Stellen Sie sich vor, Joachim Löw kommt zu Ihnen und fragt: Wie bringen wir in den Spielen, in denen es zählt, den Ball wieder leichter ins Tor? Was würden Sie ihm raten?“
An wen mag sich diese Frage der FAZ-Sportredaktion wohl richten?
An Pep Guardiola? An einen Sportpsychologen? An einen Motivationstrainer?
Nein – das Blatt für kluge Köpfe ist offenbar im Weihnachtspunschrausch auf die absurde Idee verfallen, einen „Parapsychologen“ über die „psychokinetische Ablenkung von Bällen“ schwurbeln zu lassen.
Nicht am 1. April. Nicht als Satire. Nicht in der Rubrik „Wirres Deutschland“ (z.B. bei Vice), sondern völlig ernsthaft.
Und wer gibt auch für diesen Hirnzieher-Beitrag den „Parapsychologen“? Natürlich der Unvermeidliche, Dr. Dr. Walter von Lucadou.
Was dann kommt, ist so unfassbar, dass es körperlich wehtut, diese Selbstdemontage eines ehedem zumindest respektablen Wissenschaftlers zu lesen.
Wir sind dankbar, dass der Physiker Dr. Holm Hümmler uns eine weitere Kommentierung dieses journalistischen Offenbarungseides abgenommen hat:
Zum Weiterlesen:
- Quantenquark in der Frankfurter Allgemeinen: Walter von Lucadou verschränkt den Bundestrainer, Relativer Quantenquark am 27. Dezember 2015
- Parapsychologie im Sport „Eine Katze zu verbuddeln ist blöd“, FAZ am 27. Dezember 2015
- Der immerselbe Quantenspuk des Dr. Walter von Lucadou, GWUP-Blog am 15. Dezember 2012
- Lucadou – Der tragische Beglaubiger, GWUP-Blog am 20. November 2010
- Quantenphysik: Wankt das “skeptische Dogma”? GWUP-Blog am 11. Oktober 2011
- „Relativer Quantenquark“ mit Dr. Holm Hümmler jetzt als Video, GWUP-Blog am 19. März 2015
- Quanten-Geschwurbel, GWUP-Blog am 12. Januar 2013
- Video: Quantenverschränkung und spukhafte Fernwirkung, GWUP-Blog am 3. Februar 2015
28. Dezember 2015 um 10:03
Es ist an der Zeit, den ICD zu ergänzen:
„Morbus Lucadou“ oder „frei flottierendes Walachisieren“
Sonderform der Polyphrasie (s.a.: Logorrhoe), einhergehend mit schwerer Inkohärenz der Darstellung. Besonders gefürchtet ist das Zusammentreffen von Infektionsträgern mit Personen, die nur über geringer Resilienz verfügen, z.B. Journalisten.
Quelle der Infektion ist wahrscheinlich ein Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg/Breisgau…
28. Dezember 2015 um 12:37
@excanwahn:
Es ist traurig, ja. Falls die FAZ-Redakteurin mitliest:
– Was Lucadou da mit seiner ominösen „Verschränkung“ begründet, ist recht simpel mit sozialpsychologischen Gruppenprozessen erklärbar.
– Die Mechanismen, die Lucadou in typischer Eso-Manier postuliert, funktionieren seltsamerweise nicht, wenn man sie konkret einsetzen oder testen will.
– In der Psychologie ist „Verschränkung“ ein irreführender Begriff, sie entspricht keinesfalls einer Verschränkung im Sinne der Quantenphysik.
28. Dezember 2015 um 13:38
Jetzt kommen bestimmt wieder haufenweise Zuschriften à la: sogar in der FAZ stand, dass das mit der Verschränkung voll wahr ist…!
@excanwahn. Ein echter excanwahn ;-)
28. Dezember 2015 um 15:05
Das ist in der Tat selbst für Lucadou wirklich peinlich. Was soll diese unfundierte Versuch psychologische Phänomene physikalisch zu deuten? Dafür gibt es keine überzeugenden Belege, es handelt sich um reine Spekulation, die dabei noch unplausibel ist.
Was kommt als nächstes? Die quantenphysikalische Erklärung/Deutung der Sexualität? Oder des Kochens?
Das ist wirklich der billige Versuch, Sympatisanten zu gewinnen, die sich sagen „Klingt vernünftig, vielleicht ist ja doch was dran“.
Den Unfug liest man übrigens gelegentlich auch in Managementbüchern, die ein Unternehmens- oder Teamklima quantenphysikalisch deuten wollen.
28. Dezember 2015 um 16:28
Walter von Lucadou wird entgegnen, dass seine Erklärung im Kern gerade keine Physik ist, sondern (auch wenn er den Begriff im Interview nicht verwendet) „verallgemeinerte Quantentheorie“.
Das ändert aber nichts daran, dass er das freie und inkonsequente Phantasieren mit seiner Lieblingstheorie gerade in neue, bisher kaum erahnte Höhen emporgehoben hat.
Nur weil etwas mathematisch denkbar ist (etwa: verallgemeinerte Verschränkung) kommt es noch lange nicht in jeder Ecke der Realität vor.
Auch nur Ansätze von Hinweisen, warum seine Modelle irgend etwas mit Mannschaftssport zu tun haben sollten, bleibt er uns schuldig.
28. Dezember 2015 um 16:55
Obwohl der Herr Doppeldoktor dereinst die wundersamen Bewegungen einer Kompassnadel auf die Einflüsse eines nahen Aufzugs zurückführen konnte (Quelle leider nicht mehr erinnerlich), hatte ich trotzdem immer den Verdacht, dass er seine „Forschungen“ nur mit dem Ziel betreibt, der erste zu sein, dem der unwiderlegbare Beweis eines übernatürlichen Phänomens gelingt.
Bekanntermaßen hat er dieses Ziel noch nicht erreicht, und die „Quantenphysik“ wird ihm dabei auch nicht helfen.
Unbestreitbar hingegen ist, dass sich die deutsche Fußballnationalmannschaft in einem undefinierbaren Zustand befindet.
28. Dezember 2015 um 18:50
@nota.bene:
<< (Quelle leider nicht mehr erinnerlich) << Das hat er 1979 hier veröffentlicht: Keil, H.H.J., Lucadou, W.v. (1979): Psychokinese oder Pseudopsychokinese? Eine Felduntersuchung. Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgbiete der Psychologie 21, 141-156 und dann in so ziemlich jedem Interview oder Text der letzten 35 Jahre. https://blog.gwup.net/2010/08/17/traumberuf-parapsychologe/
29. Dezember 2015 um 20:57
Die „verallgemeinerte Quantentheorie“ ist ein Produkt der „Geisteswissenschaft“ und nicht der Naturwissenschaft.
Es ist ein quasi-philosophisches Konstrukt, welches „magische“ Eigenschaften erklären will, die auch durch naturwissenschaftliche Erkenntnisse erklärbar sind.
Hier als Beispiel „Teamgeist“, durch eine „Verschränkung“.
Diese „Philosophie“ ermöglicht eigentlich jeden Blödsinn zu erklären; ich könnte mich dadurch mit Tieren „verschränken“ und mich mit ihnen unterhalten oder was auch immer.