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Lebensgefährlicher Unsinn: Diagnostik und Therapie mit Wünschelrute und Pendel

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Es gibt tatsächlich Heilpraktiker, die Krankheiten auspendeln – und dabei schon mal tödlichen Brustkrebs für eine harmlose Brustdrüsenentzündung halten.

Und sogar das Paracelsus Magazin faselt davon, dass „gut geschulte und geübte Therapeuten, die im Reinen mit und ehrlich zu sich selbst sind“, mit Pendel und Wünschelrute „in Diagnose und Therapie beachtliche Ergebnisse erzielen“.

Kaum zu glauben, dass man im Jahr 2023 ernsthaft erklären muss, dass und warum das Humbug ist.

In seiner aktuellen Welt+-Kolumne beschreibt Edzard Ernst, welche Kräfte die Rute oder das Pendel wirklich ausschlagen lassen:

Glaubt man den Anhängern dieser Methoden, so ist es die „feinstoffliche Energie“. Tatsächlich aber ist der ideomotorische Effekt dafür verantwortlich: Suggestionen und Erwartungen können unwillkürliche Muskelbewegungen auslösen, ohne dass sich derjenige, der diese Instrumente in der Hand hält, dessen bewusst ist.

Ernst nennt neben der Radiäasthesie-Studie des Bundesforschungsministeriums Mitte der 1980er-Jahre eine randomisierte Doppelblindstudie von 2002, bei der getestet wurde, ob sechs homöopathische Rutengänger in der Lage seien, das Homöopathikum „Bryonia“ in der 12c-Potenz (das entspricht einer Verdünnung von 1:1.000.000.000.000.000.000.000.000) von einem Placebo durch Pendeln zu unterscheiden:

Bryonia wurde in 48 Prozent der Versuche korrekt identifiziert, was ziemlich genau der Häufigkeit entspricht, die rein zufällig zu erwarten war. Die Autoren zogen den Schluss, dass „diese durchweg negativen Ergebnisse Zweifel aufkommen lassen, ob das Pendeln in diesem Zusammenhang objektive Informationen liefern kann“.

Hier muss man sich wirklich fragen, ob es sich bei dieser Ausdrucksweise um britische Zurückhaltung oder um homöopathische Ignoranz handelt.

Das einzig Positive: Das „Erdstrahlen-/Wünschelruten“-Projekt von Minister Riesenhuber führte 1987 mit zur Gründung der GWUP.

Zum Weiterlesen:

  • Heilen mit Wünschelrute und Pendel, welt+ am 17. April 2023
  • Die Akte Wünschelrute: Gefährliche Wasseradern und Erdstrahlen? quarks.de am 3. April 2023
  • Warum Wünschelrutengehen keine Wissenschaft ist (mit zahlreichen Links), GWUP-Blog am 17. November 2013
  • Neu erschienen: „Vorsicht Heilpraktiker“ von Edzard Ernst, GWUP-Blog am 22. März 2023

3 Kommentare

  1. „Weg mit den Heilpraktikern!“

    https://hpd.de/artikel/weg-den-heilpraktikern-16299

  2. Und für solchen haarsträubenden lebensgefährlichen Unsinn in den Händen von Selbstüberschätzern fordert das „Heilpraktikergutachten“, das irgendwo im BMG auf irgendwas wartet, auch noch einen gesetzlichen Schutz unter dem Begriff „Wunschmedizin“ als ausdrücklich staatliche gewollte Domäne von Heilpraktikern ein.

    Warum dieses Gutachten, das auf vielleicht 30 Seiten versucht, den Gutachtenauftrag zu beantworten und auf den restlichen 270 persönliche Fantasien gesundheitspolitischer Art (sage ich mal höflich) ungefragt von sich gibt, nicht gleich den Weg in die Rundablage gefunden hat, ist mir nicht recht eingängig. Offenbar hat man auch noch das volle Honorar bezahlt …

    Btw: Ich habe vor einigen Jahren mal als „Interessent“ eine Tour durch regionale Heilpraktikerschulen gemacht. Esoterische Diagnosemethoden waren da durchaus gang und gäbe – wenn man sich nicht gleich allein aufs Pauken für die ach so schwere Heilpraktikerprüfung fokussiert hat.

    Auch Pendeln; wer Wert auf wissenschaftliche Mimikry legte, machte z.B. in Dunkelfeldmikroskopie nach Enderlein. Beides macht allerdings insgesamt betrachtet eh keinen Unterschied.

  3. Lieber Autor des GWUP-Blogs,

    vielen Dank für den aufklärenden Beitrag über die Gefahren und die wissenschaftliche Unhaltbarkeit von Diagnostik und Therapie mit Wünschelrute und Pendel. Es ist von großer Bedeutung, dass solch kritische Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, um auf die potenziellen Risiken hinzuweisen, die mit diesen Praktiken verbunden sind. Ihr Beitrag leistet einen wertvollen Beitrag zur Aufklärungsarbeit und hilft, die kritische Auseinandersetzung mit pseudowissenschaftlichen Methoden in der Medizin zu fördern. Besonders schätze ich die klare Darlegung des ideomotorischen Effekts, der vielen nicht bekannt ist, und die Betonung auf der Notwendigkeit, sich auf evidenzbasierte medizinische Praktiken zu verlassen.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Stephan

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