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„Satanic Panic“ Teil 3 im SRF: Leonie und die Folgen einer Verschwörungserzählung

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„Satanic Panic“ Teil 3 beim SRF:

Tragische Folgen einer Verschwörungserzählung

Leonie wird als Jugendliche psychisch krank. Nach mehreren erfolglosen Psychotherapien wird ihr geraten, eine Traumatherapeutin aufzusuchen. Bereits nach wenigen Sitzungen stellt die neue Therapeutin eine Diagnose: „Dissoziative Identitätsstörung“.

Leonies Persönlichkeit sei aufgrund eines schweren Traumas in der Kindheit in verschiedene Anteile aufgespalten. Das Trauma, das diese psychische Erkrankung ausgelöst haben soll, sieht die Traumatherapeutin im rituellen Missbrauch:

Leonie könne sich nicht an die schrecklichen Taten erinnern, weil sie es in anderen Persönlichkeitsanteilen erlebt habe.

Doch Leonie legt gegenüber den beiden SRF-Reportern Robin Rehmann und Ilona Stämpfli glaubhaft dar, zuvor noch nie etwas von satanistischem, rituellem Missbrauch gehört zu haben.

Mit der Zeit beginnt Leonie aber zu glauben, Opfer ritueller Gewalt zu sein. Wegen der Fehltherapie verschlechtert sich ihr Zustand zusehends. Für die Behandlerinnen ein Zeichen, dass sie aktuell immer noch Opfer ritueller Gewalt sei. Zu ihrem Schutz wird sie mehrfach in die Privatklinik Meiringen (BE) und später ins Psychiatriezentrum Münsingen (BE) eingewiesen.

Dort wird Leonie weiterhin suggeriert, sie werde von unbekannten Täter:innen missbraucht.

Eine jüngst veröffentlichte Untersuchung zum Psychiatriezentrum Münsingen (BE) bestätigt die rec.-Recherchen: Die Verschwörungserzählung der rituellen Gewalt ist, laut Bericht, in die Behandlung mehrerer Patientinnen eingeflossen.

Der Direktor der Klinik, Ivo Spicher, hält bei der Medienkonferenz im November 2022 fest, er und die Klinik distanzierten sich von der Verschwörungserzählung. Zudem habe das PZM Massnahmen ergriffen, um solche Missstände an der Klinik künftig zu verhindern.

Auch die Klinik Meiringen (BE) meldet sich auf Anfrage der Rundschau zu Wort und distanziert sich vom „Tatsachenbericht“ und den im Fall Leonie angewandten Behandlungsmethoden der inzwischen in der Klinik pensionierten leitenden Ärztin […]

Leonies Fall zeigt auf, dass sich nicht nur Therapeutinnen und Ärzte in der Verschwörungserzählung verloren haben, sondern auch die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB), Polizei und Staatsanwaltschaft. Die satanistische rituelle Gewalt wurde von Leonies Behandler:innen und involvierten Behörden als real existierende Gefahr angesehen, vor der man die 28-Jährige schützen müsse.

Doch in der Realität gibt es keine Beweise für eine solche Täterschaft.

Hier geht’s zum Video (zirka 30 Minuten).

Zum Weiterlesen:

  • Video (Teil 1): Die „Satanic Panic“ hat jetzt die Schweiz erreicht, GWUP-Blog am 15. Dezember 2021
  • SRF-Doku (Teil 2): „Jetzt reden die Opfer“ von induzierten Erinnerungen an satanistisch-rituellen Missbrauch, GWUP-Blog am 17. Mai 2022
  • „Esoterische Parallelwelt, grober Unfug“: Auch eine deutsche Therapeutin ist in die Satanic Panic in der Schweiz involviert, GWUP-Blog am 3. Dezember 2022
  • Unfassbar: Drei Suizide von Patientinnen an psychiatrischer Klinik wegen „Satanic Panic“? GWUP-Blog am 24. November 2022
  • Traumaopfer in Gefahr, dissoziationen.de am 2. Januar 2023
  • Neues Netzwerk mit Empfehlung der UBSKM, dissoziationen.de am 9. Januar 2023
  • DeGPT erzeugt starke Irritationen, dissoziationen.de am 10. Januar 2023
  • The woman who believed her family was part of a satanic cult, BBC am 29. September 2017
  • Video: The Carol Felstead Scandal – a true story of false memory
  • Justice For Carol – The True Story of Carol Felstead: The Creation of a Satanic Myth in the United Kingdom. CreateSpace Independent Publishing Platform

8 Kommentare

  1. Und noch was vom September:

    „«rec.» über «Satanic Panic» sorgt weiterhin für Aufregung“:

    https://www.srgd.ch/de/aktuelles/news/2022/09/06/rec-uber-satanic-panic-sorgt-weiterhin-fur-aufregung/

  2. @Martina:

    Danke, ja, kenne ich.

    Empfehle auch den ganz unten verlinkten 32-seitigen Schlussbericht der Ombudsstelle (Nr. 8811) zur allgemeinen Lektüre.

  3. Da waren Sie ja mal richtig schnell mit dem Artikel! Ich bin jedenfalls sehr froh, dass Herr Rehmann und Frau Stämpfli an dem Thema dran geblieben sind.

    Meine spontanen Gedanken zur Situation in der Reportage: „Jup, kennen wir auch so in Deutschland.“

    Jedoch denke ich, dass hier nicht so umfangreich ermittelt werden würde.

    Mich würde weiterhin mal eine Stellungnahme der Bundespsychotherapeutenkammer (BPTK) zu dem Thema interessieren. Auf meine Anfrage wurde leider nicht reagiert :-(

    Hoffentlich passiert in diesem Jahr mal etwas mehr, was die Aufklärung in Deutschland betrifft.

    Vielen Dank für den Artikel!

  4. Liegt hier vielleicht ein „Trauma“ der meist weiblichen Therapeutinnen zugrunde, die unbedingt Männer, am besten natürlich die Väter, schuldig sehen wollen?

  5. Auch noch mal in der SRF Rundschau – in leicht anderer Variante und Gespräch mit der Staatsanwaltschaft

    https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/akute-wohnungsnot-satan-im-therapiezimmer-brasilien-unter-schock?urn=urn:srf:video:3d08350c-42ea-4d67-89eb-46d23a4cb9a5

    Ist ohne Geoblocking, aber vielleicht nur für eine gewisse Zeit online.

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