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Spiegel (online) über Anwalt Jun, Natalie Grams und Anke Staffeldt

| 18 Kommentare

Der Spiegel (online) berichtet über Natalie Grams, Anke Staffeldt und Anwalt Jun und ihren Rückzug aus den sozialen Medien.

Als Natalie Grams-Nobmann am 30. Juli dieses Jahres ihren Twitter-Account öffnet, beschließt sie: Es wird das letzte Mal sein, dass sie sich hier äußert […]

Als die 44-Jährige nun sieht, wie der Tod der österreichischen Kollegin im Netz abgetan oder gar hämisch gefeiert wird, ist für sie die Grenze erreicht. „Ich will in diesen Abgrund an Unmenschlichkeit nicht mehr blicken müssen“ – dieser Gedanke habe sich nicht mehr wegschieben lassen, erzählt sie später. Die Plattformen böten keine wirklichen Schutzmöglichkeiten.

Die Ärztin verfasst eine letzte Nachricht: „Auf meinem Account hier gingʼs vor allem um Gesundheit. Nun aber finde ich Twitter selbst nicht mehr gesund“, steht darin.

Dann geht Natalie Grams-Nobmann offline.

Die Rolle der Polizei ist für Betroffene von Hasskriminalität im Internet ein Dauerthema. Ihr gegenüber sei die Polizei immer nett und zuvorkommend gewesen, aber die Beamten hätten ihr nicht helfen können, berichtet auch Zahnärztin Staffeldt. „Deren Ahnungslosigkeit nimmt einem echt jede Hoffnung“, sagt sie, „manche wussten nicht einmal, was Twitter ist.“

Anwalt Jun gibt zu, manchmal seinen eigenen Ratschlägen nicht mehr zu trauen. „Natürlich predige ich immer, dass man alles zur Anzeige bringen sollte“, sagt Jun. „Aber in Wahrheit stehen wir mit leeren Händen da.“ Kaum ein Täter werde je identifiziert oder tatsächlich bestraft.

Ärztin Grams-Nobmann hat die Hoffnung inzwischen aufgegeben, von der Polizei echte Hilfe zu erhalten. Trotzdem meldet sie Hassbotschaften immer wieder. „Gehen Sie halt weniger ins Netz“, sei einer der Ratschläge gewesen, den man ihr bei der Polizei immer wieder gegeben habe, sagt Grams-Nobmann. Auch Lisa-Maria Kellermayr legte die österreichische Polizei nahe, sich einfach nicht mehr öffentlich zu Corona zu äußern.

Manchmal denke sie, man dürfe Twitter nicht einfach so verlassen, sagt Natalie Grams-Nobmann. Es entstehe eine ungesunde Dysbalance, man überlasse den Trollen das Feld. „Aber dieser Hass ist immer stärker. Ich habe ihm nichts entgegenzusetzen, ohne selbst unsachlich zu werden.“

Zum Weiterlesen:

  • Nach dem Tod von Lisa-Maria Kellermayr: „Der Hass ist immer stärker“, spiegel.de am 3. August 2022
  • Interview: Natalie Grams über Lisa-Maria Kellermayr und die Löschung ihres Twitter-Accounts, GWUP-Blog am 3. August 2022
  • Anwalt Jun: Deshalb habe ich meinen Twitter-Account deaktiviert
  • Dr. Janos Hegedüs: „Wir müssen zusammen weiterkämpfen“, GWUP-Blog am 3. August 2022
  • Dr. Lisa-Maria Kellermayr – wie geht es jetzt weiter? GWUP-Blog am 1. August 2022
  • Kein Kuschelkurs mit Querdenkern, hpd am 2. August 2022
  • Tod von Impfärztin: Suizid bestätigt – Fall vor Parlament, br am 3. August 2022

18 Kommentare

  1. Polizei twittert selber, und doch gibt’s Beamte, die Twitter nicht kennen? Hat die Polizei keine Möglichkeiten ihre Leute zu schulen? Merkwürdig. Ganz abgesehen von dem Tipp, weniger ins Netz zu gehen. Überhaupt könnten wir alle weniger aus dem Hause gehen, es gäbe dann sicher weniger Verkehrsunfälle und Taschendiebstähle! :-D

  2. „Ist das nicht die ureigenste Aufgabe des Staates, dass die Menschen, die den Staat tragen, für die anderen da sind, dass man ihnen den Rücken stärkt, sich mit ihnen solidarisiert, ihnen Mut zuspricht, ihnen hilft?“

    https://twitter.com/Pflegestimme/status/1555084545640337408

  3. Bitte NICHT aufgeben!

    Es müssen neue Wege überlegt werden.
    Bevor mich jemand danach fragt: Nein, ich habe leider (noch) keine nennenswerte Idee!

    Aber wenn jetzt viele aufgeben, reiben sie sich die Hände. Da können wir nicht wollen!

  4. Twitter-, Facebook- und andere Accounts dieser überflüssigen sozialen Medien zu löschen ist eine gute Idee. Es gibt andere Möglichkeiten, wie man der Welt seine Überzeugungen darlegen kann – in erster Linie eine eigene Webseite oder Blogs auf entsprechenden Plattformen wie Scienceblogs etc. In Foren hat man dann auch die Kontrolle über das, was öffentlich gemacht wird.

    Lasst die Idioten halt unter sich bleiben. Um Zuckerberg & Co ist es nicht schade.

  5. nota.bene hat Recht: Es geht nicht darum „Den Hetzern das Feld zu überlassen“. Man muss nicht auf jedem Acker mitspielen. Wenn alle vernuftbegabten Menschen, Twitter und Facebook verlassen würden (und nur die Polizei und die Hetzer dort blieben), wäre das doch ein klarer Sieg für die Gesellschaft.

    Jeder der Twitter und Facebook nutzt unterstützt diese Konzerne und ihr Geschäftmodell, das aus Hetze Geld macht!

  6. Ohne fb hätte zB ich keinen Kontakt ins Heimatland zu Cousinen und Cousins. Kommt mal wieder runter. Von einem Extrem ins andere ist falsch.

  7. @ nota.bene
    „Lasst die Idioten halt unter sich bleiben!“

    Genau, der Meinung bin ich auch!

  8. @Wednesday: Man kann auch ohne FB kontakt zur Familie halten. Wie haben die Menschen das bloß vor FB und Co getan?

  9. @Waldi, kann man eben nicht immer. Erst seit es die pauschal verunglimpften social media gibt, konnte ich Teile der Verwandtschaft wiederfinden. Wer ohne Krieg und Migration lebt, kann das uU nicht verstehen. Kommt mal alle wieder runter anstatt sich nun auf einzelne einzuschiessen!

  10. Deckt sich ja im Prinzip mit dem, was Böhmermann in seinem Experiment rausgefunden hat.

    Polizei bring hier in den seltensten Fällen was.

    Der dunkle Parabelritter hat sich ebenfalls schon wegen Drohungen gegen ihn an die Polizei gewendet, die ebensowenig hilfreich war – die haben wohl darauf bestanden, dass sie nichts machen können, solange nicht konkret was passiert ist (also nicht die Drohung, sondern das, was angedroht wurde).

    Da scheint mir bei der Polizei eine ungesunde Mischung aus Gleichgültigkeit, Ahnungslosigkeit und Überforderung vorzuliegen.

  11. Wednesday, es geht hier doch nicht darum, ob Du und Deine Familie FB nutzen oder nicht, oder ob man FB & Co schließen sollte.

    Meiner Meinung nach hätte man das in der Pandemie zumindest zeitweise durchaus tun sollen. Schulen, Firmen und Behörden haben wir ja auch dichtgemacht.

    Hier geht es um den potentiellen Rückzug der aufklärerischen und vernünftigen Stimmen. Die Idee scheint nicht pauschal auf Ablehnung zu stoßen.

  12. @2xhinschauen:

    Nota.bene und Semon drücken sich doch eindeutig aus.

  13. Nicht zu vergessen: Twitter, Facebook, Instagram usw. sind eben leider auch nicht „die Öffentlichkeit“, so wie ein Bürgersteig, eine Fußgängerzone, ein Dorfplatz oder ein Stadtpark. Sie gehören Privatpersonen, die mit den Nutzern Geld verdienen (wollen). Das Geld kommt rein, wenn was passiert, entsprechend gering ist wohl das ehrliche Interesse daran, Lügen, Bedrohungen und Verrohung zu bekämpfen.

    Dass der Staat sich dort endlich einmischt, hat lang gedauert und es passiert noch viel zu wenig, s.o.

    Andererseits scheint z.B. Russland schwer auf Zack zu sein in der Nutzung sozialer Medien für propagandistische und zerstörerische Zwecke im Deckmantel:

    https://www.spiegel.de/netzwelt/web/wladimir-putin-mit-welchen-strategien-er-die-eu-zerstoeren-will-kolumne-von-sascha-lobo-a-c8f123b8-c3bb-4a74-8c11-d2383c351492

    Nein, es geht nicht darum, dass hinter Querdenken eine Verschwörung steht – aber auch darum, dass die Destabilisierung demokratischer Gesellschaften durch die „Bewaffnung“ von Extremisten mit Parolen, Hirngespinsten und Pseudowahrheiten für Staaten wie Russland und China durchaus einen Nutzen hat – und für Personen wie D. Trump.

    Insofern wäre ein konsequentes Rausgehen aus den privatwirtschaftlichen Plattformen womöglich tatsächlich eine Option – in Kombination mit vehementer Transparentmachung der Verstrickungen und Verquickungen (_nicht_ Verschwörungen!) auf politischer und gesellschaftlicher Seite sowie wissenschaftlicher Aufklärung und konsequenter Einforderung der staatlichen Exekutive und der Judikative bei Bedrohung, Verleumdung, Stalking usw.

    (Ich würde durchaus gern wissen, wie viele furchtbare Kommentare @Bernd Harder liest und hier konsequent _nicht_ freischaltet, so dass wir hier weitgehend entspannt lesen und schreiben können. Ich hoffe, nicht zu viele…)

  14. Mimikama ist ebenfalls auf fb, und ich bin froh drum. Dadurch, dass ich Mimikama und ähnliches abonniert habe, werden deren news nicht nur mir, sondern auch Leuten, mit denen ich mehr oder weniger verbunden bin, angezeigt.

    Darunter sind auch Leute, die milieubedingt wissenschafts- und faktenfern leben, so daß ich über die Anwesenheit und Aufklärung nur froh sein kann. Denn es handelt sich da um Leute, die, wenn sie nicht fb konsumieren würden, nicht mal Boulevard-Zeitungen lesen würden.

    So aber lesen sie zwar auch dummes Zeug auf fb, mit gewisser Wahrscheinlichkeit aber auch Richtigstellungen.

    Und wer dafür nicht empfänglich ist, ist eh „verloren“ – ob es fb nun gibt oder nicht.

  15. @ Magda Eckstein

    „Ich würde durchaus gern wissen, wie viele furchtbare Kommentare @Bernd Harder liest und hier konsequent _nicht_ freischaltet, so dass wir hier weitgehend entspannt lesen und schreiben können. Ich hoffe, nicht zu viele…)!“

    Nach meiner Einschätzung hält sich das im Großen und Ganzen im Rahmen. Allerdings denke ich, dass sich da etappenweise schon gelegentlich was tut. Zum Beispiel dann, wenn jemand versucht, diesen Blog für selbstverliebtes Eigeninteresse anstatt im Sinne der eigentlichen Diskussion und Faktenverbreitung/Aufklärung zu missbrauchen. Oder um Unwahrheiten und Verschwörungstheorien zu verbreiten.

    Oder auch, um mit Kommentaren auf ein ganz anderes Thema zu lenken (dies versuchte hier ein Kommentator immer mal wieder relativ geschickt (aber bei einem erfahrenen Administrator wie Bernd Harder eben nicht geschickt genug). Dann gibt es Kommentatoren, die – so vermute ich – hier aus purer Langeweile ihre Bühne suchen und heftig poltern.

    So erfahren Herr Harder auch ist, gibt er fast jedem Schreiber eine Chance (und mag der erste Kommentar desjenigen noch so provozierend, eigenartig klingen oder dumm sein). Daher ist die Quote des nicht Freischaltens vermutlich gar nicht so hoch.

    Weil Herr Harder genau den richtigen Mittelweg findet, lese ich hier so gern und kommentiere auch öfter. Denn im Gegensatz zu anderen Blogs kommt es hier fast nie zu Ausrastern von vereinzelten Kommentatoren. Und wenn doch, begleitet Herr Harder sie höflich zur digitalen Ausgangstür und sorgt für Ruhe.

    Es gab sie natürlich, manchmal auch über Tage andauernd. Dann haben wir uns eben mal alle amüsiert und uns über gewisse Kommentare schief gelacht (nur der arme Herr Harder musste dafür wertvolle Zeit opfern).

    Oje, nun habe ja ich auf den Kommentar von Frau Eckstein geantwortet. Sorry, Herr Harder;-)

  16. @Pierre Castell

    Ich vergebe einen *Daumen hoch* für diesen zutreffenden Kommentar. Ich sehe die Angelegenheit genauso wie Sie.

  17. @ RPGNo1

    Besten Dank!

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