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Video: Selbstexperiment Astralreisen – „Als würde ich mir das jetzt gerade einbilden“

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Ein neues Selbstexperiment des Youtubers Tomatolix (Felix Michels) dreht sich um „Astralreisen“.

Um zu testen, ob seine selbstinduzierte „Astralreise“ wirklich echt ist, macht er den gleichen Versuch, wie Susan Blackmore ihn häufig durchgeführt hat:

Er bittet eine Bekannte, eine Botschaft auf einen Zettel zu notieren und diesen in ihrer Wohnung aufzubewahren. Dann versucht er sie „außerkörperlich“ zu besuchen und die Nachricht zu lesen.

Klappt natürlich nicht.

Am Ende zieht Michels ein kritisches Fazit, was seine „Astralreisen“ angeht:

Ich hatte das Gefühl, dass ich eigentlich nur zu bekannten Orten gehen kann, die ich selber schon mal irgendwie gesehen habe, und es hat sich ehrlich gesagt nicht wirklich echt angefühlt, als würde ich mir das gerade einbilden […]

Irgendwie habe ich es tatsächlich geschafft, astral zu reisen, zumindest mit einer Menge Training, aber ganz ehrlich, das hat sich nicht wirklich echt angefühlt, sondern mehr so, als wäre es meiner Fantasie entsprungen oder als wäre das irgendwie ein luzider Traum oder sowas.

Mit dabei ist Dr. Nikil Mukerji vom GWUP-Wissenschaftsrat.

Im „Lexikon der Großstadtmythen“ (2005) schrieben wir zum Thema „Astralreisen“:

Kontrollierte Experimente mit Astralprojektionen haben bislang noch nie zu einem anerkannten positiven Ergebnis geführt. Die Psychologin Susan Blackmore von der University of the West in Bristol war überzeugt davon, selbst eine Astralreise gemacht zu haben:

„Ich war Studentin im ersten Semester in Oxford. Nach einer Konferenz war es nachts sehr spät geworden. Ich war wirklich sehr, sehr müde und ich rauchte etwas Dope – nicht viel – und saß nur so da und hörte Musik. Da fragte mich jemand: ,Wo bist du, Sue?’ Und plötzlich schwebte ich unter die Zimmerdecke und schaute herunter.

Ich bekam das volle Programm mit allen Schikanen: einen schönen, weißen, irgendwie luftigen und flauschigen, durchsichtigen, nebelhaften Körper. Ich fand heraus, dass ich mit meinem Astralkörper alles machen konnte, was ich wollte. Ich flog aus dem Fenster über die Dächer von Oxford.“

Doch die berauschende Wirkung dieser mysteriösen Erfahrung hielt nicht lange an. Blackmore weiter:

„Schon bald bekam ich Zweifel an den paranormalen Aspekten meines Erlebnisses. Ich schaute mir am nächsten Tag die Dächer von Oxford genauer an, die Form der Dachrinnen und Schornsteine, und mir wurde klar, dass sie nicht so aussahen, wie ich sie gesehen hatte.

Das legte bei mir die Saat der Skepsis.“

Nachdem Susan Blackmore ihren Doktortitel erworben hatte, begann sie Menschen zu testen, die behaupteten, zu Astralprojektionen fähig zu sein.

Das funktioniert in der Regel so: Die Versuchsperson muss „außerkörperlich“ zu einem bestimmten Ziel reisen und anschließend dort platzierte Gegenstände oder Zahlenkombinationen beschreiben.

Blackmore: „Vor kurzem habe ich einen Mann getestet, der ganz phantastische Dinge behauptet hat. Sechs Wochen lang haben wir eine Versuchreihe mit Objekten in meinem Haus durchgeführt. Es waren zwölf Objekte, und zwei davon bekam er richtig heraus. Eins könnte man schon der normalen Zufallsverteilung zuschreiben. Nicht besonders gut.“

In Medienberichten über Astralreisen ist immer wieder zu lesen, eine Studentin habe einen derartigen Test geradezu sensationell bestanden. Die junge Frau lag zu Hause in ihrem Bett und konnte die Zahl 25132 vorlesen, die auf einem Zettel in einem Regal hoch über ihr stand.

Doch dieses Experiment ist für ungültig erklärt worden, weil nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden konnte, dass die Versuchsperson in Wirklichkeit die Zahl als Reflexion in einer Glasscheibe gesehen hat.

Möglicherweise also finden Astralreisen oder Außerkörperliche Erfahrungen nur in unserem Kopf statt. Wissenschaftler wollen mittlerweile sogar die Gehirnregion entdeckt haben, die für solche „schwerelosen“ Trugbilder zuständig ist.

Es handele sich um den „gyrus angularis“, einen Hauptknotenpunkt innerhalb eines größeren Nervenschaltkreises.

Wie man in manchen TikTok-Videos sieht, scheint häufig aber auch nur eine Schlafparalyse hinter dem Phänomen zu stecken.

Zum Weiterlesen:

  • Video: The Science of Out of Body Experiences (Susan Blackmore)
  • Susan Blackmore: Seeing Myself – The New Science of Out-of-body Experiences
  • Susan Blackmore: Beyond the Body – An investigation into out-of-body experiences
  • Mind Machine und Neuro-Trips: Auf Astralreise am Himmel über Berlin-Wedding, Vice am 16. Januar 2015
  • Wie außerkörperliche Erfahrungen entstehen, spektrum am 11. Juli 2018
  • Nahtoderfahrung ohne Engel und Jesus: Eine US-Skeptikerin über ihr sechswöchiges Koma, GWUP-Blog am 3. September 2015
  • Hellsehen und durch Wände gehen: der paranormale kalte Krieg der Supermächte, GWUP-Blog am 2. April 2024
  • YouTube-Star Tomatolix: „Wirtschaftlich gedacht ist es superdumm, so aufwendige Videos zu produzieren“, spiegel.de am 24. Juli 2024

2 Kommentare

  1. Nikil ist übrigens nicht mehr Vorsitzender des WR, sondern Barbro: https://gwup.org/ueber-uns-uebersicht/wissenschaftsrat

  2. @Christoph:

    Er wird in dem Beitrag als solcher bezeichnet.

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