Apropos „wahrnehmungspsychologische Fragen“:
Ob Ufos, Geister oder Tonbandstimmen: Der Schlüssel zur Klärung eines scheinbar übersinnlichen Phänomens findet sich sehr häufig nicht unbedingt in der Para-, sondern in der Wahrnehmungspsychologie.
Bei einem unserer Blog-Posts über „Panthersichtungen“ haben wir erklärt, dass unsere Sinneswahrnehmung nicht wie eine Videokamera arbeitet, sondern eher wie eine Maschine, die Glauben produziert, und zwar …
… ohne jeden Respekt vor dem, was wahr oder echt ist und was nicht.“
Bei der SkepKon 2014 in München brachten die beiden Psychologen Sebastian Bartoschek (r.) und Alexander („Hoaxmaster“) Waschkau das Thema anschaulich auf die Bühne:
Von unsichtbaren Gorillas und tanzenden Bären – Wahrnehmungsphänomene und ihre Tücken im Alltag“
war ihre Präsentation überschrieben, die das Publikum mit unwillentlichen Realitätskonstruktionen vertraut machte, denen natürlich auch Skeptiker unterliegen.
Das beschreibt Bartoschek auch in seinem „Ghosthunting“-Buch (mit Alexa Waschkau), und zwar im Zusammenhang mit einem Autoexperiment in Sachen „Geisterjagd“ in seinem Büro, das sich als „emotional hoch (selbst-) manipulative Erfahrung“ erwies.
Wie beispielsweise unsere Erwartungshaltung die Wahrnehmung beeinflusst, demonstrierten Bartoschek/Waschkau mit einem „Bubble Porn“, der im Internet für Furore sorgt.
Ein paar rosa Bläschen im Bild reichen aus, um uns völlig zu verwirren. Wir lassen uns täuschen“,
staunt etwa die Huffington Post:
Achtung, das folgende Video sollten Sie besser nicht bei der Arbeit anschauen. Oder nur dann, wenn Sie Ihre Kollegen vorher aufklären, dass das hier gerade kein echter Porno ist, sondern ein Beispiel dafür, dass der Blickwinkel entscheidend ist und dass schon das Fehlen eines kleines Mosaikstückes unseren Blick aufs große Ganze trüben kann.“
Ein SkepKon-Besucher twitterte sogleich:
Der Bubble Porn dürfte das eine sein, woran wir uns noch nach Jahren erinnern werden.“
Fragt sich nur, in welcher Weise – denn auch Erinnerungen können falsch, verzerrt oder selektiv sein.
Die Probe machten die Referenten mit dem Video eines populär gewordenen „Selective Attention Tests“:
Die meisten Probanden dieses klassischen Versuchs übersehen die Frau im Gorillakostüm, weil sie mit einer Aufgabe beschäftigt sind – nicht so indes die meisten SkepKon-Teilnehmer:
Schön, dass Sie ein nichtrepräsentatives Publikum sind“,
lobte Bartoschek dafür die rund 200 Gäste in der Freiheiz-Halle.
Nichtsdestotrotz schärften Bartoschek/Waschkau auch den Skeptikern die Sinne für die Besonderheiten des eigenen Wahrnehmungsapparats, denn:
Zu großes Selbstbewusstsein und Selbstüberzeugung begünstigen eher, Wahrnehmungstäuschungen und Fehlschlüssen aufgrund des „doch eigentlich tatsächlich Erlebten“ zu erliegen.“
Und wer das Thema vertiefen möchte:
Gerade ist die dritte Auflage des Taschenbuchs „Von unsichtbaren Gorillas und tanzenden Bären: Ist unsere Realität real oder nur das Ergebnis unserer Phantasie?“ (40 Seiten, 6 €) erschienen, das Bartoschek mit der ursprünglich vorgesehenen, aber kurzfristig verhinderten Korreferentin Diana Menschig verfasst hat.
Den SkepKon-Vortrag gibt es hier auch als Video.
Zum Weiterlesen:
- Diana Menschig/Sebastian Bartoschek: Von unsichtbaren Gorillas und tanzenden Bären. JMB-Verlag, Hannover 2014
- Geisterjagd-Vortrag bei „Außer Sinnen“ jetzt als Video, GWUP-Blog am 22. August 2014
- Überall spukt es – sogar im Büro eines Skeptikers, GWUP-Blog am 1. November 2013
- Geisterstimmen und Electronic Voice Phenomena, GWUP-Blog am 4. November 2009
- Panther, Ufos – und die Glaubensmaschine, GWUP-Blog am 28. Oktober 2010
- GWUP-Infos: Wahrnehmungstäuschungen
- Augenzeugen: Wenn die Erinnerung trügt, Spiegel-Online am 27. Oktober 2013
- Vom Gedächtnis gefährlich getäuscht, Stern-Online am 1. August 2011
- Falsche Erinnerungen an Missbrauch und Aliens, GWUP-Blog am 26. Oktober 2013
- Verzerrte Wahrnehmung: Ein Gorilla in der Lunge, Süddeutsche am 19. Juli 2013
- Der Blick des Drachen – eine Wahrnehmungstäuschung, GWUP-Blog am 7. Januar 2014
24. August 2014 um 07:53
Bei dem Video, in dem der Gorilla durchläuft, scheint es ziemlich viele zu geben, die ein Nichtrepräsentatives Publikum sind. Ich habe ihn jedenfalls gesehen und die Testzuschauer im Beitrag auch.
Und dass bei künstlichem Ausblenden von Informationen (wo gibt es denn solche Bubbles, die genau passen und so stehenbleiben?) das Gehirn das Bild nimmt, was es sieht, finde ich Null schockierend, alarmierend oder sonst was.
Wer wirklich erhellendes zum Thema lesen will, sollre mal Paul Watzlawick lesen,“Wie wirklich ist die Wirklichkeit – Wahn, Täuschung, Verstehen“ oder „Die erfundene Wirklichkeit – Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben?“
26. August 2014 um 05:52
@sputnik.jein ;)
So ähnlich War auch mein erster Gedanke
Das das Gehirn Lücken füllt ist eine Sache, evtl soll das Video zeigen, dass das Lücken füllen geprägt ist von Vorwissen und Erwartung