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SkepKon-Video: Heilpflanzen – natürlich, sicher, wirksam?

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Ein weiteres Video von der virtuellen SkepKon 2021 ist online:

Heilpflanzen – natürlich, sicher, wirksam?

Der Vortrag stellt uns als Menschen durchaus augenzwinkernd auf den Boden der Tatsachen: Warum sollte die Gelbwurz ein Interesse daran haben, unsere Leiden zu lindern?

Pflanzen dienen uns nicht – zumindest nicht freiwillig. Es gibt auch kein Superfood. Ganz im Gegenteil: Wir müssen Pflanzen essen, obwohl diese uns vergiften wollen. Wir sollten biologische Anpassungsmechanismen nicht überinterpretieren und Gifte nicht als Allheilmittel propagieren.

Referentin ist die Biochemikerin Dr. Petra Schling.

Zum Weiterlesen:

  • Grams‘ Sprechstunde: „Heilende Pflanzen“ – Phytotherapie, GWUP-Blog am 23. Juni 2022
  • Heilpflanzen: natürlich – sicher – wirksam? Skeptiker 1/2022
  • NGF046: „Heilpflanzen“ am 27. Oktober 2021
  • „Welcher Pflanzenheilkunde Sie trauen können – und welcher nicht“ von Edzard Ernst, GWUP-Blog am 2. Dezember 2022
  • SkepKon-Video: Effektive Strategien im Umgang mit Wissenschaftsleugnern – Eine psychologische Perspektive
  • SkepKon-Video: Von Homöopathie und Handauflegen zur Holocaustrelativierung?
  • SkepKon-Video: Homöopathiestudie – Sensation oder Manipulation?

13 Kommentare

  1. Ja, interessant.

    Mir hat zwar der Stil nicht so gefallen (die Pflanzen „wollen“ nicht gegessen werden etc.), aber inhaltlich war es gut.

    Wahrscheinlich durch die Kürze der Zeit waren ein paar Ungenauigkeiten drin. Selbsverständlich haben sich im Laufe der Evolution Schutzmechanismen bei Pflanzen und Umgehungsstrategien bei Tieren entwickelt.

    Das sind aber nicht immer Gifte, sondern z.T. auch mechanische Anpassungen sein, die das Fressen unangenehm machen, z.B. Verholzung, die im Video auch genannten Dornen, Einlagerung von Kristallen etc.;

    Das Beispiel mit dem Pfirsichkern war auch etwas ungeschickt, weil die Frucht ja durchaus gebildet wird, damit sie gefressen wird und der Samen vom Fressenden weitertransportiert wird.

    Dabei soll natürlich gewährleistet sein, dass dieser nicht ebenfalls gegessen wird – daher das giftige Amygdalin darin (neben der harten Schale, die auch schon ein gutes Fraßhindernis darstellt); und das Schema gibt es ja bei vielen Früchte bildenden Pflanzen.

    Die Ausbildung süßer (oder zumindest nahrhafter) Früchte ist für die Pflanzen ja energetisch auch nicht umsonst – aber sie fördert halt die Verbreitung der Samen, daher ist es gut eingesetzte Energie in Bezug auf die Spezies.

    Ansonsten aber ein sehr informativer Vortrag.

  2. Alles ein bisschen sehr pauschal. Aber viele nachdenkenswerte nützliche Hinweise, auch wenn manches wohl nicht ganz richtig ist.

  3. »Alles ein bisschen sehr pauschal« – der Satz ist unfreiwillig komisch, -rhetorisch und fast schon -philosophisch! Made may day!

  4. Auch Susannchen hat sich von diesem Vortrag anregen lassen. Immerhin ist „Phytotherapie“ eine der „besonderen Therapierichtungen“ nach dem Arzneimittelgesetz, die den Arzneimittelmarkt bevölkern dürfen, ohne einen wissenschaftlichen Wirkungsnachweis erbracht zu haben.

    Was aber ist in diesem Sinne – dem der Kritik an der Alternativmedizin – genau „Phytotherapie“? Das wollten wir schon immer mal herausstellen. Und der Vortrag auf der virtuellen Skepkon hat uns den letzten Anstoß dazu gegeben:

    https://susannchen.info/?p=5683

  5. Ist Phytotherapie sinnvoll oder gar notwendig? Niemand kann bestreiten, dass die Pflanzenwelt potentiell hochwirksame Arzneistoffe bereithält – aber leider halt selten in optimaler Anwendungsform.

    Was also tun wir?

    Wir isolieren den mutmaßlich wirksamen Stoff, analysieren und charakterisieren ihn, untersuchen seine biochemischen Eigenschaften, und meistens stellen wir fest, dass er in natürlicher Form als Therapeutikum nicht geeignet ist.

    Also verändern wir ihn chemisch so, dass er die gewünschten Eigenschaften erhält und als Pharmazeutikum geeignet ist: wir wissen dann, was drin ist, wieviel drin ist, wie es wirkt, wie es in den Körper kommt und ihn wieder verlässt und welche Nebenwirkungen es hat.

    So ist in den letzten zweihundert Jahren aus Schamanentum moderne Medizin geworden. Wozu sich also irgendwelchen unbekannten Substanzgemischen anvertrauen?

  6. Wir isolieren den mutmaßlich wirksamen Stoff, analysieren und charakterisieren ihn, untersuchen seine biochemischen Eigenschaften, und meistens stellen wir fest, dass er in natürlicher Form als Therapeutikum nicht geeignet ist.

    Das wohl bekannteste Beispiel dazu ist die Acetylsalicylsäure.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Acetylsalicyls%C3%A4ure

  7. @nota bene

    Aus unserem weiter oben verlinkten Artikel:

    „So einfach ist es also nicht mit der Phytotherapie. Die Illusion von der stets guten Natur ist eben auch hier – eine Illusion. Und mit der Eigenschaft als „besondere Therapierichtung“ macht man es der Phytotherapie wohl doch zu einfach.

    Von lose verkauftem Kräuterkram aus der Schublade oder auf dem Wochenmarkt sollte man ohnehin die Finger lassen … aber sind schön verpackte Kapseln in Arzneimittel-Anmutung mit allerlei wild zusammengestellten Extrakten aus der „ganzen Pflanze“ oder gar aus mehreren wirklich besser?

    Jedenfalls sollten kranke Menschen Derartiges nicht konsumieren, ohne den / die behandelnde ÄrztIn darüber zu informieren. Denn deren Hauptrisiko ist das Wechselwirkungspotenzial mit Arzneimitteln.

    Dass Pflanzenwirkstoffe oft ein hohes Potenzial haben, uns zu helfen, ist unbestritten. Aber da verlassen wir uns doch lieber auf die pharmazeutischen Produkte, die genau diese Wirkstoffe isolieren, ihre Wirksamkeit optimieren und ihr Nebenwirkungspotenzial minimieren und verlässliche pharmazeutische Arzneimittel daraus herstellen, die strengen Zulassungsregeln unterliegen.

    Man schätzt ohnehin, dass bis zu 50 Prozent unserer Pharmazeutika auf pflanzlichen Grundstoffen, allerdings oft im molekularen Bereich, beruhen.“

    Man kann gelegentlich den Eindruck haben, dass manchem „Pflanzenheilkundigen“ daran gelegen ist, diese Grenze verschwimmen zu lassen – wobei natürlich die Privilegierung der nicht pharmazeutisch definierten „Produkte“ dem stark entgegenkommt.

    Bei der Aufklärung über Pseudomedizin ist auch hier die Grenze allzu diffus und – allzu wenig bekannt. Und wenn dann noch mit dem Nobelpreis für Artemisinin argumentiert wird … in der Regel genau in die falsche Richtung, denn diese Entwicklung (nicht Entdeckung) war Pharmazeutik reinsten Wassers und nicht „alte fernöstliche Weisheit“ oder das, was gemeinhin als „Naturheilkunde“ aufgefasst wird.

  8. Klar kann man einen Fingerhut aufgießen. Das Problem ist die zuverlässige Dosierung. Die Dosis macht das Gift…oder eben das Heilmittel.

    Da verlasse ich mich lieber auf Chemie und Pharmazeutische Industrie.

  9. @Thomas Roth

    Und leider muss man bald wieder Fingerhut aufgießen, da Digitoxin aus der pharmazeutischen Industrie momentan nicht zu bekommen ist. :(

    Wie so vieles Andere auch nicht.

    @Susannchen

    Ich würde sagen, dass bei vielen „pflanzlichen Kapseln“ vom Wochenmarkt oder aus dem Internet das Hauptrisiko in der nicht bekannten Zusammensetzung liegt.

    Teilweise werden Pflanzen verwendet, die giftige (Aristolochiasäure z.B.) Stoffe enthalten, die aus Anbau stammen, in dem Pestizide nach „viel-hilft-viel“ eingesetzt werden, die beim Transport mit reichlich Ethylenoxid von Schädlingen befreit wurden und denen zur Verbesserung der Wirksamkeit pharmazeutische Wirkstoffe unbekannter Qualität und Quantität zugesetzt wurden (Sildenafil in Kräutermischungen zur Potenzsteigerung, *statin in welchen zum Cholesterinsenken, verbotene Appetitzügler in Abnehmmischungen etc.).

  10. Ganz besonders ärgerlich für mich ist das Anpreisen irgendwelcher „natürlicher“ Substanzen, die in vitro eine antibakterielle Wirkung haben, als phytotherapeutisches Antibiotikum. Es kommt schließlich auch kein Chemiker auf die Idee, Benzin zu empfehlen, obwohl es hochgradig bakterizid ist.

    Die pharmakologischen und biochemischen Anforderungen an Antibiotika gehören zu den anspruchsvollsten in der Pharmakologie überhaupt, ihre Entwicklung kostet Milliarden und dauert meist mehr als zehn Jahre.

    Da soll irgendein Pilzextrakt oder Kräuteraufguss für ein paar Cent dasselbe leisten? Und das natürlich nebenwirkungsfrei?

    Leider empfehlen immer wieder auch studierte Ärzte, die „antibakterielle Wirkung“ bestimmter Pflanzen zu nutzen. Das zeugt von pharmakologischer Unkenntnis oder gar Realitätsverweigerung.

  11. @nota.bene

    „Es kommt schließlich auch kein Chemiker auf die Idee, Benzin zu empfehlen, obwohl es hochgradig bakterizid ist.“

    Ebenfalls nicht von Chemikern empfohlen, aber auch schon den Weg in den menschlichen Körper aufgrund eines Heilversprechens gefunden: Terpentin.

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