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Wenn zwei anthroposophische Ärzte ein „pro Homöopathie“- Gutachten schreiben

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Der aktuelle Stand in Sachen „Grüne und Globuli“:

Mittlerweile haben sich zwei anthroposophische Ärzte mit einem „wissenschaftlichen Gutachten“ pro Homöopathie in die Debatte eingeschaltet.

Was davon zu halten ist, analysiert das INH:

Sowohl der Inhalt des Gutachtens als auch das von den Autoren gezogene Fazit werden dem Anspruch, die Positionen des Antrages der Jungen Grünen zu widerlegen, nicht gerecht.

Es konnte nicht widerlegt werden,

  • dass es keine Evidenz für die therapeutische Wirksamkeit unterschiedlicher homöopathischer Potenzen in der Human- oder Veterinärmedizin gibt,
  • dass bislang kein systematisches Review bzw. keine Metaanalyse der Studienlage eine belastbare Evidenz für die Wirksamkeit von homöopathischen Präparaten über Placebo hinaus ergab,
  • dass das Vertrauen auf die Homöopathie in der Patientenschaft das Risiko von Unterlassen oder Verzögerungen einer wirksamen Behandlung und damit einer gesundheitlichen Schädigung beinhaltet.

Zum Weiterlesen:

  • Stellungnahme des INH zum „Wissenschaftlichen Gutachten“ betr. Homöopathie-Antrag bei Bündnis90/Die Grünen, INH am 17. Dezember 2019
  • Die grüne Homöopathie-Debatte im gmp-Podcast mit der Politikerin Paula Piechotta, GWUP-Blog am 4. Dezember 2019
  • Video: Die heute-show zum Homöopathie-Streit beim Grünen-Parteitag, GWUP-Blog am 23. November 2019
  • Grüne übergeben Entscheidung zur Homöopathie an Fachkommission, aerzteblatt am 18. November 2019
  • „Beleidigungen und absurde Anschuldigungen“: Tim Demisch kämpft gegen Homöopathie-Fans bei den Grünen, bento am 15. November 2019
  • Die Grünen und die Globuli: Es ist noch lange nicht vorbei, GWUP-Blog am 15. November 2019
  • Esoterik-Adventkalender, Tür 11: „Informierte Globulis“ zum Spritsparen und Glaskugeln zum Heizen, derStandard am 11. Dezember 2019

15 Kommentare

  1. Zitat aus der INH-Stellungnahme: „Zu diesem Antrag haben nun zwei Ärzte eines der Universität Witten/Herdecke angeschlossenen Instituts ein „wissenschaftliches Gutachten“ präsentiert“

    Schon wieder die Uni Witten/Herdecke? Wenn das der Grönemeyer wüsste… ;)

  2. Der *gesamten* Witten/Herdecke GmbH würde es an den Kragen gehen, wenn man an den sondertherapeutischen Entstehungsgrundlagen dieser „Universität“ auch nur oberflächlich kratzen würde.

    Geschweige denn an den jeweils vermittelten Inhalten dieser Anthroposophen-Brut- und Vervielfältigungsstätte. Die gesamte GmbH ist von Grund auf ein antiwissenschaftlicher Eklat und auch genau als ein solcher konzipiert.

  3. Das „wissenschaftliche Gutachten“ der beiden Streiter für Verdünntes ist schon formal beeindruckend. Von den sieben Seiten sind eine Seite Zusammenfassung, eine Seite Erläuterung von Fachbegriffen, zwei Seiten Literatur. Die zitierte Literatur ist überwiegend aus Tendenzzeitschriften.

    Die netto vier Seiten „Gutachten“: Keine Auseinandersetzung mit negativen Befunden, keine kritische Auseinandersetzung mit den angeführten positiven Befunden.

    Ergo: ein klassisches Gefälligkeits-Gutachten, oder etwas gegenstandsnäher formuliert, ein Placebo-Gutachten.

  4. Solch billig Gefälligkeitsgutachten für die Rettung der Homöopathie beschädigen die Wissenschaft. Außenstehenden wird der Eindruck vermittelt, dass man jeden Standpunkt, selbst solch absurde wie den Einsatz von magischem Zauberzucker (Homöopathie / Globuli), durch ein (Pseudo-)Gutachten belegen kann.

    Wie unredlich und unwissenschaftlich, sich nur die zur eigenen Argumentation selektiv herausgepickten Quellen zu nutzen und völlig unreflektiert zu diskutieren. Peinlich für die die beiden anthroposophischen Ärzte und schon wieder ein Bärendienst für die Homöopathie

  5. @ Skeptikertante:

    „schon wieder ein Bärendienst für die Homöopathie“

    Das glaube ich nicht. Das Spiel funktioniert so, dass solche Gutachten für überzeugte Homöopathen und für Lobbyisten als Referenz dienen und bei Leuten, die unsicher sind, die Unsicherheit vergrößern („die Sache scheint ja doch nicht so klar zu sein“).

    So kann man Debatten offenhalten, das hat seinerzeit die Tabakindustrie mustergültig vorexerziert (http://scienceblogs.de/gesundheits-check/2018/06/16/wissenschaftstheorie-und-lobbyismus/).

  6. @Bernd Harder

    Ich kann den Unmut der Homöopathiekritiker um Tim Demisch und Paula Piechotta verstehen, denn mein spezieller „Freund“ Manne Lucha soll Teilnehmer der Kommission werden.

    Die eventuelle Berufung von Yatin Shah (Arzt, Homöopathie-Diplom des DZVhÄ) und Ulrich Geyer (Arzt für Homöopathie, Antrag für therapeutische Vielfalt) spricht ebenfalls nicht für sich. Hier soll der Bock zum Gärtner gemacht werden.

  7. Herr Lucha soll Mitglied der Kommission werden. Für ihn gehört die Homöopathie zur „programmatischen DNA“ der Partei (https://taz.de/Die-Gruenen-und-die-umstrittenen-Pillen/!5645243/). Ob er zulässt, dass an dem Punkt die Gen-Schere angesetzt wird?

  8. Man fasst es nicht: Dieses „der Universität Witten/Herdecke angeschlossene Institut“ heißt tatsächlich „Institut für angewandte Erkenntnistheorie und medizinische Methodologie“!

    Wieviel Begriffsmissbrauch (Quanten, Resonanz, Frequenz, Bio- etc. a.n.) lässt sich die seriöse Wissenschaft eigentlich gefallen, bevor da mal jemand dagegen vorgeht?

    Nebenbei… ist dieses „Gut“-achten tatsächlich auf der Seite „Freie Heilpraktiker“ erstveröffentlicht worden?

  9. @JK
    Der Herr Lucha ist wohl nicht mehr ganz knusper/ CRISPR.

  10. ,Der Argumentationswackelpudding von Wissenschaftsfeinden besteht aus den folgenden vier Aussagen, die gerne aus dem Hut gezogen werden, um eine nicht vorhandene Gleichwertigkeit irgendeines Hokuspokus’ zur Wissenschaft vorzutäuschen‘…

    Ein Artikel von ‚Skt_Johann‘ zu „so ’ne Wissenschaft und so ’ne Wissenschaft“:

    https://medium.com/@skt_johann/schwurbologie-vs-wissenschaft-ac85e881865d

  11. Ich war stets dafür, den Grünen ihre Chance zur Selbstbesinnung zu geben und hatte auch grundsätzliches Verständnis für die „Verschiebung“ in eine Fachkommission, damit in der derzeit aufgeladenen Atmosphäre und mit unzureichender Vorbereitung der Antrag von Tim Demisch nicht im Plenum krachend abgeschmettert wird (was ein reales Risiko gewesen sein dürfte).

    Aber nun sieht es doch danach aus, als ob die Trockenlegung des Teichs durch die Frösche vorbereitet wird. Ich habe auch schon mal die Formulierung aufgegriffen, dass dort über den „Wissenschaftsbegriff der Grünen“ verhandelt werden soll. Bitte???

    Dahinter steckt nach wie vor das Unverständnis dafür, dass Wissenschaft als Methode nicht verhandelbar ist, ihre Ergebnisse aber durchaus in einen politisch-gesellschaftlichen Kontext eingeordnet werden können, ja müssen. Das aber bedeutet eben nicht Faktenignoranz.

    Die Homöopathie zeigt dies exemplarisch: Dort gibt es nichts mehr zu diskutieren auf der Faktenseite. Gleichwohl wird dies bemüht, denn Leute wie Lucha oder Shah oder Geyer vertreten in aller Deutlichkeit die völlig unhaltbare Position, Homöopathie sei eine spezifische Arzneimitteltherapie. Die Debatte in der Fachkommission aber auf diese Ebene zu zerren, wird nicht weiterführen. Die Frage kann allenfalls lauten:

    Gibt es trotz der spezifischen Unwirksamkeit und fehlenden medizinischen Relevanz der Homöopathie Gründe, ihren gesetzlichen Sonderstatus zu erhalten? Das wäre die niedrigstmögliche Ebene, auf der ein Diskurs in der Fachkommission anfinge, Sinn zu machen.

    Und um diese Frage zu beantworten, möge man sich an den Artikeln der Webseite des INH orientieren.

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