Das TV-Magazin „Welt der Wunder“ beschäftigt sich am Sonntag (28. Februar, 18 Uhr, RTL 2) mit den Hintergründen des Kinofilms „Männer die auf Ziegen starren“, der am 4. März startet.
Dazu hat das Produktionsteam kurz nach der Pressepremiere der Psi-Komödie ein Interview mit mir aufgezeichnet, das auszugsweise in die Sendung einfließt.
Worum ging’s?
Im Grunde um ein FAQ zu der Hollywood-Produktion – und den „echten“ Psi-Kriegern des Pentagons. Deshalb im Folgenden die vollständige Transkription (frei aus dem Gedächtnis):
Was hat das Militär damals ausprobiert? Können Sie beschreiben, woran das Militär geglaubt hat?
Das Ziel war eine Art übersinnliche Kriegsführung.
Man wollte paranormale Phänomene wie Hellsehen oder Gedankenübertragung militärisch nutzbar machen. Die Idee war, dass es doch vielleicht eine feine Sache wäre, wenn man Kriege so führen könnte wie in Science-Fiction-Filmen. Und wenn Soldaten dieselben Fähigkeiten hätten wie ein Yedi-Ritter in den Stars-Wars-Filmen.
Dann könnte man zum Beispiel verwundete Soldaten gleich an Ort und Stelle durch Handauflegen heilen. Oder man bräuchte keine Kommunikationsgeräte mehr, um Befehle zu übermitteln, sondern würde dazu Gedankenübertragung einsetzen.
Auch Spione und Agenten wären auch überflüssig, weil Hellseher jede noch so entlegene Militäranlage bequem zuhause von der Wohnzimmercouch ausspionieren könnten.“
Wieso haben die US-Militärs an so etwas geforscht?
Das kann man eigentlich nur vor der besonderen Situation des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion verstehen. Das Motto war, dass man es sich auf keinen Fall leisten konnte, etwas zu verpassen.
Und nachdem einige sowjetische Überläufer davon berichtet hatten, dass in irgendwelchen Geheimlabors in Sibirien paranormalen Forschungen mit Psi-Begabten zum Zwecke der Kriegsführung laufen, musste man unbedingt gleichziehen.
Das heißt, all das, was die Gegenseite an Mitteln und Möglichkeiten hatte (oder auch nur mutmaßlich hatte), das musste man selber auch haben. Oder zumindest mal ausprobieren.“
An welchen Methoden hat man sich denn genau versucht?
Es existiert ein sogenanntes Handbuch des „Ersten Erdbatallions“ von 1979 (im Film: „New Earth Army“), mit dem der Oberguru dieser Jedi-Krieger-Einheit nahezu alle Aspekte des militärischen Lebens auf Esoterik umstellen wollte.
Demnach sollten zum Beispiel die Soldaten mit Ginsengwurzeln und Wünschelruten ausgestattet werden und mit Vitamintabletten, um nachts besser sehen zu können. Der ernsthaftere Aspekt lag aber vor allem auf Hellsehen und Psychokinese. Man suchte nach PSI-Begabten, die zum Beispiel Computeranlagen nur mit Gedankenkraft zerstören konnten.
Ein Schlüsselbegriff ist das Remote Viewing, also eine Art außersinnliche Wahrnehmung über große Entfernungen, bis in andere Länder hinein.“
Der Ex-Soldat Joseph McMoneagle konnte mit Hilfe von „remote viewing“ eine wichtige russische U-Boot Werft ausspähen. Was halten Sie davon?
Wenig. Unter anderem deswegen, weil die Auftraggeber der „Psychic Warriors“ ja in erster Linie die Geheimdienste waren. Und das wiederum bedeutet praktisch, dass die „Jedis“ gar keine Rückmeldung bekamen, ob ihre Informationen nun zutreffend waren oder nicht.
In dem neuen Film wird das allerdings anders dargestellt.
Da kommt in einer Szene der Remote Viewer auf den seltsamen Gedanken, man solle die Schauspielerin Angela Lansbury (in der Realität ging es um Kristy McNichol) fragen, wo sich der flüchtige General Noriega in Panama gerade aufhält. Und später kommt dann ein Geheimdienstmann in die Kaserne und zischt dem Remote Viewer verärgert zu, man habe Angela Lansbury gefragt – sie hätte keine Ahnung.
Das ist so mit einiger Sicherheit nie passiert. Deshalb können wir wohl davon ausgehen, dass es sich bloß um die üblichen Mythen und Legenden handelt.
Man darf ja nicht ganz vergessen, dass einige dieser Militärhellseher – darunter auch McMoneagle – angebliche Enthüllungsbücher schreiben und vermarkten müssen. Oder sich sogar selbstständig gemacht haben und Kurse in Fernwahrnehmung für jedermann anbieten. Und da man dafür viel Geld verlangt, braucht man möglichst spektakuläre Werbung.“
Wie realistisch ist es, dass so etwas wirklich funktioniert?
Gar nicht. Das sind reine Phantastereien.
Für mich ist immer wieder erstaunlich, wie Leute so etwas ernsthaft glauben können. Wir sehen doch selbst Tag für Tag, wie verfahren und schwierig die Lage zum Beispiel in Afghanistan ist und wie viele Soldaten dort ihr Leben verlieren.
Das wäre ja alles gar nicht notwendig, wenn es solche Supersoldaten, die mit ihren übersinnlichen Kräften alles Mögliche vollbringen können, wirklich geben würde. In der Realität aber konnte bislang nicht mal Osama Bin Laden ausfindig gemacht werden.
Nach allem, was man heute weiß, war das ganze Programm ein völliger Fehlschlag, der letztendlich eher an die Laurel-und-Hardy-Filme erinnert als an die Rückkehr der Jedi-Ritter.“
Was sind morphische Felder? Manche Parapsychologen sagen, dass solche Ereignisse mit Hilfe der morphischen Felder zustande kommen, was sagen Sie dazu?
Das ist eine recht komplizierte Theorie, die allerdings bei Esoterik-Fans wesentlich beliebter als bei seriösen Experten, die etwas davon verstehen.
Ganz grob vereinfacht geht es darum, dass es zwischen allem, was existiert, irgendwelche Felder geben soll, über die alles mit allem verbunden ist, und die wie eine Art Brücke eben auch paranormale Phänomene wie Gedankenübertragung oder die Beeinflussung von Gegenständen mit bloßer Gedankenkraft möglich machen sollen.
Aber auch hier haben wir das Problem, dass diese Felder sich nicht nachweisen lassen und sich noch dazu jeder vernünftigen wissenschaftlichen Erklärung entziehen – also wohl ins Reich der Mythen und Legenden gehören.“
Inwieweit ist es möglich, jemanden mithilfe von Gedanken zu beeinflussen?
Wir Skeptiker haben in diesem Zusammenhang einen wissenschaftlichen Grundsatz aufgestellt, den bis heute noch niemand auf der Welt widerlegen konnte:
Kein Mensch kann nur durch Denken Wirkungen außerhalb des eigenen Körpers hervorbringen.“
Wir haben für unsere Sendung ein sogenanntes Ganzfeld-Experiment ausprobiert. Was halten Sie von dem positiven Ergebnis?
Die Ganzfeld-Experimente sind die aktuell wohl interessantesten parapsychologischen Versuche.
Dennoch stellen sich die Ergebnisse der einzelnen Studien sehr unterschiedlich dar. Mal werden viele Treffer erzielt, andere Versuchsreihen zeigen dagegen nur Zufallstreffer. Das spricht zunächst noch nicht zwingend gegen die Existenz eines Psi-Phänomens.
Wissenschaftler sind es gewohnt, dass auch bei Experimenten, die zweifellos existente Fähigkeiten messen, oft ganz unterschiedliche Ergebnisse herauskommen.
Letztlich kann man sich nicht auf ein einzelnes Experiment verlassen, sondern muss die Ergebnisse aller Forschungen zusammen bewerten.
Systematisch wird das durch eine so genannte Meta-Analyse erreicht – dabei werden möglichst viele Studien gesammelt und ihre Ergebnisse zusammengeworfen. Doch auch die zahlreichen Ganzfeld-Metastudien schaffen mehr Verwirrung als Klarheit. Obwohl sie sich im Wesentlichen auf dieselben Experimente beziehen, kommen die Statistiker zu unterschiedlichen Bewertungen.
Daher brachte die Psychologin Julie Milton vor knapp zehn Jahren alle Ganzfeld-Forscher zu einer Diskussion zusammen, deren Transskript in der Fachzeitschrift Journal of Parapsychology (Dezember 1999) veröffentlicht wurde.
Das Ergebnis war ernüchternd: Die Beteiligten – die allesamt der parapsychologischen Forschung aufgeschlossen gegenüber stehen – erzielten keine Einigung darüber, ob die bisherigen Ganzfeld-Experimente einen ausreichenden Beweis für den geheimnisvollen Faktor Psi erbracht haben, noch wie die Experimente in Zukunft verbessert werden können.“
Desweiteren haben wir im Studio einen „Anstarr-Test“ gemacht, dessen Ergebnis uns ebenfalls erstaunt hat. Wie ist das zu erklären?
Wir kennen das ja alle selbst: Man steht morgens vor der roten Ampel und hat das Gefühl, man müsse jetzt mal sofort nach rechts oder links aus dem Fenster schauen – und prompt sieht man, dass man von einem anderen Fahrer beobachtet wird.
Warum ist das so?
Zum einen stecken der pure Zufall und das Phänomen der selektiven Wahrnehmung dahinter. Denn genauso oft stellen wir dabei ja fest, dass der andere eben nicht nicht zu uns herüberschaut. Das hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck bei uns, weil es ja keine Bedeutung hat.
Tja, und dann gibt es ja auch noch die Wahrnehmungspsychologie, die viel interessanter ist als Parapsychologie. Aus der Wahrnehmungsforschung wissen wir, dass unsere ganz normalen Sinne uns manchmal so etwas wie einen sechsten Sinn vorgaukeln.
Zum Beispiel, wenn die Sehzellen ganz am Rande des Gesichtsfelds eben doch eine Bewegung neben uns registrieren. Oder wir unbewusst ein Geräusch gehört haben und uns deshalb umdrehen.“
Nina Kulagina – wer war das, was hat sie gemacht?
Nina Kulagina war eine russische Hausfrau, die zur Zeit des Kalten Krieges so etwas wie das sowjetische Gegenstück war zu den Männern, die auf Ziegen starren. Sie hat sich zwar nicht mit Ziegen beschäftigt, soll aber das Herz von Fröschen und Mäusen angehalten haben.
Und mit diesen psychokinetischen Fähigkeiten soll sie auch Gegenstände bewegt haben.“
Was sagen die Forscher heute dazu?
Das erste und einzige Mal, dass ich Nina Kulagina live gesehen habe, war in einer TV-Sendung, als sie eine Kompassnadel mit, äh, Gedankenkraft bewegte.
Sie hat sich dazu mit dem Oberkörper tief über den Kompass gebeugt, und man konnte genau sehen, dass die Bewegungen der Kompassnadel genau synchron zu den Bewegungen ihres Oberköpers waren. Es liegt also zumindest die Vermutung sehr nahe, dass sie kleine Magnete in ihrer Kleidung versteckt hatte.
Das Problem mit solchen „Psi-Stars“ wie Nina Kulagina oder Uri Geller ist, dass Wissenschaftler genau die schlechtesten Beobachter sind, um ihnen auf die Schliche zu kommen. Denn ein Trickser kann nur durch einen Trickser entlarvt werden, wie James Randi mal gesagt hat. Es käme ja auch niemand auf die Idee, ausgerechnet einen Physik-Professor zu fragen, wieso David Copperfield bei seinen Bühnenshows fliegen kann.
Deshalb sollte man solchen Aussagen, dass etwa auch die „Psychic Warriors“ des Pentagons doch von Wissenschaftlern getestet worden seien, mit großem Misstrauen begegnen.“
Das Buch zum Film heißt „Durch die Wand“. Wie hat sich das Militär das vorgestellt – durch Wände gehen zu können?
Wir kennen ja aus der Schule das Atommodell. Da sieht man einen winzigen Kern, um den ein paar kleine Kugeln kreisen, die Elektronen, aber alles ist sehr weit voneinander entfernt.
Und deswegen dachte sich einer der damaligen Esoterik-Enthusiasten in der Militärführung, ein gewisser General Albert Stubblebine III. (im Film: Brigadegeneral Dean Hopgood), dass Materie doch eigentlich nur aus Leerräumen besteht. Und dass es deshalb möglich sein müsste, mit ein bisschen Konzentration die paar Atome wie einen Vorhang gedanklich beiseite zu schieben und durch Wände einfach hindurchzugehen.
Nun geht es aber gar nicht um die Größe oder die Anzahl dieser Elementarteilchen, sondern um ihre Bindungskräfte. Diese elektromagnetische Abstoßung ist das, was wir als Festigkeit, etwa von Wänden, empfinden.
Und deswegen kann man auch nicht so ohne weiteres durch die Wand gehen, auch wenn das im Modell alles ziemlich leer und wenig massiv aussieht.“
Wenn Blick töten könnten … Genau das genau haben die Militärs probiert, mit einer Ziege. Wie kann man das erklären?
Mal abgesehen davon, dass nur im Film die von George Clooney angestarrte Ziege tatsächlich umfällt. In der Realität wurde der Autor der Buchvorlage, Jon Ronson, nur einiger sonderbarer Filmaufnahmen ansichtig, die das EKG einer Ziege zeigten. Und eine allmähliche Verlangsamung der Herzfrequenz des Tiers von „Mitte 60 runter auf 55“.
Wie auch immer: Die Ziegenherde, die auch im Film einige Male zu sehen ist, befand sich ja nicht einfach nur so, ohne jeden Grund, auf einem Militärstützpunkt. Das ist ja kein Bauernhof. Sondern es wurden Tierversuche an den Ziegen vorgenommen.
Man brachte ihnen etwa Schusswunden bei, an denen die Militärärzte dann versuchshalber herumdoktern konnten. Viele dieser Ziegen waren also krank oder durch Verletzungen und Operationen geschwächt – und sind möglicherweise aus diesem Grund umgefallen.
Und nicht, weil just in dem Moment sie jemand angestarrt hat, der sich für einen „Psychic Warrior“ hielt.“
Was ist bei den militärischen Psi-Forschungen eigentlich rausgekommen? Öffentlich sind die Ergebnisse nie geworden.
Man weiß schon einiges darüber – sonst hätte der Film ja gar nicht gedreht beziehungsweise das zugrunde liegende Enthüllungsbuch nicht geschrieben werden können. Übrigens hat sich schon 20 Jahre vor Ronson der US-Journalist Ronald McRae ausführlich und durchaus kritisch mit dem Thema beschäftigt.
Zusammengefasst: Die Auswertung des Programms ergab ein vernichtendes Urteil. Remote Viewing hatte in keinem einzigen Fall Informationen geliefert, die hinreichend wertvoll oder überzeugend für konkrete Aktionen gewesen wären.
Als „besonders beunruhigend“ bewerteten die Gutachter dabei den Umstand, dass die Berichte der Remote Viewer teilweise so abgeändert wurden, dass sie zu den bereits bekannten Indizien des jeweiligen Falles passten. Auf diese Weise mögen einige der häufig publizierten „dramatischen Treffer“ der „Psi-Agenten“ entstanden sein.
An den nüchternen Folgerungen aus drei Jahrzehnten „Psycic Warfare“ ändert jedoch auch der spektakulärste Presseartikel nichts, wie aus dem Abschlussbericht hervorgeht:
- Ausreichende experimentelle und theoretische Beweise für die Existenz von „Remote Viewing“ als parapsychologisches Phänomen wurden nicht gefunden.
- Es konnte nicht gezeigt werden, dass Remote Viewing einen Wert für die Geheimdienstarbeit hat.
- Eine weitere Förderung der operationellen Komponente des Programms kann nicht gerechtfertigt werden.
Also war das Ganze ein mehr oder weniger großer Jux, aus heutiger Sicht?
Ein nicht ganz ungefährlicher Jux, auch wenn Männer die auf Ziegen starren ja ganz spaßig ist.
Denn wer weiß, was passiert wäre, wenn das Ganze aus dem Ruder gelaufen und nur aufgund von solchen Wahnvorstellungen eine wirklich weitreichende Entscheidung getroffen worden wäre, zum Beispiel für einen Krieg? Im Buch wird eine solche Situation geschildert, die durchaus gefährlich hätte eskalieren können.
Insofern können wir wohl froh sein, dass am Ende nichts Schlimmeres passiert ist bei der albernen Ziegenstarrerei des US-Militärs.“
Zum Weiterlesen:
- Jon Ronson (2008): Durch die Wand. Die US-Armee, absurde Experimente und der Krieg gegen den Terror. Salis-Verlag, Zürich (Taschenbuchausgabe: Männer die auf Ziegen starren, Heyne-Verlag, München 2010).
- Bernd Harder (2005): Geister, Gothics, Gabelbieger. 66 Antworten auf Fragwürdiges aus Esoterik und Okkultismus. Alibri-Verlag, Aschaffenburg.
- Ronald M. McRae (1989): Parapsychologische Kriegsführung. Esoterik als Waffe. Heyne-Verlag, München (Originalausgabe von 1984, mit einem Vorwort von Marcello Truzzi).
- „Mental, physisch und spirituell“. In: Skeptiker 1/2010, S. 24-25
26. Februar 2010 um 16:04
Filmkritik in der aktuellen „Cinema“ (3/2010):
„Jenseits aller Scham toben sich George Clooney und Co. in dieser respektlosen Armee-Parodie aus. Und ihre Laune ist ansteckend.
Allerdings driftet die Story gegen Ende völlig ins esoterische Durcheinander ab. Eine Verschnaufpause von dem wirren Happening wäre für so manches Zuschauergehirn die Rettung vor dem Super-Gaga-GAU gewesen.
FAZIT: Mit etwas weniger Chaos hätte die bizarre Militärsatire das Zeug zum Klassiker gehabt.“
27. Februar 2010 um 23:58
Das läuft auf RTL II? Dafür gibt es ja auch das passende Publikum, denke ich.
24. Februar 2016 um 01:05
Ich bin jetzt kein Typ, der alles gleich als Schwachsinn abstempelt aber beim „Remote Viewing“ konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, das so etwas funktioniert. Dieser Artikel hat meine Meinung bestärkt. Trotzdem ein interessantes Thema die Parapsychologie.