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Neu bei Grams‘ Sprechstunde: Wer Globuli sät, wird Impfgegnerschaft ernten

| 10 Kommentare

Neu in der Kolumne Grams‘ Sprechstunde:

Das Flaggschiff der Pseudomedizin, die Homöopathie, nimmt dabei eine besondere Rolle ein, wegen ihrer Verbreitung und vor allem ihres ungerechtfertigten Ansehens, das sie nach wie vor weithin genießt – sie kann den „Einstieg zum Ausstieg aus dem wissenschaftlichen Denken“ immens befördern.

Dabei fängt es harmlos an. Ein paar Globuli fürs Baby von der Hebamme können doch nicht schaden? Und muss die erste Impfung wirklich so früh sein? Sorry, aber genau das haben wir viel zu lange toleriert.

Ich sage: Wer Globuli sät, wird Impfgegnertum ernten. Denn wer an den einen Unsinn glaubt, ist geneigt, dem nächsten auf den Leim zu gehen.

Zum Weiterlesen:

  • Grams‘ Sprechstunde: Wer Globuli sät, wird Impfgegnerschaft ernten, spektrum am 30. November 2021
  • Natalie Grams: Homöopathie als Einstieg in den Ausstieg aus dem rationalen Denken, GWUP-Blog am 4. Mai 2021
  • Der gemeinsame Nenner von Homöopathie, Esoterik und Verschwörungstheorien, GWUP-Blog am 17. Oktober 2020
  • Herkunft der Impfgegner und Querdenker: Antimoderner Reflex mit Tradition, taz am 27. November 2021
  • Studie: Anthroposophie und Alternativszene als Triebfedern der „Querdenken“-Bewegung, GWUP-Blog am 28. November 2021

10 Kommentare

  1. Man muß doch erstmal eingestiegen sein ins wissenschaftliche Denken, um da überhaupt wieder aussteigen zu können. Hebamme und Babys Eltern haben doch seltenst aktiv etwas mit Wissenschaft zu tun gehabt.

    Man kann das Problem nur lösen, wenn man es endlich an der Wurzel anpackt, sprich massiv die Beseitigung von Bildungsnotstand und Wohlstandsverwahrlosung angeht.

  2. @grmmlz:

    Völlig klar, ich schreie seit Jahren danach, wissenschaftliche Grundbildung in den Schulen zu verankern. Es gibt Leute, die die Uni absolvieren und am Schluss den Begriff Wissenschaft nicht vernünftig definieren können …

    Mit „wissenschaftlichem Denken“ ist natürlich im weitesten Sinne „faktenorientiertes Denken“ gemeint, und das muss man (ok, von Babys nicht) in elementarer Ausprägung eigentlich schon erwarten dürfen.

    Das Entscheidende am Artikel ist, dass die alte homöopathiekritische These von der Korrelation zwischen Homöopathieneigung und Impfablehnung durch eine ganze Reihe teils nagelneuer Studien ziemlich eindeutig belegt ist. Ist ja alles erwähnt und verlinkt im Artikel.

    Trotzdem schäumen bei Facebook die Homöopathiefans von „Parteilichkeit“ und „einseitig“ – und natürlich von „mir hats geholfen“.

    Wenn man das liest (beim Account von Spektrum der Wissenschaft), dann fragt man gar nicht mehr nach dem wissenschaftlichen Denken, sondern nach der Lesekompetenz …

  3. Ein auf naturwissenschaftlichem Grundlagenwissen aufbauendes faktenorientiertes Denken ist leider in der breiten Gesellschaft nicht zu finden und auch nicht erwartbar.

    Ich persönlich sehe ja die Ursachen dafür in einem maroden und veralteten Bildungssystem und in der von Generation zu Generation traditionell weitergegebenen Bildungsfeindlichkeit.

    Ferner besteht heutzutage auch keine Notwendigkeit für eine fundierte Bildung. Ein berufsrelevantes Inselwissen reicht ja vollkommmen aus, sich ein weitestgehend sorgenfreies dafür aber grundlos überhebliches und pseudoelitäres Leben zu leisten. Und Homöopathieneigung ist ein Ausdruck für diese Arroganz, diesen Egoismus und die Selbstdarstellerei.

    Aus meiner Sicht muss eine Bildungsreform her, welche den Namen auch verdient, sowie ein gesellschaftlicher Wandel stattfinden.

  4. FunFact:

    Just heute veröffentlicht der Bundesverband Patienten für Homöopathie (BPH) auf Twitter eine „Umfrage“ unter seinen Mitgliedern, nach der es so etwas wie die Korrelation zwischen Homöopathie und Impfgegnerschaft praktisch gar nicht gebe. Super.

    Echt Homöopathen. Statt sich um die vorliegenden wissenschaftlichen Ergebnisse zu kümmern, machen sie eine „Umfrage“ bei ihren eigenen Mitgliedern. Zuviel Binnenkonsens im Kopf.

    Grotesk.

    https://twitter.com/BundesverbandH/status/1465585707884425218

  5. @Udo Endroscheit

    Anfangs habe ich nicht ganz verstanden, warum sich die gwup so ausführlich mit Homöopathie befasst, bis mir klar wurde, dass das Thema Zugang zu Wissenschaft ist im Sinne vom Ausbilden von Kriterien zur Beurteilung von Zusammenhängen.

    Alternativmedizin (schon der Begriff ist problematisch) und Homöopathie und einiges andere) katapultieren Stationsvorsteher und Evidenz ganz sanft aber nachhaltig und Abseits.

    Das macht die Studie der HBöll-Stiftung ja deutlich. Die Kriterien verschwimmen und gesuchte Erkenntnis ist kein Bezugssystem mehr und wird durch Glaubenssyteme ersetzt.

    Mein Sohn hatte ‚Nawi‘ in der Schule und hat nach eigenem Bekunden nicht wirklich den Unterschied zwischen Bio, Physik und Chemie gelernt. Zum Glück hat er trotzdem rationales Denken entwickelt.

  6. @Anke R.

    Das mit NaWi ist ja per se keine schlechte Sache. Den Unterschied zwischen Bio, Chemie und Physik zu lernen, ist ja nun auch kein Lernziel an sich und die Grenzen verschwimmen ja auch. Es gibt Biochemie (und da meine ich nicht Schüssler), physikalische Chemie, Biophysik… die Fächer hängen eng miteinander zusammen.

    Solange dein Sohn die Inhalte mitgenommen hat, ist die Einordnung in die Schubladen Physik, Chemie, Bio nicht wirklich relevant.

    Ich kenne es aus RLP zudem so, dass NaWi nur in der Orientierungsstufe im Stundenplan steht und ab der 7 Klasse dann Bio, Physik und Chemie (in wechselnden Anteilen, machmal auch nur 1 Halbjahr lang) unterrichtet werden.

  7. Diese unkritische Bereitschaft zum Glauben an alles mögliche wird den Kindern doch in die Wiege gelegt.

    Bis sie endlich bei Walldorfs eingeschult werden, haben unsere Kinder doch mehr Phantasiefiguren kennen gelernt als reale Menschen. Viele davon können zaubern, Gedanken lesen, oder sogar Tote auferstehen lassen.

    Sie hier alle aufzuzählen würde vermutlich den Rahmen sprengen. Müssen wir uns da wundern?

  8. hallo R. Goeckel, total einer Meinung, zu dem ganzen Phantasiekram kommt noch die Verachtung der Eltern die ja nicht auf 3m hohe Mauern springen und mit dem Küchenmesser 20 schwerbewaffnete Banditen erledigen können und auch Mütter die für ein einfaches Mittagessen eben mehr als 2 Minuten brauchen.

    Zu dem ganzen „früheren“ christlichen und Märchenkram ist auch noch der „moderne“ sciensfiction Kram gekommen. Wenn man abends den TV anmacht kommt nix Reales mehr.

    „ich warte auf die Serie wo die „Raumfahrer“ sich Windeln anziehen müssen weil das Klo nicht mehr funktioniert“ und wie das duftet — aber für Tatsachen haben die heute nix mehr am Hut.(Fenster aufmachen und Lüften geht nicht im Weltraum)

  9. @diabetiker
    „(Fenster aufmachen und Lüften geht nicht im Weltraum)“

    Im Gegenteil, das geht viel zu gut. Entfernt mit Sicherheit alle Gerüche! ;o)

  10. @Rene Goeckel und diabetiker

    Ich bin kein Kognitionswissenschaftler. Deswegen kommen folgende Informationen aus zweiter Hand.

    Anscheinend hängen Überzeugungen bei Erwachsenen und Kindern weniger mit der wissenschaftlichen Erziehung als vielmehr mit der Glaubwürdigkeit des Erzählers zusammen.

    Harris PL, Koenig MA. Trust in testimony: how children learn about science and religion. Child Dev. 2006 May-Jun;77(3):505-24. doi: 10.1111/j.1467-8624.2006.00886.x. PMID: 16686784.

    So können Kinder (5-6 Jahre), die nicht religiös erzogen würden, faktenbasierte von fiktiven Geschichten besser unterscheiden als eine religiös erzogene Vergleichsgruppe.

    https://doi.org/10.1111/cogs.12138

    https://doi.org/10.1111/j.1467-8624.2011.01589.x

    Wenn das stimmt, hätten wir ein Vertrauensproblem.

    https://www.spiegel.de/ausland/corona-impfungen-wie-daenemark-menschen-vom-impfen-ueberzeugen-konnte-a-a51a55a9-06b7-44e5-82f7-b3fa946499c1

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