gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Attila Hildmann: Es gab einen Maulwurf bei der Berliner Justiz

| 9 Kommentare

Im September berichteten wir über die Überläufer-Aktion, mit der das Anonymous-Kollektiv zahlreiche Insider-Daten von Attila Hildmann sicherte – darunter die Information, dass …

… der Haftbefehl gegen Hildmann „tatsächlich aus der Berliner Justiz durchgestochen“ worden sein, was Hildmann die Flucht in die Türkei ermöglichte.

Mittlerweile haben sich auch das ARD-Politikmagazin Kontraste und das Rechercheformat STRG_F mit den Leaks beschäftigt:

Und tatsächlich wird gegen eine ehemalige Angestellte aus der IT-Abteilung der Berliner Generalstaatsanwaltschaft ermittelt. Die 32-Jährige soll Interna aus der Behörde an Hildmann weitergegeben haben. Der Mitarbeiterin sei bereits im Mai fristlos gekündigt worden:

Auf die Spur der Mitarbeiterin M. kam die Generalstaatsanwaltschaft dadurch, dass die 32-Jährige mehrfach bei Polizeieinsätzen aufgefallen sein soll. Unter anderem stellte die Polizei M. im Umfeld eines Aktivisten der Querdenker-Szene fest. Daraufhin habe die Generalstaatsanwaltschaft im Mai überprüft, auf welche Daten die damalige System-Administratorin in letzter Zeit zugegriffen habe [….]

So soll die Mitarbeiterin auch Zugriff auf die Ermittlungsakten von Hildmann bekommen und Daten an ihn weitergeleitet haben. Außerdem besuchte sie Hildmann den Recherchen zufolge in der Türkei, von wo aus sie angeblich erfolglos in die internen Systeme der Berliner Staatsanwaltschaft einzudringen versuchte, um Daten abzugreifen.

In dem STRG_F -Video wird unter anderem der Whistleblower und ehemalige Hildmann-Vertraute Kai. E. interviewt. Auch Hildmann selbst kommt gegen Ende zu Wort, will aber zu konkreten Fragen nach seiner mutmaßlichen Informantin Frau M. „nichts sagen“.

Zudem gibt es einen 16-minütigen Radiobeitrag beim rbb.

Auch Spiegel-Online veröffentlichte heute einen Artikel über „Attila, den Hetzerkönig“ – ebenfalls auf Grundlage der „über zwei Terabyte an internen Daten“, die „Mitglieder der Hacker-Bewegung Anonymous Spiegel TV und dem Spiegel zugespielt haben“.

Das Material offenbart bislang unbekannte Seiten des einst erfolgreichen Kochs und Autors und liefert auch mögliche Erklärungen, warum er sich so extrem radikalisiert hat.

Hildmann war demnach bereits vor der Pandemie geschäftlich in eine Schieflage geraten und hatte Hunderttausende Euro an Schulden angehäuft. Er hatte Ärger mit Ämtern und geriet mehrmals mit der Polizei und dem Gesetz in Konflikt.

In der Pandemie schließlich driftete Hildmann völlig ab, verbündete sich mit Antisemiten und Neonazis und wurde zu ihrem lautstarken Fürsprecher.

Bis heute soll sich Hildmann in der Türkei aufhalten, dem Herkunftsland seiner Eltern. Eine Auslieferung ist unwahrscheinlich, neben der deutschen hat er laut Haftbefehl auch die türkische Staatsangehörigkeit […]

Nach Deutschland zurückkommen will Hildmann erst mal nicht. Dort, so behauptet er, würde er keinen fairen Prozess bekommen: „Ich bin politischer Dissident, ich bin Verfolgter.“

Der Filmbeitrag lief am 1. November um 23.25 Uhr bei Spiegel-TV.

Zum Weiterlesen:

  • Hildmanns Helfer – Maulwurf bei der Staatsanwaltschaft, newsjunkies am 1. November 2021
  • Kontraste-Reporterin: „Unglaubliche Geschichte“, inforadio am 1. November 2021
  • Staatsanwaltschaft enttarnt Spitzel, tagesschau.de am 1. November 2021
  • Berliner Justizmitarbeiterin versorgte Attila Hildmann mit Informationen, tagesspiegel am 1. November 2021
  • Verdacht auf Geheimnisverrat im Fall Hildmann, radio eins am 1. November 2021
  • Walulis-Video: „Bauerntheater“ um Attila Hildmann, GWUP-Blog am 28. Oktober 2021
  • „Operation Tinfoil“: Anonymus erbeutet brisante Insider-Infos von Attila Hildmann, GWUP-Blog am 13. September 2021
  • „Verschwörungsgame komplett durchgespielt“: Neues in der Causa Attila Hildmann, GWUP-Blog am 17. September 2021
  • Schmierentheatraliker und Verschwörungsideologe Attila Hildmann hat Angst vor Wissenschaftlerinnen, GWUP-Blog am 13. Juni 2020
  • Der Leidensweg des Attila Hildmann, Schlecht Beraten am 18. März 2021

9 Kommentare

  1. Schon erstaunlich, dass das hier im Blog – leider weiß ich nicht mehr, um welchen Kommentator es sich handelte – genauso so etwas geäußert/vermutet wurde.

  2. @ Lisa-Marie

    So erstaunlich ist das nicht. Hildmann ist damals in einer Nacht-und-Nebel-Aktion überstürzt aus Deutschland verschwunden. Daraus zu vermuten, dass ihm jemand etwas gesteckt hat, ist kein Hexenwerk.

  3. Ich sage jetzt mal voraus, dass Hildmann sich sehr bald nach Deutschland einschmuggelt (wenn er es nicht bereits getan hat), trotz aller Risiken, gefasst zu werden.

    Dass er bereits vor Corona rund eine halbe Million Euro Schulden (Quelle RTL, Sendung „Punkt 12“) gehabt haben soll, kann ich sehr gut nachvollziehen. Das hat man ja sehr oft bei Protz-Typen, die um jeden Preis auffallen wollen (siehe seinen markanten Porsche) und mehr vorgaukeln, als vorhanden ist.

  4. @ RainerO:

    Vorsicht vor falschen Zusammenhangsvermutungen: Hildmann hatte sich vor der Informationsweitergabe über den Haftbefehl abgesetzt, siehe

    https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-05/attila-hildmann-berlin-staatsanwaltschaft-haftbefehl-ermittlung-verletzung-dienstgeheimnis

  5. @ Joseph Kuhn

    Danke für die Korrektur. Ich hatte die genauen Abläufe auch nicht mehr in Hinterkopf und war offensichtlich zu faul, das nachzulesen.

  6. Jetzt ist auch Spiegel-TV online.

  7. Besprechung des Hildmann-Videos durch Aussteiger aus der Neonazi-Szene:

    https://www.youtube.com/watch?v=dK2lskL_yHI

  8. Der wahre Skandal ist, daß dieses Individuum nicht schon mindestens ein halbes Jahr, ehe er geflüchtet ist, eingebuchtet wurde.

  9. @Stephan

    Attila Hildmann wäre mit großer Wahrscheinlichkeit auch vor einem halben Jahr nicht eingebuchtet worden. Anwalt Jun hat diesen Aspekt analysiert.

    Es ist jedoch bei näherer Analyse gut möglich, dass er niemals eine Gefängnisstrafe hätte befürchten müssen, wäre er einfach nur zu Hause in Brandenburg geblieben.

    https://www.youtube.com/watch?v=xw2GSjeENus

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.