Steckt hinter den „Botschaften“ des Quija-Bretts doch mehr als der ideomotorische Effekt?
Der Informatiker Prof. Eckhard Kruse ist überzeugt davon, dass sich bei dieser Erklärung „die typischen Scheuklappen heutiger Wissenschaft“ zeigen und in Wahrheit „beim Ouija bis heute vieles aus wissenschaftlicher Sicht ein Rätsel“ sei.
Im Magazin des Basler Psi-Vereins (1/2019 und ausführlich im Journal of Scientific Exploration) legte Kruse einen Versuchsaufbau dar, mit dem er an neue Daten und Informationen zum Ouija-Bord-Phänomen gelangte, die „diesen ideomotorischen Effekt als alleinige Erklärung für die Bewegungen der Planchette in Frage stellen“, schrieb grenzwissenschaft-aktuell im August 2019.
Um die „dynamischen, physischen und mechanischen Vorgänge“ bei Quija-Sitzungen genau zu erfassen, konstruierte Kruse ein technisches Überwachungssystem, das auf Kameras sowie Bewegungs- und Tastsensoren basiert.
Auf diese Weise gewann der Professor für Angewandte Informatik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Daten aus insgesamt 50 Sitzungen mit 16 verschiedenen Teilnehmern – meistens aber nur zweien, nämlich Kruse und seine Frau.
Vor allem die hohe Buchstabiergeschwindigkeit stellt nach Kruses Auffassung die vorherrschenden Annahmen zum ideomotorischen Effekt in Frage. Aus seiner Sicht reiche die Zeit nicht aus für einen unbewussten Verhandlungsprozess zwischen den Teilnehmern:
Während es in dem erwähnten wissenschaftlichen Artikel lediglich um Einzelwörter ging, bekommen wir an einem Abend tausende Buchstaben durchgegeben, wohlformulierte, komplexe Sätze, teilweise mit einer Geschwindigkeit von bis zu einem Buchstaben pro Sekunde. Skeptiker mögen das bitte einfach mal nachmachen – wenn schon die willentliche Produktion von Einzelwörtern scheiterte.
Allerdings sieht Prof. Wolfgang Hell, Psychologe und Mitglied im GWUP-Wissenschaftsrat, in Kruses System höchstens einen „quantitativen Fortschritt, mehr aber auch nicht“.
Im neuen Skeptiker (2/2020) nennt Hell die Ergebnisse des Heidelbergers Informatikers „alten Wein in neuen Schläuchen“. Dass Kruse mit der ideomotorischen Interpretation unzufrieden sei, liege möglicherweise auch daran, dass er nur die Wikipedia zitiere, nicht aber vertiefte Arbeiten zum Thema, etwa von Shin und Stock.
Zwar liefere der Apparat eine regelrechte Flut von neuen Daten. Doch diese böten keinen Anlass für eine wissenschaftliche Neubewertung des Phänomens, zumal nur ein Bruchteil der Daten überhaupt veröffentlicht sei. Und das flotte Buchstabieren sei nichts Ungewöhnliches – sofern die Teilnehmer besonders vertraut miteinander sind und das Ouija-Brett öfter benutzen, wie es bei Kruse und seiner Frau der Fall ist.
Hell:
Kruse berichtet über ein technisch eindrucksvolles, aber noch nicht ganz ausgereiftes System, bei dem die Gedankenführung von Kruse weit hinter seinen technischen Fähigkeiten zurückbleibt. Ein quantitatives Mehr an Daten bleibt qualitativ dünn und ist extrem stark selegiert. Es ist alter Wein in neuen Schläuchen, der wenig Anlass gibt, an der üblichen skeptischen Erklärung zu zweifeln und sie in Einzelpunkten sogar stärkt.
Den Skeptiker kann man gedruckt oder als E-Paper bestellen.
Zum Weiterlesen:
- Skeptiker 2/2020: Corona, Musik-Esoterik und Hightech-Hexenbrett, hpd am 26. Juni 2020
- Feldversuch mit Quija-Brett: „Predictive minds” kreieren die Geisterbotschaften, GWUP-Blog am 18. August 2018
- Mehr als nur Ideomotorik? grewi-aktuell am 23. August 2019