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Zeigen, wie solche Leute ticken: Ein Gespräch zu „Axel Stoll – der Film“

| 8 Kommentare

Diesen Samstag (25. Juli) feiert der Film

Ein Interview mit Dr. Axel Stoll“

im Alsterfilm-Studio Hamburg Premiere.

Ab dem 28. Juli (Stolls erstem Todestag) steht die Doku als Downloadcontent bereit.

Der Preis liegt bei 8,99 € und 9,99 € für die HD-Version. Eine DVD mit Bonusmaterial wird voraussichtlich später erscheinen.

Die Aufnahmen entstanden bei dem Gespräch, das Dr. Sebastian Bartoschek, Alexa Waschkau und Alexander Waschkau im September 2013 in Berlin geführt hatten. Eine gedruckte Fassung erschien zwei Monate später.

Im Juli 2014 starb Stoll im Alter von 65 Jahren wohl an den Folgen einer Krankheit.

Zum Film „Interview mit Axel Stoll“, in dem auch verschiedene Experten zu Stolls Thesen und Behauptungen Stellung nehmen, sprachen wir mit Dr. Sebastian Bartoschek:

Wenige Monate nach eurem Gespräch im Herbst 2013 ist Axel Stoll gestorben. Was war Dein erster Gedanke, als Du davon erfahren hast?

Am Tag nach dem eigentlichen Todestag schrieb mich jemand auf Twitter an und wies darauf hin, dass Mario Heinz Kiesel soeben die Nachricht vom Tod Dr. Stolls verbreitet habe.

Ich sah mir das entsprechende Video an und dachte mir: „Das muss verifiziert werden.“ Suchte die Nummer von Peter Schmidt vom NSL-Forum raus, rief ihn an. Er konnte mich zuordnen, bestätigte den Tod.

Dann schickte ich einen Fotografen zu Stolls Wohnung, wo tatsächlich ein Polizeisiegel die Wohnung verschloss. Die darauf angegebene Nummer rief ich an, bekam von der Berliner Polizei nach viel hin und her eine Quasi-Bestätigung. Ich habe es dann als erster „ordentlich“ bei den Ruhrbaronen vermeldet.

Und mir war danach klar, dass unsere Filmaufnahmen nun zeitgeschichtliche Dokumente waren – und nicht ungenutzt bleiben sollten.“

Wie wird Stoll ein Jahr nach seinem Tod rezipiert? Gilt er bei seinen Anhängern als Märtyrer – weil er angeblich ermordet wurde – oder als Übermensch – weil er sich jetzt auf Aldebaran oder in Neuschwabenland aufhält – oder ist er bereits vergessen?

 Nein, er ist sicherlich nicht vergessen.

Eine Entrückung als Übermensch wird nirgends ernsthaft diskutiert. Klar gibt es einige Leute, die das mit Aldebaran von sich geben, aber eben nicht ernsthaft.

Die Sache mit dem Mord hingegen wird tatsächlich verbreitet, ohne aber zu benennen, wer es getan haben soll – mal abgesehen von einigen minderwitzigen Versuchen, mir das Ganze anzudichten. Vermutlich weil ich einfach als Erster die besten Infos hatte.

Und einige wenige glauben tatsächlich, dass er weiterhin lebt und aus unbekannten Gründen ,verbracht‘ wurde.“

Warum erscheint jetzt noch eine Filmversion eures Interviews? Was bleibt von Axel Stoll, das auch einer aktuellen Betrachtung wert ist?“

 Ich sehe eine Tendenz, dass auch abstruseste Verschwörungstheorien ihren Weg in die Mitte der Gesellschaft finden.

Wir sehen das bei Chemtrails, bei den Reichsdeutschen, bei plumpen Antisemtismus, der sich zeitgemäß „Antizionismus“ nennt. In Freital, bei Pegida, bei HoGeSa, bei EndGame und wie all diese Trottelaufmärsche heißen, kann man solche Menschen sehen. Wir haben vor ihnen gewarnt. Und wir warnen weiterhin.

Deswegen wollen wir immer und immer und immer wieder zeigen, wie solche Personen ticken.“

Im Skeptiker-Interview mit euch zu dem Buch fiel damals der Satz:

„Dass Neonazis esoterische Gedankengebäude, die für sich genommen erst einmal harmlos wirken, nutzen, um sich in der Gesellschaft zu etablieren, muss der breiten Öffentlichkeit bewusst gemacht werden. Da ist noch einiges an Aufklärung notwendig.“

Tatsächlich scheinen Verschwörungsmythen eine explosive Dynamik zu bekommen, und nichts mehr daran ist einfach nur skurril oder kauzig, wie bei Axel Stoll. Womit werden wir uns künftig auseinandersetzen müssen?

Wie gesagt, mich hat die Dynamik nicht wirklich überrascht. Mich hat eher überrascht, mit welcher Vehemenz unsere Voraussagen belächelt wurden. Und meines Erachtens sind wir nicht an einem Endpunkt angekommen.

Meiner Wahrnehmung nach nehmen Fremden- und Homohass, Antisemitismus und Antiamerikanismus immer weiter zu. Ich persönlich befürchte eine Militantisierung der Reichsbürgerbewegung mit Anschlägen gegen Einrichtungen unseres Staates und auf der anderen Seite das weitere Aufblühen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit – auch und vermehrt im Deckmantel hehrer Ansprüche.

Ich denke, es wäre derzeit eine gute Zeit, sich für die freiheitlich-demokratische Grundordnung aktiv einzusetzen.“

 Was leistet der Axel-Stoll-Film über das Interviewbuch hinaus?

Ich persönlich finde, dass die Mimik und Gestik von Stoll wichtige Einblicke ermöglichen.

Der Zuschauer sieht einen anderen Stoll, nicht den schreienden, irgendwie surrealen – sondern einen teils zerbrechlichen Mann, der immer wieder auch bemüht ist, Zustimmung zu erheischen.

Dadurch wird schmerzhaft klar, wie plastisch auch eine Person wie Dr. Stoll war.“

Gibt es einen Nachfolger von Axel Stoll oder bleibt er ein merkwürdiges Unikum?

 Jeder Mensch ist ein Unikum. So auch Dr. Stoll. Und in seiner ganz besonderen Art gibt es wenige, die ihm auch nur ähnlich sind. Aber das Neuschwabenland-Forum gibt es nach wie vor. Peter Schmidt ist da meiner Wahrnehmung nach so etwas wie ein Interims-Fürst.

Und ja, es gibt viele Menschen da draußen, die Teile dessen verbreiten, was Dr. Stoll von sich gab.

Mein persönlicher Favorit ist Xavier Naidoo, der offen demokratiefeindliche Verschwörungstheorien unterstützt, und auf VOX auch noch abgefeiert wird.“

Zum Weiterlesen:

  • „Muss man wissen“: Podcast-Buchrezension bei 2 Read or not to Read am 21. Juli 2015
  • Ein Berliner unter dem Schutz der Dritten Macht, diesseits am 21. Juli 2015
  • Ein Interview mit Dr. Axel Stoll, Filmrezension bei Ufo(un)Logisch am 18. Juli 2015
  • Buchpremiere: Axel Stoll – kranke braune Esoterik? GWUP-Blog am 3. Dezember 2013
  • Axel Stoll: Geschichtenerzähler und Rechtsesoteriker, Skeptiker 1/2014
  • „Muss man wissen“ – das Lied: Nachklang auf Axel Stoll, GWUP-Blog am 6. Juni 2015
  • Alexa Waschkau/Alexander Waschkau/Sebastian Bartoschek: “Muss man wissen”. JMB-Verlag, Hannover 2013
  • Video: „Verschwörungstheorien im Aufwind?“ bei Skeptics in the Pub in Köln, GWUP-Blog am 20. Juli 2015
  • Xavier Naidoo: “Heldenverklärung statt kritischem Journalismus”, GWUP-Blog am 2. Juli 2015

8 Kommentare

  1. Für einen langjährigen Hoaxilla-Hörer wie mich eigentlich interessant. Allerdings sind mir jegliche Projekte zusammen mit einem (ehemaligen) Springer-Schergen suspekt.

    Diese Doku könnte natürlich auch authentisch sein. Aber wie sollte man einem BILD-Mitarbeiter irgendein Vertrauen entgegen bringen?
    Lüge, Verleumdung und Hetze gehören da ja zum Tagesgeschäft.

    Eine Distanzierung fand, mE, nie statt, also sehe ich keinen Grund, diese Person plötzlich für eine verläßliche journalistische Quelle zu halten.

  2. Kann man so sehen. Ist nur halt Bullshit. Und gruppenbezogener Menschenhass. Läuft. Bei. Dir.

  3. Den Film hol ich mir! :)

  4. „Kann man so sehen. Ist nur halt Bullshit.“
    Bullshit? Warum? Ist die BILD neuerdings „Journalismus“? Seit wann?

    Was meinst du denn mit „gruppenbezogener Menschenhass“? Welche Gruppen sollen das sein? Die Gruppe der BILD-Schreiberlinge?
    Du irrst. Ich „hasse“ Niemanden.
    Verachtung für Verkäufer ihres Gewissens trifft es eher.

  5. Ähm, vielleicht sollte man die Kritik eher am Gegenstand als an der Profession des Autors leisten.

    Wir sehen das bei Chemtrails, bei den Reichsdeutschen, bei plumpen Antisemtismus, der sich zeitgemäß „Antizionismus“ nennt. In Freital, bei Pegida, bei HoGeSa, bei EndGame und wie all diese Trottelaufmärsche heißen, kann man solche Menschen sehen. Wir haben vor ihnen gewarnt. Und wir warnen weiterhin.

    Deswegen wollen wir immer und immer und immer wieder zeigen, wie solche Personen ticken.”

    Das ist alles sehr formalistisch, also gerade vom Inhalt und den Motiven der jeweiligen Bewegungen absehend. Hier wird unterstellt, Antisemitismus und Antizionismus seien ein Resultat von Verschwörungstheorien (VT). Das verklärt vollkommen die breite gesellschaftliche Anerkennung des Antizionismus im Gegensatz zu z.B. den Ufo-Behauptungen Stolls. Und diese haben im Gegensatz zu jenen auch keine mörderischen Konsequenzen.

    Und bei aller Gemeinsamkeit zwischen diesen autoritären Bewegungen, die dort aufgezählt werden, verkennt man ihre Unterschiede – und auch ihren qualitativen Unterschied zu dem wirren Zeug, das Stoll von sich gab. Ich kenne nur ein paar seiner ‚Vorträge‘ aus dem Neuschwabenlandforum, die man auf Youtube sehen kann. Dort ist m.E. gerade bezeichnend, dass er so wenig fixiert ist auf Israel und Juden. Bei Stoll sieht man gerade, wie egal ihm der Inhalt des Wahns ist. Assoziativ sehr gelockert, springt er von Thema zu Thema. Das ist dem individuellem Wahn näher als dem gesamtgesellschaftlichen des Antisemitismus und Antizionismus.

    Auch Pegida & Co. verklärt man, indem man sie in eine Reihe mit Stoll stellt. Diese Abwertung durch allgemeine Subsumierung unter Verschwörungstheoretiker hilft nur dem Gewissen derjenigen, die sich auf der anderen Seite des Kontinuums wähnen, aber erklärt diese Bewegungen nicht. Die Person Stoll ist nicht im Mindesten dazu geeignet, zu erklären, wie „solche Personen ticken“, weil das Zusammenfassen zu „solchen“ bereits falsch ist. Es wirkt hilflos, dass nur durch Subsumierung unter VT und „gruppenbezogenen Menschenhass“ erklären zu wollen – und ausgerechnet Stoll pars pro toto dafür zu benutzen, aufzeigen zu wollen, wie „solche Personen ticken“. Plausibler scheint es mir, den Autoren geht es mehr darum, einen exotischen Freak vorzuführen.

    Bildzeitungsjournalisten sind ebenso Opfer wie Juden, könnte man mit dieser Nicht-Theorie des Rassismus nämlich lauter behaupten – cum grano salis. Diese Möglichkeit des Vergleichs zeigt ja den ganzen Irrsinn dieser ‚Theorie‘.

  6.  >Plausibler scheint es mir, den Autoren geht es mehr darum, einen exotischen Freak vorzuführen.<

    Kaum wer kannte Stoll vorher (na gut, nachher auch nicht wirklich) und zu mehr als einem peinlichen Running Gag war er auch nicht gut.

    Stoll zeigt höchstens das kein Wahn zu absurd ist als das sich 10 finden lassen die sich im Hinterzimmer berieseln lassen davon.

    Relevanz für irgendwas hat weder Stoll noch das Buch über ihn. Davon irgendwas abzuleiten halte ich für unsinnig

  7. „Eine Distanzierung fand, mE, nie statt, also sehe ich keinen Grund, diese Person plötzlich für eine verläßliche journalistische Quelle zu halten.“

    An seiner Integrität habe ich keinen Zweifel. Seine Haltung zur Bild-Zeitung steht größerer Sympathie aber dennoch deutlich im Weg. Wie wenig eine Distanzierung bisher stattfand kann man sich hier anhören: http://ohren-nahrung.de/wordpress/?p=43

    „Mein diesmaliger Gast ist Sebastian Bartoschek. Ehemaliger Journalist für die BILD Zeitung und bis heute überzeugt von der Arbeit des Blattes. Er hat mir erklärt, was aus seiner Sicht unberechtigt an der Kritik der BILD ist und warum sie gute Arbeit leistet, aber auch, was er für negative Kritik gegenüber der Zeitung vorzubringen hat.“

    Das muss man ertragen können.

  8. Klar war der Stoll ein Spinner. Aber wer früher für Springer (oder Burda, Bertelsmann, Funke, Schaub etc. pp.) gearbeitet hat und sich nie öffentlich davon distanziert hat (was sein gutes Recht ist), den nehme ich auch nicht wirklich ernst. Hr. Dr. Bartoschek, Ihre Antwort zum ersten Kommentar ist weder seriös noch zeugt sie von geistiger Größe. Andere Meinungen als „Bullshit“ abzustempeln, von „gruppenbezogenem Menschenhass“ zu fabulieren und teenagereske Phrasen (läuft bei dir) zu verwenden, trägt wenig zur eigenen Glaubwürdigkeit bei. Aber vielleicht sollte es ja lustig sein… ich konnte jedenfalls nicht lachen. Mal ganz ehrlich, bei den Skeptikern zu sein und gleichzeitig bei der größten Lügenmaschine der Republik zu arbeiten, ist meiner Meinung nach inkompatibel. Das passt überhaupt nicht zusammen. Die Einen setzen sich (angeblich) für Objektivität, evidenzbasierten Wissensgewinn und kritisches Reflektieren ein, die Anderen stehen diesen Werten und Prinzipien diametral gegenüber.
    Vielleicht erreiche ich Ihren Geist eher, in dem ich in Ihrem Duktus meinen Kommentar abschließe: Yolo Alda, Du hast den Swag, immer schön die Alpha-Kevins dissen.

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