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Skeptiker als Pharma-Söldner?

| 16 Kommentare

Bei der letzten Mitgliederversammlung der GWUP am 13. Oktober 2012 in Roßdorf wurden einige Skeptiker neu in den Vorstand gewählt.

Vor einigen Tagen musste einer der Neuen auf der internen Mailingliste mal eine Frage loswerden:

Wo bleibt eigentlich mein Anteil am Geld, das wir von Pharmafirmen, der Atomlobby und der chemischen Industrie bekommen?“

Was innerhalb unseres Vereins für heitere Ironie sorgt, scheint für die Kritikaster ausgemachte Sache zu sein.

Vor allem im Zusammenhang mit „10:23“ hagelt es regelmäßig Unterstellungen, dass die Aktion

… möglicherweise von Pharmafirmen gesponsert wird“.

In abgestufter Form ist ein Homöopathie-Kritiker …

… ein nützlicher Idiot der unberechtigt viele Milliarden verdienenden Schul-Pharmaindustrie“

oder jemand, der …

… zur Verteidigung der Marktanteile der Pharmaindustrie alle denkbaren PR-Tricks und Versuche zur Manipulation der öffentlichen Meinung unternimmt.“

All das und noch vieles mehr kann man den Leserkommentaren zum SZ-Artikel „Überdosis gegen Aberglaube“ vom 11. April 2013 entnehmen.

Diese offenbar weit verbreitete Haltung richtet sich aber nicht nur explizit gegen die GWUP und andere skeptische Organisationen.

Als wir vor wenigen Tagen hier im Blog darüber berichteten, dass der Landesverband Liberaler Hochschulgruppen Nordrhein-Westfalen sich gegen Paramedizin und Pseudowissenschaften an Hochschulen ausspricht, griffen zahlreiche Web-Portale diese Meldung auf, darunter auch grenzwissenschaft-aktuell.

Allerdings nicht ohne die Kommentierung, warum der LHG-NRW denn nicht zugleich auch …

… die ebenso evidente Einflussnahme der konventionellen Pharmaindustrie“

anprangere.

Aha.

Heißt also, etwas vereinfacht:

  • Kein Feuilletonist darf Sarazzin kritisieren, ohne genauso viele Zeilen auf Schirrmachers Fragwürdigkeiten zu verwenden?
  • Kein Journalist sollte mehr Bahn-Verspätungen thematisieren, weil Flugzeuge doch auch nicht immer pünktlich sind?
  •  „Reporter ohne Grenzen“ sind künftig verpflichtet, jeden Beitrittswilligen darauf hinzuweisen, dass Korruption mindestens ebenso schlimm ist wie die Missachtung der Pressefreiheit?

Das ist offenkundig absurd.

Nur weil ich „gegen“ A bin, bin ich nicht automatisch „für“ B.

Im Ratio-Blog wird diese Pseudo-Argumentation als „Fehlschluss #13: Falsche Fährte“ gelistet:

In einem Krimi oder auch bei einem realen Kriminalfall wird gerne mal eine falsche Fährte gelegt. Da werden Beweisstücke manipuliert oder Hinweise so platziert, dass die Ermittlungen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Die Beweise erscheinen schlüssig, aber sie lenken den Verdacht auf die falsche Person […]

Auch in einer Argumentation gibt es falsche Fährten. Dies sind Argumente, die logisch und faktisch korrekt sind. Sie bringen die Gegenseite dazu, der eigenen Argumentation zuzustimmen. Auch beim Publikum entsteht der Eindruck, der Führer des Arguments habe Recht.

Die Fährte ist aber dann falsch, wenn diese Argumente weder Widerspruch noch Zustimmung zu den Gegenargumenten sind. Sie tragen zum eigentlichen Diskussionsthema nichts bei, sondern lenken lediglich ab, verwässern die Diskussion und helfen über die anschließenden Non sequitur hinweg.

Beispiel:

„Die Schulmedizin kann nicht jede Krankheit heilen. Und in Krankenhäusern sterben eine Menge Menschen an fehlerhafter Behandlung. Deshalb ist die Alternativmedizin sinnvoll.“

Die ersten beiden Aussagen sind völlig korrekt. Sie sind gleichzeitig auch völlig irrelevant in einer Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Alternativmedizin.

Der Sinn der Alternativmedizin ergibt sich aus deren Wirksamkeit und Effizienz, nicht daraus, ob die „Schul“-Medizin bereits alle Krankheiten heilen kann oder nicht. Die beiden korrekten Aussagen bereiten lediglich den Boden für eine Zustimmung zur dritten Aussage.“

Rein argumentativ stechen die eingangs zitierten Aussagen also nicht.

Aber darum geht es ja auch nur in dritter Linie.

Die beiden Hauptvorwürfe indessen sind genauso albern:

  • „Die Skeptiker werden von der Pharma-Industrie gesponsert.“

Schön wär’s – dann hätten wir unseren Mitgliedern die jüngste Beitragserhöhung nämlich locker ersparen können.

Mal im Ernst:

Warum sollte „Big Pharma“ ein paar „10:23“-Aktivisten dafür bezahlen, in der Fußgängerzone gegen Homöopathie zu demonstrieren?

Wenn das wirklich funktionieren würde mit dem bisschen Wasser oder Zucker, dem man durch bloßes Schütteln eine „Information“ aufprägen kann – dann würden die Pharmariesen das längst selbst machen, anstatt Abermillionen für die Entwicklung neuer Medikamente auf molekularer Grundlage auszugeben.

(Und behaupte bloß niemand, man könne mit den ach so kostengünstigen Homöopathika keine fetten Gewinne machen – das ist schlicht falsch.)

Selbst im vollen Wissen um die Unwirksamkeit von Homöopathika würde die Pharmaindustrie mit einer – sogar nur verdeckten – Protesthaltung gegen alles „Alternative“ höchst irrational handeln.

Zielführend wäre vielmehr genau das Gegenteil, denn:

Wäre ich Big Pharma, dann würde ich alles daran setzen, die kostenintensiven Ansprüche an die Arzneimittelsicherheit zu untergraben“,

erklärt treffend der Blog Evidenz-basierte Ansichten:

Ich würde Gesetzgeber und Patienten mit Geschwafel von einem „Binnenkonsens“ in die Irre führen. Ich würde all meine Marktmacht dafür einsetzen, um die Gesetzgebung durch Lobbyarbeit soweit zu beeinflussen, dass „besondere Therapierichtungen“ ausgerufen werden, damit Medikamente, die ihnen angehören, ihre Wirksamkeit nicht mehr aufwändig nachweisen müssen.

Stattdessen würde ich „Arzneimittelprüfungen“ durchführen lassen, bei denen jeder frei assoziieren darf, und diese Assoziationen würde ich auf den Beipackzettel drucken. Obwohl, warum Beipackzettel?! Ich würde Dosis und Anwendungsbereich einfach vom Behandler bestimmen lassen.

Ich würde mich also genau so verhalten wie die Hersteller alternativer Arzneimittel. Dann wären nur die Grenzen der Dummheit meiner Kunden die Grenzen meiner Gewinnspannen.“

Bleibt schlussendlich Punkt 3:

  • „Die Skeptiker sind pharma-hörige Pillenfreaks.“

Selbiges gilt natürlich auch für die Journalisten der Zeitungen, die über unsere Aktionen berichten:

Dass es auch zahlreiche schulmedizinische Medikamente gibt, die keine nachgewiesene Wirkung beim Patienten haben, für die Patienten und Krankenkassen aber dennoch jedes Jahr viel Geld ausgeben, verschweigt sueddeutsche.de auch diesmal“,

ereifert sich ein weiterer Kommentator bei dem Artikel „Überdosis gegen Aberglaube“.

Das nennt man wohl „selektive Wahrnehmung“.

Preistreiberei der Pharmabranche“, „Umstrittene Medikamententests in Indien“ oder „Wie sich die Pharmaindustrie in die Forschung einschleicht“ oder „Krebsmedikamente – Milliardensummen für wenig Wirkung“ oder „Wie die Pharmaindustrie die Ärzte beeinflusst“ sind nur fünf von zahlreichen pharmakritischen SZ-Artikeln der letzten Monate.

Bei Welt-Online finden sich allein in der vergangenen Woche die vier Beiträge „Operiert wird, weil es Geld bringt“, „Fehlerhafte Operationen sind für US-Kliniken lukrativ“, „Krankheiten sind manchmal eine Frage der Mode“ und „Teure Medikamente geraten unter Preisdruck“.

Sollten wir Skeptiker jetzt nicht mal eine E-Mail an die Chefredaktion schreiben, warum nicht genauso häufig die „Alternativmedizin“ kritisiert wird, die ebenfalls ein profitabler und gut organisierter Teil der Arzneimittelbranche ist?

Denn objektiv betrachtet ist es natürlich genau umgekehrt, als es der schäumende SZ-Leserkommentator und GWUP-Kritiker wahrhaben will:

Die Pharmaindustrie steht ständig im Fokus der kritischen Aufmerksamkeit und zahlreiche Organisationen und Initiativen beleuchten kritisch den Gesundheitsmarkt und dessen Akteure, von Gute Pillen – Schlechte Pillen über Mezis – Mein Essen zahl ich selbst bis hin zu einem Bündnis, das eine aktuelle Petition gegen intransparente Studien der Pharmaindustrie auf den Weg gebracht hat.

Demgegenüber steht die Tatsache, dass es nahezu keinen Widerstand gegen Paramedizin gibt.

Und deshalb hat sich die GWUP mit ihrem USP „Außergewöhnliche Behauptungen“ diesem wichtigen Aspekt des Verbraucherschutzes verschrieben.

Wir unterstützen nicht die „Schulmedizin“, die auch in vielen Fällen Dinge macht, die wissenschaftlich nicht belegt sind. Wir plädieren vielmehr für eine wissenschaftlich fundierte Medizin“,

bringt der Ko-Autor der „Homöopathie-Lüge“, Dr. Christian Weymayr, die skeptische Sache auf den Punkt.

Die Einstellung unserer Kritiker könnte man dagegen so umschreiben, wie es der Arzt und Medizinjournalist Ben Goldacre im Stern getan hat:

Viele Menschen entwickeln eine kindische Haltung:

Die Pharmaindustrie ist böse, also lasse ich mein Kind nicht impfen. Die Pharmaindustrie ist böse, deshalb nimm lieber Vitaminpillen oder geh zum Homöopathen.

Nur weil Big Pharma böse ist, heißt das noch nicht, dass Zuckerpillen wirken.”

Apropos Ben Goldacre:

Der Mann, der sich in „Die Wissenschaftslüge“ sehr kritisch mit der Homöopathie und anderen „alternativen“ Heilverfahren auseinandersetzt, hat auch ein Buch mit dem Titel

Die Pharma-Lüge: Wie Arzneimittelkonzerne Ärzte irreführen und Patienten schädigen

herausgebracht.

Und nach der Lektüre …

… ist man mit dem Autor wütend“,

schreibt GWUP-Vorstandsmitglied Ralf Neugebauer in einer Rezension für den aktuellen Skeptiker.

Stimmt.

Auch in Video-Vorträgen verrät Goldacre zum Beispiel, „was Ärzte über die Medikamente, die sie verschreiben, nicht wissen“.

Aber das ist letztendlich weder „gegen“ die Pharmaindustrie gerichtet noch „pro“ Alternativmedizin, ebensowenig wie Die Wissenschaftslüge „gegen“ die Alternativmedizin und „pro“ Pharma ist.

Sondern es ist einfach der Kampf gegen schlechte Wissenschaft.

Zum Weiterlesen:

  • Ran ans große Geld, naklar.at am 22. April 2013
  • Die Woche der Homöopathie – ein skeptischer Nachklapp, GWUP-Blog am 16. April 2013
  • Die Woche der Homöopathie – ein skeptischer Nachklapp 2, GWUP-Blog am 16. April 2013
  • Die Woche der Homöopathie – ein skeptischer Nachklapp 3, GWUP-Blog am 17. April 2013
  • Homöopathie: Wenn Skeptiker Hoffnungen zerstören, GWUP-Blog am 18. April 2013
  • Homöopathie, Ganzheitlichkeit und die sprechende Medizin, GWUP-Blog am 20. April 2013
  • Was hat die GWUP gegen Homöopathie? Teil I, GWUP-Blog am 1. Februar 2011
  • Homöopathie: Parallelwelt ohne Naturgesetze, Teil II,  GWUP-Blog am 2. Februar 2011
  • Medizin ohne geistige Umweltverschmutzung,Teil III, GWUP-Blog am 3. Februar 2011
  • Homöopathie: Unmögliches muss man nicht erklären, Teil IV, GWUP-Blog am 4. Februar 2011
  • Alternative Krebstherapien: Motivationen der Patienten, Detritus am 17. Januar 2011

16 Kommentare

  1. Was ich nicht verstehe: Als gewinnorientierte Unternehmen, die Pharmafirmen nunmal sind, warum beteiligen sie sich nicht am Homöopathiereibach – wie das z.B. Apotheken und Ärzte bereits tun?

    Warum nicht parallel zum eigentlichen Geschäft noch ein bisschen Wasser schütteln – streng nach Anleitung, versteht sich.

  2. Vermutlich aus demselben Grund, weswegen Autohändler keine Fahrräder verkaufen und dann behaupten,man könnte damit ebenso mit Tempo 200 über die Autobahn düsen.

  3. Oder wie Ben Goldacre es auch ausgedrückt hat:

    „Es gibt Mängel im Flugzeugbau. Das heißt nicht, dass fliegende Teppiche existieren.“

  4. @Abe
    …das habe ich hier schon in einigen Kommentaren „gefragt“.
    Warum viel Geld in Forschung stecken und dann auch noch Studien zur Wirksamkeit bestehen, wenn es so einfach gehen kann; das ist auch ein Punkt, den ich nicht kapiere ;-)

  5. hmmm… ich habe mit Bayer, Hexal uä. noch gar nicht über meine Besoldung gesprochen :D

  6. @nihil jie
    Ich bekomme pro Woche ein Päckchen „Aspirin“ von Bayer gratis, daß ich hier die Homöopathie „verunglimpfe“…und „Hexal“ hat mir bei meinem letzten Husten was „gesponsert“ :-)

  7. @Ralf

    die sollen mir lieber etwas Geld auf Rezept sponsern *gg :D

  8. @ nihil jie

    Guter Spruch – Geld auf Rezept (habe ich auch noch nie gehört).

    Aber Sie wissen doch: Geld beruhigt zwar, aber die Fundamente zum Glücklichsein sind andere.

    Wer gesund ist, ist der reichste Mensch der Welt!

  9. @Pierre Castell

    da haben sie ja auch uneingeschränkt recht… Gesundheit ist viel mehr als Geld.

    Aber ich bin momentan gesund… glücklich bin ich auch… also bräuchte ich noch bisschen Geld zum ausgeben und verschenken ;)

  10. @ nihil jie
    „ich bin momentan gesund… glücklich bin ich auch…“
    Na, was will man mehr!

    Geben Sie doch etwas von Ihrem Glück ab. Das geht auch wunderbar ohne Geld. Verschenken Sie doch anstatt Geld einfach ein wenig Ihrer Herzenswärme, Ihrer Zeit oder Ihrer Persönlichkeit.

    Machen Sie z. B. für eine kranke oder behinderte Person die Lebensmitteleinkäufe. Schenken Sie einem nicht so glücklichen Kind eine Lesestunde und lesen Sie ihm ein schönes Märchen aus einem Märchenbuch vor. Oder gehen Sie in eine Kinderkrebsklinik und spielen dort wie zu Ihren Kindeszeiten „Kasperletheater“.

    Oder schenken Sie einem einsamen Menschen Ihr Gehör und hören Sie sich seine Geschichte an. Manche einsame Menschen würden mal so gerne länger mit jemanden reden, haben aber keine Verwandten mehr oder sind ohne Freunde. Verschenken Sie Ihre Persönlichkeit, Ihr Lächeln in alltäglichen Situationen (Sie werden sich wundern, wieviele Menschen zurück lächeln werden und Sie plötzlich als einen ganz tollen freundlichen Menschen einschätzen und bei der nächsten Begegnung grüßen).

    Nihil jie, teilen Sie Ihr Glück, Sie benötigen dazu kein Geld. Bleiben Sie noch lange gesund und geben etwas von Ihrer Vitalität an Schwächere ab.

    Erst gestern wurde mir durch eine (absolut harmlose) Situation klar, was sehr starke körperliche Schmerzen bedeuten. Vielleicht brauchte ich das mal, um zu erkennen, wie bedeutend der schmerzfreie Alltag ist. Gesundheit und ein weitgehend schmerzfreies Leben sind das Größte. Helfen wir denen, die es leider nicht haben!

  11. @Pierre Castell

    „Machen Sie z. B. für eine kranke oder behinderte Person die Lebensmitteleinkäufe.“

    so was ähnliches mache ich schon. ich habe einen älteren Herren als Nachbarn über mir. er hat ein schweres Asthma. da er schwer die Treppe hochkommt und schon gar nicht mit dem Einkauf darf er mich immer raus klingen wenn er Hilfe braucht. manchmal mache ich den Einkauf für ihm wenn er besonders schwere Tage erlebt. aber auch Krankenhausbesuche wenn er da mal ab und mal landet. er besteht dennoch auf viel Selbstständigkeit und macht das was er kann auch alleine. er hat auch pflege… die kommt auch immer Mittags. von der habe ich mir auch viel Lob anhören müssen… und ich muss zugeben, dass das gut tut… auch wenn man es nicht erwartet. aber auch ohne Lob würde ich weiter so machen.

    übrigens… jetzt fällt es mir wieder ein wo ich den Spruch über das „Geld auf Rezept“ gehört habe… es stammt von Volker Pispers aus einem seiner Kabarettauftritte. ich habe vorhin danach bei Youtube gesucht, finde es aber gerade nicht. schade eigentlich, weil er sehr sehr lustig war :)

  12. Volker Pispers – den Namen habe ich schon mal gehört.

    Toll, dass Sie sich so einsetzen. Daran sollten sich viele ein Beispiel nehmen.

    Auch ich mache das im Rahmen meiner Möglichkeiten.

    Vorigen Monat kam ich mit einer sehr alten Dame aus meiner Straße ins Gespräch. Ich spürte, dass ihr schon sehr lange niemand mehr aufmerksam zuhörte. Sie erzählte sehr viel (auf der Strasse) und kam kaum zum Luftholen. Ich hörte ihr zu und gab danach mehrere Meinungen ab. Und zwar meine wirkliche Meinung – ich redete ihr nicht nach dem Mund. Am Ende bedankte sie sich immer wieder für´s Zuhören und ging aufrecht und gutgelaunt vor sich hinpfeifend nach Hause. Für mich ein tolles Erlebnis, da ich diese alte Dame bisher nur als eher traurig und beim Gehen auf den Boden schauend empfand.

    Ein Lächeln kann JEDER schenken!

    Hier noch schnell ein anderes kleines Erlebnis:
    In „meinem“ Aldi arbeitet eine Frau, die schon ca. 50 Jahre alt sein dürfte. Ich betone das deshalb, weil Aldi-Süd in ihren Märkten normalerweise Personal im durchschnittlichen Alter von 18-28 einstellt und kaum Frauen im Alter von 50 beschäftigt. Aber diese Frau kann arbeiten – und wie. Da könnten sich so manche jungen Damen einiges von abschauen.

    Eines Tages fiel mir auf (sie war an der Kasse), dass sie eine neue Brille hatte. Diese Brille stand ihr ausgezeichnet. Gar kein Vergleich zu ihrer alten Brille. Weil ich Menschen gerne Komplimente mache, sagte ich ihr, wie gut mir die Brille gefiel und welch guten Geschmack sie hat. Was ich dann erlebte, werde ich nie vergessen: Die sonst so selbstbewusste Dame bekam feuchte Augen und sagte mir im ganz leisen Ton „Sie sind der Einzige, dem die neue Brille bisher aufgefallen ist und dies auch erwähnt, meine ganzen Kollegen und sogar Freunde haben keine Reaktion gezeigt und nichts gesagt“. Für mich war das völlig unverständlich, denn diese Brille „schmückte“ ihr Gesicht und passte sehr gut zu ihr.

    Einige Tage später fragte ich sie beim Bezahlen an der Kasse nebenbei, ob Aldi nicht mehr eine bestimmte Sorte Bonbons hätte. Sie sagte, „doch, die führen wir noch immer“. Eine andere Angestellte hätte nun erklärt, in welchem Gang und Fach ich die Bonbons finden würde. Nicht aber diese Frau. Wohl noch immer meine freundlichen Worte über ihre Brille im Ohr, stand sie auf (bei einer sehr langen Schlange an der Kasse) und HOLTE MIR DIE BONBONS AN DIE KASSE. Das wurde in unserem Aldi vorher noch nie von einer Angestellten gemacht.

    Sind solche Erlebnisse nicht herrlich? Wenn diese Frau mich sieht, strahlt sie. Die andere alte Dame von der Strasse, die mich bisher nie beachtete und grüßte, lief mir kürzlich laut grüßend hinterher und fragte „Haben Sie mich nicht gesehen“ und hörte sich dieses Mal ausdauernd an, was ICH an diesem Tag zu erzählen hatte.

    Ich mag solche erlebten Geschichten. Mag sein, dass abgehobene Menschen darüber mitleidig den Kopf schütteln. Sollen sie. Ist mir egal.

  13. Sehr treffend zusammengefasst. Dieser Beitrag sollte viel weiter verbreitet sein!

  14. @ Pierre Castell :

    Die Geschichten mag ich auch sehr.

    „Freundlichkeit ist eine Wunderwaffe“

    Den Satz hab ich mir gut gemerkt und es funktioniert. Ohne viel Aufwand.

  15. @ StephanCGN
    „Die Geschichten mag ich auch sehr.“

    Auch?

    Aber Viktor meinte mit „Sehr treffend zusammengefasst: Dieser Beitrag sollte viel weiter verbreitet sein“ wohl eher den Atikel von Bernd Harder (?).

    StephanCGN, ich freue mich sehr über Ihren Zuspruch. Danke, Sie sind sehr freundlich!

    „Freundlichkeit ist eine Wunderwaffe. Den Satz hab ich mir gut gemerkt und es funktioniert. Ohne viel Aufwand.“

    Das Gute ist, dass Freundlichkeit und Herzensbildung JEDER einsetzen kann. Kostenlos. Wichtig ist nur, dass wir sie aufrichtig einsetzen. Nicht, um jemanden zu manipulieren und Vorteile zu erschleichen. Es ist so traurig, wenn Menschen von Egoisten scheinbar mit Freundlichkeit überschüttet werden, dahinter aber nur Berechnung steckt. Widerlich!

    Und wenn ich von schlechtgelaunten oder aggressiven Menschen noch so sehr „angefaucht“ werde: Ich schenke ihnen dennoch ein Lächeln und versuche sie zu respektieren (ist nicht immer so einfach). Ich versuche immer, mich in schwierigen Situationen in mein Gegenüber zu versetzen, damit ich ihn besser verstehe und kritische Situationen beruhigen kann.

  16. Besonders in den letzten Tagen lese ich hier im Blog immer wieder „Magie“ und „Magier“.

    Vor ca. 20 Jahren schrieb ich in der Fachzeitschrift für Zauberkünstler „Magische Welt“, dass ich es lächerlich und blamabel finde, wenn sich Trickkünstler/Illusionisten (im Volksmund Zauberkünstler) als Magier bezeichnen.

    Dass es aber nicht nur lächerlich sondern schlicht falsch ist, versuchte Werner Geissler-Werry
    http://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Geissler
    über viele Jahre in seiner Zeitschrift zu vermitteln. Er schrieb hierzu unzählige wichtige Artikel.

    Er setzte das Wort Magische aus dem Logo übrigens in Anführungszeichen. Der Nachfolger, der Werrys Zeitschrift vor einigen Jahren übernahm, hat das leider geändert.

    Werry wurde beschimpft und belächelt, als er sich immer wieder bemühte, den „Zauberkünstlern“ deutlich zu machen, dass sie sich besser nicht als Magier bezeichnen.

    Heute nennen sich sogar noch mehr als vor 20 Jahren viele Bühnenkünstler/Illusionisten „Magier“. Schrecklich!

    Nur weil es auch Hans Klok und so viele andere machen wird das Falsche nicht richtig!

    Als Untertitel zum Namen seiner Zeitschrift „Magische Welt“ stand immer auf der Titelseite zu lesen: „Zeitschrift für angewandte Tricktechnik und Wahrnehmungstäuschung!“

    Der heutige Herausgeber nennt sie „Magische Welt“; im Impressum findet man die Zusatzinformation „Zeitschrift für Zauberkünstler“.

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