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German Werwolf statt American Werewolf

| 7 Kommentare

Erst haben wir Halloween aus den USA importiert – jetzt importiert Amiland zu Halloween original deutsche Werwolf-Geschichten.

Das populäre Online-Portal paranormal.about erzählt aktuell

The true story of a monster that terrorized a German village for years with unspeakably cruel crimes and murders.“

Gemeint ist der „Werwolf von Bedburg“, der eigentlich Peter Stubbe hieß und gegen Ende des 16. Jahrhunderts im Rheinland sein Unwesen trieb. Man klagte Stubbe seinerzeit an, sich in einen Wolf verwandelt zu haben und mindestens zwei Männer, zwei schwangere Frauen und dreizehn Kinder getötet und zum Teil gegessen zu haben. Allerdings:

There may be no way of knowing for certain whether Peter Stubbe was a convenient patsy for the authorities (which means a wolf or wolves really were responsible for the deaths), or he was a maniacal serial killer of the most abominable sort.“

Wie auch immer: Mittlerweile gibt es sogar einen offiziellen „Werwolf-Wanderweg“ im nordrhein-westfälischen Erftkreis. Durchaus passend, denn …

… wenn der Zombie links ist und der Vampir rechts, dann ist der neue Werwolf grün“,

deutet ein Kulturkritiker in der Welt die haarigen Gesellen:

Offenbar gibt es auch eine Art dritten Weg: nicht nur den proletarischen Zombie und den elitären Vampir, sondern auch den engagierten Werwolf. Bei Stephenie Meyer ist dieser Werwolf Indianer und Naturkind qua Geburt – nicht Porschefahrer, sondern Abenteurer unter freiem Himmel, in Jack Wolfskin gewissermaßen.“

Auch das noch. Politisch korrekte Werwölfe. Dabei ist das Faszinierende am Werwolf-Mythos doch gerade „die Doppelgesichtigkeit, dieses Janusköpfige“, wie der Literaturwissenschaftler Uwe Schwagmeier bei spektrumdirekt erklärt:

In manchen Filmen ist es möglicherweise auch die Freiheit, die ausgelebte Triebhaftigkeit, das Unangepasstsein, das Leben ohne schlechtes Gewissen. Das ist ein anderes körperliches Erleben, das auch an Erotik  gekoppelt sein kann.“

Zum wahren Kern der Werwolf-Legenden sagt der Forscher:

Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurde immer wieder beobachtet, dass Menschen sich für Wölfe hielten. Vielen dieser Patienten wurde eine bestimmte Form der Blässe bescheinigt. Angeblich waren sie tageslichtscheu, heulten des Nachts. Manche Beobachter sprechen von Leichenfresserei.
Viele berühmte Forscher der frühen Neuzeit hielten dieses Verhalten für eine Form der Melancholie, man könnte also sagen, für eine geistige Erkrankung, die sogenannte Lykanthropie. Auch die moderne Psychologie kennt noch Krankheitsbilder, in denen ein Patient behauptet, er sei ein Wolf.
In der Zeit der Hexenverfolgung gab es zudem den Vorwurf der Werwolferei, der so manchen Mann auf den Scheiterhaufen brachte.“

So wie Peter Stubbe. Heute gilt als recht wahrscheinlich, dass „Ränkespiele der Obrigkeit“ dem Freibauern und Protestanten vor 421 Jahren den Tod brachten.

Bleibt indes die Frage, wie es mit der Sagengestalt des Werwolfs in unserer Zeit weitergeht, nachdem nun sogar schon Zombies philosophisch vereinnahmt werden.

Da gibt es zum Beispiel die Variante „Halloween-Witzfigur“:

Dann ist die Werwolf-Verkleidung genau Dein Ding! Damit kannst Du bei Vollmond mit Deinen Pranken so richtig auf die Pauke hauen! Doch nicht nur das. Mit der animalischen Maske, den charakteristischen Klauen und dem abgerissenen Holzfäller-Hemd sorgst Du auf der nächsten Party bestimmt für Hochstimmung. Kreischende Mädchen  werden Dir zwar nicht zu-, sondern weglaufen. Aber letztendlich ist Fliehen zwecklos, denn der Wirkung Deines weichen Fells und Deiner scharfen Klauen kann sich niemand entziehen.“

Oder die bizarre Flashmob-Variante, wie sie unlängst in Wien stattfand:

Nachdem es endlich dunkel wurde und der Mond hinter den dunklen Wolken hervorkam, erwachte die Stadt in einem jaulenden Schall von Werwölfen. Ein seriös gekleideter junger Mann macht den Anfang, als er im Gehen plötzlich stehen bleibt, den Kopf entgegen dem Mondschein streckt und anfängt wie ein Werwolf zu heulen. Schnell schließen sich unzählige Mittläufer dem schaurigen Klang an und heulen um die Wette.“

Beides ist so ziemlich zum Heulen.

Weiterlesen:

  • Hoaxilla #113„Der Werwolf von Bedburg“ vom 27. Januar 2013
  • Das Morbach-Monster: Eine deutsche Werwolf-Sage, GWUP-Blog am 4. August 2015

7 Kommentare

  1. „[…] nachdem nun sogar schon Zombies philosophisch vereinnahmt werden.“

    Sehe ich es richtig, wenn ich aus dieser Aussage einen abwertenden Unterton raushöre?

  2. @Tom: Nun ja, ich bin mit den italienischen Zombiefilmen der frühen 1980er-Jahre aufgewachsen und habe vermutlich mehr davon gesehen, als in diesem Blog Beiträge stehen – deshalb müsste ich etwas genauer wissen, was Sie meinen?

    Also was genau klingt abwertend: die Zombies (würde ich nie abwerten wollen) oder deren philosophische Vereinnahmung? Letzteres halte ich in der Tat für den sinnfreien Unfug von gelangweilten Pseudo-Intellektuellen.
    Natürlich hat man auch schon „Dawn of the Dead“ und lange davor „Night of the living dead“ politisch (Vietnam-Krieg) oder gesellschaftlich (Konsum-Kritik) gedeutet – aber „Philosophen-Stammtische“ zum Thema Zombies?

    Ach nö, dann kaufe ich mir doch lieber ne Karte fürs nächste „Splatterday Night Fever“ in Saarbrücken.

  3. Ui, dann ist also z.B. David Chalmers für Sie ein gelangweilter Pseudo-Intellektueller? Lesen Sie mal seinen Aufsatz „Consciuosness and its Place in Nature“ (besonders Punkt 3.2) und ich wette, dass Sie ihre unkritische, oder sollte ich besser sagen: unskeptische Meinung bezüglich vereinnahmten (aber nicht als existent postulierten!) Zombies ändern werden.
    Sollte ich Sie aber falsch verstanden haben und Sie meinen mit „Vereinnahmung“ ein Existenz-Postulat, gebe ich Ihnen vollkommen recht.

  4. @Tom: Vielen Dank für den Buchtip, werde ich gerne tun.
    Ich meine mit „gelangweilten Pseudo-Intellektuellen“ in erster Linie jene (einheimischen) Protagonisten, auf die die unmittelbare Verlinkung in dem Blogging weist.

    Und ja, ich kenne diese Seite u.a.:

    http://en.wikipedia.org/wiki/Philosophical_zombie

    Und ich halte es durchaus für einen Unterschied, über interessante neuro-philosophische Gedankenexperimente zu diskutieren – oder über „zombieeskes“ Verhalten nach einer durchgemachten Nacht, und den Versuch, daraus eine „Annäherung zwischen Mensch und Zombie“ zu konstruieren.

  5. Okay, danke für das Präzisieren. Ich verstehe nun, was Sie meinen. Danke auch für die ausführliche Antwort bei den „Hebammen“ (aus Anti-Spam-Gründen sei das HIER erwähnt).
    Für Interessierte: ein anderer, meiner Meinung nach vortrefflicher Artikel zum Thema, ist dieser: http://plato.stanford.edu/entries/zombies/

  6. @Tom: Danke, ist doch vielleicht interessanter und facettenreicher, als ich dachte. Werde mich mal darin vertiefen.

  7. Der ‚grüne‘ Werwolf ist den Rollenspielen, insbesondere Werwolf: The Apocalypse entsprungen. Das ist so wie der ’sparkly‘ Vampire. Heute sind die Werwölfe die ‚korrekten‘ Umweltschützer.

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