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Nostradamus und seine Schreckensprophezeiungen für das Jahr 2022

| 14 Kommentare

Über diverse englische und französische Medien sind die Nostradamus-Prophezeiungen für 2022 auch nach Deutschland geschwappt – zumindest die fünf, die merkur, rtl, wmn und andere Redaktionen für relevant halten:

  • Globale Erwärmung
  • Hungersnot
  • Tod von Politiker:in
  • Verstärkung von künstlicher Intelligenz
  • Untergang von Europa

Natürlich lohnt es sich nicht, diesen Nonsens Jahr für Jahr aufs Neue zu kommentieren.

Andererseits ist unser letztes Nostradamus-Debunking sechs Jahre her (siehe Zum Weiterlesen), weshalb wir mal wieder darauf hinweisen könnten, wer Nostradamus wirklich war: ein orakulärer Poet, der die zeitgenössische Vorzeichen-Literatur ausschlachtete und sie in Beziehung zu Ereignissen seiner Gegenwart im 16. Jahrhundert setzte.

Gehen wir die fünf Vorhersagen für dieses Jahr mal durch, wie sie uns zum Beispiel von der Welt-Autorin Sabine Winkler präsentiert werden – wie üblich ohne genaue Angaben, wo diese einzelnen Vers-Bruchstücke in den „Centurien“ des Meisters zu finden sind, sodass wir erstmal selber danach suchen müssen.

  • Die Welt-Autorin schiebt Nostradamus zum Auftakt „eine schwere Wirtschaftskrise“ unter,

… durch welche die Weltbevölkerung unter einer Hungersnot zu leiden habe und die schwere soziale sowie politische Unruhen mit sich bringe. Selbst vor Kannibalismus würden wir nicht zurückschrecken.

Dabei dürfte es sich um Vers 75 der II. Centurie handeln.

Schauen wir uns zunächst drei verschiedene Auslegungen der zahllosen Nostradamus-Interpreten an.

  • Jean-Claude Pfändler übersetzt die eigenwillige sprachliche Mixtur des raunenden Provoncalen aus Altfranzösisch, Latein, Lehnwörtern und Neologismen wie folgt:

Man hört die Stimme des ungewöhnlichen Vogels, den es über dem Luftabzugsrohr gibt. So hoch wird der Preis für den Scheffel Getreide sein, dass der Mensch für den Menschen ein Menschenfresser sein wird.

Man hört die Stimme des ungewöhnlichen Vogels über dem Geschützdonner auf dem Dach. Der Scheffel wird so teuer, dass der Mensch zum Menschenfresser wird.

Die Stimme des seltsamen Vogels wird vernommen, über dem Rohr des Beatmungs-/Überlebens-Stockwerkes. So hoch wird der Scheffel Weizen kommen, dass der Mensch vom Menschen essend, Menschenfresser wird.

  • Und was soll das bedeuten?

Pfändler sieht hier eine „extreme Hungersnot“, die laut Allgeier vom

… Motorenlärm der Flugzeuge – für Nostradamus ein ungewöhnlicher Vogel – verursacht

wird:

Interessant an diesem Vers ist die recht präzise Vorhersage des modernen Bombenkriegs mit Flugabwehrgeschützen auf den Dächern.

  • Was Nostradamus wohl meinte

Wie immer verknüpft Nostradamus auch hier Zeitgeschichte mit Motiven aus der Prodigien-Literatur, die ab der Renaissance wieder großes Interesse fand:

Nachdem der Vorzeichenglaube in der Antike – vor allem bei den Römern – einen ersten Höhepunkt erlebt hatte, erhielt er im 16. Jahrhundert neuen Aufschwung.

Ob Nordlichter, Nebensonnenerscheinungen, Sonnenfinsternisse, Kometen, Kornregen, Blutwunder, Wunderbrunnen, Geistererscheinungen, Auferstehungen, Missgeburten und so weiter.

Sie alle sorgten bei den Menschen der Frühen Neuzeit für Angst und Schrecken, da sie als Zeichen Gottes galten, der die Menschen für ihre Sünden bestrafen und vor größerem Unheil warnen möchte,

schreibt die Volkskundlerin Michaela Hammerl.

Historikern zufolge erlebte Frankreich 13 Hungersnöte allein im 16. Jahrhundert und ungezählte davor, etwa von 1315 bis 1322.

Sogar Drucke zeugen davon, die dem, was Nostradamus in seinem Vers II, 75 beschreibt, verdächtig ähneln.

„Seltsame“/“ungewöhnliche“ Vögel als böses Omen kommen bei Nostradamus öfter vor, zum Beispiel im Vers 55 der IV. Centurie („Wenn die Krähe auf dem Ziegelhaufen sieben Tage lang schreien wird“).

Kein Wunder, denn „Pest-“ und „Sterbe“-Vögel waren seit dem Mittelalter als Vorzeichen populär.

Und dass die Formulierung „… der Mensch wird für den Menschen ein Menschenfresser sein“ mehr als nur ein wenig an den römischen Komödiendichter Plautus erinnert („homo homini lupus“), ist bei dem hochgelehrten und bibliophilen Kompilator Nostradamus auch kein Zufall.

Ursache für die Hungersnot mit weitreichenden Folgen könnte eine Verschärfung der Klimakrise sein. Seit Jahrzehnten beobachten Wissenschaftler auf der Erde die globale Erwärmung und ihre Folgen. Doch Nostradamus ist sich sicher, dass unser Planet im Jahr 2022 von einem „Sonnensturm“ aufgesucht werden wird.

Das soll anscheinend Vers 3 der II. Centurie sein.

  • Jean-Claude Pfändler:

Wegen der Sonnenglut über dem Meer von Negrepont werden die Fische im Wasser schon halb gekocht sein. Die Einwohner werden kommen, um sie zu verletzen, wenn Rhodanus und Genua der Zwieback fehlen wird.

  • Kurt Allgeier:

In der Sonnenglut über dem Meer werden in Negroponte die Fische halb gekocht. Die Einheimischen kommen, um sie aufzuschneiden, während Rhodos und Genua daraus Biskuit bereiten.

  • Ray Nolan:

Durch die Hitze der Sonne über dem Meer von Negrepont, die Fische halb gekocht. Die Einwohner werden kommen, sie aufzuschneiden. Wenn in Rhodos und Genua der Biscuit (Brot) fehlt.

  • Und was soll das bedeuten?

Auch Pfändler und Allgeier sind sich einig, dass Nostradamus eine „extreme Hitzewelle im Mittelmeerraum“ beziehungsweise „eine Wetterkatastrophe“ voraussieht.

  • Was Nostradamus wohl meinte

Praktisch dasselbe („Der Fisch wird im Meer, im Fluss, im See sehr schnell gekocht“) schreibt Nostradamus im Vers 98 der V. Centurie – und gibt dort sogar den „48. Breitengrad“ als Schauplatz an.

Dieser verläuft durch Mitteleuropa (Wien, München, Freiburg, Basel, Rennes, Orleans etc.). Und dort ereignete sich 1540, also 15 Jahre vor der Erstveröffentlichung der „Centurien“ im Jahr 1555, eine Megadürre, die laut Spiegel „zur Katastrophe führte“:

Als Erste traf es die Tiere, viele verdursteten oder starben an Hitzschlag. Unzählige Menschen brachen bei der Arbeit auf Feldern oder in Weinbergen zusammen. Spannungen verschärften sich zu Verfolgungen und Hinrichtungen. Menschen verbarrikadierten sich aus Angst vor Gewalt […] Bäche trockneten aus, Flüsse wurden immer schmaler […]

Der Rhein führte noch 10 bis 15 Prozent seiner normalen Wassermenge. Im dramatisch verkleinerten Bodensee suchten die Leute auf dem trockenen Seegrund nach römischen Münzen

Offenbar schilderte Nostradamus im Nachhinein dieses dramatische Ereignis im 16. Jahrhundert.

In Nordkorea soll es zu einem Regimewechsel kommen. Die Ursache: Diktator Kim Jong-un soll bei einem Unfall sterben. Das steht zwar nicht wortwörtlich in Nostradamus’ Prophezeiungen, lässt sich aber so interpretieren.

Diese Deutung bezieht sich auf einen Vierzeiler, der den Tod einer wichtigen politischen Persönlichkeit hervorsagt. Das könnte aber auch für andere betagte Staatsoberhäupter gelten.

Etwa die britische Königin Elizabeth II., die am 21. April ihren 96. Geburtstag feiern wird. Oder aber auch US-Präsident Joe Biden, der 2022 80 Jahre alt wird. Alle drei Fälle würden die Welt gravierend verändern.

Das ist Vers 14 der IV. Centurie.

  • Jean-Claude Pfändler:

Der plötzliche Tod der ersten Person wird die Regierungsform verändert und einen anderen an die Macht gebracht haben. Früher oder später wird er in eine so hohe Machtposition gekommen sein – und das in jungen Jahren –, dass es zu Lande und zur See nötig sein wird, dass man ihn fürchtet.

  • Kurt Allgeier:

Der plötzliche Tod der ranghöchsten Person bringt die Wende und hebt eine andere an die Macht. Bald und doch sehr spät kommt er so hoch in so jungen Jahren, zu Land und zu Meer wird er bewirken, dass man ihn fürchtet.

  • Ray Nolan:

Der plötzliche Tod der ersten Person bringt den Wechsel und ein anderer gelangt an die Regierung. Bald, aber spät gekommen, so hoch und jung an Jahren, über Land und Meer erreicht er, dass man ihn fürchtet.

  • Und was soll das bedeuten?

Dass das alles und nichts heißen beziehungsweise völlig frei interpretiert werden kann, ist sogar Pfändler/Allgeier klar, die klugerweise keine Namen ins Spiel bringen, sondern nur von einem „Staatschef oder Machthaber“ salbadern.

  • Was Nostradamus wohl meinte

Vergegenwärtigen wir uns hierzu die Lebensumstände des Renaissance-„Sehers“:

Nostradamus lebte in einer Welt des Auf- und Umbruchs. Politische Auseinandersetzungen und Zweckbündnisse beherrschten die Staatenwelt,

schreibt Frank Rainer Scheck:

Und diese Erfahrungen durchwuchern offenbar das Dickicht seiner Prophezeiungen. Dort wogt eine imaginierte Welt in stetem Angreifen und Zurückweichen, Wiederherstellen und Wiederverlieren, in neuen Bündnissen und Aufkündigungen alter Verträge.

Man gewinnt den Eindruck, dass Nostradamus, der offenbar ein unpolitischer Mensch war, an der politischen Welt, in der er lebte, litt – und wundert sich angesichts dessen, was seinerzeit in stets bedrohlichem Wandel vorging, durchaus nicht darüber.

  • Und die letzte „Vorhersage“ für 2022 von Welt-Online:

Bereits vor 467 Jahren schien der zu apokalyptischen Vorstellungen neigende Prophet immerhin den Fortschritt der Technik vorhergesehen zu haben. Aber auch hier wird es düster: Nostradamus warnt vor einer Übernahme durch von uns erschaffene künstliche Intelligenz:

Dabei handelt es sich um IV, 31.

  • Jean-Claude Pfändler:

Der Mond ist mitten in der Nacht auf dem hohen Berg. Der neue Weise mit einem einsamen Verstand hat ihn gesehen. Durch seine Jünger zwingt das unsterbliche Wesen die Augen in den Süden. Auf den Brüsten sind die Hände und die Körper im Feuer.

  • Kurt Allgeier:

Der Mond steht um Mitternacht über dem hohen Berg. Der neue Weise mit dem einen Gehirn hat es gesehen. Von seinen Schülern wird er als unsterblich hingestellt. Er richtet die Augen nach Süden, springt, die Hände am Körper, ins Feuer.

  • Ray Nolan:

Um Mitternacht, der Mond über dem hohen Berg. Der neue Weise, der als einziger zu sehen versteht, wird durch seine Schüler unsterblich verehrt, Augen gen Mittag, im Geist, Hände, Körper zum Feuer.

  • Und was soll das bedeuten?

Allgeier fällt dazu ausnahmsweise fast gar nichts ein, außer einem lapidaren „Damit will Nostradamus wohl andeuten, dass die Weisheit aus Griechenland, aus dem Osten, kommt“.

Pfändler verortet den Vers bei der „biblischen Apokalypse“:

Der „Mond“ ist das zweite apokalyptische Tier […] Mit dem neuen „Weisen“ meint Nostradamus wohl den Propheten des ersten Tieres, vgl. Offenbarung des Johannes 19, 19f. […] Das „unsterbliche Wesen“ ist das zweite apokalyptische Tier.

Anscheinend haben sich diesjährige Deuter der Centurien hier an Dolores Cannon orientiert, die aus IV, 31 herausliest, dass ein „großes Genie“ einen „organischen Computer“ entwickeln wird.

  • Was Nostradamus wohl meinte

Ein bedeutendes Thema bei Nostradamus sind Religionskonflikte und die Reformation. An mehreren Stellen seines Werkes schrieb er von „religiösen Sekten“ (I, 45) oder einer „neuen Sekte“ (III, 67) oder „verschiedenen Sekten“ (III, 67) oder den „Predigten vom Genfer See“ (I, 47).

Sehr wahrscheinlich geht es auch im Vers 31 der IV. Centurie um eine Sekte, nämlich die der Anabaptisten oder „Täufer“, die um 1520 entstand. Der Mond steht dabei für einen widergöttlichen Kult und bei dem „Körper im Feuer“ dürfte es um die Hinrichtung von Wiedertäufern etwa in Münster (1536) oder in Salzburg (1528) gehen.

  • Gewissermaßen nebenbei lässt die Welt-Autorin noch die EU zusammenbrechen:

So schreibt Nostradamus: „Heilige Tempel der Römerzeit werden die Fundamente ihrer Gründung ablehnen.“

Dazu sollte man wissen, dass Nostradamus zeit seines Lebens von der Antike und den römischen Bauwerken bei seiner Heimatstadt Saint-Rémy-de-Provence fasziniert war.

Nichts weiter.

Wir schauen hoffungsvoll in die Zukunft, dass sich das irgendwann auch mal in den Medien rumgesprochen hat.

Update vom 10. September:

Zum Weiterlesen:

  • „Die berühmte bulgarische Seherin Baba Wanga“, GWUP-Blog am 2. Januar 2022
  • Mühlhiasl, Irlmaier und Co: Die Angstmacher sind wieder da, GWUP-Blog am 11. Juni 2016
  • Entschlüsselt: Die prophetische Visitenkarte des Nostradamus – der Turniertod von Heinrich II., GWUP-Blog am 2. Juli 2016
  • Nostradamus entschlüsselt: Ein Berg ist kein Heißluftballon und ein Mausoleum kein Papst, GWUP-Blog am 15. Juni 2016
  • Nostradamus: Das „Wesen, halb Schwein, halb Mensch“ – ein Soldat mit Gasmaske im Ersten Weltkrieg? GWUP-Blog am 2. Juli 2016
  • Nostradamus debunked: Keine „extrem präzise Prophezeiung zu Mega-EM-Terror“, GWUP-Blog am 10. Juni 2016
  • „The Lost Book of Nostradamus“: Die letzten Bilder bis zum Ende der Welt? GWUP-Blog am 8. Juli 2016
  • Wie analysiert man Nostradamus-Verse? GWUP-Blog am 21. April 2010
  • Spuk, Nahtod, Ouija-Brett, Blicke, Telekinese: „13 unheimliche Phänomene“ – wirklich? GWUP-Blog am 30. Dezember 2021
  • Abschied vom Propheten, Skeptiker 3/2016
  • Ein Mausoleum ist kein Papst und ein Berg kein Heißluftballon, Skeptiker 4/2016

14 Kommentare

  1. Lustig, daß Nostradamus bemüht wird, wenn man doch einfach zeitgenössische Analysen zu Klima und Politik verfolgen könnte.

  2. @ Wednesday

    Für gewisse Zielgruppen klingt es aber so leider spektakulärer;-)

  3. @Otto

    Schlimmer – für gewisse Gruppen klingt es so glaubhafter.

  4. Auch lustig, dass dieselbe Aussage je nachdem, wer sie macht, als „geheimes Wissen, das die Mächtigen uns vorenthalten wollen“ oder als „Lüge des Systems, um uns zu in die Irre zu führen und zu knechten“ interpretiert werden kann.

  5. Ich sage Schreckliches für 2022 vorher: Morgen beginnt eine neue Arbeitswoche.

  6. Die vielfältige Interpretation des Geschehens einmal dahin gestellt: Woran machen die Welt-Autorin oder Andere eigentlich fest, dass sich genau diese Verse auf 2022 beziehen?

  7. In der mutmaßlichen Vorlage für alle diesjährigen Abschreiber heißt es:

    It’s very difficult to pin down exact dates with Nostradamus’ predictions as they’re based on astrological movements. However, one that can be narrowed down to perhaps being due in 2022 is the prediction of war reaching Europe.

    Das wird also einfach so bestimmt.

  8. Das wird also einfach so bestimmt.

    Unglaublich. Wie die Regierung einfach so Corona und Impfen bestimmt! Gibts da einen Zusammenhang? Ich frage ja nur!

    ;-)

  9. Dankeschön! So abergläubisch ich auch sein mag, mich hat extrem gestört, dass in anderen Artikeln die Zitate und Quellen gefehlt haben.
    Dennoch harte Zeiten.

  10. Nun, so ganz aus der Luft gegriffen ist das mit der Wirtschaftskrise aber nicht ganz, wenn man sich die inverse Zinsstrukturkurve in den USA ansieht (Zinssätze für kurz laufende Anleihen höher als für langlaufende).
    Ist natürlich kein 100% sicherer Indikator, aber zumindest ein Hinweis!
    Bei dem Rest stimme ich jedoch zu, das ist Unsinn!

  11. @Gerald:

    Das ist aber auch nicht der Punkt, ob das alles „aus der Luft gegriffen“ ist, sondern dass Wirtschaftskrisen etc. menschliche Elementarerfahrungen sind, die sich regelmäßig ereignen und für die man keinen „Propheten“ braucht.

    Auch zu Nostradamus‘ Lebzeiten gab es schwere Wirtschaftskrisen, die er ja konkret in seinen Versen schildert.

    (Und bitte keine Links zu irgendwelchen Finanzdienstleistern setzen.)

  12. Es war nicht unüblich, Voraussagen zu machen, die in der Vergangenheit begonnen haben. Sogar die Schedelsche Weltchronik von 1491, die ja alles damalige Wissen über andere Länder und die Vergangenheit erklärte, hat zum Schluss ein 7. Weltalter, das sozusagen von der Zukunft handelt: dem Untergang der Welt, dem jüngsten Gericht und allem was die Leute damals so von der „Endzeit“ erwarteten. Nostradamus widerspricht eigentlich dem damaligen Glauben, die Welt würde im Jahr 7000 untergehen. Das sagt er ganz klar in seinem Vorwort. Damals haben viele Gelehrte sich damit beschäftigt, das Ende der Welt zu errechnen. Wenn Nostradamus dem damaligen Mainstream also widersprach, musst er befürchten, der Inquisition zum Opfer zu fallen. Es könnte also sein, dass es ihm nicht darum ging die Zukunft vorher zu sagen, sondern nur darum, späteren Generationen mitzuteilen, dass die übliche Rechnung nicht stimmt. Ist aber nur eine von vielen Möglichkeiten.

    Aber abgesehen davon, weiß niemand was seine Vierzeiler bedeuten. Es ist alles nur geraten. Ich finde man sollte nicht urteilen, solange man nicht versteht. Ich möchte jetzt nicht behaupten, Nostradamus habe die Zukunft richtig vorher gesagt. Ich möchte nicht einmal behaupten, er habe überhaupt versucht, die Zukunft vorher zu sagen. Zwar behauptet er, es handele sich um Vorhersagen, aber Beweise dafür gibt es nicht. Das Gegenteil kann man aber auch nicht beweisen. Genauso gut kann man ein leeres Blatt analysieren.

    C. G. Jung sagte, sobald man aus etwas ein Geheimnis macht, wird es für die Menschen interessant. Vielleicht war Nostradamus nur ein guter Psychologe. Oder er war ehrlich, hat Voraussagen gemacht und an ihre Richtigkeit geglaubt. Ich denke, solange man nicht einmal die Reihenfolge der Verse berichtigen kann, sollte man sich keinen Spekulationen hingeben. Das gilt nicht nur für die Gläubigen, sondern genauso für die Skeptiker.

    Ganz sicher war er kein Dichter. Nicht umsonst bezeichnete er seine Verse als „holprig“.

  13. @Maria Sand:

    … sollte man sich keinen Spekulationen hingeben. Das gilt nicht nur für die Gläubigen, sondern genauso für die Skeptiker.

    Sorry, aber die Belege dafür, dass Nostradamus sich mit seiner eigenen Zeit beschäftigt hat, sind so eindeutig, dass man wohl kaum von „Spekulationen“ sprechen kann.

    Zum Beispiel:

    https://blog.gwup.net/2016/06/15/nostradamus-entschlusselt-ein-berg-ist-kein-heisluftballon-und-ein-mausoleum-kein-papst/

    Ganz sicher war er kein Dichter. Nicht umsonst bezeichnete er seine Verse als „holprig“.

    Es gibt halt auch schlechte Dichter. Wenn Sie schon das Vorwort gelesen haben (bzw. den Brief an Heinrich II., denn darin findet sich die Passage mit dem „7. Jahrtausend“, nicht im Vorwort), dann kennen Sie sicher doch auch den Satz „begleitet von feuriger Dichtung und nach den Regeln der Poesie“?

    Dann müssten Sie uns bitte noch erklären, wieso die Menschen um die Mitte des 16. Jahrhunderts Angst gehabt haben sollten, dass im „Jahr 7000“ die Welt untergeht?

    Selbst wenn man davon ausgeht, dass damit nicht das Jahr 7000 gemeint ist, sondern möglicherweise das Annuns Mundi, also die Zählung seit der biblischen Schöpfung der Welt, kommt man nicht aufs 16. Jahrhundert.

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