt hat, das fand ich immer witzig. Wir werden dich vermissen und vielen Dank für dein enormes Engagement für die Aufklärung und die skeptische Sache.

    Lambeck M.: Quantenspuk & Co. Wie die moderne Physik missbraucht wird, um esoterische Medizin und Politik zu begründen. Teil 1. Skeptiker 3/2010 S. 129 – 130
    Lambeck M.: Quantenphysik und Schwingungen – ein Paradigmenwechsel der Medizin? In: Nahrungsmittel und Allergie Bd. 3 Herausgegeben von B. Wüthrich und Th. Werfel. Dustri Verlag Dr. Karl Feistle. (2010). München/Orlando S. 463 – 469
    Lambeck M.: Die Komplementärmedizin an der Universität Frankfurt/Oder – Eine Revolution der Wissenschaften? Skeptiker 4/2010 S. 172 – 182
    Lambeck M.: Quantenspuk & Co. Wie die moderne Physik missbraucht wird, um esoterische Medizin und Politik zu begründen. Skeptiker 4/2010 S. 186 – 188 Teil 1

    https://www.tagesspiegel.de/themen/gesundheit/homoeopathie-soll-sich-der-physik-stellen/476816.html

    https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2010/irrationalitaet/die-liebe-zum-sowohl-als-auch

    https://www.neues-deutschland.de/artikel/11436.wo-belladonna-d-drauf-steht-ist-kein-belladonna-drin.html

    https://www.fr.de/meinung/wissenschaft-kuegelchen-11237776.html

  2. Sein „Irrt die Physik?“ gehört zu den Leseerlebnissen, die mich erst auf die „skeptische Schiene“ gesetzt haben. Noch heute steht es griffbereit in der Handbibliothek.

    Danke, Martin Lambeck.

  3. Es ist sehr traurig und schade, dass Professor Lambeck nun von uns gegangen ist.

    Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen. Herr Professor Lambeck war für mich immer ein sehr engagierter und sehr redlicher Wissenschaftler. Er hat durch seine Arbeit bei der GWUP und dem Berliner Dialog seine Fähigkeiten und Kenntnisse auf dem Gebiet der Physik (und der Philosophie) immer in den Dienst der Mitmenschen gestellt, ohne jemals in den Bereich der Quacksalber- und Marktschreierei und religiöser und idiologisch verblendeter Kultisten und Fanatiker zu kommen.

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