Gerade geht es durch die Medien:
Der Bundesvorstand der Partei sei „einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass eine vertrauensvolle und erfolgreiche Arbeit dieser Kommission nicht möglich ist“.
Als Grund wird angegeben, dass Informationen aus einem internen Vorgespräch an Zeitungen durchgestochen worden seien, schreibt die taz. Stattdessen soll jetzt wieder der Partei-Vorstand selbst ran:
Der Vorstand zieht die Beschlussfassung zur Homöopathie nun an sich. Der Parteitag habe den Vorstand beauftragt, eine Positionierung zu einem wissenschaftsbasierten und ethischen Gesundheitssystems zu erarbeiten. Auch solle eine Haltung zu den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit durch die gesetzlichen Krankenkassen vorgelegt werden.
Im Beschluss heißt es weiter: „Der Auftrag kann nur erfüllt werden, indem der Bundesvorstand die erforderliche programmatische Arbeit selbst verantwortet und mit dem Entwurf des Grundsatzprogrammes vorlegt.“
Die grüne Homöopathie-Kritikerin Paula Piechotta begrüßt auf Twitter die Entscheidung des Bundesvorstands:
Wir freuen uns auf die nun offene Debatte mit der ganzen Partei.
Ob es dabei viel Grund zur Freude gibt, wird sich zeigen.
Zum Weiterlesen:
- Grüne und Homöopathie: Parteispitze sagt Kommission ab, taz am 14. Januar 2020
- Grünen-Vorstand sagt Kommission zum Homöopathie-Streit ab, FAZ am 14. Januar 2020
- Globuli wirken toxisch, taz am 14. Januar 2020
- Gescheiterter Stuhlkreis, taz am 14. Januar 2020
- Wenn zwei anthroposophische Ärzte ein „pro Homöopathie“- Gutachten schreiben, GWUP-Blog am 17. Dezember 2019
- Video: Die heute-show zum Homöopathie-Streit beim Grünen-Parteitag, GWUP-Blog am 23. November 2019
- Die grüne Homöopathie-Debatte im gmp-Podcast mit der Politikerin Paula Piechotta, GWUP-Blog am 4. Dezember 2019
- Die Grünen und die Globuli: Es ist noch lange nicht vorbei, GWUP-Blog am 15. November 2019
14. Januar 2020 um 16:33
„Der Vorstand zieht die Beschlussfassung zur Homöopathie nun an sich. […] Den Mitgliedern der ursprünglich geplanten Kommission sollten die Textpassagen zuvor zur Kommentierung zugeleitet werden.“
D.h., sie dürfen das dann abnicken, was der (explizit nicht homöopathiekritische) Vorstand entwirft. Die eventuell darauf folgende Diskussion kann locker abgewürgt werden, da alle mit dieser „Lösung“ einverstanden waren.
Piechotta macht mMn mit ihren Tweets nur gute Miene zum bösen Spiel.
14. Januar 2020 um 18:20
Nach meinem Eindruck sind Spekulationen derzeit nicht angebracht. Wenn ich einen Sinn hinter der Erklärung der Homöopathiedebatte zur Vorstandssache sehen will, vermute ich darin in erster Linie, dass Agitprop der homöopathiefreundlichen Fraktion ein Riegel vorgeschoben wird.
Ich neige auch nicht (mehr) dazu, dem Grünen-Vorstand generell eine bedingungslose Homöopathiefreundlichkeit zu unterstellen. Geben wir den Grünen eine Chance.
Hätte der Vorstand das Thema beerdigen wollen, hätte er Gelegenheit dazu gehabt, indem er einfach den Antrag von Tim Demisch bei der Bundesdelegiertenkonferenz zur Abstimmung gestellt hätte. Dort wäre er nämlich mit 97,325prozentiger Sicherheit untergegangen – generell war der „green sense“ noch nicht so weit, den Antrag anzunehmen, da bin ich sicher.
Ceterum censeo: Die Kassenerstattung von Homöopathie kann nur ein Teilziel sein – das eigentliche Ziel ist die Abschaffung des Binnenkonsens und jede Form von Privilegierung für die „besonderen Therapierichtungen“.
Das Problem der Kassenerstattung rechtssystematisch zu isolieren, ist zudem ohne Revision des Binnenkonsens schwierig bis unmöglich – daran hängt nun mal alles.
14. Januar 2020 um 19:21
@ Udo Endruscheit:
„Hätte der Vorstand das Thema beerdigen wollen, hätte er Gelegenheit dazu gehabt, indem er einfach den Antrag von Tim Demisch bei der Bundesdelegiertenkonferenz zur Abstimmung gestellt hätte. Dort wäre er nämlich mit 97,325prozentiger Sicherheit untergegangen – generell war der „green sense“ noch nicht so weit, den Antrag anzunehmen, da bin ich sicher.“
Und die Grünen wären endgültig demaskiert gewesen als eine Partei, der Wissenschaft nur dann genehm ist, wenn man sie im eigenen Sinne einsetzen kann, die sich aber ansonsten die Augen zuhält und wie ein Vierjähriger schreit „Bla, bla, bla, ich höre und sehe nichts!“ Ihre Credibility in Klimafragen hätte darunter jedenfalls massiv gelitten.
14. Januar 2020 um 21:19
Mittlerweile gibt’s auch einen Kommentar in der taz:
Gescheiterter Stuhlkreis
https://taz.de/Homoeopathie-Debatte-bei-den-Gruenen/!5652444/
14. Januar 2020 um 22:16
Auch die Titelgeschichte der taz von morgen (Mittwoch) ist jetzt online:
https://taz.de/Gruene-und-Homoeopathie/!5652485/
14. Januar 2020 um 23:26
Die taz-Überschrift vom „gescheiterten Stuhlkreis“ trifft es ganz gut. Für dieses Thema war ein Stuhlkreis das falsche Instrument. Die Homöopathie-Debatte bei den Grünen ist ein Bühnenstück, nichts für „hinter den Kulissen“. Deswegen wird die Übernahme durch den Vorstand vermutlich auch nicht das letze Wort sein.
15. Januar 2020 um 07:25
@ Flo:
Soso – „demaskiert“. Was meinen Sie denn mit dieser Wortwahl?
Wenn sich die Grünen nicht klar gegen Homöopathie positionieren, sind sie „demaskiert“. Wenn Sie das aber tun, wären sie dann lediglich nicht „demaskiert“? Existiert die Option, dass sie sich als auf dem Boden der Realität stehende Partei beweist, bei Ihnen nicht?
15. Januar 2020 um 07:36
Der Kommentar in der taz ist sehr gut. Ich kann allen drei Einschätzungen von Herrn Schulte uneingeschränkt zustimmen
15. Januar 2020 um 10:46
Interessante Frage: Warum „stürzen“ sich alle auf Homöopathie, ist es doch „nur eine Randerscheinung“. Ein Thread dazu:
https://twitter.com/when_hurts/status/1217174227528376323
15. Januar 2020 um 12:11
@ lab:
„Wenn sich die Grünen nicht klar gegen Homöopathie positionieren, sind sie „demaskiert“. Wenn Sie das aber tun, wären sie dann lediglich nicht „demaskiert“?“
Lies meinen Kommentar nochmal, dann kennst Du die Antwort.
15. Januar 2020 um 21:42
MdB Ströbele twittert zur Homöopathie… https://twitter.com/MdB_Stroebele/status/1217487379193352194
Dr. Lübbers antwortet: https://twitter.com/drluebbers/status/1217531843697876993
15. Januar 2020 um 22:00
Noch ein Politiker:
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/politik/homoeopathie-lauterbach-schiesst-gegen-die-gruenen/
16. Januar 2020 um 09:13
Zitat Ströbele: „Anders fast alle chemischen Medikamente mit oft bösen Folgen.“
Von Chemie, Biologie, Physiologie hat der Herr Anwalt keine Ahnung. Ich empfehle ihm daher die Lektüre von Mai Thi Nguyen-Kims Buch „Komisch, alles chemisch!“, damit er sich nicht das nächste Mal erneut als naturwissenschaftlicher Ignorant offenbart.
16. Januar 2020 um 11:16
@ Susanne Aust:
Christian Ströbele habe ich vor 13 Jahren mal in Berlin kennengelernt – der war damals schon derart vehement am Fordern, doch bitte auch mal neues Denken zuzulassen, dass er gar nicht mehr gemerkt hat, wie sehr er selber in altem Denken feststeckte.
Ich fürchte, er hat im Laufe der Jahre ein paar Joints zuviel geraucht.
16. Januar 2020 um 14:26
Christian Ströbele ist zusammen mit Jürgen Trittin ein aussterbenden Vertreter der alten links-grünen Garde.
Ich respektiere ihn allerdings dahingehend, dass er es in den Bundestagswahlen 2002-2013 immer wieder geschafft hat, ein Direktmandat zu holen.
16. Januar 2020 um 16:36
Wie weltfremd die Grünen sind, zeigt auch der vom Bundestag angenommene Alternativvorschlag von Frau Baerbock zur Reform des Transplantationsgesetzes. Statt der Widerspruchslösung, die schon in vielen europäischen Ländern erfolgreich umgesetzt wurde, werden die Deutschen alle 10 Jahre beim Beantragen ihres Personalausweises freundlich daran erinnert, dass es sowas wie Organspende gibt und sie doch bittebitte mitmachen mögen.
16. Januar 2020 um 18:55
Christian Ströbele sollte nicht allzusehr auf die böse Chemie schimpfen – schließlich ist absehbar, dass er sie auch bald brauchen wird.
16. Januar 2020 um 19:34
@noch’n Flo
Diesem Vorschlag, der übrigens von Katja Kipping mit entworfen wurde, haben 379 Parlamentarier anderer Parteien auch zugestimmt. Du musst schon so fair sein und all diesen Leuten ebenso Weltfremdheit vorwerfen.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/organspende-reform-ein-bisschen-zu-bequem-kommentar-a-90e78df5-5a9a-4db2-900f-9cae59fa7c21
16. Januar 2020 um 20:12
@ RPGNo1:
Yep, aber Annalena Baerbock hat den Widerstand gegen die Widerspruchslösung lanciert.
16. Januar 2020 um 20:31
@noch’n Flo
Dem kann ich nicht wiedersprechen.
16. Januar 2020 um 21:00
mMn sollte man mehr Forschung betreiben, die eine alternative „Organproduktion“ fördert.
Man kann den Menschen nicht zum Ausschlachten freigeben, wenn er vielleicht zu träge bzw uninteressiert ist, zu Lebzeiten dagegen zu widersprechen.
Ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber ich möchte keine fremde Organe…lieber sterbe ich, das kann ich vielleicht im relativ gesunden Zustand einfach sagen, aber man versicherte mir auch, daß ich keine Organe bekäme (Suchtproblematik), das soll jetzt auch keine Trotzreaktion sein, aber ich persönlich will auch keine fremde Organe, wobei ich nicht dagegen wäre zu spenden, wenn es möglich wäre, was wahrscheinlich nicht möglich ist (ehemals Hepatitis C)
16. Januar 2020 um 23:37
@ Ralf i.V.:
„Man kann den Menschen nicht zum Ausschlachten freigeben“
Allein das Wort „Ausschlachten“ zeigt bereits Deine Voreingenommenheit.
17. Januar 2020 um 15:49
Ich empfinde „Ausschlachten“ auch als zu hartes Wort.
Ich präferiere „warm ausweiden“, klingt irgendwie heimeliger.
17. Januar 2020 um 15:51
@Nina:
Beide Ausdrücke eignen sich allenfalls für ironische Überzeichnungen:
In Österreich gibt es die #Widerspruchsregelung – und jeder weiß, wie es bei uns zugeht: Patienten werden massenhaft ausgeweidet, für einen raschen MRT-Termin muss man schon mal eine Niere rausrücken, es herrschen Panik und Anarchie.
https://twitter.com/florianaigner/status/1217887800529510404
https://futurezone.at/meinung/tot-aber-lebensrettend/242.551.900
17. Januar 2020 um 18:48
Wenn wir schon im albernen Teil angekommen sind: Dass bei uns für die Organspende der Hirntod vorausgesetzt wird, erklärt immerhin, warum so wenig Gehirne gespendet werden. Dabei hätten das wirklich viele nötig.
Und um die Kurve zum ursprünglichen Blogthema zu kriegen: Es gibt homöopathische Alternativen zur Organspende. Die Heilpraktikerin Sabine Linek hat in einem Video berichtet, dass sie abgestorbene Leberzellen durch Homöopathie wiederbelebt: https://www.youtube.com/watch?v=kVbnorOYtjY, bei 18:25. Man könnte das natürlich auch als Nachweis für den Bedarf an Hirnspenden sehen.
17. Januar 2020 um 18:51
Dann weise ich noch auf das SkepKon-Video
Zweifel am Hirntod: Wie Esoteriker Organspenden verhindern
hin.
17. Januar 2020 um 20:47
Die Organspendeentscheidung des Bundestages ist übrigens im Moment auch Thema einer Diskussion bei Joseph Kuhn:
http://scienceblogs.de/gesundheits-check/2020/01/16/organspende-entscheidung-im-bundestag
Pingback: Herr Lauterbach, SPD-Gesundheitsexperte, auch in Sachen Schizophrenie – Gesundheits-Check