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Dr. Janos Hegedüs: „Wir müssen zusammen weiterkämpfen“

| 21 Kommentare

Eindrücklicher Kommentar von Dr. Janos Hegedüs:

Am Ende steht ein leidenschaftlicher Appell an Natalie Grams und Anwalt Jun, sich nicht aus der öffentlichen Debatte zurückzuziehen – und an alle anderen engagierten Menschen:

Wir müssen zusammen weiterkämpfen. Aber nicht gegen Querdenker, sondern für die wissenschaftliche Aufklärung. Wir brauchen kein Feindbild, wir brauchen System und Einigkeit. Das machen übrigens Querdenker viel besser als wir.

Wir müssen die einzelnen Stimmen in einem Konzert zusammenführen, wir müssen miteinander an einer Symphonie arbeiten, die von allen gehört wird.

Das geht sehr weit in die Richtung unserer eigenen Gedanken zum Thema. Wir werden uns damit beschäftigen, was wir als Organisation dazu beitragen können.

Zum Weiterlesen:

  • Dr. Lisa-Maria Kellermayr – wie geht es jetzt weiter? GWUP-Blog am 1. August 2022
  • Skeptiker-Interview mit Dr. Janos Hegedüs: „Der Unwissenschaftlichkeit etwas entgegensetzen“, GWUP-Blog am 5. April 2022
  • Tausende Menschen gedenken toter Ärztin, Zeit-Online am 2. August 2022
  • Tote Ärztin: Was über ihren Fall bekannt ist, ZDF am 2. August 2022
  • „Das ist gezielter Terror“, tagesschau am 2. August 2022
  • Österreich nach dem vermeidbaren Tod von Lisa-Maria Kellermayr, dw am 2. August 2022
  • Nach Suizid von Ärztin: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mann aus Bayern, rnd am 2. August 2022
  • Wie kritische Stimmen sich schützen können, Belltower News am 1. August 2022

21 Kommentare

  1. Ein weiteres Mal Hut ab vor Dr. Hegedüs! Ich unterschreibe jedes Wort seiner Analyse und seines Appells – und bin trotzdem persönlich derzeit ziemlich ratlos.

    Dass etwas geschehen muss, im Sinne eines Zusammenrückens und einer gemeinsamen Linie der Aufklärerinnen und Aufklärer, das ist klar. Wurde ja auch hier im Blog schon konstruktiv angesprochen und ich habe auch von anderer Seite Anfragen erhalten, wie man sich gemeinsam gegen diese katastrophale Verrohung bestimmter Ecken der Zivilgesellschaft stellen kann.

    Und nicht nur stellen, sondern sie auch zurückdrängen.

    Das „Wie“ muss sich wohl erst noch herauskristallisieren.

    Wesentlich scheint mir, wie auch Bernd Harder gestern schrieb, einen gewissen Schutzraum zu bieten für Menschen, die eine ganz, ganz wichtige Aufgabe wahrnehmen, die den Staat nicht zu interessieren scheint: die Aufklärung und eine humanistische Gesellschaft voranzubringen.

    Der juristische Weg – nun, das hat Janos Hegedüs ja eindringlich beschrieben – führt zu weniger als nichts: nämlich dazu, dass den Leuten, die eigentlich die rote Karte verdient hätten, auch noch bescheinigt wird, sie hätten nur ihr Recht auf Meinungsfreiheit ausgeübt.

    Anwalt Jun hat es in einem seiner Videos schon mal angesprochen: Wir brauchen einen Wertewandel, vielleicht einen Paradigmenwechsel im Verhältnis Meinungsfreiheit vs Schmähung und Bedrohung.

    Die Rechtsprechung klammert sich derzeit ja intensiv an die Figur der „Sachbezogenheit“ von Schmähungen und Unverschämtheiten als globale Rechtfertigung, das kommt im Schreiben der StA, das Dr. Hegedüs gezeigt hat, ja in aller Härte zum Ausdruck.

    Und es bleibt: selbst schuld, hat dich ja keiner dazu gezwungen!

    Daran können wir nicht schrauben. Vermutlich wird der Weg sein, enger zusammenzurücken und gesellschaftlich auf uns Aufklärer weit mehr aufmerksam zu machen als bisher.

    Wir sind keine schrägen Vögel, die irgendwas mit Wissenschaft machen. Wir sind manchmal die einzige Bastion gegen eine Flut von Irrationalität und Pseudowissenschaft, die gesellschaftlich offenbar als marginal wahrgenommen wird. Was so weit geht, dass selbst Politiker sich aktiv auf die Seite dieser Flut stellen, q.e.d. .

    Länger geworden als geplant, es sollte eigentlich nur ein kleiner Dank an Janos Hegedüs werden.

    Abschließend aber sei betont: Es gibt sowohl aus der individuellen wie auch aus der generalisierten Sicht genauso gute Gründe, sich aus bestimmten Kampfgebieten zurückzuziehen, ohne gleich ganz zu verstummen.

    Wer wollte das z.B. Natalie Grams verdenken, die seit 2016 im Feuer steht und schon Todesdrohungen auch gegen die Familie erhalten hat, als Twitter noch eine friedliche Spielwiese war. Ich bin sicher, ihre Stimme wird auch weiterhin zu vernehmen sein, nur eben nicht auf einem bestimmten brennenden Terrain.

  2. „Querdenker betreiben Online-Pranger für angebliches „Corona-Unrecht“

    https://www.derstandard.at/story/2000137970054/querdenker-betreiben-online-pranger-fuer-angebliches-corona-unrecht

  3. Natalie Grams zum Themenkreis und dazu, dass sie ein Schlachtfeld verlässt, aber nicht verstummen wird:

    https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/twitter-grams-nobmann-geloescht-hass-hate-100~amp.html

  4. Kämpfen wir wirklich mit allen erforderlichen Mitteln? Ich zweifle immer wieder daran.

    Beispielsweise reicht dieser Tage ein kurzer Blick ins Internet um zu sehen, wie eines der führenden „Grundrechte!“- und „Demokratie!“-Brülläffchen, Anselm Lenz, speichelleckend beim Rittergut Kubitschek in Schnellroda aufkreuzt. Dort, wo der Faschist Höcke sein „ geistiges Manna“ empfängt.

    Dort, wo man in der Hauspostille „Sezession“ fordert, Menschen vom demokratischen Grundrecht auf gesellschaftspolitische Partizipation auszuschließen, sollte es sich bei diesen Menschen um Frauen handeln. Wer Frau ist, darf nicht wählen gehen. Steht da. Und zwar nicht eben mal als launischer Ausrutscher, sondern als Ausdruck der inneren faschistoiden Struktur.

    Klaus Theweleit, sinngemäß: Hinter allen Ausdrucksformen des Hasses, seien es Antisemitismus, Rassismus, Homophobie etc, lässt sich gewissermaßen die Mutter allen Hasses ausmachen – der Hass auf Frauen.

    Lenz und seine Kumpane, die zunehmend lebensgefährliche Stimmung machen, indem sie anderen die Abschaffung demokratischer Grundrechte vorwerfen, schließen sich jubelnd mit jenen zusammen, die aus faschistischem Menschenhass die Abschaffung demokratischer Grundrechte fordern.

    Ich habe es aufgegeben zu erwarten, dass in öffentlichen Diskussionen, in politischen Debatten, etwa mit AfD-Vertretern, immer und immer wieder insistierend auf diese krassesten Beispiele hingewiesen wird, wo man sie argumentativ endgültig konfrontativ entlarven könnte.

    Hin und wieder entlarvt man AfD-Weidel vor laufender Kamera beim Lügen, in fast entschuldigendem Tonfall, und macht es fast noch schlimmer – Weidel lügt eben manchmal herum, nunja, kann schon mal passieren, wer hat noch nie gelogen, siehstemal, alles halb so wild.

    Ebenso bricht die ganze Konstruktion der lebensgefährlichen Wahlfälschungslüge von Trump in sich zusammen, wenn man erwähnt, dass Trump bereits vor der Präsidentenwahl 2016 die Wahl als Fälschung bezeichnet hat, sollte er – Trump – nicht Präsident werden.

    Ende 20 / Anfang 21 dann läuft AfD-Storch stolz-dümmlich mit großem Trump-Aufdruck auf ihrem Hemd durch den deutschen Bundestag, vor laufenden Kameras.

    Hat man die Gelegenheit genutzt, hat man gekämpft, hat man Storch argumentativ nachhaltig angeschlagen? Nein, man hat die Gelegenheit nicht genutzt, wie so oft.

  5. @Peter Friedrich

    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass du doch ein gewisses Wahrnehmungsproblem hast. All diese Vorfälle sind in den sozialen Medien durchaus aufgezeigt und kritisiert worden, auch und gerade die AfD und ihre Vertreter wurden und werden in den sM immer und immer wieder konfrontiert.

    Das privat-persönliche Engagement ist gewaltig, das insgesamt gesellschaftlich-politische zwar auch da, aber hilflos und eben nicht ausreichend konfrontativ-argumentativ.

    Gerade die, die von der Hass-und-Hetze-Schwemme aktuell betroffen sind, sind die, die stets dagegen gehalten haben.

    Wie ich schon erwähnte: Es stimmt was nicht im Lande D, wenn übelste Hetze einschließlich Drohungen rechtlich als Äußerungen der Meinungsfreiheit gewertet werden, solange dabei nur irgendein „Sachbezug“ erkennbar wird. Und es oft auf ein – sogar offen ausgesprochenes – „selbst schuld“ hinausläuft.

    Ob „wir“ alles getan haben?

    Die Frage kann man sicher mit Recht stellen, wobei es auf die Definition von „wir“ und „genug“ ankommt. Auf der individuellen Ebene haben wir als Skeptiker, zumal die, die in den Sozialen Medien seit Jahren präsent sind, sicher das Unsrige getan.

    Rein gemessen am Erfolg vllt nicht „genug“ – aber was wäre das gewesen? Ich möchte mir nicht ausmalen, wie die Landschaft ganz ohne diese kritisch-besonnenen Stimmen, die jetzt den Preis für das laissez-faire anderer zahlen müssen, jetzt aussähe.

    Natalie Grams hat in ihrer Kolumne gewarnt – und auch Verantwortlichkeiten benannt:

    https://www.spektrum.de/kolumne/grams-sprechstunde-gegen-krassen-hass-muss-volle-unterstuetzung-her/1971115

    https://www.spektrum.de/kolumne/coronaleugner-das-risiko-der-wissenschaftsfeindlichkeit/1861846

  6. Nach Frau Grams und Anwalt Jun sollten sich /alle/ aufklärerischen Stimmen geschlossen von Twitter, Telegram und ggf einigen anderen Plattformen zurückziehen, natürlich mit großem öffentlichen Getöse.

    Dann weiß die Bevölkerung, dass man dort ab jetzt nur noch §$%& findet und garantiert kein vernünftiges Wort mehr. Ich sehe darin auch keinen Verzicht auf die eigene Meinungsfreiheit – man wird andere Kanäle finden.

  7. Eins der Hauptprobleme beim Umgang mit Internethass ist ja die Anonymität der Hater und in Folge die lächerliche Aufklärungsquote – wenn Polizei und Staatsanwaltschaft denn überhaupt mal ermitteln.

    Ich bin trotzdem strikt gegen „Klarnamenzwang“ und ähnlichen Unfug. Man sollte erstmal die bestehenden Möglichkeiten ausnutzen, bevor man wieder und wieder neue Grundrechtseinschränkungen für alle beschließt, die dann auch wieder nicht genutzt werden (können).

    Denn die mangelnde Aufklärung liegt m.E. zu einem nicht geringen Teil am technischen Unvermögen der Ermittler.

    Anders als in Ländern wie Russland, China, Nordkorea und den USA (tolle Aufzählung, nicht wahr?) arbeiten in Deutschland die besten Hacker (nb: „Hacker“ ist eine neutrale Bezeichnung) bewusst nicht direkt oder indirekt für den Staat, wobei die Bezahlung da sicher auch ein Grund ist.

    Das heißt im Umkehrschluss, dass die staatlichen Ermittler bei Polizei und Geheimdiensten fachlich nicht die besten in ihrem Feld sind.

    Wäre es angesichts der sich in Sicherheit wiegenden Hassmeute nicht mal Zeit für BKA & Co, ein paar von den guten Leuten auf freiberuflicher Basis zu engagieren, um einige der Hater im Netz zu identifizieren?

    Natürlich müssen sie dafür vom gültigen Hackertoolverbot befreit werden, das sinngemäß von ihnen verlangt, ein gepanzertes Auto auf Schussfestigkeit prüfen zu müssen, ohne dass sie Schusswaffen besitzen dürfen.

    Es wäre jedenfalls schön, wenn unsere Ermittlungsbehörden den Hass im Netz mal endlich ernst nehmen, ohne immer neue Befugnisse von der Politik zu fordern und erstmal aus Unwillen und Unvermögen nichts zu tun – weder vor noch nach Erlangung neuer Befugnisse.

  8. @2xhinschauen

    Ich bin trotzdem strikt gegen „Klarnamenzwang“…

    Ich nicht, wenn man es vernünftig umsetzt.

    Und zwar so, dass nur dem Betreiber der Plattform (Twitter, Facebook, etc.) der Klarname nach Identitätsprüfung bekannt ist und diesen auf Rückfrage z.B. der Staatsanwaltschaft herausrücken muss.

    Im Client selber kann man einen beliebigen Anzeigenamen verwenden. Denn die größte – und berechtigte – Befürchtung bei Klarnamenzwang ist ja, dass dann die Hasswichtel herausfinden können, wo mein Haus wohnt.

    Und wenn dann der Betreiber weiß, wer hinter „FreedomLover88“ steckt, muss man sich auch nicht auf unfähige/unwillige Ermittler verlassen.

  9. @Udo Endruscheit

    Wurde denn AfD-Storch in der beschriebenen Szene entsprechend konfrontiert?

    Wie oft wurden AfD/Querdenker in flagranti entsprechend konfrontiert? Wie oft konnten sie ihre Botschaften streuen, ohne dass sie mit einfachen, klaren Widerlegungen insistierend konfrontiert und ausgehebelt wurden? Wie oft werden dem vernebelnden Gefasel evidente Widerlegungen/Tatsachen insistierend entgegengesetzt, gerade wenn eine konstruktive Diskussion aussichtslos ist?

    Und dem abermaligen Gefasel abermals Tatsachen entgegensetzen, auch und besonders zum Schutz labiler Mithörer/Mitleser, wenn eine konstruktive Diskussion aussichtslos ist? Und das ganze bei Bedarf von vorn, sofern es einem möglich ist?

    Ich sehe nicht, dass bei Debatten, in sozialen Medien etc konsequent immer wieder einfache, aushebelnde Fakten klargestellt werden. Wenn Putinisten, AfD/Querdenk etc den Mund aufmachen, ist das eine Art kriegerischer Handlung. Die verbalen Absonderungen sind quasi Kriegsgerät. Um Kriegsgerät muss man sich minutiös kümmern. Überspitzt gesagt: Wie ein Idiot muss man Mine für Mine räumen, jede einzelne, so, wie sie ausgelegt werden.

    Dass viele gute Leute bereits sehr gute und sehr wichtige Arbeit geleistet haben, bestreite ich überhaupt nicht.

    Trotzdem werden dieser Tage in den USA Frauenrechte abgeschafft, sterben bei uns die Opfer der Querdenker, und es deuten sich immer weitere Verschlechterungen an.

    Das zentrale Stichwort oben in der Überschrift ist „kämpfen“. Wir befinden uns also im weiteren Sinne im Krieg, nur in anderer Form als der Krieg in der Ukraine. Hat man das akzeptiert, bleibt leider nur das aufreibende Kämpfen.

    Bei einem aktuellen kriegerischen Angriff hilft es leider nicht viel, darauf zu verweisen, dass man letzte Woche oder gestern eine ausgezeichnet durchgeplante Gegenattacke durchgeführt habe.

    Nochmal: Ich beziehe mich hier ganz speziell darauf, dass man oft nicht ausreichend strukturiert und nachhaltig auf einen „Angriff“ reagiert.

  10. @ RainerO

    Leider sind viele Plattformbetreiber diesbezüglich nicht kooperativ, wenn sie á la Telegram denn überhaupt greifbar sind. Und sie werden neue User nicht mit Postidentverfahren etc verschrecken.

    Dazu kommt, dass die Identität von Netzusern in weniger freiheitlichen Staaten als unserem aus ganz anderen Gründen als bei uns besonders schützenswert ist.

  11. @ 2xhinschauen

    Dr. Kellermayr wurde aber nicht noch nordkoreanischen oder russischen Trollen in den Tod getrieben, sondern – wie es derzeit aussieht – von deutschen.

    Ich weiß schon, dass es Für und Wider gibt und dass man sehr gut abwägen muss. Aber es darf in möglichst naher Zukunft nicht mehr sein, dass sich diese feigen Terroristen in der Anonymität verstecken können und die Behörden bequem die Hände in den Schoß legen (können), weil sie der ach so sakrosankte „Datenschutz“ am Handeln hindert, oder weil sie „machtlos“ gegenüber den Plattformbetreibern sind.

    Provokant gefragt: Sind Dr. Kellermayr und Tankstellenkassierer die Opfer, die wir für unsere (Rede-)Freiheit halt bringen müssen?

  12. @ 2xhinschauen

    Nikola Forgo, Professor für Technologierecht an der Universität Wien, ist übrigens derselben Meinung wie ich.

    https://orf.at/stories/3279372/

    (im Artikel unter „Hass-im-Netz-Gesetz nicht ausreichend“)

  13. @ Rainer O

    Meine erste Reaktion war natürlich, dass es gewiss auch Professoren mit anderen Meinungen gibt. In dem von Dir verlinkten Artikel spricht er allerding explizit davon, dass „dass Behörden ihr Nichtstun hinter /angeblichen/ technischen oder rechtlichen Zwängen … verstecken“ – Hervorhebung von mir. Damit teilt er meine Meinung, nicht Deine.

    Mein Nordkorea-Beispiel hast Du offenbar auch nicht verstanden. Ich meinte damit, dass unsere staatlichen Cyber-„Experten“ – anders als anderswo – nicht imstande sind, den obendrein viel engeren rechtlichen Rahmen für ihr Tun überhaupt auszunutzen und habe deshalb für das zeitweilige Engagieren von richtigen Profis plädiert, um die oft gar nicht so anonymen Hater im Netz aufzuspüren, anstatt mit zusätzlichen Polizeibefugnissen die Grundrechte /aller/ Bürger weiter einzuschränken.

    Und da man die Plattformen außerhalb ihrer jeweiligen Heimatländer faktisch nicht zur Kooperation zwingen kann, ist der Klarnamenansatz m.E. reine Symbolpolitik.

  14. @ 2xhinschauen

    Ich bin absolut deiner Meinung, dass man Profis an diese Sachen lassen sollte.

    Die Frage ist halt, ob echte Profis überhaupt auf Dauer für die Polizeit arbeiten wollen. Ich verlange auch gar nicht unbedingt weitere Polizeibefugnisse.

    Mit Klarnamen würde sich die überforderte/unmotivierte Polizei aber deutlich leichter tun. Ob und wie das umsetzbar ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber selbst wenn es illusorisch sein sollte, kann man doch zumindest darüber diskutieren.

    Letztendlich landen wir aber wieder bei meiner obigen Frage: Müssen uns unser aller Recht auf Anonymität die „Kollateralschäden“ Wert sein?

  15. Ich stimme Janos Hegedüs ebenfalls vollkommen zu.

    Es geht darum grundsätzlich Unsinn abzulehnen, das beinhaltet auch seine eigenen Positionen auf Unsinn zu ’scannen‘ und nicht versehentlich zu ähnlichen Mitteln zu greifen wie diejenigen, die man kritisiert.

    Da leidet nur die Glaubwürdigkeit und man schafft unnötige Angriffsflächen. Wenn wir Veränderung möchten, dann muss jeder zuerst bei sich anfangen.

    Die Querdenken-Bewegung hat sicher einen extremistischen Kern, was problematisch genug ist. Man sollte also schon die Kirche im Dorf lassen. Ähnliches passiert momentan auch in den USA, wo nun Details aus der Zeit vor, während und nach dem Sturm auf das Kapitol öffentlich wurden. Was da nun der Öffentlichkeit an Fakten präsentiert wurde ist ziemlich starker Tobak, so stark, dass das Justizministerium eine Anklage prüft.

    Nun ist vereinzelt aus den Reihen der Demokraten zu hören, dass Trump einen Coup plante um die Verfassung zu zerstören. Das ist natürlich auch so ein Unsinn und hilft niemandem. Die Verfassung oder irgendein Eid, den er mal schwören musste, interessieren ihn einen feuchten Kehricht, sowie die Gewaltenteilung und andere Grundpfeiler der Demokratie. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel.

    Eine Verschwörung anzuzetteln um durch die Fälschung der Wahlergebnisse den Machterhalt zu garantieren ist nun mal etwas anderes, als einen Coup zu planen um ‚die Verfassung zu zerstören‘. Was soll das überhaupt bedeuten?

    Es gibt mehr als genug anklagende Fakten, da muss man nicht in Unsinn abdriften, ob das jetzt die Querdenker betrifft oder den ersten antidemokratischen (Ex-)Präsidenten der USA.

  16. @ RainerO

    Die Frage ist halt, ob echte Profis überhaupt auf Dauer für die Polizeit arbeiten wollen.

    Nun, gewiss nicht gegen ihre Überzeugungen.

    Aber man wird wohl welche finden können, die die Internethetze genauso übel finden wie wir beide. Und die deren (ohnehin nur punktuelle) Bekämpfung eher als Dienst an der Gesellschaft sehen als Dienst für Staat und Polizei. Bzw als Beitrag zur Abwendung weitergehender Grundrechtseingriffe.

    Müssen uns unser aller Recht auf Anonymität die „Kollateralschäden“ Wert sein?

    Ich glaube nicht, dass das so pauschal beantwortbar ist. Dahinter lauert ja die Frage, ob ein Grundrechtseingriff bzw überhaupt eine Sicherheitsmaßnahme mehr schadet als nutzt – ein weites Feld.

    Und ich bin ja hierbei eben gerade nicht für Laissez-Faire, sondern für konzentrierte Rechtsdurchsetzung – zum Schaden der Täter und nicht zum Schaden, sondern sogar zum Nutzen der Allgemeinheit.

    Hm… ok genug Pathos für heute :-D

  17. @ 2xhinschauen

    Und ich bin ja hierbei eben gerade nicht für Laissez-Faire, sondern für konzentrierte Rechtsdurchsetzung

    Im neuesten Anwalt Jun-Thread hat Bernd Harder ein br-Interview verlinkt, wo dieser (Jun) genau das fordert und auch schildert, dass es da einige Möglichkeiten gäbe, wenn sie nur konsequent genutzt würden.

    Das sehe ich jedenfalls auch als vorrangig und nicht die Forderung nach mehr Überwachung oder (anlassloser) Datenspeicherung.

    Was die Exekutive betrifft, bin ich allerdings derzeit sehr skeptisch. Denn sogar nach dem minutösen Nachweis, dass die Polizei im Fall Kellermayr aktiv weggesehen, bagatellisiert und Täter-Opfer-Umkehr betrieben hat, behauptet diese, „alles“ getan zu haben, was möglich war und bekommt den Rücken auch noch von Politikern gestärkt.

    Für mehr als „thoughts and prayers“ reicht es auf politischer Ebene anscheinend immer noch nicht.

  18. @ RainerO

    Tja dieser Jun ist halt gut :) Und sag nicht, die österreichische Polizei würde nicht gegen Twitteruser vorgehen. Also natürlich gegen die, die die Polizei kritisiert haben:

    https://futurezone.at/digital-life/kellermayr-polizeisprecher-oberoesterreich-unterlassung-twitter-fabian-pimminger/402096948

    Tu felix Austria…

  19. Habe das Jun-Interview gerade nochmal gelesen.

    Er sagt im Prinzip dasselbe wie ich, ohne dass ich das vorher wusste: Der Rechtsrahmen reicht aus, aber die Gesetze werden aus Ignoranz, Unwillen und Unfähigkeit nicht durchgesetzt, und die Plattformen scheren sich einen §$%& und verweisen auf ihre „community standards“ ( = AGB ).

    Kommt mir fast vor wie das Kirchenrecht, das auch außerhalb unserer verfassungsmäßigen Ordnung geduldet wird und weitgehend straffrei die übelsten Straftaten erlaubt.

    Und es hatte sich laut Jun offenbar tatsächlich eine Hackerin freiwillig gefunden, um bei der Ermittlung der Hasstäter gegen Frau Kellermayr zu helfen.

    Offenbar reichen Appelle und gutgemeinte, aber zahnlose Gesetze nicht mehr. Vielleicht müssen sich all die von Hass betroffenen Aufklärer/innen (ich benutze mal der Kürze zuliebe dieses Wort) – das müssen ja mindestens Hunderte sein – zusammenschließen und koordiniert handeln. Genügend Reichweite haben sie ja:

    # White Hats um Hilfe bitten (https://de.wikipedia.org/wiki/Hacker_(Computersicherheit)#White-Hats)

    # Noch systematischer Anzeige erstatten

    # In Anlehnung an die SLAPP-Strategie (https://de.wikipedia.org/wiki/SLAPP) Behörden und Politiker mit Klagen wegen Untätigkeit, Lügen usw. überziehen, am besten jeden Tag eine – ich bin sicher, dass dafür auch genügend anwaltliche Unterstützung gefunden werden kann

    # Öffentlich über Ermittlungserfolge und die Klagen berichten – es sind ja auch genügend Journalist/inn/en persönlich betroffen

    # etc

    Und das müsste voraussichtlich mehrere Jahre lang durchgehalten werden. Aber wie sagt man: Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.

    Klingt wie eine digitale Bürgerwehr, ich weiß. Aber eine, die sich nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet, sondern im Gegenteil zu deren Verteidigung antritt, wozu der Staat derzeit offenbar weder willens noch imstande ist.

    Und es dürfte nicht leicht sein, angesichts der Lebensgefahr freiwillige Führungsfiguren für so eine Bewegung zu finden. Ob man auch Sicherheitsdienste pro bono findet? Auf einen effektiven Personenschutz durch den Staat wird man nicht hoffen dürfen.

    Träumerei? Vielleicht. Sogar wahrscheinlich.

    Vor ein paar Jahren haben sich allerdings mal ein paar bis dahin weitgehend unbekannte Aktivisten in einem Blogkommentarbereich gefunden, um gegen einen gesetzlichen Missstand im Medizinbereich vorzugehen, nicht ohne Erfolg.

    Es geht also, auch wenn das hier um eine Größenordnung größer wäre.

  20. Wie weit die Politik auch jetzt noch von der Realität entfernt ist, sieht man an folgendem Satz der österreichischen Verfassungsministerin Edtstadler (ÖVP):

    „Das Problem von Hass-Postings und Bedrohungen im Internet ist nach Ansicht Edtstadlers „sehr, sehr viel größer, als wir das in der Vergangenheit oder auch jetzt eingeschätzt haben und einschätzen“.

    … ja, aber auch nur aus ihrer Sicht.

    Kompetentere Stellen (z.B. auch die GWUP) und Personen warnen schon seit Jahren, dass sich diese Probleme immer weiter verschlimmern und eine zunehmende Radikalisierung beobachtbar ist. Wie welfremd muss man sein, um obigen Satz zu fabrizieren, ohne vor Scham im Boden zu versinken.

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