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Das Goldene Brett 2018: Das sind die Kandidaten

| 29 Kommentare

Zum achten Mal wird am 28. November 2018 das „Goldene Brett vorm Kopf“ vergeben – ein Negativpreis für den größten unwissenschaftlichen Unfug des Jahres.

Hunderte Nominierungen wurden gesammelt, nun hat eine Jury die drei Finalisten ausgewählt:

Einem dieser drei Vorschläge wird am 28. November 2018 das Goldene Brett zugesprochen werden.

Das „Goldene Brett fürs Lebenswerk“ geht an Demeter, einen Bio-Anbauverband, dessen Produkte nach der antroposophischen Weltanschauung von Rudolf Steiner produziert werden.

Christina von Dreien und ihre Mutter Bernadette Meier

Christina von Dreien aus der Schweiz (mit bürgerlichem Namen Christina Meier) ist erst 17 Jahre alt, hat aber bereits einen kometenhaften Aufstieg in der Esoterik-Szene hinter sich: Sie ist mit einem „erweiterten Bewusstsein“, „multidimensionaler Wahrnehmung“ und anderen paranormalen Begabungen gesegnet. Sie erklärt, bereits mehrfach wiedergeboren worden zu sein, unter anderem auch in Atlantis.

Zum internationalen Star wurde sie mit Hilfe ihrer Mutter Bernadette Meier, die sich um die Karriere ihrer Tochter kümmert. Sie sorgt dafür, dass Christina von Dreien große Säle füllt und hunderttausende Klicks auf Youtube bekommt. Bei ihren Auftritten und Seminaren geht es um Kommunikation mit dem Jenseits, um Hellsichtigkeit und Telepathie und um „höhere kosmische Gesetzmäßigkeiten“.

Christina von Dreien ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie man heute mit perfektem Marketing und einer eher willkürlich zusammengestellten Sammlung von Schwurbel-Begriffen berühmt werden kann.

Das Wiener Krankenhaus Nord und der „Bewusstseinsforscher“ Christoph Fasching

Ein Krankenhaus sollte eigentlich ein Ort sein, an dem Menschen auf Basis von wissenschaftlichen Fakten geheilt werden. Doch manchmal hält auch in Krankenhäusern der unwissenschaftliche Unfug Einzug:

Groß war die öffentliche Verwunderung, als bekannt wurde, dass der „Bewusstseinsforscher“ Christoph Fasching 95.000 Euro erhalten hatte, um einen energetischen „Schutzring“ um das derzeit im Bau befindliche Krankenhaus Nord in Wien zu ziehen. Der Schutzring sollte verhindern, dass „negative Energien aus dem Umfeld Einfluss auf das Haus und die Menschen“ nehmen.

Dabei handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Die Branche der „Energetiker“, die Menschen, Tiere oder Orte „energetisch harmonisieren“ oder in bessere „Schwingungszustände“ versetzen wollen, ist mittlerweile groß und einflussreich, auch wenn diese Behauptungen jeder wissenschaftlichen Basis entbehren.

Dass allerdings öffentliches Geld, noch dazu in dieser bemerkenswerten Höhe, für unwissenschaftliche Energie-Zauberei ausgegeben wird, mache die Affäre um das Wiener Krankenhaus Nord allerdings doch zu einem ganz besonderen Fall.

Hans Tolzin

Hans Tolzin zählt wohl zu den erbittertsten und aktivsten Gegnern der evidenzbasierten Medizin: Der Molkereifachmann hat zwar keine medizinische Ausbildung, verbreitet aber eine ganze Reihe von wissenschaftlich unhaltbaren Thesen zu wichtigen Gesundheitsthemen.

Tolzin betreibt Webseiten, die vor dem Impfen warnen, er bastelt sich seine eigenen skurrilen Ideen zum Thema „AIDS“ zurecht, er bezweifelt überhaupt, dass es so etwas wie Infektionskrankheiten gibt. Bakterien und Viren seien natürliche Bestandteile des Körpers und nicht die Ursachen für Krankheiten.

Tolzins Ansichten sind so radikal, dass sie vermutlich von vielen Leuten rasch als unwissenschaftlich erkannt werden. Das bedeutet allerdings keineswegs, dass seine antiwissenschaftliche Propaganda ohne Folgen bleibt. An der nach wie vor aktuellen Impfdebatte – und an der steigenden Zahl vermeidbarer Krankheitsfälle, etwa von Masernerkrankungen – sieht man sehr deutlich, dass die Ablehnung wissenschaftsbasierter Medizin ganz konkrete, schädliche Folgen haben kann.

Das Goldene Brett fürs Lebenswerk: Demeter

Unter dem Schlagwort „biologisch-dynamisch“ verkauft der Demeter-Verband landwirtschaftliche Produkte. Auf den ersten Blick könnte man meinen, man habe es mit gewöhnlichen Bio-Produkten zu tun, mit einer Sorte von Landwirtschaft, die besonders sorgsam mit der Umwelt umgehen möchte.

Das wäre zweifellos zu begrüßen – doch „Demeter“ ist viel mehr. Der Verband richtet sich nach den Regeln der „Anthroposophie“, einer okkulten Gedankenwelt, die vom Esoteriker Rudolf Steiner begründet wurde. Da werden schon mal homöopathisch verdünnte Kuhhörner auf dem Feld ausgebracht, um den Pflanzen zu einem „harmonischen Gedeihen“ zu verhelfen.

Eine ganze Reihe „biodynamischer Präparate“ mit angeblich „harmonisierender Wirkung“ sind in Demeter-Betrieben  vorgeschrieben.

Wer Demeter-Produkte kauft, meint wohl oft, der Umwelt etwas Gutes zu tun – in Wahrheit wird damit ein vorwissenschaftlich-magisches Weltbild gefördert, mit fragwürdigen Ritualen, willkürlich erfunden vom Esoteriker Rudolf Steiner.

Verleihung am 28.11. 2018

Die öffentliche Verleihungsfeier für „Das Goldene Brett vorm Kopf“ findet am 28. November 2018 um 20:15 Uhr in der Urania in Wien und gleichzeitig bei der Parallelveranstaltung in Hamburg im Altonaer Museum (Museumstraße 23) statt.

Zum Weiterlesen:

  • Video: „Unser Interviewpartner [Hans Tolzin] verprügelt gerade das Team von Spiegel-TV“, GWUP-Blog am 10. August 2018
  • Abgesetzt: Impfgegner hält kein Webinar an der Volkshochschule, GWUP-Blog am 25. Januar 2018
  • „It-Girl der Esoterik“ und „spirituelles Kindergenie“: Wer ist Christina von Dreien? GWUP-Blog am 13. November 2018
  • Krankenhausmedizin heute: Flussgeister und Schwingungen, GWUP-Blog am 21. März 2018
  • Esoterik: Öffentliche Stellen vergeben Aufträge an Scharlatane, profil am 24. März 2018

29 Kommentare

  1. Der Blogbetreiber hätte den Preis verdient.

  2. @Globulikritischer:

    Dann hätten Sie ihn nomineren müssen.

    Aber ich nehme Ihr Kompliment auch so gerne entgegen!

  3. Erste Anmerkung: Die Finalisten sind ländertechnisch gut verteilt – Deutschland, Österreich, Schweiz.

    Zweite Anmerkung: Der Preis fürs Lebenswerk passt, da Demeter so eng mit der esoterischen Lehre der Anthroposophie verbandelt ist.

  4. Christina von Dreien ist doch noch ein Kind…das finde ich uncool!

  5. Ich kann die Nominierung von Christina von Dreien gut nachvollziehen. Allerdings hätte ich Hemmungen tatsächlich eine Minderjährige mit diesem Schmähpreis zu „ehren“. Das kommt meines Erachtens auch nicht sonderlich gut in der Öffentlichkeit an, wenn wir uns auf eine Jugendliche „stürzen“.

    Mein Favorit ist der „Bewusstseinsforscher“ Christoph Fasching. Der Unsinn im Zusammenhang mit dem Krankenhausneubau ist hier so offensichtlich, dass auch Nichtskeptikern die Auszeichnung einleuchtet.

    Mit dem Lebenswerkpreis für Demeter bin ich vollkommen einverstanden.

  6. Verteilt sich auch thematisch schön: Ein Impfgegner zwischen Pseudomedizin und Verschwörungswahn; Verschwendung öffentlicher Gelder für Esoquatsch und eine Protagonistin aus der bunten Welt der Verschwörungs- und Esoterikvideos.

    Die Auszeichnung für Demeter gefällt mir auch, v.a. der Aufklärung wegen. Weiß, glaube ich, kaum ein Kunde, dass er da nicht nur Bio, sondern auch Anthro bezahlt.

  7. Eine Minderjährige als gekröntes Haupt empfinde auch ich als unpassend. Könnte man nicht wenigstens den Namen ändern auf den ihrer Mutter? Sie dürfte wohl die treibende Kraft sein.

  8. Christina von Dreien ist 17 Jahre alt. Das ist kein Kindesalter mehr.

    Zudem heißt es auf https://2018.goldenesbrett.guru/, dass ihre Mutter mitnominiert wurde, d.h. Erziehungsberechtigter ist dabei.

  9. Bin doch überrascht, dass Sieveking nicht unter den Finalisten ist. Ansonsten kann ich mich den Vorrednern nur anschliessen: thematisch und geographisch sehr schön ausgewogen. Eigentlich schade, dass wir mit dem Projekt „Goldenes Brett auch in Basel“ noch nicht so weit sind, hätte gut gepasst…

  10. @noch’n Flo:

    Ja, schade – was der bei der WissensWerte wieder für Quatsch erzählt hat:

    https://twitter.com/hashtag/ww18?src=hash

  11. @Martina Rheken

    Au weia, sooo kompliziert, zeitkritisch und aufwändig hab ich mir das Ganze nu doch nicht vorgestellt.

    Ich wünschte mir, jeder Impfgegner/-„kritiker“ würde mal so’n Jahr bei einer solchen Impf-Produktion mitarbeiten, nicht nur als HiWi, sondern VOLL drin.

    Wetten, die wären nachher KEINE Impfgegner mehr?

  12. @ Herr B
    „…Weiß, glaube ich, kaum ein Kunde, dass er da nicht nur Bio, sondern auch Anthro bezahlt….“

    Nach meiner Wahrnehmung wissen die Kunden nicht einmal, was Anthro überhaupt ist und halten es eben nur für „bio“…

  13. Bernd Harder: Aha, du verkaufst also in deiner Freizeit Zuckerkugeln. Ich meinte den anderen Blogbetreiber, der auch nominiert ist.

  14. @Globulikritischer:

    Ok, verstehe.

  15. @ Globulikritischer: Der mit J.? Der beklagt ja, dass er das Brett jetzt doch nicht kriegt.

  16. @gnaddrig:

    Das Thema ist durch, wir möchten das hier eigentlich nicht weiter diskutieren.

    Danke an @alle.

  17. @ Bernd Harder: Klar, sorry.

  18. @ Ich
    Vielleicht sagt ihnen der Begriff Anthroposophie nichts, aber bei Rudolf Steiner oder Waldorfschule gibt es schon messbare Reaktionen. Einzelne Aspekte wie fragwürdige Untetrichtskonzepte, Impfgegnerschaft, rassistische Ideen bei Steiner, die dann und wann an einzelnen Schulen wieder aufpoppen sind durchaus bekannt und werden auch kritisch gesehen. Nur das ganze Wahngebäude und was Biokartoffeln damit zu tun haben können halt nicht.

  19. Apropos Demeter: die haben ja ursprünglich auch die Hornkuh-Initiative, die heute vom Schweizer Stimmvolk mit 54.7% bachab geschickt wurde, auf den Weg gebracht. Inhalt war, dass Bauern, die ihre Kühe und Ziegen nicht enthornen, eine Prämie bekommen sollten.

    Das hatte aber mitnichten medizinische Gründe, vielmehr ging man zu Beginn der Initiative davon aus (und das hatte irgendwie niemand mehr auf dem Schirm), dass die Tiere durch die Hörner atmen und sich mit ihnen mit dem Äther verbinden würden.

    Dass es so ein Schmarrn überhaupt vors Volk schafft und dann immerhin gut 45% der Stimmen erzielt, sagt einiges über die hiesige Gesellschaft aus.

  20. @o.m., diesem mädchen c. meier ist nicht nur ein teil ihrer jugend gestohlen worden sondern die gesamte jugend.
    daß die mutter nen klaps hat ok , aber das mädchen muß doch zur schule gegangen sein, hat da nicht mal ein lehrer die notbremse gezogen und kurz und schmerzvoll gesagt laß das rumspinnen komm auf den boden der tatsachen?

  21. @ diabetiker
    Und wie hätte „ein Lehrer“ das machen sollen?

    Argumentativ überzeugen? Kann klappen, muss aber nicht. Und geht bestimmt nicht „kurz und schmerzvoll“.

    Lächerlich machen? Verstärkt am Ende nur die Wagenburgmentalität in der Familie.

    Unsinn in Unterricht und Klausuren mit entsprechenden Noten bewerten? Ist möglicherweise geschehen. Meine gelesen zu haben, dass mit Ende der Schulpflicht auch ihre Schulkariere enden soll. Läuft aber ins Leere, wenn es Kind und Eltern egal ist. Und wenn sie clever genug war, in der Schule das zu liefern, was gefordert war, erst recht.

    Mal ein ernstes Wort mit den Eltern reden? Tja …

    Jugendamt einschalten? Weiß nicht, wie das in CH ist, aber in D passiert da m.W. wenig bis nichts, sofern das Kind nicht körperlich misshandelt oder schwer vernachlässigt wird. Komische Dinge glauben und sich öffentlich dazu bekennen, reicht bei weitem nicht.

  22. @ Herr B:

    In der Schweiz sind seit 2013 die „Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden“ (KESB) für so etwas zuständig. Diese haben eine enorme Machtfülle, die aber leider nur allzu gern missbraucht wird. Tätig wird die KESB nur auf Antrag von Ärzten, Psychologen, Sozialarbeitern o.ä.

    Aus meiner persönlichen Erfahrung (sowohl als niedergelassener Hausarzt, als auch als Vater zweier schulpflichtiger Kinder) funzt dieses System äusserst schlecht: an den Schulen werden selbst minimaler Auffälligkeiten aufgebläht und führen zu einem Abklärungsmarathon, der überhaupt erst schwere Probleme hervorruft, gleichzeitig werden echte Probleme wie Misshandlung und Missbrauch gerne „übersehen“ und zugedeckt. Bevorzugt werden Ausländerfamilien gegängelt, Schweizern wird alles durchgehen gelassen.

    An einer Schule, an der ich Schularzt bin, war fast 20 Jahre lang ein Alkoholiker Hausmeister, der im Suff regelmässig Kinder geschlagen hat. Da er vom Gemeinderat gedeckt wurde, ist er damit sehr lange durchgekommen, konnte sich sogar mehrfach vor Gericht rausreden.

    Unser lokaler schulpsychologischer Dienst stellt immer wieder Psych-Diagnosen, ohne vorher körperliche Ursachen auszuschliessen (ist absolut unzulässig). Beispielsweise hatte ich mal ein 13jähriges Meidli in meiner Sprechstunde, der bei einem BMI von 16kg/qm eine Anorexie unterstellt worden und deren Mutter wegen Verdacht auf Kindesvernachlässigung die KESB ins Haus geschickt wurde. Als ich das Meidli das erste Mal sah, viel mir sofort ihr enormer Kropf auf. war ’ne echte Blickdiagnose, im Labor problemlos bestätigt. Als die Schilddrüsenüberfunktion dann behandelt wurde, nahm das Kind schnell Gewicht zu und hatte auch nicht mehr so starke Probleme mit Unruhe und Konzentrationsschwierigkeiten.

    Ach ja, die Familie stammte aus Düütschland.

    Wir kommunizieren mit Schule und Schulpsychologin schon lange nicht mehr ohne Anwalt.

    Schwer zu glauben, dass solche Institutionen bei dem Eso-It-Girl und seiner Mutter irgendetwas hätten bewirken können, zumal die Schweizer (ganz besonders auf dem Land) ein noch stärkeres Faible für diesen Schmarrn haben, als die Düütschen.

  23. da es die mutter nicht will($) und allem anschein nach kein lehrer in der lage ist muß die junge frau eben mit ihrer blödheit weiter leben. (weiter für ihre dämliche mutter die$$ vor den augen verwirklichen)

    ich dagegen glaube nicht daß gerade „ich“ auf „der“ schule war wo ich mit socher spinnerei weder bei den lehrern, noch bei meinen mitschülern, durchgekommen wäre.

    wenn sowas wie die c. von sich läßt bei uns angekommen wäre, hätte die am nächsten tag vor scham geschmissen, die wäre nur noch ausgelacht worden.

    ok ev war die schule vor 60jahren etwas anderes als heute. aber es kann nicht die einzige normale in d gewesen sein.

  24. @Ich:
    Dass die Demeter-Kunden nicht wissen, dass sie einen Esoterik-Konzern finanzieren, ist durchaus gewollt.

    “Man muss es ja nicht jedem auf die Nase binden, dass er bei einer Möhre vom Demeter-Hof ein bisschen Anthroposophie mitisst.” (Paul Mackay)

    Quelle: Paul Mackay, Vorstand der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – “Der Waldorf-Konzern, Tinkturen und jede Menge Gemüse”.

  25. @noch’n Flo:
    Mit der Hornkuh-Initiative ist es eigentlich noch schlimmer. Diese wurde vom „Alpenparlament“ mit-initiiert, welches für seine rechts-esoterischen und verschwörungstheoretischen Publikationen bekannt ist.

    Die Ansicht, dass Kuhhörner in Wahrheit „kosmische Antennen“ sind, die „Ätherkräfte“ aufnehmen, findet man auch bei den Anthros von Demeter, Weleda, und den Waldorfschulen.

    http://steinerquotes.tumblr.com/search/Alpenparlament

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