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BVerfG hebt Urteil auf: Vortragende durfte Xavier Naidoo einen Antisemiten nennen

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Es ist eine lange Geschichte:

Schon 2015 standen sich Xavier Naidoo und die Amadeu Antonio Stiftung vor Gericht gegenüber. Es ging damals um mehrere Passagen in einem kritischen Artikel über den Sänger, gegen den Naidoo eine einstweilige Verfügung beantragte.

Der Termin beim Landgericht Mannheim endete mit einem Vergleich.

Weiter ging es 2018, als eine Referentin der AAS in einem Vortrag erklärte:

Ich würde ihn [Naidoo] zu den Souveränisten zählen, mit einem Bein bei den Reichsbürgern. Er ist Antisemit, das darf ich, glaub ich, aber gar nicht so offen sagen, weil er gerne verklagt. Aber das ist strukturell nachweisbar.

Das Landgericht Regensburg untersagte ihr diesen Vorwurf, ein Jahr später schloss sich das Oberlandesgericht Nürnberg dieser Auffassung an.

Daraufhin legte die Referentin Verfassungsbeschwerde ein – die jetzt Erfolg hatte.

In der Pressemitteilung von heute heißt es, die Verurteilung der AAS-Mitarbeiterin zur Unterlassung sei aufgehoben und werde zur erneuten Entscheidung an die Fachgerichte zurückverwiesen.

In seiner Begründung geht das Bundesverfassungsgericht bis zu Naidoos Auftritten vor „Reichsbürgern“ 2014 in Berlin zurück (wir berichteten hier und hier). Und stellt klar:

Der Kläger des Ausgangsverfahrens [Naidoo] hat sich mit seinen streitbaren politischen Ansichten freiwillig in den öffentlichen Raum begeben. Er beansprucht für sich entsprechend öffentliche Aufmerksamkeit.

Schon deshalb liegt die Annahme, die Aussage der Beschwerdeführerin habe eine Prangerwirkung, völlig fern.

Ihm mit Hinweis auf sein Bestreben nach öffentlicher Aufmerksamkeit und eine Abhängigkeit von der Zustimmung eines Teils des Publikums den vom Berufungsgericht beschriebenen besonderen Schutz zuteilwerden zu lassen, hieße Kritik an den durch ihn verbreiteten politischen Ansichten unmöglich zu machen.

Somit muss sich das Landgericht Regensburg noch einmal mit dem Fall befassen. Und vielleicht sollten die Richter dort vorher mal diesen oder jenen neueren Artikel zu Naidoo und seinen Umtrieben lesen.

Zum Weiterlesen:

  • Xavier Naidoo will kein Antisemit und kein Reichsbürger sein und zieht vor Gericht, GWUP-Blog am 21. August 2015
  • Urteil in Regensburg: Xavier Naidoo darf nicht Antisemit genannt werden, spiegel.de am 17. Juli 2018
  • Xavier Naidoo und Antisemitismus: Das nächste Alarmsignal, taz am 23. Oktober 2019
  • Bundesverfassungsgericht urteilt: Xavier Naidoo durfte als Antisemit bezeichnet werden, rnd am 22. Dezember 2021
  • Der Antisemit, der nicht Antisemit genannt werden wollte, tagesspiegel am 22. Dezember 2021

5 Kommentare

  1. Na, das ist doch mal ein vernünftiges Urteil!

  2. es ist sehr bedenklich das dieser Fall vor das BVerfG gehen musste…

    gott sei dank hatte die Referentin so einen langen Atem und das Geld dazu!

  3. – Die Nachrichten:

    Die AfD-Fraktion im Bundestag hat sich ausdrücklich gegen Xavier Naidoo gestellt, der hier, so der AfD-Fraktionsvorsitzende wörtlich, „Sprechverbot“ erteilen wolle. Weiter wies der Fraktionsvorsitzende darauf hin, dass im AfD-Parteiprogramm ausdrücklich gefordert wird: “…Alle sollen alles sagen dürfen…keine Sprechverbote…keine Zensur…“. –

    (Science-Fiction-Versuch auf den Umstand, dass die Anhänger von Naidoo meist aus dem AfD-Umfeld stammen)

  4. Eine erfreuliche Nachricht!

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