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„Talk to me“: Training fürs Reden mit Corona-Leugnern und Verschwörungsgläubigen

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Der Mainzer Sozialpsychologe Prof. Roland Imhoff hat mit Anni Sternisko und Muhsin Yesilada das Online-Spiel „Talk to me – Corona-Edition“ gelauncht.

Die Idee stammt von der Digital-Beraterin Victoria Schrank, die im Herbst vergangenen Jahres bei Startnext ein Crowdfundig dafür inittiert hatte. An der Realisierung beteiligt waren zudem die Entwicklerin Kat McGlone und der Software-Berater Daniel Spaude.

Los geht’s mit:

Hallo! Hat sich deine Freundin oder dein Verwandter von COVID-Verschwörungen und Fehlinformationen verleiten lassen?

Verschwörungsmythen können uns alle beeinflussen. Während die einen versuchen, „die Welt wachzurütteln“, tun sich die anderen damit schwer, den richtigen Weg zu finden, um mit ihnen zu reden.

Solche Gespräche können frustrierend sein. Deshalb haben wir dieses Spiel entwickelt, um dich auf das echte Verschwörungsgerede da Draußen vorzubereiten.

Dann folgen sieben Gesprächssituationen (im privaten Umfeld) mit verschiedenen Antwortoptionen.

Letzten Sonntag machte ein zirka 30-minütiges Gespräch zwischen Corona-Leugnern und dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer vor dessen Privathaus in Großschönau Schlagzeilen (ein Wortprotokoll gibt’s bei Zeit+):

https://www.youtube.com/watch?v=v0VPC8kiq3A

Die Frage, ob es richtig war, sich auf ein solches Gespräch zwischen Tür und Angel überhaupt einzulassen, wird kontrovers diskutiert.

Nein – meint die Süddeutsche Zeitung:

Es ist ein Irrtum, dass man Verschwörungsideologen umstimmen kann, wenn man ihnen nur ausdauernd genug Kontra gibt.

Ja – meint SPON, weil Kretschmer bei dem verbalen Schlagabtausch vieles richtig gemacht habe:

1. Hallo erst mal: Konstruktiv und freundlich sein

2. Warte mal: Auf Regeln des Dialogs pochen

3. Moment mal: Vorsichtig sein

4: Stopp mal: Abstand halten zu Extremisten

Eine Situation, die auf keiner Aufnahme zu erkennen ist, führt zum Ende des Gesprächs [der entsprechende Dialog ist im obigen Video bei Minute 25:15 zu hören]. Kretschmer spricht eine Frau darauf an, dass sie sich gerade ein Halstuch in den Farben der Reichskriegsflagge ins Gesicht ziehe und wirft ihr vor, »Reichsbürgerin« zu sein. Ein Mann behauptet, das habe nicht mit Nazis zu tun, woraufhin Kretschmer abwinkt und geht […]

Kretschmer hat sich damit im Grunde an die Regeln gehalten, die in ähnlicher Form seit Langem in den Nutzungsbedingungen und Netiquetten von Onlineforen und sozialen Medien festgehalten sind: diskutieren ja, aber nur bis zu bestimmten Grenzen.

Zum Weiterlesen:

  • Talk to me – Gamification gegen Verschwörungstheorien, media-lab am 6. November 2020
  • „Talk to me“: Mit dieser App werdet ihr schlagfertiger gegenüber Corona-Leugnenden, business-punk am 30. Oktober 2020
  • Diese Berlinerin will mit einer App Corona-Leugner entwaffnen, Welt-Online am 30. Oktober 2020
  • Corona-Leugner: Die Verschwörungs-Extremisten sind unter uns, Welt-Online am 13. Januar 2021
  • Michael Kretschmer: Das war kein Besuch, sondern eine Drohgebärde, Süddeutsche am 11. Januar 2021
  • Sachsen: „Ein Ministerpräsident alleine kann das Land nicht retten“, Zeit-Online am 13. Januar 2021
  • Dialog mit „Querdenkern“: Mit Rechten reden, aber richtig, Spiegel-Online am 12. Januar 2021
  • Corona-Leugner: Hat dieses Reden noch einen Sinn? Zeit+ am 13. Januar 2021
  • Wie Herr Reimann zum Verschwörungsgläubigen wurde, GWUP-Blog am 25. November 2020
  • „Auf dem Schlachtfeld“: Umgang mit Verschwörungsgläubigen, GWUP-Blog am 7. September 2020
  • Der schwierige Umgang mit Verschwörungsgläubigen, GWUP-Blog am 15. Mai 2020
  • Video: Verschwörungsgläubige und Leistungsindividualisten, GWUP-Blog am 14. November 2020
  • Verschwörungstheorien: Die Heimwerker der alternativen Wissenskonstrukte, GWUP-Blog am 5. November 2020

3 Kommentare

  1. Die Frage: war es richtig mt den Leuten die da einfach mal gekommen sind zu diskutieren- sollte gerade Politikern inzwischen klar sein (die Zeitungen habens auch noch nicht begriffen) – die Antwort ist ganz klar „nein“.

    — weshalb ? – diese Leute sind garnicht zum „miteinander sprechen/diskutieren“ gekommen, sondern um ein Video mitzuschneiden, das für Hetzclips bei den geistlosen Anhängern genutzt wird.

  2. „…hat nichts mit Nazis zu tun!“
    _______________________________________

    „Wie die Nazis.
    Kölner Friseur-Legende wettert gegen Fußballer-Haarschnitte!“

    Übertreibt dieser Friseur oder hat er Recht?

    https://www.express.de/koeln/-wie-die-nazis–koelner-friseur-legende-wettert-gegen-fussballer-haarschnitte-37935276

  3. @ diabetiker:

    Genau so!

    Ich habe heute mittag eine Mahnwache gegen die örtliche Quark-Denker Gruppierung unterstützt. Die Quark-Denker hatten ein Plakat aufgehängt, auf dem Verkündet wurde, dass „Die Klage Läuft“. Aus einem Verstärker tönten in Dauerschleife Wahrheiten, wie:

    „Es gibt in Deutschland keine Übersterblichkeit“
    „Der …Test ist unwirksam“

    Vergleiche mit bekannte „Wahrheiten“ aus der Verfilmung von „1984“ konnte ich nicht unterdrücken. Eine Frau von denen kam über die Straße zu uns ‚rüber (ohne Mund-Nasen-Maske) und rief uns zu, „Ihr seid Marionetten der Superreichen, der Hochfinanz“

    Angemeldet wurde die Quark-Denker-Versammlung von einer Frau, die online mit „Quanten-Optimierten“ Kosmetik- Artikeln handelt.

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