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SKEPTIKER jagt Werwolf: The Morbach Monster

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Wenn sich die Nacht über den Hunsrück senkt, wird es unheimlich – und eine moderne Werwolfsage geht um. Unter US-amerikanischen Soldaten erzählt man sich diese gruselige Geschichte:

„Kennst du das Morbach Monster? Ich habe zum ersten Mal davon gehört, als ich auf der Luftwaffenbasis Hahn in Deutschland stationiert war. In Morbach war das Munitionsdepot untergebracht, etwas außerhalb der Kleinstadt Wittlich. Wittlich gilt übrigens als letzte Stadt, in der ein Werwolf getötet wurde. […]“

Schauplatz dieser Erzählung ist die Gemeinde Morbach im Hunsrück, wo sich einst eines der größten Munitionslager der US-Luftwaffe in Europa befand. Die geographische Verankerung von Sagen unterstreicht ihren Wahrheitsgehalt: Der Hunsrück ist mit seinem enormen Waldreichtum ein geeigneter Ort der Sagenbildung, denn Wälder haben bis heute ihren festen Platz in der Sagentradition.

Im Wald ist es unheimlich, da er angeblich von tier- oder menschenähnlichen Dämonen bewohnt wird. Noch heute gilt der Wald als fremder, geheimnisvoller Ort, als magisch-mythische Landschaft, besonders für Fremde wie die Soldaten aus Übersee. Der Stationierungsort, die Base, ist ein sicheres Territorium, aber von einem fremden, geradezu exotischen Land umgeben, das mit seiner scheinbar archaischen Natur eine imaginäre Gefährdung darstellen kann, selbst wenn die Umgebung den Ansässigen friedlich erscheint. […]

Der Werwolf aus der Sage „The Morbach Monster“ hat keinen rein amerikanischen Hintergrund, sondern ist vermutlich auch durch die deutsche Geschichte geprägt: Nach der Landung der Alliierten in der Normandie baute Heinrich Himmler im September 1944 eine Widerstandsbewegung im Land auf. Er nannte die Freischärler „Werwölfe“ in Anlehnung an Hermann Löns‘ Bestseller „Wehrwolf“.

Der Werwolf ähnelt einem Partisan: beide bleiben tagsüber beziehungsweise im Alltag unentdeckt und verschmelzen mit der zivilen Bevölkerung. Die Tarnung in der Bevölkerung oder auch die taktischmilitärische Tarnung in den heimischen Wäldern machte sie zu einer permanenten potenziellen Bedrohung.

Die Interpretation der Partisanen als Werwölfe gefiel der SS und entsprach ihrer „gotisch-mythischen“ Ästhetik. Bei den Alliierten dagegen schürte die assoziierte Vermischung zwischen dem Phantasiewesen und dem nationalsozialistischen Widerstand rationale sowie irrationale Ängste. […]

In „An American Werewolf in London“ (deutscher Titel: „American Werewolf„) wird in einer Szene ein Albtraum des Protagonisten gezeigt. Er erlebt, wie seine Familie von Werwölfen in deutschen Soldatenuniformen ermordet wird. […]

Moderne Sagen haben immer auch einen Gegenwartsbezug, sind Reaktion auf psychosoziale, kulturelle und politische Befindlichkeiten. Die Sage „The Morbach Monster“ dient dazu, sich von der Langeweile, dem Stress und der Spannung zu befreien. Die Geschichte wird auch benutzt, um neue Rekruten einzuschüchtern und eine Gruppenidentität auszudrücken. Sagen haben nicht zuletzt eine Gemeinschaft stiftende Funktion, sie dienen gleichzeitig zur Abgrenzung oder Ausgrenzung des Fremden. […]

Den ganzen Artikel „The Morbach Monster“ von Matthias Burgard lesen Sie in der neuen Ausgabe des SKEPTIKER.

SKEPTIKER 1/2009

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Der SKEPTIKER, die Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken, wird herausgegeben von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). Die GWUP ist ein als gemeinnützig anerkannter Verein, dessen fast 900 Mitglieder sich für Wissenschaft und kritisches Denken engagieren. Gegründet wurde die GWUP 1987. Damit ist sie die älteste und größte Skeptiker-Organisation im deutschsprachigen Raum.

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Autor: Stefan Kirsch

Stefan Kirsch: Diplom-Germanist und Redakteur, aktiv in der GWUP seit 2000. Studium der Germanistik, Journalistik, Philosophie und Psychologie an der Universität Bamberg, Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband (djv). Beruflich ist er in der Unternehmenskommunikation eines deutschen Technologie-Konzerns tätig.

4 Kommentare

  1. Werwölfe gibt es nicht. Was es gibt sind Elwetritsche, zum Beispiel im Schwenninger Moos.

  2. Werwölfe gab es NIE in der Germanischen Mythologie. Auch in Morbach gab es weder einen noch Geschichten über einen. Allenfalls im heutigen Rumänien sowie in Kanada kennt die Volkssage lokale Werwölfe.

    Es wundert nicht dass ausgerechnet Amerikaner in Deutschland einen Werwolf sehen. Niedriger Bildungsstandard sowie hysterische Religiosität der U.S.-Soldaten aus einem Land, in dem der Analphabet Joseph Smith goldene Tafeln von einem Gott fand die aber danach irgendwie wieder verschwanden und sich ihm der bis dahin in allen Religionen dieser Welt unbekannte Engel Moroni zeigte, sind die Ursache für dieses Phänomen.

  3. @J. Krist:

    Tut mir Leid, aber da muss ich Ihnen in jedem einzelnen Punkt widersprechen:

    – Natürlich gibt/gab es in der germanischen Mythologie Werwölfe/werwolfähnliche Wesen, siehe zum Beispiel:

    http://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%BCpp

    – Auch Geschichten und sogar Gerichtsprozesse darüber gab es in Deutschland massenhaft, zum Beispiel:

    http://www.historische-serienmoerder.de/index.php?id=serienmoerder&mid=24

    – Auch in Morbach/Wittlich kennt/kannte man Werwolfsagen, zum Beispiel im 18. Jahrhundert:

    http://www.werewolfpage.com/myths/morbach.htm

    – Und abschließend: Was die Mormonen mit Werwolfsichtungen in Deutschland zu tun haben, muss man nicht verstehen, oder?

  4. “An American Werewolf in London” … einer meiner absoluten Lieblingsfilme.
    Die besagte Szene gehört zu einer der intensivsten und dichtesten Szenen, sie endet mit dem „Abstechen“ der Krankenschwester, die sich „liebevoll“ um den Patienten kümmert…(natürlich nur im Traum…und erst recht im Film…;-))
    …ich hab‘ die besagte DVD/Szene gerade noch einmal gesichtet…es sind keinerlei Abzeichen an der Uniform zu sehen…gut der Schnitt und der Helm könnte „deutsch“ sein…ich muß gestehen, ich habe den Film schon bestimmt zwanzigmal gesehen, aber ich sah die „Soldaten“ niemals als Deutsche, obwohl natürlich das Ganze Sinn macht.

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